9840 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Juni 2017 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz geändert werden (Mittelstandsfinanzierungsgesellschaftengesetz 2017 – MiFiGG 2017)

Die Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrunde liegenden Initiativantrag am 7. Juni 2017 im Nationalrat eingebracht und – auszugsweise – wie folgt begründet:

„Der Zugang zu Eigenkapital ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen in der sensiblen Gründungsphase aber auch in der Wachstumsphase bis hin zu einer allfälligen Börsenfähigkeit eingeschränkt. Um den Unternehmen diesen Zugang künftig zu erleichtern und die bestehende Finanzierungslücke zu schließen, hat die Bundesregierung beschlossen, im Rahmen eines „KMUFinanzierungspaketes“ ein modernisiertes Regime für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften zu schaffen.

Das neue Regime soll sich im Grundsatz am auslaufenden Regime für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften orientieren, das ursprünglich mit dem StRefG 1993, BGBl. Nr. 818/1993, in § 6b KStG 1988 eingeführt und in weiterer Folge durch § 6b KStG 1988 idFMiFiGG 2007, BGBl. I Nr. 24/2007, abgelöst wurde: Insbesondere soll auch das neue Regime als „3-Ebenen-Modell“ ausgestaltet sein: Private Investoren (oder institutionelle Anleger) investieren in Beteiligungen an den Finanzintermediären – den Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften –, die Eigenkapital bündeln und dieses wiederum den Unternehmen zielgerichtet zur Verfügung stellen. Dabei sollen steuerliche Anreize sowohl für die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft selbst als auch für private Investoren vorgesehen werden, die der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft – und damit indirekt den jeweiligen Zielunternehmen – Investitionsvolumen bereitstellen. Die Setzung steuerlicher Anreize soll dazu beitragen, ein möglichst breites Anlegerpublikum anzusprechen und dadurch die Möglichkeiten der Kapitalaufnahme für aufstrebende Unternehmen zu attraktivieren.

Steuerlich begünstigte Investitionsmöglichkeiten über Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften wurden bereits in der Vergangenheit erfolgreich angenommen: Unter dem mit dem StRefG 1993 eingeführten Regime für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften wurden 50 Gesellschaften gegründet. Da die mit dem alten Regime in Zusammenhang stehenden Begünstigungen jedoch auslaufen bzw. ausgelaufen sind, soll nunmehr – unter Berücksichtigung der geänderten beihilfenrechtlichen Rahmenbedingungen für Risikokapital – ein flexibleres und moderneres Regime geschaffen werden. Insbesondere soll das Investitionsvolumen pro Unternehmen von 1,5 Millionen Euro auf 15 Millionen Euro ausgedehnt werden, wodurch Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften künftig deutlich umfangreichere Investitionsmöglichkeiten haben sollen als bisher.

Wie bereits § 6b KStG 1988 idF MiFiGG 2007 unterliegt auch das eben dort geregelte neue Regime für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften als Risikokapitalbeihilfe der Notifizierungspflicht durch die Europäische Kommission. Folge dessen sollen die für die Umsetzung erforderlichen Regelungen erst nach erfolgreicher beihilfenrechtlicher Genehmigung durch die Europäische Kommission in Kraft treten. Die materielle und formelle Ausgestaltung des neuen Regimes soll sich an den beihilfenrechtlichen Vorgaben der Europäischen Kommission orientieren: Beihilfen, die unter die Verordnung (EU) Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung des Artikels 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden: AGVO 2014), ABl. Nr. L 187 vom 26.06.2014 S. 1, in der Fassung der Berichtigung Abl. Nr. L 283 vom 27.09.2014 S. 65 fallen, sind von der Notifizierungspflicht bei der Europäischen Kommission ausgenommen und bedürfen einer bloßen Anmeldung der Maßnahme. Zwar erlaubt die AGVO 2014 grundsätzlich auch für Risikokapitalbeihilfen die Möglichkeit der Einführung ohne Notifizierung durch die Europäische Kommission (Art. 21 AGVO 2014), dies setzt jedoch voraus, dass die eingeführte Risikokapitalbeihilfe sämtliche der in Art. 21 AGVO 2014 genannten Voraussetzungen für Risikokapitalbeihilfen erfüllt. Die konzeptionelle Ausrichtung des neuen Regimes für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften soll jedoch in Teilbereichen über den von der AGVO 2014 geregelten Anwendungsbereich hinausgehen, insbesondere in Hinblick auf die den Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften gewährten steuerlichen Anreize und die Auswahl der möglichen Zielunternehmen. Folglich hat insoweit eine Notifizierung durch die Europäische Kommission zu erfolgen, wofür – ergänzend zur AGVO 2014 – die Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen (im Folgenden: Leitlinien 2014), ABl. Nr. C 19 vom 22.01.2014 S. 4, in der Fassung der Mitteilung der Kommission, Abl. Nr. C 198 vom 27.06.2014 S. 30, als Richtschnur dienen. Die Leitlinien 2014 sehen für die Ausgestaltung von Risikokapitalbeihilfen erweiterte Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten vor; daran soll sich das neue Konzept in den notifizierungspflichtigen Bereichen orientieren. Das neue Konzept soll im Sinne der Rechtssicherheit den Erwerb begünstigter Beteiligungen für einen Zeitraum von etwa fünf Jahren (ausgehend von einem Inkrafttreten bis Herbst 2017) vorsehen und auch eine Abschichtung über einen angemessenen Zeitraum erlauben (für am 30.9.2022 bestehende Beteiligungen sollen die Begünstigungen bis 30.9.2028 weiter anwendbar sein).

Für Beteiligungen, die umgründungsbedingt auf Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften übertragen werden (zB durch Verschmelzung oder Einbringung), können die Begünstigungen des neuen Regimes für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften nur in Hinblick auf künftig (in der Sphäre der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft) eintretende Wertsteigerungen zur Anwendung kommen. Diese Vermeidung der „Entsteuerung“ stiller Reserven ergibt sich bereits aus den allgemeinen Grundsätzen des Umgründungssteuergesetzes zur Entstrickungsbesteuerung, sodass eine gesonderte Regelung nicht erforderlich ist.

Alternativ zum neuen Regime für Mittelstandsfinanzierungsgesesellschaften können auch künftig nach wie vor Investitionen in Zielunternehmen über Kommanditgesellschaften erfolgen, die international auch häufig als „Investitionsplattformen“ genützt werden. Die bestehenden Regelungen decken derartige Investitionen bereits ab; jedoch sollen im Bereich der Umsatzsteuer in Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH punktuelle gesetzliche Klarstellungen vorgenommen werden. § 6 Abs. 1 Z 8 lit. i UStG 1994 soll vor diesem Hintergrund übersichtlicher strukturiert und in Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH klarstellend adaptiert werden.

Um begleitend zum neuen Regime für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften auch die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen zu attraktivieren, sollen die Regelungen für den Vertrieb von Alternativen Investmentfonds an Privatkunden sowie qualifizierte Privatkunden praxisnäher gestaltet werden. Nach dem Vorbild des Europäischen langfristigen Investmentfonds (ELTIF) sollen im Privatkundenvertrieb die Gleichbehandlung der Anleger sichergestellt sowie eine Haftungsbegrenzung bei Drittverwahrung untersagt werden.“

 

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 4. Juli 2017 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Peter Heger.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Peter Heger gewählt.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2017 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2017 07 04

                                    Peter Heger                                                                    Ewald Lindinger

                                   Berichterstatter                                                                       Vorsitzender