10839 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz, das Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 und das KommAustria-Gesetz geändert werden (Urheberrechts-Novelle 2021 – Urh Nov 2021)

Die Richtlinie (EU) 2019/790 vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG (im Folgenden kurz „Richtlinie 2019/790“) wurde am 17.5.2019 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. L 130/92) veröffentlicht. Sie modernisiert das europäische Urheberrecht, um es fit für den digitalen Binnenmarkt zu machen. Zu diesem Zweck passt sie Ausnahmen und Beschränkungen an das digitale und grenzüberschreitende Umfeld an (Titel II), verbessert die Lizenzierungspraxis, gewährleistet einen breiteren Zugang zu Inhalten (Titel III) und schafft einen funktionsfähigen Markt für den Urheberrechtsschutz (Titel IV). Die Richtlinie (EU) 2019/789 vom 17. April 2019 mit Vorschriften für die Ausübung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen und die Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen und zur Änderung der Richtlinie 93/83/EWG (im Folgenden kurz „Richtlinie 2019/789“) wurde am selben Tag im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. L 130/82) veröffentlicht. Diese Richtlinie soll die grenzüberschreitende Verfügbarkeit europäischer Hörfunk- und Rundfunksendungen fördern. Beide Richtlinien wären bis 7. Juni 2021 in österreichisches Recht umzusetzen gewesen.

Mit der Richtlinie 2019/790 werden ein europaweit harmonisiertes Leistungsschutzrecht für Presseverleger eingeführt, die urheberrechtliche Verantwortung großer Plattformen für den Upload geschützter Werke durch ihre Nutzer sowie einige urhebervertragsrechtliche Fragen harmonisiert.

Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger orientiert sich inhaltlich – insbesondere in der Ausgestaltung des Schutzes kleiner Teile und der Beteiligung der Journalisten – am deutschen Vorbild. Presseverlegern wird das Vervielfältigungsrecht und das Recht der interaktiven öffentlichen Wiedergabe für die kommerzielle Online-Nutzung ihrer Presseveröffentlichungen für die Dauer von zwei Jahren eingeräumt.

Art. 17 rechnet den Upload und damit die öffentliche Wiedergabe durch Plattformnutzer als urheberrechtliche Nutzungshandlung auch der Plattform zu und hält fest, dass die Plattform dafür die Erlaubnis der Rechteinhaber benötigt, mangels derer sie sich dafür verantwortlich macht. Die Richtlinie konkretisiert die Sorgfaltsmaßnahmen für diese Verantwortlichkeit und trifft Vorkehrungen zum Schutz der Plattformnutzer.

In ihrem urhebervertragsrechtlichen Teil harmonisiert die Richtlinie ausgehend vom Grundsatz der angemessenen und verhältnismäßigen Vergütung (Art. 18) die Transparenzpflicht (Art. 19), den Vertragsanpassungsmechanismus (Art. 20) und die Alternative Streitbeilegung (Art. 21), um so eine faire Vergütung in Verwertungsverträgen mit Urhebern sicher zu stellen. Das in Art. 22 harmonisierte Widerrufsrecht ist bereits durch §§ 29, 30 und § 68 Abs. 4 UrhG umgesetzt.

Darüber hinaus enthält diese Richtlinie diverse weitere Regelungen:

-       Sie harmonisiert Ausnahmen und Beschränkungen urheberrechtlicher Verwertungsrechte für Text- und Data-Mining, die Verwendung von Werken für digitale Unterrichts- und Lehrtätigkeiten und den Erhalt des kulturellen Erbes.

-       Sie verbietet den Schutz von nicht-kreativen Abbildungen gemeinfreier Werke.

-       Sie erleichtert die Nutzung vergriffener Werke durch Kulturerbeeinrichtungen.

-       Sie ermöglicht unter Wahrung der gebotenen Kautelen die kollektive Wahrnehmung von Rechten durch Verwertungsgesellschaften auch für Außenseiter.

-       Sie fördert die Verfügbarkeit audiovisueller Werke auf Video-on-Demand-Plattformen.

-       Sie ermöglicht die Aufteilung von Ausgleichsansprüchen für die Privatkopie zwischen Verlegern und Urhebern.

Die Richtlinie 2019/789 enthält Lizenzierungserleichterungen im Online-Bereich durch Einführung des Ursprungslandprinzips, eine erweiterte Verwertungsgesellschaftenpflicht für die Weiterverbreitung von Sendungen und Regelungen zur Direkteinspeisung.

Der Großteil der Vorgaben der beiden Richtlinien ist im Urheberrechtsgesetz umzusetzen. Die erweiterte kollektive Rechtewahrnehmung für vergriffene Werke sowie die allgemeine Regelung der erweiterten kollektiven Rechtewahrnehmung werden in das Verwertungsgesellschaftengesetz aufgenommen.

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 20. Dezember 2021 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Sebastian Kolland.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligte sich Bundesrat Stefan Schennach.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, G, dagegen: S, F).

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Sebastian Kolland gewählt.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2021 12 20

                              Sebastian Kolland                                              Claudia Hauschildt-Buschberger

                                   Berichterstatter                                                                         Vorsitzende