Minderheitsbericht

gemäß § 32 Abs. 8 GO-BR

der Bundesräte Ludwig Bieringer, Mag. Harald Himmer und Dr. Franz Eduard Kühnel

zum Entschließungsantrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortigen Stopp der Beschaffung von Eurofighter Kampfflugzeugen und Offenlegung der Verträge (153/A(E)-BR/2006)

1. GO-Konformität:

Der gegenständliche Antrag wurde von Bundesräten der SPÖ und der Grünen unter dem Titel „Der Bundesrat schützt die verfassungsmäßigen Rechte des Parlaments vor ÖVP und Regie­rung“ eingebracht. Die gewählte Vorgangsweise und der Inhalt des Antrages stellen sich in mehrfacher Weise als unkorrekt dar. Der Entschlie­ßungsantrag wäre deshalb auf seine Geschäftsordnungskonformität hin zu hinterfragen. Eine genauere Prüfung des vorliegenden Entschließungsantrages hätte die Mängel des Antrages zutage gebracht.

 

Gemäß § 24 GO-BR kann der Bundesrat seinen Wünschen über die Ausübung der Vollziehung in Form von Entschließungen Ausdruck geben. Diese Geschäftsordnungsbestimmung findet ihre verfassungsrechtliche Deckung in Art. 52 B-VG: „Der Nationalrat und der Bundesrat sind befugt …..ihren Wünschen über die Ausübung der Vollziehung in Entschlie­ßungen Ausdruck zu geben.“ Bei genauer Betrachtung des gegenständlichen Entschließungs­antrages ist allerdings leicht erkennbar, dass sich dieser in seinen wesentlichen Teilen nicht auf die Vollziehung des Bundesministeriums für Landesverteidigung bezieht, sondern Forde­rungen nach Aktenvorlagen und Vorlagen von Abschriften enthält. Es ist eindeutige Rechtslage, dass der Bundesrat im Rahmen seiner Interpellationsrechte die Geschäftsführung der Bundesregierung überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung befragen und alle einschlägi­gen Auskünfte verlangen kann (§ 24 GO-BR), es ist aber auch völlig herrschende Ansicht, dass die Vorlage von Akten in der Bundesrats-Geschäftsordnung nicht vorgesehen ist und auch der Systematik der parlamentari­schen Kontrolle widerspräche. Das Recht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, kommt gemäß § 33 GOG-NR nur dem Nationalrat zu. Dies findet seine verfassungsrechtliche Grundlage wiederum in Art. 53 B-VG, welcher in Abs. 1 normiert: „Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen.“ Nur dem Untersuchungsausschuss kommt das Recht zu, die Vorlage von Akten zu verlangen. Dies gründet sich auf § 25 der Verfah­rensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse, welche einen Bestandteil des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats bildet. Aus dieser Darstellung der Rechtslage ergibt sich zweifelsfrei, dass der gegenständliche Entschließungsantrag zumindest in jenen Teilen, worin die Aktenvorlage gefordert wird, der Geschäftsordnung des Bundesrates widerspricht und damit nicht zulässig wäre.

 

2. Amtsverschwiegenheit:

Andererseits ist die Bundesregierung gemäß Art. 20 Abs. 3 B-VG gegenüber dem Bundes­rat zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Dies beinhaltet die Verschwiegenheit über alle dem Bundesminister ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tat­sachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ord­nung und Sicherheit der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehung im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist. Dazu haben in der Ausschusssitzung des Landesverteidigungsausschusses am 8. Mai 2006 die Verfassungs­experten folgendes festgehalten:

 

Es ist völlig herrschende Ansicht, dass das in Art 52 B-VG geregelte Interpellationsrecht durch die Pflicht der Verwaltungsorgane zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit nach Art. 20 Abs. 3 B-VG eingeschränkt wird. Ohne Zweifel unterliegt auch ein Bundesminister wie alle Verwaltungsorgane der Amtsverschwiegenheit.  Er ist daher über alle ihm aus seiner Tätigkeit bekannt gewordenen geheimen Tatsachen zur Verschwiegenheit verpflichtet, deren Geheimhaltung

-              im Interesse der umfassenden Landesverteidigung (militärisches Geheimnis)

-              im wirtschaftlichen Interesse des Bundes

-              im Interesse der auswärtigen Beziehungen Österreichs oder

-              im überwiegenden Interesse der Parteien

geboten ist.

 

Es besteht kein Zweifel, dass der Eurofighter der militärischen Landesverteidigung dient, alle Informationen über Bewaffnung, Einsatzfähigkeit, Verfügbarkeit, Wartung und Lieferbarkeit betreffen daher jedenfalls Interessen der nationalen Sicherheit und der umfassenden Landes­verteidigung und unterliegen damit der Geheimhaltung.

 

Im konkreten Fall liegt die Geheimhaltung klar erkennbar auch im überwiegenden Interesse der Parteien, weil die Details über Zahlungskonditionen, Modalitäten bei Verzug oder Garan­tiebestimmungen eindeutig Informationen über die Geschäftsgebarung des Verkäufers ent­halten, deren Geheimhaltung als Geschäftsgeheimnis im Interesse des Lieferanten eindeutig ist.

 

Es ist völlig klar, dass mit der Mitteilung derartiger Informationen in einem Ausschuss die Veröffentlichung verbunden ist, gerade Beschaffungsvorgänge aber wegen der Sensibilität der Materie nicht öffentlich diskutiert werden können.

 

Es ist ein Faktum, dass die Amtsverschwiegenheit gegenüber dem Plenum des BR genauso, wie gegenüber den Ausschüssen geltend gemacht werden kann, ja sogar muss, damit die Geheimhaltung gewahrt bleibt.

 

3. Datenschutz:

In § 1 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000 ist das Grundrecht auf Datenschutz verankert. Danach hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten.

 

Das Grundrecht auf Datenschutz gilt auch für juristische Personen (etwa Firmen). Das Grund­recht auf Datenschutz umfasst alle personenbezogenen Daten und bei juristischen Personen damit auch Wirtschaftsdaten. Viele Inhalte des EF-Vertrages stellen personenbezogene Wirt­schaftsdaten dar. Insbesondere soweit es darin um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse geht, wie zB.: Preisgestaltung, Lieferfristen, technische Details, Kalkulationsgrundlagen, etc.

 

Nach den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes ist der Eingriff in das Grundrecht generell nur zulässig, wenn dieser im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt. Diese Voraussetzungen liegen im gegebenen Zusammenhang jedenfalls nicht vor, vielmehr hat der Lieferant erklärt, dass er einer Veröffentlichung eben nicht zustimmt.

 

Abgesehen hievon sind derartige Eingriffe nur zur Wahrung überwiegender Interessen Dritter zulässig, nach den Wertungen des Gesetzgebers ist ein besonders schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gegeben. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Datenschutzgesetz, sondern auch aus weiteren gesetzlichen Bestimmungen.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Geheimhaltung des Vertrages, bezie­hungsweise von Vertragsteilen, auch im Datenschutzgesetz grundgelegt ist.

 

Niemand wäre einverstanden, wenn seine Vermögensverhältnisse, sein Hauskauf, oder seine familiäre Situation in der Öffentlichkeit diskutiert würden.

 

Die Geheimhaltung oder Offenlegung steht nicht im Belieben des Bundesministers, sondern ist er - wie bereits dargestellt - durch umfangreiche Bestimmungen zur Geheimhaltung ver­pflichtet.

 

Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit zieht für den Bundes­minister die politische und staatsrechtliche Verantwortlichkeit nach sich, zusätzlich aber auch mögliche strafrechtliche Konsequenzen.

 

Die Veröffentlichung von angeblichen Teilen des Kaufvertrages sowohl durch eine Wochenzeitschrift als auch durch einen NR-Abgeordneten der Grünen ändert nichts an der grundsätzlichen rechtlichen Beurteilung von Datenschutz und Amtsverschwiegenheit.

 

In der Sitzung des Ausschusses am 8. Mai 2006 wurden diese Rechtspositionen durch anwesende Rechtsexperten ausdrücklich bestätigt.

 

4. Rechnungshof:

Die Nichtoffenlegung des Vertrages verhindert in keiner Weise die effektive Kontrolle durch das Parlament, weil der Beschaffungsvorgang ja bis ins kleinste Detail durch den Rechnungs­hof überprüft worden ist. Der Rechnungshof hat umfassende Einsichtsrechte.

 

Dem Rechnungshof wurden bei seiner Prüftätigkeit selbstverständlich alle Unterlagen, in die er Einsicht nehmen wollte, inklusive des Kaufvertrags zur Einsicht zur Verfügung gestellt. Im Übrigen wurde dies durch den zuständigen Abteilungsleiter und seinen Sachbearbeiter im Rechnungshof bestätigt.

 

Der Rechnungshof wird unmittelbar für den Nationalrat tätig und ist bei der Prüfung im Voll­ziehungsbereich des Bundes ein Organ des Nationalrates. Er hat dem Nationalrat ausführlich über seine Prüftätigkeit unter Beachtung seiner eigenen Verschwiegenheitspflichten berichtet.

 

Bisher wurden im Zusammenhang mit den Eurofightern 3 Rechnungshofberichte vorgelegt und im Nationalrat ausführlich beraten:

             • Im Bericht Reihe Bund 2002/3 wurde die Vorbereitung der Nachbeschaffung von Luft­raumüberwachungsflugzeugen vom Rechnungshof geprüft.

             • Im Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2004/1 wurde die Typenentscheidung für die Nachfolgebeschaffung und die Gegengeschäftsangebote geprüft (III-72 d.B.).

             • In der Reihe Bund 2005/3 wurden die Kaufverträge, die Finanzierung und der Gegen­geschäftsvertrag betreffend die Luftraumüberwachungsflugzeuge geprüft (III-143 d.B.).

 

In der XXI. GP wurde auch ein Prüfungsantrag im Ständigen Unterausschuss des Rechnungs­hofes eingebracht, der allerdings mit Ablauf der Gesetzgebungsperiode noch vor Aufnahme der Verhandlungen beendet war.

 

Es ist festzuhalten, dass der Rechnungshof in seinen Berichten insbesondere festgestellt hat:

- Der Eurofighter wurde zutreffend als Bestbieter ermittelt.

- Das Ergebnis der Kosten- und Nutzwertanalyse war nachvollziehbar und mathematisch abgesichert.

- Es gibt keinen Hinweis auf eine Manipulation oder Geschenkannahme.

 

Diese Feststellungen wurden auch vom Rechnungshofpräsidenten Dr. Moser bei seiner Befragung im Ausschuss am 17. Mai 2006 nochmals ausdrücklich bestätigt.

 

Aussagen in verschiedensten Medien über eine behauptete mangelhafte Qualität des Vertrages waren für den Rechnungshofpräsidenten nicht nachvollziehbar.

Der Rechnungshof hat den Kaufvertrag eingehend geprüft und die relevanten Details, die aufgrund von Amtsverschwiegenheit und Datenschutz nicht geheim zu halten waren, in seinen Berichten zusammengefasst. Diese detaillierten Darstellungen des Vertragsinhaltes haben den Nationalrat vollkommen in die Lage versetzt, den Vertrag zu beurteilen.

 

5. Eurofighter war Bestbieter:

Die Feststellungen des Rechnungshofes aber auch die Aussagen der Auskunftspersonen bestätigen ausdrücklich, dass Eurofighter Bestbieter war und ist. Schließlich wurde positiver Weise auch durch den der sozialdemokratischen Fraktion angehörenden, den Vorsitz führenden Bundesrat Reisenberger ausdrücklich festgestellt, dass das Bestbieterprinzip Geltung haben muss und damit die getroffene Entscheidung für Eurofighter bestätigt.

 

Damit wird auch die Entscheidung des vormaligen Bundesministers für Landesverteidigung,  der im Jahre 2002 den Empfehlungen der Bewertungskommission folgend den Eurofighter zur Beschaffung für das österreichische Bundesheer vorgeschlagen hat, bestätigt.

 

6. Kaufvertrag:

In verschiedenen Medien wurden angebliche Teile des Kaufvertrages einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In der Ausschusssitzung vom 25. Juli 2006 wurde daraufhin ein Zivilrechtsexperte zu diesen Veröffentlichungen befragt. Dieser führte aus, dass die zur Verfügung stehenden Inhalte die klare Aussage zulassen, dass derartige Klauseln als durchaus branchenüblich bezeichnet werden können. Somit sind auch in diesem Fall alle Skandalisierungsversuche seitens der Opposition als gescheitert anzusehen, zumal diese auch auf rechtlich fehlerhaften Schlüssen beruhen.

 

Beispielsweise wurde die gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren für Mängel, die bereits bei der Übergabe bestanden haben, mit freiwillig vereinbarten Garantieansprüchen, verwechselt.

 

7. Schlussfolgerungen:

Auf Basis dieser rechtlichen Beurteilung erweisen sich für die unterzeichneten Bundesräte einerseits der Entschließungsantrag, andererseits auch die Schlussfolgerungen von SPÖ und Grünen über weite Teile als im Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und damit als unzutreffend. Kein anderer Beschaffungsvorgang wurde in der Zweiten Republik so detailliert im Parlament behandelt und diskutiert bzw. durch den Rechnungshof überprüft. So hat sich der Nationalrat in der XXI. und XXII. GP in bisher insgesamt 14 Dringlichen Anfragen und Anträgen und in 20 Anträgen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit der Frage der Nachbeschaffung von Abfangjägern beschäftigt. In der XXII. GP wurde darüber hinaus eine Reihe von schriftlichen Anfragen im Nationalrat zu diesem Thema eingebracht, die alle von den zuständigen Bundesministern ausreichend beantwortet wurden. Darüber hinaus hat es auch im Bundesrat seit Beginn des Jahres 2003 bis jetzt 5 Dringliche Anfragen zu den Eurofightern gegeben. Auf die drei Berichte des Rechnungshofes wurde bereits oben hingewiesen.

 

Die von den Oppositionsparteien beschlossenen Ladungen von verschiedenen Auskunftspersonen für die Sitzungen des Landesverteidigungsausschusses haben die bisherigen Fakten bestätigt und keine nachgewiesenen neuen Erkenntnisse gebracht. Die Vorgangsweise der Opposition, immer wieder neue Auskunftspersonen zu laden, um die Behandlung des gegenständlichen Entschließungsantrages in die Länge zu ziehen, erweist sich somit als rein parteipolitisch motiviert, zumal die Opposition an tatsächlichen Informationen über den Eurofighter nicht interessiert ist. Dies hat sich zuletzt wieder darin gezeigt, dass die Opposition die Einladung von Bundesminister Platter ausgeschlagen hat, gemeinsam mit Medienvertretern am 13. Juni 2006 die Endmontage des ersten österreichischen Eurofighters in Manching, BRD, zu besichtigen. Dort hätte sich die Opposition davon überzeugen können, dass die Erfüllung des Eurofighter-Kaufvertrages völlig im Plan liegt und somit die ersten Flugzeuge Mitte kommenden Jahres ausgeliefert werden können.

 

Der Ausschuss war letztlich auch dadurch geprägt, dass aufgrund der bereits erfolgten umfassenden Debatte des Beschaffungsvorganges im Nationalrat und in den Medien keinerlei neue Erkenntnisse, welche die ordnungsgemäße und rechtskonforme Abwicklung der Beschaffung in Frage stellen könnten, hervorgekommen sind. Die trotz dieses Umstandes von SPÖ und Grünen betriebene Verzögerung der Arbeit des Ausschusses mit dem Ziel, den Abschluss des Landesverteidigungsausschusses am 13. September 2006 und somit wenige Tage vor der Nationalratswahl 2006 zu erreichen,  war somit nur von der Intention geleitet, dieses Thema noch in den laufenden Wahlkampf tragen zu wollen.

 

Die unterzeichneten Bundesräte haben im Landesverteidigungsausschuss einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem unter Bezugnahme auf die diesbezüglichen Beschlüsse im Nationalrat und im Bewusstsein der hohen Mitverantwortung des Bundesrates als Länderkammer des Parlaments auch für die Sicherheit der Österreichischen Bevölkerung die Verpflichtung Österreichs zur Überwachung und Sicherung seines Luftraumes als wesentlicher Teil der Auf­rechterhaltung seiner Souveränität dargelegt ist und der Bundesminister ersucht wird, den laufenden Nachbeschaffungsvorgang von Luftraumüberwachungsflugzeugen erfolgreich abzuschließen. Dieser Entschließungsantrag fand bedauerlicherweise nicht die Mehrheit im Ausschuss.