7643 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Landesverteidigungsausschusses

über den Entschließungsantrag 153/A(E)-BR/2006 der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortigen Stopp der Beschaffung von Eurofighter Kampfflugzeugen und Offenlegung der Verträge

Die Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 3. April 2006 im Bundesrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Ein öffentlich bekannt gewordener sogenannter ‚Sachstandsbericht Eurofighter’ des deutschen BMVg beinhaltet eine Passage über Schwierigkeiten beim Export des Kampfflugzeuges Eurofighter Typhoon in das bisher einzige Exportland: Als erster Exportkunde konnte Österreich 2003 gewonnen werden. Erste Luftfahrzeuglieferungen im Tranche 2 Standard sollten 2007 erfolgen. Da zu diesem Termin noch keine Lfz der Tranche 2 verfügbar sein werden, hat Eurofighter Jagdflugzeug die Partnernationen gebeten, insgesamt sechs Lfz aus der Tranche 1 für Österreich zur Verfügung zu stellen. Damit soll verhindert werden, dass Österreich ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht ausübt. Der zuständige Bundesminister Platter denkt nicht daran, das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht auszuüben, obwohl Platter mehrmals klar davon ausging, ein Flugzeug aus der zweiten Tranche zu erwerben:

Am 6. Oktober 2004 erklärt Platter im Rechnungshofausschuss des Nationalrates, dass sich die Regierung bewusst für die zweite Tranche entschieden habe: ‚Darüber hinaus habe sich die Regierung bewusst für Flugzeuge aus der zweiten - weiterentwickelten - Tranche entschieden.’ (OTS 238)

Am 20. Mai 2003 erklärt Platter im Budgetausschuss des Nationalrates: ‚Die für Österreich 2007 angelieferten Flugzeuge stellen dann bereits eine zweite Tranche mit weiteren technischen Verbesserungen dar.’ (OTS 245)

Am 9. September 2003 erklärte Platter (APA 170), dass Österreich vom deutschen Rechnungshofbericht über die Mängel beim Eurofighter ‚nicht betroffen’ sei, denn dieser habe die erste Tranche der Jets bewertet, ‚Österreich werde aber Maschinen der zweiten Tranche bekommen’.

Am 1. Juli 2004 (APA 671) betonte Platter, er habe ‚in Richtung zweiter Tranche der Eurofighter nie Angst gehabt, dass die Beschaffung - die 18 österreichischen Maschinen sollen ab 2007 geliefert werden - nicht gesichert sein könnte’.

Der österreichische Rechnungshof hat in seinem Wahrnehmungsbericht hinsichtlich der Luftraumüberwachungsflugzeuge (Kaufverträge, Finanzierung, Gegengeschäftsvertrag) festgestellt, dass

•       enorme Mängel bei der Vertragsgestaltung vorhanden sind, darunter auch ein sogenannter ‚Einredeverzicht’, der bei Leistungsmängeln keine Einstellung der Ratenzahlung ermöglicht, und

•       die Anzahl der militärischen Anforderungen, wie etwa Ziele in der Nacht erkennen zu können oder Selbstschutz-Systeme, jährliche Flugstunden, Pilotenausrüstungen und Betriebsstandorte, erheblich reduziert wurde und Träger für Aufklärungseinrichtungen sowie Zusatztanks im Gegensatz zur Angebotseinholung im Kaufvertrag nicht mehr vorgesehen waren.

Nicht zuletzt angesichts der wesentlichen Abänderungen im kommerziellen Bereich erachtet der Rechnungshof die Vorgangsweise des BMLV als mit hohem Risiko behaftet.

Erhebliche Zweifel bestehen an der Einhaltung des Liefertermins sowie der grundsätzlichen Einsatzfähigkeit des ausgewählten Flugzeugtyps. Dem gegenüber stehen exorbitant hohe Lebenszykluskosten.

Aus der Rechnungshofkritik ergibt sich klar, dass die Regierung trotz Kenntnis eines wesentlich höheren Preises am 2. Juli 2002 und am 1. Juli 2003 Ministerratsentscheidungen auf Basis von falschen bzw. geschönten Preiskalkulationen herbeigeführt hat. Ebenso haben sich die Ankündigungen von Bundeskanzler Schüssel hinsichtlich der Finanzierung der Abfangjäger über eine Wirtschaftsplattform als nicht haltbar herausgestellt.

Ein Bericht des deutschen Nachrichtenmagazins ‚Der Spiegel’ vom 4. März 2006 sorgte für große ‚Eurofighter-Aufregung’.

Die deutsche Regierung befürchtet nach ‚Spiegel’-Informationen offenbar einen Ausstieg Österreichs aus dem ‚Eurofighter’-Programm. Um zu verhindern, ‚dass Österreich ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht ausübt’, nachdem das Hersteller-Konsortium die bestellten Jets nicht rechtzeitig liefern könne, wollten Deutschland, Großbritannien, Spanien und Italien den Österreichern sechs Eurofighter in der Jagd-Version überlassen, deren Ausrüstung später ergänzt werden soll, zitiert das Magazin laut Vorausmeldung vom Samstag einen ‚vertraulichen Bericht’ des deutschen Verteidigungsministeriums an den Bundestag.

Darüber hinaus werde mit Wien über ‚umfangreiche Unterstützungsleistungen’ Deutschlands verhandelt, etwa bei ‚Abnahme und Zulassung’ der Flugzeuge sowie bei der Ausbildung österreichischer Piloten und Techniker, schreibt der ‚Spiegel’.

Nunmehr stellt sich heraus, dass die österreichische Bundesregierung nicht einmal jetzt das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht wahr nimmt.

Oppositionskritik an der Vorgangsweise der Bundesregierung hinsichtlich des Beschaffungsvorganges wird regelmäßig von Regierungsmitgliedern mit Stellungnahmen zu den abgeschlossenen Verträgen beantwortet, diese Verträge wurden jedoch noch nie gegenüber dem österreichischen Parlament - auch nur teilweise - offen gelegt, obwohl es sich bei dieser Transaktion um die teuerste Beschaffung der II. Republik handelt.

Diese Vorgangsweise der Regierung, das Parlament komplett von der Kontrolle auszuschließen, widerspricht demokratischen Prinzipien und ist ein Riesen-Skandal.

Führende Verfassungsrechtler kritisieren diese Vorgangsweise scharf.

Univ.Prof. Dr. Mayer:

         Ich kann nicht erkennen, aus welchen Gründen ‚kaufmännische Bestimmungen’ gem. Art 20 Abs 3 B-VG der Geheimhaltung unterliegen müssten. Welches ‚überwiegende Interesse der Partei’ (des Verkäufers) eine Geheimhaltung rechtfertigen sollte, ist nicht erkennbar. Die übrigen Gründe, die gem. Art 20 Abs 3 B-VG zur Geheimhaltung verpflichten, stehen im Dienste öffentlicher Interessen (vgl. Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht [2002] 143 mwN); daraus folgt, dass eine Verschwiegenheitspflicht, die keinem öffentlichem Interesse dient, nicht anzunehmen ist. (Standard, 21.3.2006)

Univ.Prof. Dr. Funk:

         Der Verfassungsrechtler Bernd Christian Funk hält die Geheimhaltung des Eurofighter- Kaufvertrages unter ‚pauschaler Berufung auf die Amtsverschwiegenheit’ für nicht zulässig. Seiner Meinung nach müsste zwischen Informationen differenziert werden, die tatsächlich heikel seien, und solchen, die veröffentlicht werden können. Funk erklärte der Austria Presse Agentur: ‚Es fehlt eine unabhängige Instanz, die volle Einsicht in alle maßgeblichen Informationen erhält.’ (Standard, 21.3.2006)

         Funk hält die Argumentation, dass der Vertrag vertraulich behandelt wird, weil dies mit dem Vertragspartner so vereinbart wurde, für nicht zulässig. Die Rechtsbeziehungen zwischen Parlament und Regierung seien durch die Verfassung geregelt und nicht durch privatrechtliche Verträge änderbar. (Presse, 21.3.2006)

Univ.Prof. Dr. Öhlinger:

         Es könnten zwar einzelne militärisch wichtige Vertragsteile unveröffentlicht bleiben, ‚aber das Parlament komplett von der Kontrolle auszuschließen, halte ich mit den Grundprinzipien der parlamentarischen Demokratie für nicht vereinbar’. (Kurier, 21.3.2006)

         Das Argument, dass der Rechnungshof als parlamentarisches Kontrollorgan ohnehin Einsicht in den Vertragstext erhalten habe, weist auch der Verfassungsexperte Theo Öhlinger zurück: Der RH könne nur die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit prüfen, nicht aber die politische Dimension. (Standard, 21.3.2006)

Der aktuelle Rechungshofbericht über die Beschaffung der Schrottpanzer vom Typ Jaguar vom März 2006, zeigt die Auswirkungen der ÖVP-Beschaffungspolitik und erschreckende Parallelen zum Eurofighter-Ankauf auf.

1. Die ÖVP argumentierte:

Der Kauf der Panzer sei ‚unerlässlich’. Ohne die Panzer ‚wäre heute nicht nur die Grundverteidigung Österreichs nicht vorhanden, sondern auch der internationale Einsatz nur sehr eingeschränkt möglich’.

Nur einige Jahre später, als erste Pläne für die Reduktion der Panzerarmee auftraten, waren die Anschaffungen plötzlich ‚nicht mehr nötig’.

Beim Eurofighter wurde auch erklärt, dass Österreich diese unbedingt brauche, um den Luftraum zu überwachen und an internationalen Einsätzen teilzunehmen.

Schlussendlich stellte sich am 22. März 2006 wieder deutlich heraus, dass niemand in Europa die Luxus-Kampfjets braucht, der Bedarf liegt bei Transportfliegern. Das zeigt die aktuelle Entscheidung der NATO und der Europäischen Union, sechs Frachtflugzeuge vom Typ Antonow 124-100 wegen mangelnder eigener Transportkapazitäten anzumieten.

In diesem Zusammenhang zeigt sich aber auch, dass die Anschaffung der Frachtmaschinen Herkules 130 C durch ÖVP und FPÖ nicht vorausschauend geplant war. Damals hätte man hinterfragen müssen, wo der tatsächliche - auch internationale - Bedarf tatsächlich liegt und das ist offensichtlich nicht geschehen.

2. Beim Preis des Jaguar hat die ÖVP von einem ‚Erinnerungspreis’ gesprochen.

Den Preis wird man wirklich lange in Erinnerung haben, 75 Millionen Euro für Schrottpanzer sind sehr erinnerungswürdig.

Ähnlich sieht es auch bei den Eurofightern aus, wo die Regierung nur gerne über den reinen Anschaffungspreis redet, Folgekosten aber immer verschleiert und ausblendet.

3. Die Jaguar Panzer waren bei Nacht und schlechter Sicht nicht einsatzfähig.

Die Mängelliste, die man immer wieder über den Eurofighter liest, lassen vergleichbare Probleme vermuten.

Resümee:

Die militärische Notwendigkeit der Kampfflugzeuge ist umstritten, die Entscheidung für die teuerste Variante zusätzlich fragwürdig, die budgetäre Situation erlaubt derartige Ausgaben (noch dazu in Verbindung mit den dann zu erwartenden Folgekosten) nicht und die österreichische Bevölkerung ist mit großer Mehrheit gegen den Ankauf von Kampfflugzeugen.

Überdies war die scheinbar notwendige Eile für den Ankauf ein großer Schwindel, da Luftraumüberwachungsflugzeuge (Saab 105Ö) noch bis ins Jahr 2020 zur Verfügung stehen.“

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Stefan Schennach.

In Sitzungen am 19.4., 8.5., 11.5., 17.5., 30.5., 5.7., 25.7. und 13.9. 2006 wurde der Entschließungsantrag beraten. Der Landesverteidigungsausschuss des Bundesrates hat dabei, um einen dichteren Überblick zu dem vorgegebenen Thema aus allen Blickwinkeln zu erhalten, den Weg gewählt, zu den Sitzungen des Ausschusses Auskunftspersonen einzuladen, die ihren Sachverstand zur Materie einbringen konnten. Dieser Weg hat sich sehr bewährt.

Bedauerlicherweise leisteten nicht alle geladenen Auskunftspersonen der Einladung Folge und verhinderten dadurch eine völlige Aufklärung der Causa Beschaffung der Eurofighter-Kampfflugzeuge.

Ausdrücklich zu nennen ist der ehemalige Landesverteidigungsminister Herbert Scheibner, der mit Berufung auf seine nunmehrige Funktion als Abgeordneter zum Nationalrat eine Mitwirkung im Ausschuss verweigerte. Scheibner spielte aber eine zentrale Rolle in der Typenentscheidung, da er zunächst einen Ministerratsvortrag für den Saab-Gripen vorbereitete und den Ministerratsvortrag dann in Folge durch Einflussnahme von Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser auf den Eurofighter abänderte. Es ist bedauerlich, aber auch bezeichnend, dass der nunmehrige Klubobmann des F-BZÖ den Bundesratsausschuss nicht dabei unterstützte, endgültig zu klären, wie es zur Entscheidung für den Eurofighter gekommen ist.

Auch Abgeordneter Walter Murauer leistete der Einladung, persönlich vor dem Ausschuss als Auskunftsperson zu erscheinen, keine Folge. Er wurde daher vom Vorsitzenden des Ausschusses, Bundesrat Harald Reisenberger, schriftlich aufgefordert, wenigstens in einem Schreiben seine besonderen Kenntnisse zum Vertragstext darzustellen. In der Antwort bezog Murauer sich erstmals auf die Einladung von EADS am 19. Jänner 2004 nach Manching, wo er zusätzliche Informationen erhalten hat. Welche dies konkret waren, stellte er in seinem Schreiben bedauerlicherweise nicht dar.

Auch andere Auskunftspersonen konnten der Einladung des Ausschusses nicht folgen, da sie sich zum Zeitpunkt der jeweiligen Sitzung im Ausland aufhielten, wie dies beispielsweise Herr Dr. Rudolf Lohberger oder General i.R. Horst Pleiner taten.

Darüber hinaus haben die zuständigen Minister Günther Platter und Mag. Karl-Heinz Grasser durch exzessive und – wie von Rechtsexperten bestätigt – auch verfassungswidrige Interpretation der Verpflichtung auf Amtsverschwiegenheit die Aufklärung behindert. Besonders zugespitzt wurde die Situation durch eine verfassungsrechtlichen Grundsätzen widersprechende Argumentation von Verteidigungsminister Platter, wonach im Vertrag mit EADS weitere Verschwiegenheitspflichten vereinbart wurden. Demgegenüber stellten Verfassungsrechtsexperten im Ausschuss dezidiert fest, dass die Auskunftspflicht gegenüber dem Parlament nicht disponibel sei. Es sei nicht möglich, mit einem Dritten zu vereinbaren, das Parlament nicht zu informieren, denn die Verfassung stehe höher als ein Vertrag.

Es ist nur couragierten Beamten und Experten zu verdanken, dass der Landesverteidigungsausschuss des Bundesrates eine Reihe von Widersprüchen und offensichtlichen Rechtswidrigkeiten aufdecken konnte.

In der Sitzung am 8. Mai 2006 verweigerte Bundesminister Platter weiterhin die Vorlage von Vertragsteilen bzw. die Bekanntgabe von Inhalten. Zu einer überraschenden Wende kam es am 11. Mai 2006. Drei Tage nach der Auskunftsverweigerung von BM Platter wurde in der Wochenzeitschrift „News“ der kaufmännische Teil des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Eurofighter-Jagdflugzeug GmbH mit der Geschäftszahl BMLV-GZ 33/017/01-02/01-RD/ARWT/KA veröffentlicht. Der noch am selben Tag vorgeladene Bundesminister brüskierte den Landesverteidigungsausschuss des Bundesrates neuerlich, indem er sich weiterhin auf die Amtsverschwiegenheit berief und ausführte, dass selbst wenn er die Richtigkeit des veröffentlichten Vertragsteiles bestätige, gegen die Amtsverschwiegenheit verstoßen würde.

 

Univ.Prof. DDr. Heinz Mayer stellte nach Studium des Vertrages unmissverständlich fest:

 

„Der wirtschaftliche Teil dieses Kaufvertrages kann kein militärisches Geheimnis darstellen. Die Amtsverschwiegenheit gilt nicht mehr, da das Dokument bereits öffentlich ist, und selbst das Datenschutzgesetz greift hier nicht.“

 

Ergebnis: Jede Leserin und jeder Leser des „News“ vom 11. Mai 2006 kennt den Vertragstext, nur den Bundesräten gegenüber verweigert der zuständige Bundesminister weiterhin die Vorlage des kaufmännischen Teiles des Vertrages bzw. die Bestätigung der Richtigkeit des von „News“ veröffentlichten Vertragsteiles. Gleichzeitig hatte er jedoch eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses eingebracht. Damit wurde zwar indirekt von BM Platter die Richtigkeit des veröffentlichten Vertragsteiles bestätigt, eine Bestätigung, die er aber gegenüber dem Bundesrat nicht abgeben wollte. So wird das Instrument der parlamentarischen Kontrolle durch das Verhalten von BM Platter nachhaltig geschädigt. BM Platter und andere Mitglieder dieser Bundesregierung verweigern gerade in der Angelegenheit Beschaffung der Eurofighter gegenüber den gewählten Mandataren jegliche Mitwirkung an der Kontrolltätigkeit und verunmöglichen damit dieselbe. Damit wird nicht nur eine umfassende Analyse des Beschaffungsvorganges Eurofighter verhindert, sondern es wird die verfassungsrechtlich vorgesehene Kontrolltätigkeit des Parlaments unterminiert.

 

In der Folge wurde der von „News“ veröffentlichte Vertragsteil von Rechtsexperten unter die Lupe genommen. Der Befund war katastrophal. Die Republik Österreich hat in den Verhandlungen, um einen möglichst geringen Kaufpreis zu erhalten oder aus anderen bisher nicht genauer nachvollziehbaren Motiven, auf beinahe alle Rechte verzichtet.

             - Es wurden die Lieferfristen gegenüber der Ausschreibung über Jahre verschoben.

             - Es wurde auf eine Übergangslösung verzichtet.

             - Die Zahlungsfrist der ersten Rate wurde auf den 10. Jänner 2007 verlegt, damit keine Ratenzahlung vor den Nationalratswahlen 2006 fällig wird.

             - Die Garantiefrist wurde mit einem Jahr am untersten Limit angesetzt.

             - Ein Weiterverkauf ist nur mit Zustimmung des Herstellers möglich.

             - Bei nicht vertragsgemäßer Lieferung entsteht für den Verkäufer nur eine vergleichsweise minimale Pönale.

             - Die Haftung für den Hersteller ist in zahlreichen Punkten beschränkt.

             - Die Republik Österreich muss in voller Höhe zu den vereinbarten Terminen die Ratenzahlungen leisten, unabhängig von allen Ansprüchen und Einreden gegen die Gültigkeit und Fälligkeit, dem Grunde oder der Höhe nach.

             - Auch im Falle einer Abtretung und auch im Falle einer rechtswirksamen Aufhebung des Vertrages besteht die unbedingte und uneingeschränkte Zahlungsverpflichtung des Käufers.

             - Gegenüber EADS wurde kein Zessionsverbot verhängt. EADS kann daher die Ansprüche gegenüber der Republik weiter veräußern.

             - Es wird immer unklarer, welche Flugzeuge Österreich gekauft hat und was der Verkäufer vertragskonform liefern kann. Eigentlich kann der Verkäufer jeden Eurofighter, welcher Tranche und welchen Entwicklungsblockes auch immer liefern, er muss nur zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt auf eine nicht näher bestimmbare und noch nicht realisierte Entwicklungsstufe umrüsten.

 

Zu der Qualität des Vertrages führt ein renommierter Wirtschaftsanwalt in der Zeitschrift „News“ vom 18.5.2006 wörtlich aus: „Hätte mir ein Konzipient für einen Tausend-Euro-Vertrag einen solchen Entwurf vorgelegt, hätte er noch am selben Tag gehen können.“ Und der schon zitierte Verfassungsrechtsexperte Mayer: „Sagen wir so: Der Vertrag ist wahnwitzig formuliert. Der Vertrag ist aus österreichischer Sicht schlecht verhandelt. Er ist extrem ungewöhnlich, weil die Republik extrem benachteiligt wird. Es gibt eine Reihe von Pflichten für Österreich und zahlreiche Rechte für den Lieferanten.“

 

Der Landesverteidigungsausschuss des Bundesrates konnte dann in weiteren Sitzungen etwas Licht in das Dunkel um die Vorgänge Ende Juni, Anfang Juli 2002 bringen:

 

Die vom damaligen Bundesminister für Landesverteidigung, Scheibner, eingesetzte Beschaffungskommission hatte monatelang die von den Bewerbern eingereichten Unterlagen geprüft, komplexe Bewertungs-Schemata entworfen, einen der Anbieter wegen Nicht-Erfüllung von Muss-Kriterien ausgeschieden und eine Kosten-Nutzwert-Analyse erstellt, in der in drei geprüften Zahlungsvarianten zweimal der schwedische „Gripen“ und nur einmal der „Eurofighter“ an erster Stelle lag. Zudem lagen der Kommission Daten über die zu erwartenden Betriebskosten vor, die für den „Lebenszyklus“ des jeweiligen Flugzeuges beim Eurofighter (71,5 Mio. Euro) fast doppelt so hoch lagen wie beim Gripen (37,3 Mio. Euro).

Am 25. Juni 2002 trat die Bewertungskommission zu ihrer abschließenden Sitzung zusammen. Der nicht stimmberechtigte Vorsitzende der Kommission empfahl den fünf stimmberechtigten Kommissionsmitgliedern dabei den Gripen, dennoch votierten diese mit 4:1 Stimmen für den Eurofighter.

Nach den von General Corrieri im Landesverteidigungsausschuss gegebenen Informationen war diese Entscheidung „überraschend“ und löste im Verteidigungsministerium Verwirrung aus. Bundesminister Scheibner bezweifelte diesen Angaben zufolge die Durchsetzbarkeit dieses Vorschlages in der Bundesregierung. Die in einer spontanen Sitzung um ihn versammelten führenden Militärs sprachen sich unisono für eine ungewöhnliche Vorgangsweise aus, die dann auch angewendet wurde: Der Bericht der Bewertungskommission wurde mit einem „Einsichtsvermerk“ des damaligen Leiters der Gruppe Feld- und Luftzeugwesen versehen.

 

„Gruppe Feldzeug-/Luftzeugwesen

Der Leiter

 

Einsichtsbemerkung

Zu GZ 47.000/0056-4.8/02

 

Zufolge der festgestellten annähernden Gleichwertigkeit der Angebote und der gegebenen Erfüllung der Anforderungen für die Luftraumüberwachung in Österreich wird vorgeschlagen, dem Produkt mit den geringeren Anschaffungs- und Betriebskosten, also dem GRIPEN von SAAB/Bae, den Vorzug zu geben.

 

25. Juni 2002

SPINKA, Divr“

 

Nach Divisionär Spinka verfasste General Corrieri als Leiter der Sektion seine Einsichtsbemerkung: „Ich schließe mich der EB des Ltr Grp FzLzW vom 25.6.02 an!“ Dann verfasste General Pleiner als Generaltruppeninspektor seine Einsichtsbemerkung: „Ich schließe mich der EB des Ltr Grp FzLzW vom 25.6.02 in vollem Umfang an!“

Mit dem gegenständlichen Geschäftsstück wird der Endbericht der Kommission für die Abfangjägerangebotsprüfung/-bewertung vorgelegt. Damit hat das zuständige Verteidigungsministerium seine Entscheidung endgültig für den Gripen getroffen. Der Eurofighter wurde damit aus dem Verfahren ausgeschieden.

Gestützt auf diesen Akt, der faktisch die Entscheidung der Bewertungskommission aufhob, verfasste Bundesminister Scheibner danach einen Ministerrats-Vortrag, den er noch am gleichen Tag in der Ministerrats-Vorbesprechung vorlegte. Dort wurde er allerdings vom Bundesminister für Finanzen blockiert, der - Zeitungsberichten zufolge - damals „zusätzliche Informationen“ einforderte.

Während der Ministerrats-Vortrag vom 25. Juni 2002 so nachhaltig „verschwand“, dass nicht einmal dem Rechnungshof ein Exemplar davon vom Verteidigungsministerium vorgelegt werden konnte,  wurde derselbe Text - lediglich mit einer „unbedeutenden“ Korrektur, die nun den Kauf des Eurofighters vorschlug - am 2. Juli 2002 dem Ministerrat vorgelegt und laut Protokoll unter Punkt 33 auch beschlossen.

General Corrieri konnte im Landesverteidigungsausschuss des Bundesrates keine Angaben darüber machen, was zu dem plötzlichen Meinungswandel von Verteidigungsminister Scheibner geführt haben könnte, verwies jedoch auf „politische Gespräche“, die im Verlauf dieser Woche seines Wissens nach stattgefunden hätten.

In der sensibelsten, teuersten und umstrittensten Beschaffung der Zweiten Republik hat also Landesverteidigungsminister Scheibner dem Ministerrat am 25.6.2002 empfohlen, aufgrund der militärischen Bewertung 24 „JAS 39 Gripen“ zu beschaffen, und dem Ministerrat am 2.7.2002 empfohlen, aufgrund der selben militärischen Bewertung 24 „Eurofighter Typhoon“ zu beschaffen.

Ein wohl weltweit einmaliger Vorgang. Regisseur im Hintergrund: Finanzminister Grasser, der auch im Ministerratsvortrag am 2.7.2002 für alle Mehrkosten das Landesverteidigungsministerium zu Lasten des Finanzministeriums schadlos hält.

Vor dem Ausschuss hat der Präsident des Rechnungshofes, Dr. Josef Moser, auch zu den Mehrkosten Stellung genommen: Demnach übersteigen die Mehrkosten für den Eurofighter im Vergleich zum Gripen, insbesondere im Bereich des tatsächlichen Betriebes, die bisher bekannten Zahlen wesentlich. Es ist aber immer noch nicht klar, welche Belastung für den Bundeshaushalt tatsächlich nach Inbetriebnahme der Eurofighter entstehen wird.

Es bleibt die Erkenntnis übrig, dass, aus welchem Interesse auch immer, alles unternommen wurde, um die Typenentscheidung für den Eurofighter umzusetzen. Zentrale Rolle spielte dabei – wie schon erwähnt – Finanzminister Grasser.

Was die Verhandlung des Vertrages betrifft, so erfolgte diese nach Ansicht der Experten äußerst unprofessionell, dies zum Nachteil der Republik Österreich und zum Vorteil des Verkäufers. Statt den Verkäufer, der einen Exporterfolg dringend brauchte, zu einem günstigen Vertragsabschluss zu bringen, hat die Republik Österreich freiwillig alle Rechte im Vergleich zu einem den üblichen Standard entsprechenden Vertrag aufgegeben. Dies ging so weit, dass heute noch immer nicht klar ist, was der Verkäufer tatsächlich konkret leisten muss.

Die Beratungen des Landesverteidigungsausschusses des Bundesrates haben

 

           1. die Zweifel an der Korrektheit und Sachgemäßheit des Beschaffungsvorganges des Eurofighter keinesfalls entkräftet; vielmehr hat sich diese Frage auf die klar zum Ausdruck gekommene Einflussnahme des Bundesministers für Finanzen im Zeitraum zwischen 25. Juni 2002 und 2. Juli 2002 zugespitzt;

           2. die enorme Belastung des Gesamtbudgets der Republik Österreich und des Budgets des Bundesministeriums für Landesverteidigung, dem in zunehmendem Ausmaß Mittel für die Erfüllung anderer vorrangiger Beschaffungen und für die Aufrechterhaltung eines umfassenden Dienstbetriebes fehlen, klar unterstrichen;

           3. aufgezeigt, dass der zwar unbestätigte, aber offenkundig den Tatsachen entsprechende veröffentlichte Teil des Vertragswerkes zwischen der Republik Österreich und EADS eine bedenkliche Benachteiligung des Vertragspartners Republik Österreich mit sich bringt und vermuten lässt, dass in den unveröffentlichten kommerziellen Teilen weitere den Interessen der Republik zuwiderlaufende Vertragsklauseln enthalten sind.

 

Aus diesen Gründen hat der am 3.4.2006 eingebrachte Entschließungsantrag durch die Beratungen des Landesverteidigungsausschusses vollinhaltlich seine Bestätigung gefunden. Der Bundesrat und die österreichische Öffentlichkeit haben sowohl in rechtlicher wie in politischer Hinsicht jedes Recht darauf, den vollen Vertragstext zu kennen, um daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen zu könnnen. Um Schaden von der Republik abzuwenden, ist zudem ein sofortiger Stopp des Beschaffungsvorganges notwendig, da die bisher bekannten Teile des Vertrages unabsehbare finanzielle Folgen befürchten lassen, wozu noch kommt, dass derzeit nicht einmal die Betriebskosten abschätzbar sind. 

 

Im Zuge der Debatten ergriffen folgende Auskunftpersonen gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates das Wort: Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer, Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger, Univ.-Prof. Dr. Bernd Christian Funk, Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser, Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter, Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser, MR Franz Hofer (Bundesministerium für Landesverteidigung: Rüstungsstab/Luftzeugabteilung), Aloysius Rauen (EADS- Manager), Univ.-Prof. Dr. Rudolf Thienel, MR Mag. Dr. Harald Dossi (Bundeskanzleramt/Verfassungsdienst), Mag. Hannes Hofer (Bundesministerium für Finanzen), Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein, Dr. Peter Pilz, MR i.R. Heribert Wagner, Generalleutnant Wolfgang Spinka (Bundesministerium für Landesverteidigung: stv. Chef der Generalstabsdirektion), General i.R. Peter Corrieri und Univ.-Prof. Dr. Andreas Kletecka (Wiener Juridicum).

An den Debatten beteiligten sich die Bundesräte Ludwig Bieringer, Stefan Schennach, Wolfgang Schimböck, Ewald Lindinger, Mag. Harald Himmer, Wolfgang Sodl, Karl Bader, Gabriele Mörk, Günther Kaltenbacher, Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg, Karl Boden, Günther Köberl, Franz Perhab, Harald Reisenberger und Albrecht Konecny.

Im Zuge der Debatte brachten die Bundesräte Albrecht Konecny und Stefan Schennach einen Abänderungsantrag ein.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Hohen Hause die Annahme des Entschließungsantrages 153/A(E)-BR/2006 der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen unter Berücksichtigung des eben erwähnten Abänderungsantrages zu empfehlen.

Ein von den Bundesräten Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Entschließungsantrag fand nicht die erforderliche Ausschussmehrheit.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Ewald Lindinger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Landesverteidigungsausschuss somit den Antrag, der Bundesrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2006 09 13

                                 Ewald Lindinger                                                            Harald Reisenberger

                                   Berichterstatter                                                                       Vorsitzender