9846 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 29. Juni 2017 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen 2018 und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 erlassen werden und das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz, das Aktiengesetz, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit, das E-Geldgesetz 2010, das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, das Energie-Control-Gesetz, das EU-Verschmelzungsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Glücksspielgesetz, das Hypothekenbankgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, die Insolvenzordnung, das Investmentfondsgesetz 2011, das Kapitalmarktgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Körperschaftsteuergesetz, das Maklergesetz, das Pensionskassengesetz, das Pfandbriefgesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das SE-Gesetz, das SFT-Vollzugsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Sparkassengesetz, das Übernahmegesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, das Zahlungsdienstegesetz, das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz und das Zentralverwahrer-Vollzugsgesetz geändert werden

In Reaktion auf die Finanzkrise beginnend Ende 2007 ergriff der europäische Gesetzgeber mit MiFID II und MiFIR Initiativen zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Integrität und Transparenz der Finanzmärkte, wobei MiFID II und MiFIR die Regelungen der Richtlinie 2004/39/EG „MiFID I“) und ihrer Ausführungsrechtsakte ablösen. Die MiFID II ist bis zum 3. Juli 2017 in nationales Recht umzusetzen, die MiFIR ist ab dem 3. Januar 2018 unmittelbar anzuwenden.

Um eine konsistente und übersichtliche Regelung von Wertpapierdienstleistern (Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen) einerseits und Handelsplätzen andererseits sicherzustellen, wurde mittels des gegenständlichen Beschluss des Nationalrats die Struktur des WAG 2018 und des BörseG 2018 im Vergleich mit ihren „Vorgängergesetzen“ geändert. So sind Handelsplätze (einschließlich der neuen „Organised Trading Facility“ - OTF) künftig im BörseG 2018 geregelt. Auch die durch MiFID II nun etablierte Regulierung von Datenbereitstellungsdiensten und die Einführung von Positionslimits und -kontrollen zur stärkeren Überwachung von Warenderivaten finden sich im BörseG 2018.

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates bringt im WAG 2018 in Umsetzung der MiFID II folgende signifikanten Änderungen:

-       Verbesserung des Anlegerschutzes durch Anpassung der organisatorischen Anforderungen für Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen;

-       Verbesserung des Anlegerschutzes durch Anpassung der Wohlverhaltensregeln für Kreditinstitute, Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen, insbesondere durch höhere Transparenz- und Informationspflichten und bessere Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden, unter anderem durch Produktüberwachung einschließlich Produktverbote;

-       Regulierung des algorithmischen Handels, vor allem des Hochfrequenzhandels;

-       Schaffung von mehr Transparenz durch Ausdehnung der von Veröffentlichungspflichten betroffenen Finanzinstrumenten sowie

-       Vereinheitlichung und Verschärfung der Sanktionsmöglichkeiten im EU-rechtlich gebotenen Ausmaß.

Die vom Nationalrat beschlossenen Änderungen im BörseG 2018 umfassen:

-       Schließung von Aufsichtslücken bei der Regulierung von Handelsplätzen durch erweiterte Anforderungen an bestehende Handelsplattformen („Multilateral Trading Facility“ - MTF) sowie die Schaffung einer neuen Erlaubnispflicht für bisher nicht überwachte organisierte Handelssysteme (OTF), wodurch auch die Wettbewerbssituation für geregelte Märkte (Börse) verbessert wird;

-       erleichterter Zugang zu Kapital für KMU durch die Einrichtung von KMU-Wachstumsmärkten;

-       erhöhte Transparenz durch die Regulierung von Datenbereitstellungsdiensten sowie

-       stabilere Finanzmärkte durch stärkere Überwachung von Warenderivaten durch Einführung von Positionslimits und Positionskontrollen.

Durch den vorliegenden Beschluss des Nationalrates wird weiters der Börsehandel neu strukturiert. Derzeit gibt es zwei geregelte Märkte an der Wiener Börse, nämlich den amtlichen Handel und den geregelten Freiverkehr. Im Hinblick auf die Größe des österreichischen Finanzmarktes einerseits und eine transparentere Vergleichbarkeit mit anderen Börseplätzen andererseits erscheint die Zusammenführung in einen geregelten Markt sinnvoll.

 

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 4. Juli 2017 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Martin Weber.

An der Debatte beteiligte sich das Mitglied des Bundesrates Mag. Reinhard Pisec, BA.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Martin Weber gewählt.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2017 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2017 07 04

                                  Martin Weber                                                                   Ewald Lindinger

                                   Berichterstatter                                                                       Vorsitzender