8084 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über den Beschluss des Nationalrates vom 12. März 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, dass mit Erkenntnis vom 27. Juni 2008 der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge „von Amts wegen“ in den §§ 72 Abs. 1, 73 Abs. 2 und 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) als verfassungswidrig aufgehoben hat. Die Aufhebungen treten mit Ablauf des 31. März 2009 in Kraft.

Der Verfassungsgerichtshof führte dabei im Wesentlichen aus, dass einem Fremden aus Art. 8 EMRK zwar kein Recht auf Entfaltung des Privat- und Familienlebens in einem bestimmten Aufenthaltsstaat seiner Wahl zukomme, aber unter besonderen Umständen die Verpflichtung des Staates auf Gewährung des Aufenthaltes des Fremden entstehe. Die Verweigerung der Erteilung eines Aufenthaltstitels würde diesfalls einen Eingriff in das Grundrecht darstellen. Da die §§ 72 Abs. 1 und 73 Abs. 2 und 3 NAG wesentlich auf Interessen eines Fremden abstellen, aber in diesen Fällen lediglich ein Verfahren von Amts wegen vorsehen und keine Antragstellung des Einzelnen zulassen, waren die Bestimmungen aus rechtsstaatlichen Gründen als verfassungswidrig aufzuheben.

Ausgehend von der Grundannahme, dass das Vorliegen der Gründe gemäß Art. 8 EMRK möglichst nur von einer zuständigen Behörde geprüft werden soll und „Kettenanträge“ bei unterschiedlichen Behörden hintanzuhalten sind, sieht der Beschluss einerseits vor, dass die Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde einen Aufenthaltstitel von Amts wegen zu erteilen hat, wenn die dauerhafte Unzulässigkeit einer Ausweisung gemäß Art. 8 EMRK in einem asyl- oder fremdenpolizeilichen Verfahren bereits festgestellt wurde. Anderseits ist ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels unter Berufung auf Art. 8 EMRK als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine Ausweisung bereits als zulässig erachtet wurde, es sei denn, die Umstände haben sich seither maßgeblich geändert. Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels unter Berufung auf Art. 8 EMRK gestellt und liegt noch keine Ausweisungsentscheidung vor, so ist zwingend die Fremdenpolizeibehörde mit dem Fall zu befassen. Ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens geboten, so ist dieser in Form einer „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ oder „Niederlassungsbewilligung – beschränkt“ zu erteilen.

Darüber hinaus sieht der gegenständliche Beschluss vor, dass die Behörde Drittstaatsangehörigen, die sich nachweislich seit dem 1. Mai 2004 durchgängig im Bundesgebiet aufhalten („Altfälle“), in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag und im Hinblick auf den Grad der Integration, eine „Niederlassungsbewilligung – beschränkt“ gemäß § 44 Abs. 4 NAG erteilen kann. Der Nachweis der Selbsterhaltungsfähigkeit kann auch durch Vorlage einer Patenschaftserklärung erbracht werden. Gegen Entscheidungen in diesen Fällen ist eine Berufung nicht zulässig. Eine Erteilung gemäß § 44 Abs. 4 NAG bedarf der Zustimmung des Bundesministers für Inneres gemäß § 74 NAG. Dieser wird in Ausübung seiner Zustimmungsbefugnis vom Beirat zur Beratung besonders berücksichtigungswürdiger Fälle gemäß § 75 NAG beraten. Hiezu hat der Beirat binnen vier Wochen eine begründete Empfehlung abzugeben.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 24. März 2009 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl.

An der Debatte beteiligten sich die Bundesräte Edgar Mayer, Josef Kalina und Christoph Kainz sowie mit beratender Stimme die Bundesräte Stefan Schennach und Ing. Siegfried Kampl.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl gewählt.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 24. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2009 03 24

                          Kurt Strohmayer-Dangl                                                           Reinhard Todt

                                   Berichterstatter                                                                    Stv. Vorsitzender