9898 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Erstellt am 17.10.2017
Mit sichtbar gemachten Abänderungen bzw. Druckfehlerberichtigungen,
die im Plenum des Nationalrates beschlossen wurden
der Abgeordneten Josef Muchitsch, Mag. Elisabeth
Grossmann
und Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz
und das Berufsausbildungsgesetz geändert werden
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Berufsausbildungsgesetz geändert werden
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel 1
Das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG), BGBl. Nr. 324/1977, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/2017, wird wie folgt geändert:
1. Dem § 13e werden
folgendewird folgender Abs. 5 und 6
angefügt:
„(5) Der Insolvenz-Entgelt-Fonds hat dem
Bund die zur Bedeckung der Aufwendungen der Lehrberechtigten für die Tragung
von Internatskosten für Lehrlinge während des Besuches der BerufsschuleBerufschule
gemäß § 9 Abs. 5 BAG durch die Lehrlingsstellen erforderlichen
Mittel zur Verfügung zu stellen. Dies gilt nicht für Lehrberechtigte beim
Bund, bei einem Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband..“
(6) § 2b des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes (AMPFG), BGBl. Nr. 315/1994, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 128/2017, tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.“
2. Nach § 34 wird folgender § 35 samt Überschrift angefügt:
„Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. xxx/2017
§ 35. § 13e Abs. 5 und 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft.“
Artikel 2
Das Berufsausbildungsgesetz (BAG), BGBl. Nr. 142/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 78/2015, wird wie folgt geändert:
1. § 9 Abs. 5 zweiter Satz lautet:
„Die Lehrberechtigten haben die Kosten der Unterbringung und Verpflegung, die durch den Aufenthalt der Lehrlinge in einem für die Schüler der Berufsschule bestimmten Schülerheim zur Erfüllung der Berufsschulpflicht entstehen (Internatskosten), zu tragen. Bei Unterbringung in einem anderen Quartier sind ebenso die bei Unterbringung in einem Schülerheim entstehenden Kosten zu tragen. Der Lehrberechtigte kann einen Ersatz dieser Kosten bei der für ihn zuständigen Lehrlingsstelle beantragen. Der Kostenersatz gilt nicht für Lehrberechtigte beim Bund, bei einem Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband.“
2. § 36 wird folgender Abs. 11 angefügt:
„(11) § 9 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft.“
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und
Soziales
Begründung
Rund 40 % der Jugendlichen beginnen nach der
Pflichtschule eine Lehre. Das System der Lehrausbildung trägt wesentlich
zur niedrigen Jugendarbeitslosigkeit bei – der Abschluss einer Lehre
senkt das Arbeitslosigkeitsrisiko auf weniger als ein Drittel gegenüber
Personen ohne Berufsausbildung. Das System der Lehrausbildung steht
aktuell aber auch vor großen Herausforderungen, u.a. durch die
demographische Entwicklung und eine damit einhergehend geringe Zahl an
Lehrlingen. Es besteht daher ein dringender Bedarf an Maßnahmen, die
Berufsausbildung attraktiver zu gestalten und im Interesse der Betroffenen und
der wirtschaftlichen Zukunft unseres Landes auch aus arbeitsmarktpolitischer
Sicht weiterzuentwickeln.
Für Jugendliche, deren Lehrausbildung nicht in
der Nähe des Wohnorts stattfindet oder deren Berufsschulstandort eine
tägliche Anreise verhindert, stehen sogenannte Lehrlingsheime für die
Zeit des Schulbesuchs bzw. Blockunterrichts oder auch während der gesamten
Ausbildung bereit. Diese Unterbringungsmöglichkeiten gibt es einerseits
als an die Berufsschulen angegliederte Berufsschulinternate und andererseits
als Lehrlingswohnheime, die regelmäßig
BerufschülerInnen/Lehrlinge aufnehmen.
Bisher hat der Lehrberechtigte gemäß
§ 9 Abs. 5 BAG die Differenz zwischen den Internatskosten
(Unterbringung und Verpflegung) und der (Brutto-) Lehrlingsentschädigung zu
ersetzen, sofern diese Kosten höher sind als die
Lehrlingsentschädigung. Künftig sollen die Internatskosten von den
Lehrberechtigten getragen und diesen von den Lehrlingsstellen ersetzt
werden. Erfolgt die Unterbringung, insbesondere aus Platzmangel,
anderwärtig, sollen ebenfalls die bei Internatsunterbringung entstehenden
Kosten getragen und ersetzt werden.
Derzeit ist die Situation auch deshalb
uneinheitlich, weil manche Kollektivverträge vorsehen, dass sich
Lehrlinge an der Deckung der Kosten beteiligen, wobei jedenfalls ein
bestimmter Prozentsatz der Lehrlingsentschädigung für den Lehrling
verbleiben muss. Die entsprechenden Regelungen in den Kollektivverträgen
sind unterschiedlich ausgestaltet, können Jugendliche in einem
Lehrverhältnis aber unverhältnismäßig finanziell belasten.
Im Zuständigkeitsbereich der Gewerkschaft der
Privatangestellten beispielsweise werden in 35 Kollektivverträgen die
Internatskosten für Lehrlinge vom Betrieb übernommen, in 45
Kollektivverträgen trägt diese der Lehrling selbst
(ÖIBF-Studie „Berufsschulinternate und Lehrlingsheime in
Österreich“, Schlögl/Mikulics 2005). Diese Kosten können
dabei für einen im Durchschnitt etwa 10-wöchigen Lehrgang je nach
Bundesland zwischen 675 € und 1.300 € umfassen.
Die Förderung der Unterkunftskosten (inkl.
Verpflegung) in den Lehrlingsheimen wäre daher eine aus mehreren Gründen
sinnvolle Maßnahme. Zum einen würde die Förderung eine
Ungleichbehandlung von Lehrlingen unterschiedlicher Lehrberufe ausgleichen
und diese finanziell zum Teil deutlich entlasten, womit die individuelle
Motivation zum Eintritt in ein Lehrverhältnis bedeutend erhöht werden
kann. Außerdem könnte damit die Finanzierung der Kosten
für Lehrlingsheime und Berufsschulinternate vereinheitlicht und
transparent gemacht werden.
Die Abwicklung dieser Förderung durch die
Lehrlingsstellen erfolgt im Rahmen des § 19c Abs. 1 BAG,
der die Förderung von Lehrbetrieben sowie ergänzenden
Unterstützungsstrukturen vorsieht. Auf Grund der eindeutigen gesetzlichen
Festlegung werden nähere Bestimmungen über „Art, Höhe und
Dauer, Gewährung und Rückforderbarkeit der Beihilfen“
nach § 19c Abs. 2 BAG durch zusätzliche Richtlinien nur hinsichtlich
der konkreten Abwicklung erforderlich sein.
Gemäß § 19c Abs. 3 ist
die Gewährung der Beihilfen im übertragenen Wirkungsbereich der
Landeskammern der gewerblichen Wirtschaft durch die
Lehrlingsstellen im Namen und auf Rechnung des Bundes durchzuführen.
Es ist davon auszugehen, dass die vollständige
Erstattung der Internatskosten jährlich nicht mehr als 50 Mio. € kosten
wird.
Die betriebliche Lehrstellenförderung wird aus
Mitteln des Insolvenz-Entgeltfonds finanziert. Dieser weist eine ausreichende
Deckung für die Dotierung der neuen Förderung auf.