10520 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID 19 Justiz Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschaftsrechtliche COVID 19 Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden

Die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 23. September 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu Art. 1 (Änderung des 1. COVID-19-Justizbegleitgesetzes)

Es wird vorgeschlagen, das Außerkrafttreten des 1. COVID-19-JuBG um sechs Monate zu verschieben. Denn solange Maßnahmen nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz getroffen werden können, bleiben auch Auswirkungen auf den Gerichtsbetrieb möglich. Im Besonderen soll es für weitere sechs Monate möglich sein, bestimmte Anhörungen, mündliche Verhandlungen und Beweisaufnahmen unter Verwendung geeigneter Kommunikationsmittel zur Wort- oder Bildübertragung durchzuführen (§ 3 Abs. 1 und 4), im Fall der Einstellung der Tätigkeit eines Gerichts ein anderes zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen (§ 4) und besondere Vorkehrungen in Straf- und Strafvollzugssachen (§§ 9 und 10) zu treffen.

Die Verlängerung hat indes keine Auswirkung auf die Unterbrechung und Hemmung von Fristen nach den §§ 1 und 2, weil diese Bestimmungen ausdrücklich nur Fristen bis zum Ablauf des 30. April 2020 betreffen. Dasselbe gilt für die §§ 5, 6 und 7, soweit die dort genannten Termine nicht bereits durch Verordnung nach § 8 nach hinten verschoben wurden. Auch § 3 trägt bereits ein Ablaufdatum in sich. Da aber die Möglichkeit, Verhandlungen über Videokonferenz abzuhalten, auch in Zukunft bedeutsam sein kann, soll dieses „Ablaufdatum“ ebenfalls um sechs Monate verlängert werden.

Die Bestimmung des § 4, wonach bei Einstellung der Amtstätigkeit eines Gerichts Vorkehrungen getroffen werden können, ist auch in Zukunft bedeutsam, solange Gerichte von Betretungsverboten oder Ausgangsregelungen betroffen sein können.

Soweit sich die Verordnungsermächtigung in § 8 auf die Bestimmungen bezieht, die bereits „abgelaufen“ sind, läuft sie in Zukunft ins Leere. Das betrifft insbesondere § 1, aber auch die §§ 2, 5, 6 und 7, soweit die dort genannten Termine nicht mit Verordnung nach hinten verschoben wurden (das ist aus heutiger Sicht nur bei der Bestimmung des § 7 möglich, weil der in dieser Bestimmung genannte Endtermin noch in der Zukunft liegt). Bedeutsam bleibt aber die Anordnung, nach der die Bundesministerin für Justiz weitere Bestimmungen vorsehen kann, die den Einfluss der Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, auf den Lauf von Fristen und die Einhaltung von Terminen für anhängige oder noch anhängig zu machende gerichtliche Verfahren regeln. Auch die Verordnungsermächtigung nach § 8 Abs. 2 bleibt bedeutsam, solange Einschränkungen der Bewegungsfreiheit aufgrund von COVID-19 angeordnet werden können.

Auch die Verordnungsermächtigungen nach § 9 – mit Ausnahme der bereits „abgelaufenen“ Z 3 – und § 10 bleiben wirksam, ebenso wie die Anordnung des § 11.

Zu Art. 2 (Änderung des Disziplinarstatuts für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter)

Mit der Änderung des DSt durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2020 wurde klargestellt, dass die im Bereich der RAO vorübergehend eröffnete Möglichkeit der ausschließlichen Briefabstimmung auch für die Festsetzung bzw. Änderung der Geschäftsordnung des Disziplinarrats zur Verfügung steht. Ebenso wie in der RAO (siehe die Erläuterungen zu den dort vorgeschlagenen Änderungen) soll auch diese Vorkehrung bis zum 30. Juni 2021 verlängert werden.

Zu Art. 3 (Änderung des Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetzes)

Das Gesellschaftsrechtliche COVID-19 Gesetz soll bis zum 30. Juni 2021 verlängert werden.

Zu Art. 4 (Änderung der Rechtsanwaltsordnung)

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2020 wurden in der RAO die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer eine Briefwahl bzw. Briefabstimmung zur Erledigung der der Plenarversammlung zugewiesenen Aufgaben auch dann anordnen kann, wenn die Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer diese Möglichkeit bislang nicht oder nur eingeschränkt eröffnet. Darüber hinaus wurde eine Beschlussfassung durch den Ausschuss ermöglicht, dass die (im Fall der Briefwahl/Briefabstimmung an sich stets gebotene) Durchführung einer Plenarversammlung ausnahmsweise entfallen kann. Damit wird sichergestellt, dass die von den Plenarversammlungen zu besorgenden verschiedenen Aufgaben auch dann verlässlich und zeitgerecht erledigt werden können, wenn die Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 keinen Aufschub dulden. In Abstimmung mit der Rechtsanwaltschaft wurden diese zusätzlichen Maßnahmen und Möglichkeiten zunächst mit dem 31. Dezember 2020 befristet. Angesichts der weiter anhaltenden Krisensituation und der dadurch bedingten Beschränkungen sollen sie bis zum 30. Juni 2021 verlängert werden.“

 

Im Zuge der Debatte im Justizausschuss des Nationalrates wurde ein Abänderungsantrag eingebracht und beschlossen, der wie folgt begründet wurde:

Zu Z 1 und 2 (Änderungen im 1. COVID-19-JuBG):

Die vorgeschlagene Änderung sieht vor, dass von der Möglichkeit des § 3 Abs. 1 Z 2, ohne Einverständnis der Parteien Anhörungen oder mündliche Verhandlungen außerhalb des Gerichts in den „virtuellen Raum“ zu verlegen, nur unter besonderen Voraussetzungen Gebrauch gemacht werden kann. Als Kriterium wird vorgeschlagen, dass ohne Einsatz technischer Kommunikationsmittel eine „ernstliche“ Gefährdung der Gesundheit eines am Verfahren Beteiligten (wozu hier auch das Rechtsprechungsorgan zählt) oder Dritter (z. B. von Mitbewohnern der betroffenen Person) zu besorgen wäre. Aus dem Erfordernis der „ernstlichen“ Gefährdung der Gesundheit soll – wie auch sonst in Unterbringungs- und Heimaufenthalts-Sachen – abgeleitet werden, dass die bloß vage Möglichkeit einer Gesundheitsschädigung nicht genügt, sondern es dafür konkrete Anhaltspunkte geben muss. Zudem soll zu erkennen gegeben werden, dass die in Zeiten der Pandemie grundsätzlich gegebene Gefährdungslage alleine nicht ausreicht, eine solche ernstliche Gefährdung zu bewirken, es müssen vielmehr zusätzliche Gefahrenmomente hinzutreten. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn gegen einen in einer psychiatrischen Abteilung untergebrachten oder in einem Altenheim wohnhaften Patienten eine COVID-19-Maßnahme erlassen wurde und dieser zu distanzlosem Verhalten neigt. Von einer ernstlichen Gefährdung des Richters kann auch dann ausgegangen werden, wenn in der Einrichtung, in der die Erstanhörung bzw. die mündliche Verhandlung durchzuführen wäre, räumliche Gegebenheiten bestehen, die die Wahrung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes unmöglich machen (vgl. aber § 38c Abs. 2 KAKuG, wonach psychiatrische Abteilungen für die Durchführung mündlicher Verhandlungen und für die Tätigkeit der Patientenanwälte geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen haben).

Letztlich wird damit eine Rechtslage hergestellt, die im Wesentlichen jener für gerichtliche Verfahren nach dem Tuberkulosegesetz und dem Epidemiegesetz 1950 (das auf die Regelung des Tuberkulosegesetzes verweist) entspricht (vgl. § 15 Abs. 2 TuberkuloseG: „Wenn eine Gesundheitsgefährdung des Richters und der anderen am Verfahren teilnehmenden Personen nicht ausgeschlossen werden kann, kann der Richter der Person die Teilnahme an der Verhandlung unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen ermöglichen.“). Da die Möglichkeit der Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen (über den Verweis auf die Bestimmungen des zweiten Abschnitts in § 20 Abs. 2 TuberkuloseG) auch für Anhörungen nach § 20 Abs. 2 Z 3 TuberkuloseG gilt, kann auf die Sonderregel des § 3 Abs. 1 Z 2 für diese Verfahren verzichtet werden.

Die Frist für die erleichterte Geltendmachung von Unterhaltsvorschüssen soll verlängert werden.

Die Grundlage für die Verordnung über die Einbringung von besonderen Formen für die Einbringung von Eingaben an das Gericht und für Zustellungen an die Gerichte soll nicht mehr an die Dauer von Einschränkungen der Bewegungsfreiheit geknüpft werden.

Zu Z 3 (Änderungen im COVID-19-GesG):

Zu § 2 Abs. 3a:

Nach § 5 Abs. 2 erster Satz des Vereinsgesetzes 2002 (VerG) hat die Mitgliederversammlung alle fünf Jahre stattzufinden. Mit dem 8. COVID-19-Gesetz (BGBl. I Nr. 30/2020) wurde größeren Vereinen in Abweichung von dieser Bestimmung bereits die Möglichkeit eingeräumt, Versammlungen, an denen mehr als 50 Personen teilnahmeberechtigt sind, bis zum 31. Dezember 2021 zu verschieben. Diese Möglichkeit soll nun auf sämtliche Vereinsversammlungen – unabhängig von der Anzahl der Teilnahmeberechtigten – ausgedehnt werden, da aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht absehbar ist, wann eine Durchführung von Präsenzversammlungen wieder möglich sein wird. Über die Inanspruchnahme der Möglichkeit zur Verschiebung hat das Leitungsorgan in pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Daneben bleibt die Möglichkeit bestehen, allfällige dringende Fragen schon vor der verschobenen Präsenzversammlung einer schriftlichen Abstimmung zu unterziehen, wie dies in § 4 Abs. 2 bis 6 der Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Verordnung, BGBl. II Nr. 140/2020, vorgesehen ist. Unberührt bleibt § 5 Abs. 2 letzter Satz VerG, wonach ein Zehntel der Mitglieder vom Leitungsorgan die Einberufung einer Mitgliederversammlung verlangen können.

Mit der Verschiebung der Versammlung soll künftig auch die Verlängerung der Funktionsperioden der Vereinsorgane einhergehen. Jene Funktionsperioden von Vereinsorganen, die nach dem Inkrafttreten dieser Regelung, aber noch vor der verschobenen Versammlung ablaufen würden, werden bis zur Abhaltung der Mitgliederversammlung verlängert. Damit soll eine ordnungsgemäße Vertretung des Vereins sichergestellt werden. Erfolgt eine Neuwahl oder Abberufung noch vor einer verschobenen Versammlung (etwa durch eine schriftliche Abstimmung; siehe dazu § 4 Abs. 2 bis 6 COVID-19-GesV), endet die verlängerte Funktionsperiode.

Zu § 2 Abs. 4 und § 4:

Die mit dem Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetz geschaffene Möglichkeit, Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchzuführen, hat sich in der Praxis bewährt. Es erscheint daher zweckmäßig, ähnliche Bestimmungen auch im Dauerrecht zu verankern, deren genauer Inhalt allerdings in einer fundierten rechtspolitischen Diskussion erarbeitet werden sollte. Damit die Durchführung virtueller Versammlungen auch bis zum Inkrafttreten solcher Regelungen durchgehend möglich ist, soll die Geltung des § 1 COVID-19-GesG bis Ende des Jahres 2021 verlängert werden.

Darüber hinaus soll es auch im Jahr 2021 weiterhin möglich sein, diverse gesellschaftsrechtliche Versammlungen nicht innerhalb der an sich im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Frist, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt abzuhalten. Daher sollen auch die Abs. 1 bis 3 des § 2 COVID-19-GesG erst mit Jahresende 2021 außer Kraft treten und ein entsprechend geänderter § 2 Abs. 4 für das Jahr 2021 gelten. Eine Verlängerung des § 2 Abs. 3b kommt hingegen nicht in Betracht, weil die Verordnung (EU) 2020/699 über befristete Maßnahmen in Bezug auf die Hauptversammlungen Europäischer Gesellschaften (SE) und die Generalversammlungen Europäischer Genossenschaften (SCE), ABl. Nr. L 165 vom 27.05.2020 S. 25, nur im Jahr 2020 eine Durchführung der Hauptversammlung einer SE innerhalb der ersten zwölf (statt innerhalb der ersten sechs) Monate des Geschäftsjahrs erlaubt.

Auch § 3a, der einerseits die Überschreitung der Aufstellungsfrist für Unterlagen der Rechnungslegung (insbesondere Jahresabschlüsse) um bis zu vier Monate erlaubt, und andererseits die Einreichfristen auf zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag verlängert, soll ein weiteres Jahr verlängert werden und für Unterlagen anwendbar sein, bei denen der Bilanzstichtag vor dem 1. Jänner 2021 liegt.

Zu Z 4 (Änderungen der Rechtsanwaltsordnung):

Zu § 1 Abs. 3 und § 34 Abs. 5:

Eines der Erfordernisse für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte ist nach § 1 Abs. 2 lit. a RAO die österreichische Staatsbürgerschaft; dieser ist nach § 1 Abs. 3 RAO die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft gleichzuhalten. Entsprechendes gilt zufolge § 30 Abs. 1 RAO für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter. Der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft bzw. der Staatsangehörigkeit zu einem EU-Mitgliedstaat/EWR-Vertragsstaat oder der Schweiz führt nach § 34 Abs. 1 Z 1 und Abs. 5 RAO zum Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft bzw. gemäß § 34 Abs. 4 und 5 RAO zur Löschung aus der Liste der Rechtsanwaltsanwärter. Diese Rechtsfolge ist bei Staatsangehörigen des Vereinigten Königreichs, die vor dem 1. Jänner 2021 in die Liste der Rechtsanwälte oder Rechtsanwaltsanwärter einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen worden sind und die die Voraussetzungen des Art. 10 des Austrittsabkommens zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich erfüllen, zu vermeiden.

Das für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte oder Rechtsanwaltsanwärter in § 1 RAO vorgesehene Staatsangehörigkeitserfordernis soll nach dem Vorschlag daher auch dann erfüllt sein (und bleiben), wenn der Betreffende vor dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union in die Liste der Rechtsanwälte oder Rechtsanwaltsanwärter eingetragen worden ist. Ist dies bei einem Rechtsanwaltsanwärter der Fall, so soll dieser auch noch die Möglichkeit haben, bei Erfüllung der Erfordernisse des § 1 Abs. 2 RAO die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte zu erwirken, sofern er längstens fünf Jahre nach der Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter seine Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte beantragt.

Das Staatsangehörigkeitserfordernis für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte soll ferner dann entsprechend erfüllt sein, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a EIRAG vorliegen. Hat daher ein im Vereinigten Königreich zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs berechtigter britischer Staatsangehöriger vor dem 1. Jänner 2021 einen Antrag auf Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach dreijähriger effektiver und regelmäßiger Tätigkeit als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt in Österreich gestellt oder die Ablegung einer Eignungsprüfung beantragt, so sollen in Entsprechung der Art. 27 und 28 des Austrittsabkommens auf solche Bewerber die Bestimmungen des 3. Teils des EIRAG weiterhin anwendbar sein, damit die bereits eingeleitete „Vollintegration“ des betreffenden Rechtsanwalts abgeschlossen werden kann. Im Fall der erfolgreichen Absolvierung der Eignungsprüfung soll der Betreffende sodann längstens innerhalb eines Jahres die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte zu beantragen haben.

Zur Vermeidung einer Schlechterstellung von österreichischen Staatsangehörigen oder Staatsangehörigen eines anderen EU-Mitgliedstaats/EWR-Vertragsstaats oder der Schweiz soll dieses Regime auch für solche Personen gelten, die bis zum Ablauf des Übergangszeitraums zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft im Vereinigten Königreich unter der Berufsbezeichnung „Advocate“, „Barrister“ oder „Solicitor“ berechtigt waren oder – bezogen auf die Eignungsprüfung – über einen zum unmittelbaren Zugang zu einem dieser Berufe berechtigenden Ausbildungsnachweis (vgl. zu diesem und dessen inhaltlichen Anforderungen im Detail § 24 EIRAG) verfügt und bereits vor dem 1. Jänner 2021 die „Vollintegration“ in Österreich initiiert haben.

Zu § 24a Abs. 8 erster Satz, § 27 Abs. 5a erster Satz und § 60 Abs. 15:

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2020 wurden in der RAO die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer eine Briefwahl bzw. Briefabstimmung zur Erledigung der der Plenarversammlung zugewiesenen Aufgaben auch dann anordnen kann, wenn die Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer diese Möglichkeit bislang nicht oder nur eingeschränkt eröffnet. Darüber hinaus wurde eine Beschlussfassung durch den Ausschuss ermöglicht, dass die (im Fall der Briefwahl/Briefabstimmung an sich stets gebotene) Durchführung einer Plenarversammlung ausnahmsweise entfallen kann. Damit wird sichergestellt, dass die von den Plenarversammlungen zu besorgenden verschiedenen Aufgaben auch dann verlässlich und zeitgerecht erledigt werden können, wenn die Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 keinen Aufschub dulden. In Abstimmung mit der Rechtsanwaltschaft wurden diese zusätzlichen Maßnahmen und Möglichkeiten zunächst mit dem 31. Dezember 2020 befristet. Angesichts der weiter anhaltenden Krisensituation und der dadurch bedingten Beschränkungen sollen sie bis zum 30. Juni 2021 verlängert werden.

Zu § 48 Abs. 1:

Mit Art. 1 Z 74 des Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2020, BGBl. I Nr. 19/2020, wurden über Vorschlag des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags die beiden bislang in § 48 Abs. 1 RAO vorgesehenen Kriterien für die Verteilung der vom Bund für die Leistungen der nach § 45 RAO insbesondere im Rahmen der Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwälte jährlich zu bezahlenden („allgemeinen“) Pauschalvergütung auf die einzelnen Rechtsanwaltskammern um ein zusätzliches Element erweitert. Im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten zur praktischen Umsetzung dieser Neuregelung hat sich ergeben, dass zur Sicherstellung eines einheitlichen Vorgehens bei der Vollziehung dieser Bestimmung durch die Rechtsanwaltskammern auch noch eine Regelung auf gesetzlicher Ebene zur Frage zweckmäßig sein wird, wie im Kontext des neuen § 48 Abs. 1 Z 2 und 3 RAO mit Entlohnungsansprüchen von nach § 61 Abs. 3 StPO bestellten Amtsverteidigern umzugehen ist, hinsichtlich derer der Ausschuss gemäß § 16 Abs. 5 RAO die Uneinbringlichkeit festgestellt hat (eine solche Feststellung ist nach § 16 Abs. 5 RAO Voraussetzung dafür, dass eine Berücksichtigung der von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten im Fall einer Bestellung nach § 61 Abs. 3 StPO erbrachten Leistungen im Rahmen der Pauschalvergütung und deren Verteilung in Betracht kommt). Hier besteht die Besonderheit, dass die einer entsprechenden Feststellung der Uneinbringlichkeit zugrundeliegenden Leistungen des Rechtsanwalts regelmäßig nicht innerhalb des (nach § 48 Abs. 1 Z 2 und 3 RAO in der Fassung des BRÄG 2020 aber maßgeblichen) Jahres erbracht worden sein werden, sondern zumeist länger zurückliegen dürften. Um hier Unklarheiten wie auch unbillige Ergebnisse zu vermeiden, wird in einem neuen § 48 Abs. 1 zweiter Satz RAO vorgesehen (und im Sinn des § 16 Abs. 5 RAO klargestellt), dass solche Leistungen von Amtsverteidigern dann im Rahmen der Verteilungskriterien des § 48 Abs. 1 Z 2 und 3 RAO zu berücksichtigen sind, wenn der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer gemäß § 16 Abs. 5 RAO die Uneinbringlichkeit festgestellt hat; dies für jenes Jahr, in dem es zur Feststellung durch den Ausschuss gekommen ist.“

 

Im Zuge der Debatte im Nationalrat wurde von den Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen ein Abänderungsantrag eingebracht, der beschlossen und wie folgt begründet wurde:

„Durch die Änderung soll klargestellt werden, dass § 2 Abs. 4 und 5 in der Fassung vor der Änderung durch das vorliegende Bundesgesetz mit Ende des Jahres außer Kraft treten, während die neue Fassung des § 2 Abs. 4 mit 1. Jänner 2021 in Kraft tritt und in dieser Fassung mit 31. Dezember 2021 außer Kraft tritt.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 15. Dezember 2020 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Dr. Peter Raggl.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligte sich Bundesrat Dr. Peter Raggl.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Dr. Peter Raggl gewählt.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Dezember 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2020 12 15

                                 Dr. Peter Raggl                                                Claudia Hauschildt-Buschberger

                                   Berichterstatter                                                                         Vorsitzende