7765 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für BürgerInnenrechte

über die Petition betreffend Bleiberecht für Asylsuchende, überreicht von Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (21/PET-BR/2007)

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth hat die gegenständliche Petition am 4. Juli 2007 gemäß § 25 GO-BR eingebracht. In dieser Petition wird unter anderem Folgendes ausgeführt:

Frau Arjet LULAJ ist am 20.8.1977 in Decan /Kosovo geboren. Sie ist serbische Staatsbürgerin und von ihrer Nationalität her Albanerin. Von ihrer Religionszugehörigkeit her ist Frau Arjet LULAJ Muslima. Sie hat die Mittelschule in einem allg. Gymnasium besucht.

1999 bei Ausbruch des Krieges mit ihrer Familie von ihrem Heimatort Irznic im Kosovo zunächst nach Montenegro geflüchtet. Nach der Einreise in Österreich hat sie sofort einen Asylantrag gestellt (Einreise in Österreich: 24.3.1999, Erstantrag: 25.3.1999). Im Jahr 2000 hat sie in Salzburg standesamtlich ihren Mann Nezir LULAJ geheiratet, und das Ehepaar hat mit den Schwiegereltern in einem Haus in Salzburg gewohnt. Am Anfang war die Beziehung noch gut. Der Kontakt mit dem Rechtsanwalt im Asylverfahren ist aber immer ausschließlich über ihren Mann gelaufen. Der Mann war oft (auch über Nacht) abwesend, ohne ihr mitzuteilen, wohin er geht. Sie hat dann im Jahr 2005 erfahren, dass der Mann eine Beziehung mit einer anderen Frau hatte. Er hatte das abgestritten, bis die andere Frau mit ihr Kontakt aufgenommen hat und sie direkt von der Beziehung in Kenntnis gesetzt hat. Als sie diese Situation nicht akzeptieren wollte, hat der Mann Frau Arjet LULAJ gedroht, er werde sie umbringen, wenn sie nicht aus der Wohnung der Schwiegereltern auszieht. Darauf ist Frau Arjet LULAJ im Februar 2007 für eine Woche ins Frauenhaus gegangen, konnte dort aber nicht länger bleiben, weil sie keine Personaldokumente hat (kein Pass). Frau Arjet LULAJ ist vor vier Monaten aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und lebt bei einer Freundin in Bergheim bei Salzburg.

Die Schwiegermutter ist seit zwei Jahren (Sturz, Hüftbruch) pflegebedürftig und wurde von Frau Arjet LULAJ bis zu ihrem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung betreut. Der Schwiegervater hatte vor eineinhalb Jahren einen Verkehrsunfall. Seither sind beide pflegebedürftig und beide wurden von ihr bis vor vier Monaten gepflegt. Vor 6 Monaten wurde von den Schwiegereltern versucht, ein Visum für Frau Arjet LULAJ zu beantragen als Pflegeperson für sie beide; der Antrag wurde abgelehnt.

In ihrer Situation gibt es für Arjet LULAJ keine Zukunft im Kosovo. Sie will auf keinen Fall zurückkehren. Sie lebt seit mehr als 7 Jahren in Salzburg, und seit der Trennung von ihrem Mann hat sie sich hier voll integrieren können. Vorher wurden ihr von ihrem Mann alle Außenkontakte verboten, er hat verhindert, dass sie an einem Deutschkurs teilnimmt. Sie wird vom Verein VIELE betreut und hat nun seit der Trennung Freundschaften mit österreichischen Frauen in Salzburg aufgebaut. Frau Arjet L ULAJ besucht jetzt auch einen Deutschkurs im Verein VIELE. Die Rückkehr wäre eine Katastrophe für sie: Ihr Heimatort ist auf dem Lande. Ihre Familie lebt wieder in Irznic; sie würde sie nicht gerne wieder aufnehmen und hätte auch nicht die finanziellen Möglichkeiten, sie zu erhalten, weil Frau Arjet LULAJ mit Sicherheit keine Arbeit bekommen würde. Als Muslima und als in Trennung von ihrem Mann lebende Frau ist sie in der Gesellschaft des Kosovo sozial isoliert und gesellschaftlich ausgeschlossen. Aufgrund ihrer kulturellen und religiösen Herkunft dürfte sie das Haus nicht mehr verlassen, sie wäre in ihrem Elternhaus eingeschlossen. Der Bruder wäre innerhalb der Familie ihr Vormund.

Frau Arjet LULAJ wäre bei einem negativen Ausgang ihres Asylverfahrens von der Abschiebung in den Kosovo bedroht, und aus den oben genannten Gründen ersuchen wir Unterzeichneten den Bundesminister für Inneres Günther Platter, einem Ansuchen um humanitären Aufenthalt für Frau Arjet LULAJ stattzugeben und den Bundesrat, dieses Ansuchen zu unterstützen.

Der Ausschuss für BürgerInnenrechte hat die gegenständliche Petition in seiner Sitzung am 17. Juli 2007 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Peter Florianschütz.

An der Debatte beteiligte sich Bundesrat Peter Florianschütz.

Auf Antrag des Bundesrates Peter Florianschütz wurden die Verhandlungen zum Gegenstand mit Stimmeneinhelligkeit vertagt.

Am 10. Oktober 2007 hat der Ausschuss für BürgerInnenrechte die Verhandlungen wieder aufgenommen. In der Debatte ergriffen die Bundesräte Mag. Susanne Neuwirth und Ing. Reinhold Einwallner das Wort.

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner stellte den Antrag, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Der Ausschuss hat mit Stimmeneinhelligkeit folgende von Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner eingebrachte Ausschussfeststellung beschlossen:

„Am 05.04.2004 wurde durch die damalige rechtsfreundliche Vertretung für Frau LULAJ ein Antrag auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung gem. § 19 Abs. 2 Z 6 FrG eingebracht. Nach einem Wechsel der rechtsfreundlichen Vertretung erfolgte am 29.03.2007 eine weitere Eingabe zu diesem Antrag an die BH Salzburg – Umgebung.

Laut Auskunft der BH Salzburg – Umgebung vom 10.09.2007 ist der gegenständliche Antrag vom 5.04.2004 do. in Bearbeitung.

Eine Aktenvorlage an das BM.I erfolgte bislang nicht.

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen bedarf in jedem Fall der Zustimmung des Bundesministers für Inneres.

Die Beurteilung des Vorliegens von humanitären Gründen obliegt aber der zuständigen Behörde erster Instanz. Diese hat den jeweiligen Einzelfall, unter Berücksichtigung der jeweiligen besonderen und individuellen Umstände, zu prüfen.

Da eine Aktenvorlage an das BM.I bislang nicht erfolgt ist, ist eine Zustimmung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich.“

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, dem Bundesrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Wolfgang Sodl gewählt.

Der Ausschuss für BürgerInnenrechte stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Oktober 2007 den Antrag, diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Wien, 2007 10 10

                                  Wolfgang Sodl                                                          Ing. Reinhold Einwallner

                                   Berichterstatter                                                                       Vorsitzender