8597 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Landesverteidigungsausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2011 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz 2001 geändert wird

Seit nunmehr über 50 Jahren entsendet die Republik Österreich Einheiten und Einzelpersonen zu Auslandseinsätzen in alle Welt und hat sich dadurch hohe Anerkennung in der Staatengemeinschaft verdient. Derzeit befinden sich österreichische Einheiten im Wesentlichen im Kosovo, in Bosnien und Herzegowina sowie im Nahen Osten im Auslandseinsatz. Waren es ursprünglich Katastropheneinsätze und Einsätze zur Trennung von Konfliktparteien sowie zur Überwachung von Waffenstillstandsvereinbarungen, so beteiligt sich Österreich seit einigen Jahren verstärkt auch an „robusteren“ Einsätzen, insbesondere solchen der (aktiven) Friedenssicherung mit allfälligem Bedarf einer Durchsetzung von Aufgaben der Krisenbewältigung. Dabei sind auch polizeiähnliche Aufgaben durch die entsendeten Organe wahrzunehmen.

In Fällen der Ausübung von Befugnissen durch österreichische Organe, die in die Rechte Dritter eingreifen, stellt sich die Frage nach deren innerstaatlichen rechtlichen Grundlagen. Die Ausübung solcher Befugnisse kann nach völkerrechtlichen Regelungen von Personen- und Fahrzeugkontrollen über Hausdurchsuchungen, die Durchsetzung von Sperrbereichen und Ausgangssperren bis zur Bewältigung von Demonstrationen und Aufständen reichen. Zur Durchsetzung dieser Befugnisse kommen nach den völkerrechtlichen Regelungen auch Festnahmen, der Einsatz körperlicher Gewalt und der – in bestimmten Lagen lebensgefährdende – Waffengebrauch in Betracht. Diese im Rahmen der Befugnisausübung gesetzten Handlungen entsprechen in der überwiegenden Zahl Tatbildern des österreichischen Strafrechts, weshalb für die Straffreiheit dieser Handlungen ein entsprechender Rechtfertigungsgrund gegeben sein muss. Für die in Rede stehenden Fälle kommt – über die, nicht nur dem innerstaatlichen Strafrecht, sondern auch dem Völkergewohnheitsrecht bekannten Rechtfertigungsgründe der Notwehr und Nothilfe hinaus – der Rechtfertigungsgrund der „Ausübung von Amts- und Dienstpflichten“ auf Grund einer ausdrücklichen Befugnisnorm in Betracht.

Die völkerrechtlichen Regelungen, wie insbesondere das Mandat, näher ausgeführt durch die internationalen Einsatzweisungen, bilden zwar die entsprechende (völkerrechtliche) Grundlage für die Befugnisausübung, jedoch ist eine Anwendung dieser völkerrechtlichen Normen durch ein österreichisches Strafgericht mangels innerstaatlicher Publizität im Bundesgesetzblatt zweifelhaft. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist daher mit der in Rede stehenden Bestimmung beabsichtigt, eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für die Anwendung von Befugnissen im Auslandseinsatz durch österreichische Organe, welche aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport zu einem Auslandseinsatz entsendet werden, zu schaffen.

In systematischer Hinsicht lehnt sich die Regelung an das Grundschema des Militärbefugnisgesetzes (MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, an und trennt zwischen den Aufgaben im Auslandseinsatz, den hiefür in Betracht kommenden Befugnissen sowie den Mitteln zu deren (zwangsweisen) Durchsetzung, wobei sich eine nähere Konkretisierung in Abhängigkeit vom jeweiligen Einsatz aus den jeweils in Frage kommenden völkerrechtlichen Regelungen ergibt.

Die verfassungsrechtliche Basis für jede Teilnahme von Organen der Republik Österreich an Auslandseinsätzen bildet das Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997. Nach § 4 Abs. 7 KSE-BVG haben die entsendeten Personen im Falle eines Widerspruchs einer unmittelbar erteilten Weisung des in Betracht kommenden internationalen oder ausländischen Organs und einer Weisung eines zuständigen österreichischen Organs, diejenige des österreichischen Organs zu befolgen. Die entsendeten Personen haben die innerstaatliche Rechtslage einzuhalten und folglich Weisungen, die gegen innerstaatliches Recht verstoßen, nicht zu befolgen.

Der Landesverteidigungsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 3. November 2011 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Inge Posch-Gruska, welche auch zur Berichterstatterin für das Plenum gewählt wurde.

Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. November 2011 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2011 11 03

                              Inge Posch-Gruska                                                              Wolfgang Beer

                                  Berichterstatterin                                                                       Vorsitzender