10024 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Wirtschaftsausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden

Der dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrunde liegende Initiativantrag der Abgeordneten Peter Haubner, Ing. Wolfgang Klinger, Kolleginnen und Kollegen wurde am 14. Juni 2018 im Nationalrat eingebracht und – auszugsweise – wie folgt begründet:

„Allgemeiner Teil

Das Regierungsprogramm 2017–2022 enthält das Bekenntnis zu einer flexiblen Arbeitsgestaltung, die es ermöglichen soll, das Arbeitszeitvolumen besser an die Auftragslage anpassen zu können und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit zu gewährleisten.

Wichtig ist dabei die Beibehaltung der gesetzlichen täglichen und wöchentlichen Normalarbeitszeit. Kollektivvertragliche Regelungen der Normalarbeitszeit sollen unberührt bleiben. Vorgesehen ist daher eine Flexibilisierung und Entbürokratisierung der Arbeitszeitgesetze, die unter anderem folgende Maßnahmen beinhalten soll:

-       Erweiterung des Ausnahmekatalogs im Geltungsbereich. Neben leitenden Angestellten sollen auch „sonstige Personen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis“ sowie „Arbeitskräfte, die Familienangehörige sind“ ausgenommen werden.

-       Mehrmalige Übertragungsmöglichkeit von Zeitguthaben und Zeitschulden in den jeweils nächsten Durchrechnungszeitraum durch Kollektivvertrag.

-       Anhebung der täglichen Arbeitszeithöchstgrenze bei Gleitzeit auf zwölf Stunden.

-       Erleichterter Zugang zu Sonderüberstunden nach § 7 Abs. 4 AZG.

-       Anhebung der Höchstgrenze der Arbeitszeit auf zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche.

-       Vereinbarte Überstunden (11. und 12. Stunde) sind zumindest mit den gesetzlichen Überstundenzuschlägen zu vergüten, sofern die jeweiligen Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen keine günstigere Regelung vorsehen. Ein Ausgleich in Zeit kann, aufgrund von kollektivvertraglichen Regelung oder Betriebsvereinbarungen, ebenfalls zulässig sein.

-       Verkürzung der täglichen Ruhezeit im Tourismus von elf auf maximal acht Stunden für alle Betriebe mit geteilten Diensten.

-       Möglichkeit zur Ausnahme von der Wochenend- und Feiertagsruhe durch Betriebs- oder schriftliche Einzelvereinbarung, beschränkt auf vier Ausnahmefälle pro Jahr.

Durch den erweiterten Rahmen der durch diese Änderung geschaffen wird, wird auch der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Schaffung familienfreundlicher Modelle, wie zum Beispiel einer 4-Tage-Woche, Rechnung getragen.

Diese Vorgaben werden im Arbeitszeitgesetz (Art. 1) und im Arbeitsruhegesetz (Art. 2) umgesetzt.

Im Regierungsprogramm ist unter dem Titel „Treffsicherheit und Transparenz im Sozialsystem“ vorgesehen, das im § 42b ASVG geregelte Risiko- und Auffälligkeitsanalyse-Tool der Krankenversicherungsträger auf den Dienstnehmerbereich zu erweitern.“

 

Im Plenum des Nationalrats wurde ein Abänderungsantrag der Abgeordneten August Wöginger,
Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen beschlossen, der wie folgt begründet war:

„Zu A:

Da § 284c ABGB mit 1. Juli 2018 außer Kraft tritt, muss die vorgesehene Definition der nahen Angehörigen im AZG bzw. ARG selbst geregelt werden. Schwiegerkinder sind von der Definition nicht erfasst.

Zu B:

Bei Gleitzeit haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit, Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit selbst zu bestimmen. Eine Tagesarbeitszeit von bis zu zwölf Stunden kann in Form von Normalarbeitszeit oder durch Überstunden erfolgen.

Eine Verlängerung der Normalarbeitszeit kann bei Gleitzeit nur vorliegen, wenn die Arbeitszeitausdehnung auf Initiative bzw. im Interesse der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers erfolgt. Liegt jedoch eine Arbeitgeberanordnung vor, handelt es sich um Überstunden wegen erhöhten Arbeitsbedarfs nach § 7, für die ein entsprechender Zuschlag gebührt. Dies wird im Gesetzestext klargestellt.

Gleitzeitvereinbarungen, die eine tägliche Normalarbeitszeit von zwölf Stunden zulassen, müssen künftig vorsehen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit langen Tagesarbeitszeiten einen entsprechenden Ausgleich durch längere zusammenhängende Freizeit erhalten. Da dies auch in Zusammenhang mit der wöchentlichen Ruhezeit möglich sein muss, ist auch bei Gleitzeit in mehreren Wochen eine 4-Tage-Woche möglich.

Zu C, F, G, H, J, L und M:

Korrektur von Redaktionsversehen, Zitatanpassungen und Inkrafttreten bereits mit 1. September 2018.

Zu D und E:

Mit dieser Freiwilligkeitsgarantie wird sichergestellt, dass Überstunden über einer Tagesarbeitszeit von zehn bzw. einer Wochenarbeitszeit von 50 Stunden tatsächlich nur mit Zustimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geleistet werden können. Es wird daher vorgesehen, dass die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer die Überstunden im Einzelfall verweigern kann. Weiters ist ein umfassendes Benachteiligungsverbot vorgesehen. Kündigungen auf Grund der Ablehnung im Einzelfall können beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden. Eine Entlassung wegen Inanspruchnahme dieser Rechte wäre jedenfalls ungerechtfertigt und kann auch ohne gesetzliche Anordnung angefochten werden.

Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird ein Wahlrecht eingeräumt, ob Überstunden über einer Tagesarbeitszeit von zehn Stunden und einer Wochenarbeitszeit von 50 Stunden durch Überstundenzuschlag oder Zeitausgleich abgegolten werden. Dieses Wahlrecht ist möglichst frühzeitig, spätestens jedoch am Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraumes auszuüben, um die Lohnabrechnung nicht unnötig zu erschweren.

Entscheiden sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für Zeitausgleich und wird der Zeitpunkt des Ausgleichs nicht vereinbart, hat der Zeitausgleich nach § 19f Abs. 2 Z 2 binnen sechs Monaten zu erfolgen. Geschieht dies nicht, können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 19f Abs. 3 entweder den Ausgleichszeitpunkt mit einer Vorankündigungsfrist selbst bestimmen oder die Abgeltung in Geld verlangen.

Für Überstunden bis zu einer Tagesarbeitszeit von zehn Stunden und einer Wochenarbeitszeit von 50 Stunden gilt weiterhin die Regelung des § 6 Abs. 2, nach der Überstunden nur zulässig sind, wenn berücksichtigungswürdige Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht entgegenstehen.

Bei 4-Tage-Woche nach § 4 Abs. 8 ist die Anordnung von Überstunden weiterhin insoweit eingeschränkt, als die gesamte Arbeitszeit auf vier Tage zu verteilen ist und daher der 5. Tag auch frei von Überstunden sein muss.

Zu I:

Mit dieser Bestimmung wird sichergestellt, dass günstigere Regelungen in Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen aufrecht bleiben. Ausdrücklich wird festgehalten, dass bestehende Gleitzeitvereinbarungen aufrecht bleiben und daher eine Begrenzung der täglichen Normalarbeitszeit mit 10 Stunden in einer Gleitzeitvereinbarung nicht automatisch auf 12 Stunden erhöht wird, sondern dafür eine Änderung der Betriebsvereinbarung notwendig ist.

Zu K:

Die Freiwilligkeitsgarantie durch ein Ablehnungsrecht ohne Angabe von Gründen samt Benachteiligungsverbot und Kündigungsschutz soll auch bei Wochenend- und Feiertagsarbeit gelten, die durch Einzelvereinbarung ermöglicht wird.

Zu N:

Der Begriff „Tool“ soll entfallen.

Weiters erfolgt eine terminologische Anpassung an die DSGVO.“

 

Der Wirtschaftsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am
10. Juli 2018 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Marianne Hackl.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Reinhard Todt, Korinna Schumann, Ing. Bernhard Rösch, Dr. Magnus Brunner, LL.M., Mag. Christian Buchmann, Sonja Zwazl, Robert Seeber, Günther Novak, Hubert Koller, MA, Gerd Krusche und Andrea Kahofer.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Marianne Hackl gewählt.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 10. Juli 2018 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2018 07 10

                                 Marianne Hackl                                                                    Sonja Zwazl

                                 Berichterstatterin                                                                       Vorsitzende