10300 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

über den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetz, das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (9. COVID-19-Gesetz)

Die Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegende Initiativantrag am 22. April 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu Art. 1 Z 2 und Art. 4 Z 1 (§ 735 ASVG; § 258 B-KUVG):

Durch die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen Klarstellungen im Bereich der arbeitsrechtlichen Freistellung von Risikogruppen (§ 735 ASVG bzw. § 258 B-KUVG in der Fassung des 3. COVID-19 Gesetzes, BGBl. I Nr. 23 /2020) getroffen werden. Festgehalten wird, dass auch geringfügig beschäftigte Personen als Dienstnehmer von den Bestimmungen umfasst sind.

Aus Gründen der Rechtssicherheit soll die Definition der allgemeinen Risikogruppe, die insbesondere schwere Erkrankungen zu berücksichtigen hat und sich aus medizinischen Erkenntnissen und wenn möglich aus der Einnahme von Arzneimitteln herleitet, durch Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erfolgen. Gesetzlich wird vorgesehen, dass die Verordnung rückwirkend mit dem Tag der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft treten darf.

Die Verordnung soll als Basis auf den Empfehlungen einer gemeinsamen Expertengruppe, die das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und das Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend einrichten, aufbauen. Der Expertengruppe gehören jeweils drei Experten des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, des Dachverbandes und der Österreichischen Ärztekammer sowie ein Experte des Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend an.

Festgehalten wird, dass die Informationsschreiben vom Dachverband der Sozialversicherungsträger und nicht vom jeweiligen Krankenversicherungsträger ausgesandt werden sollen. Das konkrete Informationsschreiben an eine betroffene Person hat im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe bloß deklarativen Charakter. Der behandelnde Arzt kann auch ohne ein solch vorangegangenes Informationsschreiben aufgrund der Empfehlungen der Expertengruppe zur Definition der COVID-19-Risikogruppe ein ärztliches Attest ausstellen.

Dem Dienstgeber sind neben dem Entgelt inklusive der Zulagen und anteiligen Sonderzahlungen sämtliche Lohnnebenkosten (Steuern, Abgaben sowie Sozialversicherungs- und sonstige Beiträge) zu ersetzen, unabhängig davon, von welcher Stelle diese eingehoben bzw. an welche Stelle diese abgeführt werden. Der Anspruch besteht auch unabhängig davon, ob diese Steuern, Abgaben oder Beiträge im konkreten Zeitraum tatsächlich entrichtet wurden oder aufgrund von Stundungen später zu entrichten sind.

Der Dienstgeber hat dazu dem Antrag an den Krankenversicherungsträger die entsprechenden Nachweise beizulegen. Für Landarbeiter ist anstelle des Krankenversicherungsträgers das Land für den Ersatz an die Dienstgeber zuständig. Von diesem Erstattungsanspruch sind politische Parteien und sonstige juristische Personen öffentlichen Rechts, ausgenommen jene, die wesentliche Teile ihrer Kosten über Leistungsentgelte finanzieren und am Wirtschaftsleben teilnehmen, ausgeschlossen. Dazu zählen auch der Dachverband bzw. die Sozialversicherungsträger oder Kammern.

Überdies soll die ursprünglich vorgesehene Ausnahme von der Freistellung für Beschäftigte im Bereich der kritischen Infrastruktur entfallen.

Zu Abs. 5 siehe die Begründung zu § 12k GehG und § 29p VBG.

Zu Art. 1 Z 3 (§ 736 Abs. 2 ASVG):

Pauschale Reiseaufwandsentschädigungen, welche die Voraussetzungen gemäß § 49 Abs. 3 Z 28 erfüllen, sollen in Zeiträumen, in welchen aufgrund der COVID-19-Krise die Sportstätten gesperrt sind und daher beispielsweise kein gemeinsames Training oder kein gemeinsamer Wettkampf stattfinden kann, weiterhin an nebenberuflich tätige SportlerInnen, SchiedsrichterInnen und SportbetreuerInnen (z. B. TrainerInnen, Masseure und Masseurinnen) beitragsfrei bis längstens 31. Dezember 2020 ausgezahlt werden können.

Zu Art. 1 Z 3, Art. 2, Art. 3 und Art. 4 Z 2 (§ 736 Abs. 3 und 4 ASVG; § 378 Abs. 1 und 2 GSVG; § 372 Abs. 1 BSVG; § 259 Abs. 1 und 2 B-KUVG):

Derzeit stellt sich die Problematik, dass Leistungsanträge in der Pensionsversicherung wegen mangelnder Begutachtung nur eingeschränkt bearbeitet werden können. Zu rechnen ist auch damit, dass nicht sämtliche Begutachtungen unmittelbar nach Ende der COVID-19-Krise abgearbeitet werden können, da die Aufarbeitung der ausständigen Begutachtungen entsprechend Zeit in Anspruch nehmen wird. Dies soll nicht zum Nachteil der Leistungsbezieher/der Leistungsbezieherin führen:

Bei derart verzögerten Anträgen soll der Weiterbezug der bisherigen Leistung (dies betrifft befristete Pensionen, Kranken- sowie Rehabilitationsgeld bzw. im GSVG die Unterstützungsleistung bei lang andauernder Krankheit nach § 104a GSVG bzw. im Fall einer Zusatzversicherung das Krankengeld nach § 106 GSVG) für die Dauer der COVID-19-Krise bis längstens 31. Mai 2020 erfolgen. Dieser Zeitraum kann bei Fortdauer der Krise durch Verordnung verlängert werden.

Die Weitergewährung von nach der derzeit geltenden Rechtslage nicht mehr zustehendem Krankengeld verursacht Mehraufwendungen der Krankenversicherungsträger, welche vom Bund ersetzt werden. Eine gesonderte Abgeltung des zusätzlichen Aufwandes für das Rehabilitationsgeld ist nicht erforderlich, da nach § 143c ASVG ohnehin Kostenersatz seitens der Pensionsversicherungsträger gegenüber den Krankenversicherungsträgern für das Rehabilitationsgeld besteht. Eine Kostentragung des Bundes über den 31. Dezember 2020 hinaus ist ausgeschlossen.

Zu Art. 1 Z 3, Art. 2, Art. 3 und Art. 4 Z 2 (§ 736 Abs. 5 und 6 ASVG; § 378 Abs. 3 und 4 GSVG; § 372 Abs. 2 und 3 BSVG; § 259 Abs. 3 und 4 B-KUVG):

Durch die vorgesehenen Bestimmungen kommt es zu einer Verlängerung der sechswöchigen Schutzfrist in der Krankenversicherung nach § 122 ASVG bzw. nach den Parallelbestimmungen in den Sondergesetzen, sodass es aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht zu einem Verlust des Anspruches auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit sowie Leistungen der chirurgischen und konservierenden Zahnbehandlung kommt. Die Schutzfrist soll folglich für die Dauer der COVID-19-Pandemie bis längstens 31. Mai 2020 weiterlaufen. Dieser Zeitraum kann bei Fortdauer der Krise durch Verordnung verlängert werden.

Die den Krankenversicherungsträgern dadurch entstehenden Mehraufwendungen sind durch den Bund zu ersetzen. Eine Kostentragung des Bundes über den 31. Dezember 2020 hinaus ist ausgeschlossen.

Zu Art. 3 Z 1 (§ 368 BSVG):

§ 368 ist die Schlussbestimmung der im BGBl. I unter der Nr. 84/2019 kundgemachten BSVG-Novelle. Die §§ 369 und 370 BSVG wurden im Rahmen des Steuerreformgesetzes 2020, BGBl. I Nr. 103/2019, vergeben.

Die Schlussbestimmung zur Novelle BGBl. I Nr. 104/2019 soll daher die Bezeichnung „§ 371“ erhalten.

Zu Art. 5 und 6 (§ 12k GehG und § 29p VBG):

Zur Sicherstellung eines einheitlichen Schutzes für alle öffentlich Bediensteten im Zuständigkeitsbereich des Bundesgesetzgebers werden die entsprechenden Bestimmungen über die Dienstfreistellung für Angehörige der COVID-19-Risikogruppe auch im Dienstrecht des Bundes verankert. Die neuen Bestimmungen gelangen damit auch auf Bedienstete zur Anwendung, deren Dienstverhältnis aufgrund von Sonderbestimmungen nicht der Pflichtversicherung nach B-KUVG unterliegt (z.B. Angehörige einer Krankenfürsorgeanstalt).

Ein Anspruch auf Dienstfreistellung besteht wie im ASVG bzw. B-KUVG nur, wenn eine Arbeitsleistung in der Wohnung (Homeoffice) nicht möglich ist und ein entsprechender Schutz am Arbeitsplatz in der Arbeitsstätte nicht gewährleistet werden kann.

Bei einer Dienstfreistellung entfällt die Pflicht zur Dienstleistung, es liegt keine Dienstverhinderung aus gesundheitlichen Gründen vor (kein Krankenstand).

Durch die systematische Einordnung der neuen Bestimmungen gelten diese auch für (land- und forstwirtschaftliche) Landeslehrpersonen (§ 106 Abs. 1 Z 1 LDG, § 114 Abs. 1 Z 1 LLDG, §§ 2 Abs. 4 und 26 Abs. 1 lit. a LVG, §§ 2 Abs. 4 und 27 Abs. 1 lit. a LLVG) sowie für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und Richteramtsanwärterinnen und -anwärter (§ 1 Abs. 3 GehG). Zusätzlich sind ausdrücklich auch alle weiteren Personen erfasst, die sich in einem öffentlich-rechtlichen oder vertraglichen Dienst- oder Ausbildungsverhältnis zum Bund befinden wie z.B. Lehrlinge oder Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten (§ 12k Abs. 4 GehG und § 29p Abs. 4 VBG).

Zur Vermeidung zusätzlichen Verwaltungsaufwands für Refundierungen an den Sozialversicherungsträger und mangels Zuständigkeit für nicht nach ASVG oder B-KUVG versicherte Bedienstete erfolgt bei den öffentlichen Bediensteten keine Erstattung der Kosten für die Entgeltfortzahlung durch den Sozialversicherungsträger.

In jenen besonderen Fällen, in denen die Bediensteten einem Dritten gegen Kostenübernahme zur Dienstleistung zugewiesen sind wie z. B. insbesondere bei den nach § 17 Abs. 1 PTSG einem Nachfolgeunternehmen der Post und Telekom Austria zugewiesenen Beamtinnen und Beamten, ruht zur Vermeidung von Benachteiligungen gegenüber Mitbewerbern, welche die Kosten vom Sozialversicherungsträger ersetzt bekommen, die Pflicht zur Refundierung des Personalaufwands an den öffentlichen Dienstgeber (§ 12k Abs. 2 GehG und § 29p Abs. 2 VBG). Wenn der Dritte zur Verrechnung und Auszahlung der Bezüge für den öffentlichen Dienstgeber verpflichtet ist, hat er diese auch weiterhin vorzunehmen und insoweit einen Ersatzanspruch (§ 12k Abs. 3 GehG und § 29p Abs. 3 VBG).“

 

Im Zuge der Debatte im Nationalrat haben die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war und beschlossen wurde:

„In den §§ 735 Abs. 1 ASVG und 258 Abs. 1 B-KUVG werden explizit auch geringfügig beschäftigte Personen angeführt. Die Änderung in Ansatz 5 bewirkt, dass die Information über die mögliche Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe durch den Dachverband unabhängig von der dienstrechtlichen Zuordnung auch an die nach den Sozialversicherungsgesetzen versicherten Landes- und Gemeindebediensteten ergeht. Darüber hinausgehende Zuständigkeiten liegen jedoch bei den Ländern.

Mit den vorgesehenen Änderungen soll die Möglichkeit der Mitversicherung in der Krankenversicherung als anspruchsberechtigter Angehöriger im ASVG und in den Sondergesetzen sowie die Waisenpension befristet für die Zeit der COVID-19-Pandemie über das 27. Lebensjahr hinaus gewahrt bleiben.

Ebenso soll befristet die Nichtentrichtung von Beiträgen zur studentischen Selbstversicherung für die Zeiten der COVID-19-Pandemie dem Bestand der Selbstversicherung in der Krankenversicherung (vgl. § 16 Abs. 2 ASVG) und der damit verbundenen besonderen (herabgesetzten) Beitragsgrundlage nach § 76 Abs. 1 Z 2 ASVG nicht schaden.

Die vorliegende Abänderung im § 259 Abs. 4 B-KUVG dient der Richtigstellung eines Verweises.“

 

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 4. Mai 2020 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Andreas Lackner.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Andrea Michaela Schartel, Ing. Bernhard Rösch und Sonja Zwazl.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Andreas Lackner gewählt.


Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Mai 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2020 05 04

                               Andreas Lackner                                                             Korinna Schumann

                                   Berichterstatter                                                                        Vorsitzende