7830 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus

über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2007 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird

Mit dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates werden zum einen die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zur Einrichtung eines Bundesasylgerichtshofs geschaffen und zum anderen unter dem Titel Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz zahlreiche Verfassungsbestimmungen, die neben der eigentlichen Bundesverfassung existieren, entweder beseitigt oder in die Verfassung integriert. Gleichzeitig wurden durch entsprechende verfassungsgesetzliche Ermächtigungen die Weisungsfreistellung von bestimmten Behörden erleichtert und das Ratifikationsverfahren für EU-Verträge vereinfacht.

Das Bundesasylamt wird künftig erste und einzige verwaltungsbehördliche Instanz für Asylanträge sein. Als gerichtliche Rechtsmittelinstanz wird ab 1. Juli 2008 ein neuer Asylgerichtshof eingerichtet, der den Unabhängigen Bundesasylsenat ersetzt. Entscheidungen des Asylgerichtshofs werden grundsätzlich in Zweiersenaten fallen – gibt es kein Einvernehmen zwischen den beiden Richtern, kommt ein verstärkter fünfköpfiger Senat zum Einsatz. In rein verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten und bei vorliegenden Grundsatzentscheidungen sind auch einzelrichterliche Entscheidungen möglich.

Stark eingeschränkt wurde der Zugang von Asylwerbern zum Verwaltungsgerichtshof. Anstelle von Einzelanfechtungen wurde ein neues Procedere vorgesehen, gemäß dem bei grundsätzlichen bzw. häufig auftretenden Rechtsfragen der Asylgerichtshof künftig selbst – in einem verstärkten Senat – eine Grundsatzentscheidung fällen und diese dann automatisch dem Verwaltungsgerichtshof zur Beurteilung vorlegen wird. Äußert dieser innerhalb von sechs Monaten keine Einwände, gilt die Grundsatzentscheidung als bestätigt und kann für alle anhängigen und künftigen Fälle angewendet werden. Gleichzeitig wird es dem Verfassungsgerichtshof nicht mehr möglich sein, Asylsachen an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

Ziel des vorliegenden Beschlusses ist es, die Gesamtdauer von Asylverfahren zu verkürzen. Aus gleichem Grund wurden kurzfristige Personalaufstockungen beim Bundesasylamt, beim Asylgerichtshof und beim Verwaltungsgerichtshof vorgesehen. Bis zum Jahr 2010 soll der Rückstau an offenen Asylverfahren weitgehend abgebaut sein. Zuständig für den Asylgerichtshof ist das Bundeskanzleramt.

Darüber hinaus sieht der Beschluss des Nationalrates vor, unter dem Titel Verfassungsbereinigung mehr als 200 Bundesverfassungsgesetze, bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen und Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen aufzuheben bzw. als nicht mehr geltend festzustellen. Gleichzeitig wurden 22 Bundesverfassungsgesetze mit 1. Jänner 2008 in einfache Gesetze und dutzende Verfassungsbestimmungen in einfache gesetzliche Bestimmungen umgewandelt. Für zahlreiche Staatsverträge wurde eine analoge Vorgangsweise vorgesehen.

Einige gesetzliche Bestimmungen in Verfassungsrang werden in die Bundesverfassung selbst integriert. Das gilt etwa für verfassungsrechtliche Bestimmungen im universitären Bereich, die in einen neuen Abschnitt "Universitäten" in die Verfassung Eingang finden. Um verfassungsrechtlichen Wildwuchs zu verhindern, wurde jener Artikel in der Verfassung adaptiert, der den Abschluss von Staatsverträgen betrifft. Für die Einrichtung einer bestimmten Art weisungsfreier Behörden ist künftig ein einfaches Gesetz ausreichend, im Gegenzug werden dem Nationalrat und dem Bundesrat dafür gegenüber solchen weisungsfreien Behörden per Verfassung gewisse Kontrollrechte eingeräumt.

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates zur Verfassungsbereinigung basiert auf Beratungsergebnissen einer zur Staats- und Verwaltungsreform eingesetzten Expertengruppe, der neben Franz Fiedler, Andreas Khol, Peter Kostelka und Theo Öhlinger auch Ewald Wiederin und Jürgen Weiss in Vertretung der Landeshauptleute Gabi Burgstaller und Herbert Sausgruber angehörten. Grundlage für die Arbeit der Expertengruppe waren die Ergebnisse des Österreich-Konvents und eines in der letzten Legislaturperiode des Nationalrates eingerichteten Besonderen Ausschusses.

Einige Bereiche des gegenständlichen Beschlusses schränken die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung bzw. Vollziehung ein und unterliegen deshalb dem Zustimmungsrecht gemäß Artikel 44 Absatz 2 B-VG.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 18. Dezember 2007 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Sissy Roth-Halvax.

An der Debatte beteiligte sich Bundesrat Stefan Schennach.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Sissy Roth-Halvax gewählt.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag,

1.      gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2.      dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Absatz 2 B-VG die verfassungs-mäßige Zustimmung zu erteilen.

Wien, 2007 12 18

                               Sissy Roth-Halvax                                                                 Jürgen Weiss

                                 Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender