10360 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten

über den Entschließungsantrag der Bundesräte Josef Ofner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien (276/A(E)-BR/2020)

Die Bundesräte Josef Ofner, Kolleginnen und Kollegen haben am 4. Juni 2020 einen Entschließungsantrag eingebracht und wie folgt begründet:

„In der langen Geschichte der Blockadehaltung Sloweniens gegenüber der deutschsprachigen Volksgruppe gibt es erste Anzeichen einer Normalisierung, wie parlamentarische Anfragen aufzeigen.

So hat das slowenische Kulturministerium Ende Jänner 2020 den „Dachverband der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe“ sowie den „Dachverband der Gottscheer Vereine“ darüber informiert, dass es die Einrichtung einer Arbeitsgruppe für einen nachhaltigen Dialog mit den Vertretern der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien beabsichtigt, und hat die beiden Dachverbände dazu aufgefordert, je zwei Vertreter zu nominieren. Von slowenischer Seite sollen in der Arbeitsgruppe zwei Vertreter des Kulturministeriums, einer des Außenministeriums sowie des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Sport vertreten sein.

Konkret heißt es dazu im Brief des Kulturministeriums:

„Im Rahmen der Bestrebungen für den Schutz der kulturellen Rechte der Angehörigen der deutschsprachigen Volksgruppe in der Republik Slowenien möchte das Ministerium für Kultur neben der Gewährleistung zweckgebundener Mittel auch den Dialog mit den Vertretern der Volksgruppe vertiefen. Zu diesem Zweck soll eine besondere Arbeitsgruppe für den nachhaltigen Dialog mit Vertretern der deutschsprachigen Volksgruppe in der Republik Slowenien eingerichtet werden, welche die Anliegen und Vorschläge der Volksgruppe behandeln würde."

Zum ursprünglich angedachten „Beirat“ (analog zu dem bereits existierenden Beirat für die Angehörigen der Völker aus dem ehemaligen Jugoslawien) konnte sich die Regierung schlussendlich nicht durchringen. Dem Vernehmen nach hat Premier Šarec diesen Vorschlag von Kulturministerium (sozialdemokratisch geführt) und Außenministerium (SMC/liberal) im Ministerrat blockiert und erst nach Umbenennung in „Arbeitsgruppe“ seine Zustimmung erteilt, was den in Österreich zuständigen Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten jedoch nicht weiter zu stören scheint. Der Bundeskanzler bezeichnet die deutschsprachige Volksgruppe ohnedies nicht als solche, sondern nur als „Minderheit“.

Der „Dachverband der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe“ unter dem Vorsitz von Christian Lautischer, der insgesamt 7 Vereine in Laibach (2, davon 1 Gottscheer Verein), Marburg (2), Cilli (1), in der Gottschee (1) und Abstall (1) mit mehr als 1000 Mitgliedern vertritt, hat mit Hinweis auf die Ungleichheit zum „Gottscheer Dachverband“, dem nur zwei Kultureinrichtungen angehören, die als solche auch keine Vereinsmitglieder haben müssen, drei anstatt zwei Vertreter nominiert, nämlich DV-Obmann Christian Lautischer, die langjährige Obfrau des Kulturvereins deutschsprachiger Frauen Marburg „Brücken“ und einen Vertreter des Gottscheer Altsiedlervereins. Damit ist auch die Breite der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien abgedeckt und soll der irrigen Annahme, dass der „Gottscheer Dachverband“ ausnahmslos alle Gottscheer vertreten würde, entgegengewirkt werden.

Es gilt zu betonen, dass der „Gottscheer Dachverband“ das politische Ziel einer Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe deutlich ablehnt und sich mit dem Charaktereines Brauchtumsvereins ausschließlich auf den Erhalt des Kulturerbes und der Sprache konzentriert. Es gibt deshalb auch keine Zusammenarbeit mit den anderen Vereinen, auch der Kontakt mit der österreichischen Botschaft wird vermieden. Gleichzeitig ist der „Gottscheer Dachverband“ Liebkind der slowenischen Seite und wird etwa bei Besuchen unbedarfter Berichterstatter des Europarates oder des UN-Menschenrechtsrates als einziger Kontakt zur deutschsprachen Volksgruppe vermittelt.

Keinesfalls darf diese positive Entwicklung darüber hinwegtäuschen, dass es sich nur um einen späten ersten Schritt zur Verbesserung der Situation innerhalb der bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen handelt. Ein lange geforderter entscheidender Schritt in Richtung voller Anerkennung der Volksgruppe, steht nach wie vor aus.“

 

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten hat den gegenständlichen Antrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2020 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Josef Ofner.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA, Josef Ofner, Stefan Schennach, Ingo Appé und Mag. Christian Buchmann.

Im Zuge der Debatte brachten die Mitglieder des Bundesrates Ing. Eduard Köck, Ingo Appé, Josef Ofner und Marco Schreuder einen Abänderungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

„Die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien kämpft seit vielen Jahren um die offizielle Anerkennung durch die Republik Slowenien. Anders als die ungarische und italienische Volksgruppe in Slowenien oder die slowenische Volksgruppe in Österreich ist die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien nicht als autochthone Volksgruppe anerkannt und verfügt daher über keine kollektiven Rechte.

Österreich unterstützt die Forderung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien nach Anerkennung als autochthone Volksgruppe. Eine solche Anerkennung würde eine nachhaltige Förderung ihrer Sprache und Kultur, die seit Jahrhunderten auf dem Gebiet der heutigen Republik Slowenien beheimatet ist und in engem Austausch mit der slowenischen Mehrheitsbevölkerung stand und steht, ermöglichen, und den Angehörigen der Volksgruppe ihre kollektive Würde geben. Dies wäre eine logische Fortsetzung der bereits getätigten Gesten der vergangenen Jahre.

Gerade im Hinblick auf seine hohen Standards in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte muss Slowenien sich auch aktiv der Frage der Behandlung der deutschsprachigen Volksgruppe stellen. In diesem Sinne ist es dringlich, diese schon so lange bestehende unbefriedigende Situation auch im Lichte der gutnachbarschaftlichen Beziehungen zu Slowenien endlich einer Lösung zuzuführen. Österreich ist bereit, als aktiver Partner Sloweniens entsprechende Arbeiten zu begleiten bzw. zu unterstützen.

Die autochthonen Volksgruppen in Österreich, zu denen auch die slowenische Volksgruppe zählt, sind eine Bereicherung für die kulturelle Vielfalt unseres Landes. Wir sind daher davon überzeugt, dass auch die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien eine Bereicherung für die Kultur und Gesellschaft unseres befreundeten Nachbarlandes Slowenien ist.“

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, dem Bundesrat die Annahme des gegenständlichen Entschließungsantrages in der Fassung dieses Abänderungsantrages zu empfehlen.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratung, stellt der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten somit den Antrag, der Bundesrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2020 06 30

                Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA                                               Ing. Eduard Köck

                                 Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender