9575 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über Beschluss des Nationalrates vom 27. April 2016 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates trägt insbesondere dem Umstand Geltung, dass gemäß Art. 24 der Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung; Status-Richtlinie) können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Personen, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel erhalten, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss.

Nach geltender Rechtslage erhalten Personen, denen der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, sofort ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Mit Bescheid ist der Status des Asylberechtigten jedoch abzuerkennen (§ 7 AsylG 2005), wenn Gründe für die Aberkennung vorliegen (z.B. Gefahr für die Sicherheit, Endigungsgründe nach Art. 1 Abschnitt C Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 (GFK). Zu den Endigungsgründen nach Art. 1 Abschnitt C GFK zählt u.a. der Wegfall der Umstände, aufgrund derer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, sofern der Betroffene es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Vor dem Hintergrund der seit 2015 stark gestiegenen Anzahl von Schutzsuchenden und einreisenden Fremden und der hieraus resultierenden Herausforderungen im Bereich Asyl und Migration ist eine Adaptierung der Rechtslage im Rahmen der europarechtlichen und völkerrechtlichen Vorgaben im Hinblick auf eine systematische Prüfung des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für die Asylzuerkennung sachgerecht und erforderlich.

Es soll nunmehr zumindest einmal im Kalenderjahr geprüft werden, ob es in den Herkunftsstaaten, aus denen die meisten Asylberechtigten kommen, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse gekommen ist. Im Sinne der oben genannten unionsrechtlichen Vorgaben soll zugleich normiert werden, dass Fremde, denen der Status des Asylberechtigten rechtskräftig zuerkannt wird, ex lege mit der Zuerkennung eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung erhalten. Diese Aufenthaltsberechtigung verlängert sich nach Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer ex lege um einen unbefristeten Zeitraum, sofern nicht ein Aberkennungsverfahren eingeleitet wird. Durch diese Vorgangsweise wird ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand vermieden.

Im Falle des Vorliegens eines Aberkennungsgrundes ist ein Aberkennungsverfahren einzuleiten und erfolgt gegebenenfalls die Aberkennung des Status mit Bescheid, der im Rechtsweg bekämpfbar ist. Mit der Aberkennungsentscheidung ist im Rahmen des § 10 Abs. 1 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung zu verbinden (sofern es nicht zu einer Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten oder der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück kommt oder der Fremde geduldet wird) und erfolgt gegebenenfalls als ultima ratio eine Außerlandesbringung des Betroffenen.

Ändert sich hingegen an den relevanten Umständen im Herkunftsstaat nichts bzw. liegen keine sonstigen Aberkennungsgründe vor, erfolgt ex lege eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung auf unbefristete Dauer. Es ist aber auch nach einer erfolgten Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung eine Aberkennung des Status nach Maßgabe des § 7 AsylG 2005, insbesondere des § 7 Abs. 3 AsylG 2005, weiterhin möglich.

Aufgrund der Neuregelung muss somit in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Asylvoraussetzungen weiterhin vorliegen, wenn seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (das „Bundesamt“) ein Aberkennungsverfahren eingeleitet wird. Andernfalls verlängert sich das Aufenthaltsrecht ex lege.

Zum Zwecke der Entscheidung des Bundesamtes, ein Aberkennungsverfahren einzuleiten, wird seitens der Staatendokumentation des Bundesamtes zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse betreffend die Situation in den relevanten Herkunftsstaaten der Asylberechtigten erstellt und geprüft, ob in diesen Staaten eine nachhaltige und wesentliche Änderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse eingetreten ist. Ergibt sich aus der Analyse, dass es in einem Herkunftsstaat zu einer solchen wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse gekommen ist, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, ist im Hinblick auf die betroffenen Asylberechtigten im Rahmen des § 7 AsylG 2005 jedenfalls ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten einzuleiten.

Wird ein solches Aberkennungsverfahren aufgrund des Ergebnisses einer Analyse eingeleitet, ist dies dem Fremden formlos mitzuteilen und tritt somit noch keine ex lege Verlängerung seines Aufenthaltsrechts ein. Daher ist für den Fremden nach Ablauf seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung klar erkennbar, ob sein Aufenthaltsrecht in Zukunft unbefristet ist.

Im Hinblick auf die Familienzusammenführung kann im Rahmen des Unionsrechts vom zuziehenden Familienangehörigen verlangt werden, eine Unterkunft, eine Krankenversicherung sowie feste und regelmäßige Einkünfte iSd § 11 Abs. 5 NAG nachzuweisen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz durch den zuziehenden Familienangehörigen nicht binnen drei Monaten nach Zuerkennung des Asylberechtigtenstatus der Bezugsperson gestellt wird. Diese Option wird nun in § 35 AsylG 2005 aufgenommen. Bei Antragstellung innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung des Asylberechtigtenstatus an den Zusammenführenden bleiben die Voraussetzungen für den Familiennachzug zu Asylberechtigten wie bisher.

Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten müssen künftig unabhängig vom Antragszeitpunkt diese Zusatzvoraussetzungen (Unterkunftsnachweis, Krankenversicherung und feste und regelmäßige Einkünfte iSd § 11 Abs. 5 NAG) erfüllen.

Bei Nichterfüllung dieser zusätzlichen Voraussetzungen erfolgt jedoch keine automatische Ablehnung, sondern ist im Einzelfall zu prüfen, ob sich ein Anspruch auf Familienzusammenführung im Lichte des Art. 8 der Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur ergibt und ist gegebenenfalls der Nachzug zu gewähren.

Für unbegleitete minderjährige Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte, die ihre Eltern nachholen wollen, gelten die Zusatzvoraussetzungen (Unterkunftsnachweis, die Krankenversicherung und feste und regelmäßige Einkünfte im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG) aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von vornherein nicht.

Zudem wird die Wartefrist für Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten von bisher einem auf nunmehr drei Jahre erstreckt.

In § 67 AsylG 2005 wird verankert, dass Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte künftig unverzüglich nach Zuerkennung des Status zum Zwecke der Integrationsförderung beim zuständigen Integrationszentrum des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) persönlich zu erscheinen haben. Der ÖIF führt insbesondere Orientierungsgespräche, definiert Integrationserfordernisse und informiert über Integrationsleistungen. Über diese Verpflichtung sind die Betroffenen zugleich mit Statuszuerkennung zu informieren. Im Falle eines im Zuge eines Aberkennungsverfahrens eingeleiteten Rückkehrentscheidungsverfahren kann die Teilnahme an den Integrationsangeboten des ÖIF entsprechend bei der Art. 8 EMRK Abwägung im Zuge der Prüfung des Grades der Integration gemäß § 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG berücksichtigt werden. In § 68 AsylG 2005 wird klargestellt, dass Maßnahmen der Integrationshilfe nach Maßgabe finanzieller und organisatorischer Ressourcen auch Asylwerbern, denen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Schutzstatus zuerkannt wird, zu gewähren sind.

 

 

 

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 10. Mai 2016 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Armin Forstner.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Werner Herbert, Armin Forstner, Martin Weber und Peter Samt.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Armin Forstner gewählt.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Mai 2016 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2016 05 10

                                 Armin Forstner                                                             Gerhard Schödinger

                                   Berichterstatter                                                                       Vorsitzender