10719 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung (300/A(E)-BR/2021)

Die Bundesräte Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen haben am 24. Juni 2021 einen Entschließungsantrag eingebracht und wie folgt begründet:

„In fünf europäischen Ländern sind Vollspaltenböden bereits verboten, darunter befindet sich nicht nur der größte Schweineproduzent der EU, nämlich Dänemark, sondern auch die Niederlande, Finnland, Schweden und die Schweiz.

In Österreich werden wahrscheinlich mehr als 90% der Schweine auf einem sogenannten Vollspaltenboden gehalten bzw. ohne Stroh-Einstreu. Laut Anfragebeantwortung der Landwirtschaftsministerin von Herbst 2020 werden Stallbauten mit diesen Vollspaltenböden nach wie vor per Agrarförderung mit unseren Steuergeldern gefördert.

Ein Spaltenboden besteht abwechselnd aus den Balken, der Auftrittsfläche für die Tiere und schmalen Spalten, diese sind ein Durchlass für Kot und Harn.

Bei Teilspaltenböden ist nur der Bereich zum Koten und Urinieren mit Spaltenboden ausgestattet, der Fress- und Liegebereich sollt jedenfalls mit Stroh eingestreut sein.

Beim Vollspaltenboden dagegen ist der gesamte Fress-, Liege- und Laufbereich mit Spaltenboden ausgestattet. Eine Einstreu durch Stroh oder Ähnliches ist bei einem Vollspaltenboden nicht möglich, da es zu Verklebungen der Spalten kommen würde.

Zumeist sind die Böden aus Beton.

Ca. 80% der Zeit verbringen Schweine in intensiven Tierhaltungen liegend, weshalb die Bodenbeschaffenheit ein wesentlicher Faktor für Gesundheit und Tierwohl darstellt.

Auf Vollspaltenböden entwickeln ca. 92% der Tiere eine Schleimbeutelentzündung und nahezu alle Tiere Hautschwielen. Des Weiteren fehlt den Schweinen die Möglichkeit, sich ausreichend zu beschäftigen, wenn keine Einstreu vorhanden ist. Diese Langeweile sorgt für mehr Stress und Aggressivität bei den Tieren, was zu schweren Verletzungen durch Ohren-und Schwanzbeißen führt.

Da die Tiere bei der Haltung auf Vollspaltenböden über ihrem Kot leben müssen, entzünden sich aufgrund der Ausdünstungen oft die Augen und die Lungen der Schweine. Bei einer Einstreu mit Stroh, welches ausreichend oft gewechselt wird, ist das hingegen nicht der Fall.

Hinzu kommt, dass auf den Vollspaltenböden Platzmangel herrscht, was dazu führt, dass die Schweine Liege-und Kotplatz nicht trennen können. Diese Überfüllung verursacht in Verbindung mit den fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten nicht nur Stress, sondern verringert auch die Widerstandskraft der Tiere gegen Infektionen. Die Mortalität bei Schweinen, welche auf Vollspaltenböden gehalten werden, ist im Vergleich zur Haltung auf Stroh vier Mal so hoch, was natürlich nicht nur Leiden bei den Tieren verursacht, sondern auch wirtschaftliche Einbußen für die LandwirtInnen bedeutet.

Ein weiteres Problem der Schweinehaltung auf Vollspaltenböden ist, dass doppelt so viel Methan wie bei Schweinehaltung auf Stroh produziert wird. Methan ist ein sehr effektives Treibhausgas, welches die Klimakrise verschlimmert.

Laut EU-Richtlinie 2008/120/EG wird als Mindestvoraussetzung ein Liegebereich gefordert, der „physically comfortable“ ist. Die 1. Tierhaltungsverordnung (Anlage 5, Punkt 2) sieht jedoch nur den „Zugang zu einem größen-und temperaturmäßig angenehmen Liegebereich“ vor. Da 92% der Schweine, welche auf Vollspaltenböden gehalten werden, an den Schmerzen von geschwollenen Gelenken leiden, kann ein Vollspaltenboden somit nicht der EU-Richtlinie entsprechen, da er nicht „physisch angenehm“ für die Schweine ist.

Mögliche Alternativen zu der Haltung auf Vollspaltenböden sind die natürliche Weide-oder Freilandhaltung und die Haltung in einer Mehrflächenbucht, welche teilweise perforiert ist, aber auch planbefestigte Liegeflächen mit einer tiefen Einstreu für die Schweine bietet. Eine Mehrflächenbucht muss im Vergleich zur Schweinehaltung auf Vollspaltenböden mehr Platz pro Schwein bieten, da die Liegefläche für alle Tiere gleichzeitig zugänglich sein muss. Um den österreichischen Landwirtinnen und Landwirten ausreichend Zeit für die Umstellung ihrer Schweinehaltung zu geben, soll diese Übergangsbestimmung für bestehende Stallungen erst mit 1. Jänner 2025 in Kraft treten. Für Um- und Neubauten ist es jedoch ein Gebot der Stunde, dass diese Gesetzesbestimmung unverzüglich in Kraft tritt, damit es zu keinen weiteren Fehlinvestitionen in nicht-tiergerechte Haltungsformen kommt.

Am Beispiel der fortschrittlichen und früheren Umstellung der Hühnerhaltung in Österreich wird eine Umstellung auf tiergerechte Schweinehaltung auch für die Landwirtschaft ein Erfolg werden.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 13. Juli 2021 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster.

An der Debatte beteiligte sich das Mitglied des Bundesrates Martin Preineder.

Bei der Abstimmung fand der Entschließungsantrag der Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung (300/A(E)-BR/2021) keine Mehrheit (dafür: S, dagegen: V, F, G).

Aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 32 Abs. 6 GO-BR ist ein Ausschussbericht zu erstatten.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster gewählt.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung mit Stimmenmehrheit den Antrag, dem Antrag 300/A(E)-BR/2021 keine Zustimmung zu erteilen.

Wien, 2021 07 13

                         Mag. Bettina Lancaster                                                       Christoph Steiner

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender