Bericht des Bundeskanzlers an das österreichische Parlament
zum Legislativ- und Arbeitsprogramm
der Europäischen Kommission für 2006 und
zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006

 

I                 Einleitung

Am 22. November 2004 wurde vom Ministerrat ein Bericht zustimmend zur Kenntnis genommen, demzufolge jedes Mitglied der Bundesregierung dem Parlament einen Bericht zum jährlichen Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission (nachfolgend EK) und zum Jahresprogramm des Rates für den jeweiligen Wirkungsbereich übermittelt.

 

Entsprechend dem Beschluss des Ministerrates findet sich nachstehend eine Darstellung der im Jahresprogramm der EK oder des Rates angesprochenen Themen, die in den Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes fallen.

I.1               Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006

Das Legislativ- und Arbeitsprogramm der EK für 2006 mit dem Titel „Das ganze Potenzial Europas freisetzen“ basiert auf der am 2. März 2005 veröffentlichten Jährlichen Strategieplanung für 2006.[1] Das Jahresprogramm 2006[2] wurde am 25. Oktober 2005 angenommen und wird Gegenstand einer öffentlichen Aussprache beim Rat Allgemeine Angelegenheiten/Außenbeziehungen am 30./31. Jänner 2006 sein.

 

In der Geschäftsordnung der EK wird gefordert, dass die EK jährliche Prioritäten festlegt und für jedes Jahr ein Arbeitsprogramm verabschiedet. Mit dem Jährlichen Arbeitsprogramm werden die politischen Ziele und ein operationelles Programm für die von der EK zu fassenden Beschlüsse im Rahmen der Jährlichen Politischen Strategie bestimmt. Darin werden die wesentlichen politischen Prioritäten bestimmt und die gesetzgeberischen Initiativen, die exekutiven und sonstigen Akte, die die Kommission zur Verwirklichung dieser Prioritäten ergreifen will, festgelegt. Der Präsident legt das Arbeitsprogramm dem Europäischen Parlament (nachfolgend EP) und dem Rat vor.

 

Hinzuweisen ist weiters auf das am 26. Jänner 2005 angenommene EK-Strategieprogramm „Strategische Ziele 2005-2009. Europa 2010: Eine Partnerschaft für die Erneuerung Europas. Wohlstand, Solidarität und Sicherheit“.[3] In diesem definiert die EK Wohlstand, Solidarität, Sicherheit und außenpolitische Verantwortung („Europa als Partner in der Welt“) als ihre strategischen Kernziele für die laufende Amtszeit. Diese politischen Prioritäten stellen daher auch im Legislativprogramm 2006 die Basis der Arbeiten dar. Weiters enthält das Arbeitsprogramm im Anhang eine Auflistung prioritärer Initiativen zu den vier Arbeitsbereichen für das Jahr 2006 (32 Legislativvorschläge für Beschlüsse und Richtlinien, 62 Vorschläge für nicht-legislative Maßnahmen[4] sowie zwei Vorschläge für die Übertragung eines Verhandlungsmandats an die EK im Hinblick auf Vertragsabschlüsse mit Drittstaaten).

I.2               Operatives Jahresprogramm des Rates für 2006

Das operative Jahresprogramm des Rates wird in Umsetzung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates Sevilla zur Verbesserung der Arbeitsweise des Rates erstellt. Es basiert auf dem dreijährigen Strategieprogramm 2004-2006,[5] das der Europäische Rat im Dezember 2003 erstmals angenommen hat. Das operative Jahresprogramm wird von den jeweiligen Präsidentschaften in deren Verantwortung erstellt und muss vom Rat nicht formal angenommen werden. Das Jahresprogramm 2006[6] wurde von Österreich und Finnland gemeinsam erstellt, beim Rat Allgemeine Angelegenheiten/Außenbeziehungen am 12. Dezember 2005 präsentiert und wird – wie auch das Arbeitsprogramm der EK – Gegenstand einer öffentlichen Aussprache beim Rat Allgemeine Angelegenheiten/Außenbeziehungen am 30./31. Jänner 2006 sein. Ziel der Arbeiten des Rates im Jahr 2006 gemäß Jahresprogramm ist, zum wirtschaftlichen und sozialen Wohlstand, zum Umweltschutz, zur Freiheit und Sicherheit der europäischen Bürger sowie zur Stärkung der Rolle der Union in der Welt beizutragen.

I.3               Angesprochene Themenbereiche

Im Arbeitsprogramm der EK für 2006 und/oder im Jahresprogramm 2006 des Rates werden folgende Themen angesprochen, die in die Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes fallen:

 

II.                   Kulturbereich

III.                  Audiovisuelle Medien

IV.               Informationsgesellschaft und E-Government

V.                 Datenschutz

VI.               Agentur der Europäischen Union für Grundrechte

VII.              Vergaberecht

VIII.            Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung (erneuerte Lissabon-Strategie)

IX.               Better Regulation

X.                 Review der EU-Nachhaltigkeitsstrategie

XI.               Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union (Verfassungsvertrag)

XII.              Kohäsionspolitik

XIII.            Erweiterungsprozess: Bulgarien und Rumänien

XIV.          Vorschau auf die Europäischen Räte 2006

II              Kultur

II.1             Programm „Kultur 2007“ (2007-2013)[7]

II.1.1         Ziel

„KULTUR 2000“, das aktuelle Gemeinschaftsprogramm zur Förderung künstlerischer und kultureller Aktivitäten mit europäischer Dimension, soll ab 2007 von einem neuen Programm abgelöst werden (Laufzeit bis 2013). Ziel des Programms ist es, durch den Ausbau der kulturellen Kooperation in Europa zur Entwicklung einer europäischen Identität beizutragen. Mit „KULTUR 2007“ soll ein kohärentes und vollständiges Instrument für die kulturelle multilaterale Zusammenarbeit in Europa bereitgestellt werden.

 

„KULTUR 2007“ soll am 1.1.2007 in Kraft treten und für den Zeitraum von 2007 bis 2013 gelten. Die Schwerpunkte des Programms liegen auf der Förderung der Mobilität von Kulturschaffenden und Kunstwerken sowie auf der Förderung des interkulturellen Dialogs. Hinsichtlich des Auswahlverfahrens werden erhöhte Transparenz und Verwaltungsvereinfachungen angestrebt. Ein weiteres Ziel ist die Öffnung des Programms für die westlichen Balkanländer.

 

3 Aktionsbereiche von „KULTUR 2007“ (gemäß EK-Vorschlag):

·         Unterstützung kultureller Projekte (Aktionsbereich 1)[8]

·         Unterstützung von auf europäischer Ebene tätigen kulturellen Einrichtungen in Form von Betriebskostenzuschüssen (Aktionsbereich 2.1)

·         Unterstützung von Maßnahmen zur Erhaltung der wichtigsten mit Deportationen in Verbindung stehenden Schauplätze und Archive und ihrer Mahnmalfunktion (Aktionsbereich 2.2)[9]

·         Unterstützung von Analysen, Informationssammlung und -verbreitung im Bereich der kulturellen Zusammenarbeit (Aktionsbereich 3)

II.1.2         Aktueller Stand

Die Verhandlungen wurden unter niederländischem EU-Vorsitz aufgenommen (zweites Halbjahr 2004). Der luxemburgische und britische Vorsitz (2005) bemühten sich um die Klärung einiger strittiger Punkte. Die erste Lesung des EP wurde am 25. Oktober 2005 abgeschlossen. Die Änderungsvorschläge des EP beziehen sich unter anderem auf die Senkung der benötigten Anzahl an Akteuren und Mitgliedstaaten, eine stärkere Verankerung des Europäischen Kulturerbes sowie die Zusammenwirkung von Bildung und Kultur. Unter Berücksichtigung der ersten Lesung des EP verabschiedete der Rat unter britischem Vorsitz am 14. November 2005 eine „partielle politische Einigung“, wobei alle budgetrelevanten Fragen vorläufig ausgeklammert blieben.


II.1.3         Österreichische Position

In Abhängigkeit von den Fortschritten bei der Interinstitutionellen Vereinbarung zur Finanziellen Vorausschau 2007-2013 wird der österreichische Vorsitz versuchen, im Rahmen des Kulturministerrates am 18./19. Mai 2006 eine „politische Einigung“ zu erzielen.

II.2             Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ für die Jahre 2007 bis 2019

II.2.1         Ziel

Die EK hat am 30. Mai 2005 den Vorschlag für eine zweite Revision des Beschlusses über die Gemeinschaftsaktion „Kulturhauptstadt Europas“ vorgelegt. Die erste Revision[10], die auf eine schnelle Integration der neuen Mitgliedstaaten abzielte, wurde kurz davor, am 13. April 2005, von Rat und EP verabschiedet.

 

Budget: das Auswahlverfahren hat keine direkten finanziellen Auswirkungen. Budgetäre Aspekte sind im Rahmen von „KULTUR 2000“ sowie im Nachfolgeprogramm „KULTUR 2007“ (erster Aktionsbereich, besondere Projekte) abgedeckt.

 

Wesentliche Änderungen (gemäß EK-Vorschlag):

·         Stärkung der Wettbewerbskomponente

·         Aufstockung und frühzeitige Einbindung der Expertenjury

·         Einrichtung eines Beratungssausschusses zur Kontrolle der Zielerreichung

·         Auszeichnung für Programme, die ein besonderes Augenmerk auf die „europäische Dimension“ und die „Bürgerdimension“ legen

(Diskussionen im EP und im Rat gehen in die Richtung einer finanziellen Unterstützung, die noch vor Beginn des Veranstaltungsjahres den Organisatoren zur Verfügung gestellt werden soll.)

·         Beteiligung von Drittländern in Form des „Kulturmonats“

(Der Kulturmonat, der bis 2003 für Drittländer vorgesehen war, soll wieder belebt werden. Diese Regelung bedarf allerdings einer eigenen Beschlussfassung.)

·         Begleitmaßnahmen der EK als Hilfestellung für potenzielle Bewerber

·         Zeit- und Ablaufplan

(Der Rat soll die Städte bereits vier Jahre vor Veranstaltungsbeginn offiziell zur „Kulturhauptstadt Europas“ ernennen.)

II.2.2         Aktueller Stand

Die Verhandlungen wurden unter britischem Vorsitz aufgenommen. Erste Aussprachen ergaben keine allzu großen Differenzen. Änderungen bezogen sich in erster Linie auf Klarstellungen bzw. Textvereinfachungen. Der Rat verabschiedete am 14. November 2005 eine „allgemeine Ausrichtung“ (inhaltliche Einigung, ohne Vorliegen der EP-Stellungnahme).

II.2.3         Österreichische Position

Dieses Dossier wird eine der wichtigsten Beschlussfassungen im Kulturbereich unter österreichischer Präsidentschaft darstellen. Die Stellungnahme des EP wird für 5. April 2006 erwartet. Ziel ist es, das Dossier in erster Lesung zu verabschieden. Dies setzt eine verstärkte Koordinierung der Inhalte mit dem EP voraus. (Berichterstatterin im EP ist die österreichische Abgeordnete Christa Prets.)

II.3             Programm „Bürger/innen für Europa” für den Zeitraum 2007-2013 zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft

II.3.1         Ziel

Die EK hat am 6. April 2005 einen Vorschlag über das Programm „Bürger/innen für Europa“ (2007-2013) vorgelegt.[11] Das erste Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft („Bürgerbeteiligung“) wurde für den Zeitraum 2004-2006 beschlossen.[12] Das neue Programm soll die Wirkungsbreite des derzeitigen Programms gewährleisten, gleichzeitig aber auch für neue Aktivitäten offen und derartig flexibel sein, dass es nach Bedarf an zukünftige Entwicklungen angepasst werden kann.

 

Die Ziele des Programms sind, die Teilnahme der BürgerInnen am Aufbau des „Projekts Europa“ zu forcieren, die „Europäische Identität“ zu stiften, das gegenseitige Verstehen der BürgerInnen zu fördern sowie das Verhältnis zwischen BürgerInnen und den EU-Institutionen zu verbessern. Darüber hinaus soll der interkulturelle Austausch die gegenseitige Kenntnis der Kultur und Geschichte der europäischen Völker verbessern und dadurch unser gemeinsames Kulturerbe in den Vordergrund rücken. Das neue Programm wird als ein Beitrag zu einer der größten Herausforderungen der EU angesehen, nämlich jener, die Kluft zwischen den BürgerInnen und den europäischen Institutionen zu überbrücken.

 

Das Programm soll Initiativen aus den folgenden drei Aktionsbereichen abdecken:

·         Aktion 1 – „Aktive BürgerInnen für Europa“

o       Städtepartnerschaften: Unterstützung von Aktivitäten, die den direkten Austausch zwischen europäischen BürgerInnen zum Inhalt haben

o       Bürgerprojekte und flankierende Maßnahmen: Unterstützung von trans-nationalen und transsektoralen Projekten mit direkter Bürgerbeteiligung

·         Aktion 2 – „Aktive Zivilgesellschaft in Europa“

o       Strukturförderung für Forschungseinrichtungen, die sich mit europäischen öffentlichen Politiken beschäftigen (Think-Tanks)

o       Strukturförderung für zivilgesellschaftliche Organisationen auf europäischer Ebene, die in vielen Bereichen von allgemeinem Interesse tätig sind (z.B. gemeinsame Werte, gemeinsames Erbe, soziale Themen, freiwilliges Engagement)

o       Unterstützung für Initiativen zivilgesellschaftlicher Organisationen


·         Aktion 3 – „Gemeinsam für Europa“

o       Veranstaltungen mit großer Öffentlichkeitswirkung

o       Studien, Erhebungen und Umfragen über die aktive Bürgerschaft

o       Informations- und Verbreitungsinstrumente für die europäischen BürgerInnen: z.B. Internet-Portal

II.3.2         Aktueller Stand

Die Verhandlungen auf Ratsebene wurden unter luxemburgischen Vorsitz im Mai 2005 aufgenommen. Im Rahmen des Kulturministerrats am 14. November 2005 wurde ein Fortschrittsbericht der britischen Präsidentschaft präsentiert.

II.3.3         Österreichische Position

Der österreichische Vorsitz wird sich um die Klärung der verbliebenen offenen, strittigen Punkte bemühen. Eine Intensivierung der Kooperation mit dem EP wird jedenfalls angestrebt. Der Abschluss der ersten Lesung im EP soll am 22. März erfolgen.

 

Unter Einbeziehung der Stellungnahme des EP strebt die österreichische Präsidentschaft jedenfalls eine Einigung über die Inhalte des Programms an. In Abhängigkeit von den Fortschritten bei der Interinstitutionellen Vereinbarung zur Finanziellen Vorausschau 2007-2013 ist es Ziel, im Rahmen des Kulturministerrats am 18./19. Mai 2006 eine „politische Einigung“ zu verabschieden.

II.4             „Europäisches Jahr des interkulturellen Dialogs“ (2008)[13]

II.4.1         Ziel

Schwerpunkt des zukünftigen Kulturprogramms „KULTUR 2007“ ist die grenzüberschreitende kulturelle Zusammenarbeit. Neben der Förderung der Mobilität der Kulturschaffenden und der internationalen Verbreitung von Kunstwerken ist der interkulturelle Dialog als Programmziel vorgesehen. Da der Dialog zwischen den Kulturen als ein Instrument zur Annäherung der europäischen Völker betrachtet wird, schlug die EK vor, 2008 zum „Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs“ auszurufen, um (vor allem die jungen) EU-BürgerInnen für dieses Thema zu interessieren. Der diesbezügliche Legislativvorschlag wurde am 5. Oktober 2005 vorgelegt.

 

Die Ziele des Programms sind:

·         Sensibilisierung der BürgerInnen für das Konzept einer aktiven Unionsbürgerschaft, die kulturelle Unterschiede achtet und auf gemeinsamen Werten der EU aufbaut

·         Herausstreichen des Beitrags der einzelnen Kulturen zu unserem gemeinsamen Erbe

·         Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und der Kohärenz aller Gemeinschafts-programme und –aktionen, die einen Beitrag zum interkulturellen Dialog leisten

 

 


Drei Aktionsbereiche sollen gefördert werden:

·         Aktionen auf Gemeinschaftsebene

Informations- und Werbekampagnen zu den Programmzielen (inklusive Logo), Einrichtung einer Website auf dem Europa-Server und Portal für ProjektträgerInnen, Umfragen und Studien zur Vorbereitung, Effizienz und Wirkung des Programms und allfälliger langfristiger Folgemaßnahmen

·         Zuschüsse zu Aktionen auf Gemeinschaftsebene

Für symbolträchtige, EU-weite Aktionen, mit denen vor allem junge Menschen für den interkulturellen Dialog sensibilisiert werden sollen

·         Kofinanzierung nationaler Aktionen mit ausgeprägter europäischer Dimension

II.4.2         Aktueller Stand

Der Vorschlag wurde dem Ministerrat am 14. November 2005 offiziell von Kommissar Jan Figel vorgestellt, die Aufnahme der Verhandlungen erfolgte im Dezember 2005.

II.4.3         Österreichische Position

Die EK hat schon des Öfteren die Dringlichkeit dieses Dossiers signalisiert, da schon 2007 mit den Vorbereitungen begonnen werden muss. Dennoch hat das EP einen relativ späten Termin für seine Stellungnahme angesetzt (voraussichtlich 31. Mai 2006). Ziel des österreichischen Vorsitzes ist es, eine Einigung über die Programminhalte zu erzielen und am Ministerrat im Mai 2006 eine „allgemeine Ausrichtung“ zu beschließen. Der Abschluss des Dossiers kann somit erst unter finnischem EU-Vorsitz erfolgen.

 

Der österreichische EU-Vorsitz wird zunächst mit der Strukturierung der Debatte beginnen. In Abhängigkeit von der Klärung des Haushalts soll am Ministerrat am 18./19. Mai 2006 eine „allgemeine Ausrichtung“ (ohne EP-Stellungnahme) verabschiedet werden.

II.5             UNESCO-Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen

II.5.1         Hintergrund

Die UNESCO hat anlässlich ihrer 32. Generalkonferenz im Oktober 2003 die Ausarbeitung einer Konvention zur kulturellen Vielfalt beschlossen, mit der eine Handhabe geschaffen werden sollte, damit jeder Staat im Rahmen seiner nationalen Kulturpolitik Maßnahmen zur Herstellung, Verbreitung und zum Schutz vielfältiger kultureller Dienstleistungen und Güter setzen kann. Dabei sollte ein Ausgleich zwischen der Autonomie nationaler Politiken und den Regelungen für die internationale Zusammenarbeit gefunden werden.

II.5.2         Ziel

Das UNESCO-Übereinkommen hat unter anderem folgende Ziele:

·         Schutz und Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen;

·         Schaffung von Bedingungen, die es den Kulturen ermöglichen, sich zum Nutzen aller zu entfalten und ungehindert zu interagieren;

·         Stärkung der internationalen Zusammenarbeit und Solidarität;

·         Förderung des Dialogs zwischen den Kulturen mit dem Ziel eines weltweit intensiveren und ausgewogeneren kulturellen Austausches als Beitrag zum gegenseitigen Respekt und zu einer Kultur des Friedens;

·         Förderung der Interkulturalität und der Achtung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sowie Bewusstmachung des Wertes dieser Vielfalt;

·         Anerkennung des besonderen Charakters kultureller Tätigkeiten, Güter und Dienstleistungen als Identitäts-, Wert- und Bedeutungsträger.

II.5.3         Aktueller Stand

Die Konvention wurde am 20. Oktober 2005 mit 148 (darunter auch Österreich)  zu zwei Gegenstimmen (USA, Israel) bei vier Stimmenthaltungen (Australien, Honduras, Nicaragua und Liberia) angenommen.

 

Da die Konvention im nächsten Schritt im Namen der Gemeinschaft ratifiziert werden muss, legte die EK am 21. Dezember 2005 einen entsprechenden Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Ratifizierung der Konvention vor.

II.5.4         Österreichische Position

Das EP muss im Rahmen des anzuwendenden Anhörungsverfahrens konsultiert werden, der Rat ist jedoch – im Gegensatz zum Mitentscheidungsverfahren – nicht an die Stellungnahme des EP gebunden. Als EP-Berichterstatterin wurde Christa Prets bestellt. Die Konsultationen mit dem EP sollen ein bis zwei Monate dauern.

 

Die Aufnahme von Verhandlungen erfolgt unter österreichischer Präsidentschaft. Ziel ist die Annahme des Ratsbeschlusses zur Ratifizierung der UNESCO-Konvention spätestens im Rahmen des Kulturministerrats am 18./19. Mai 2006.

II.6             Arbeitsplan des Rates im Kulturbereich für die Jahre 2005-2006

II.6.1         Ziel

Unter niederländischem Vorsitz im zweiten Halbjahr 2004 wurde die Zusammenarbeit im Kulturbereich für die Jahre 2005-2006[14] beschlossen und fünf Arbeitsschwerpunkte festgelegt: der Beitrag der Kulturwirtschaft zur Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie, die Digitalisierung des Kulturerbes, die Erweiterung des Kulturportals, die Mobilität von Sammlungen sowie von Kulturschaffenden. Für Österreich hat der Arbeitsplan große Bedeutung, da der österreichische Vorsitz in Kooperation mit Luxemburg, Großbritannien und Finnland für dessen Umsetzung verantwortlich ist. Diese Regelung („rolling agenda“) setzt eine laufende Koordinierungsarbeit zwischen den vier Ländern voraus. Aus österreichischer Sicht hat sich die bisherige Zusammenarbeit als ergiebig und wichtig erwiesen. Diesbezüglich fanden mehrere Treffen sowohl auf Minister- als auch auf Beamtenebene statt.


II.6.2         Aktueller Stand

Der luxemburgische Vorsitz begann mit der Umsetzung des Arbeitsplans, wobei unter anderem Expertenseminare zum Thema Kulturindustrien, Kulturtourismus und Digitalisierung des Kulturerbes abgehalten wurden. Die Bemühungen wurden unter britischem Vorsitz fortgesetzt: es fanden Konferenzen zum Thema Fernsehrichtlinie, Mobilität von Kunstsammlungen und Schutz von Urheberrechten statt. Im Rahmen des Kulturministerrats am 14. November 2005 wurde ein entsprechender Fortschrittsbericht der britischen Präsidentschaft präsentiert.

II.6.3         Österreichische Position

 

·         Beitrag der Kulturwirtschaft zu Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Kohäsion im Rahmen der Lissabon Strategie

 

Der Arbeitsplan hielt fest, dass von der EK im Herbst 2005 eine Studie, inwieweit kulturelle Kreativität und darauf beruhende Wirtschaftszweige zum wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Potenzial Europas beitragen, vorgelegt werden soll. Entgegen diesem Abgabetermin soll die Studie nun erst 2006 fertig gestellt werden, wobei der Zwischenbericht für März 2006 und der Endbericht für Oktober 2006 von der EK angekündigt wurde.

 

Das Ziel in weiterer Folge ist die Vorlage eines Grundsatzpapiers mit Maßnahmenempfehlungen im Bereich der Kulturwirtschaft (einschließlich der audiovisuellen Medien), um deren Beitrag zum Erreichen der Ziele von Lissabon zu verstärken. Da Themen zur Lissabon-Strategie traditionellerweise am Frühjahrsgipfel des Europäischen Rates behandelt werden, hätte das Grundsatzpapier ursprünglich unter österreichischem Vorsitz im März 2006 vorgelegt werden sollen. Aufgrund der verspäteten Vorlage der EK-Studie muss dieser Termin nun auf das Frühjahr 2007 verschoben werden.

 

Unter österreichischem Vorsitz soll auf Basis des Zwischenberichts der EK mit der Strukturierung der Diskussionen begonnen werden. In diesem Kontext wird unter anderem auch die Expertenkonferenz Content als Wettbewerbsfaktor - Stärkung der Europäischen Kreativindustrien im Lichte der i2010-Strategie am 2. und 3. März 2006 in Wien stattfinden. Ziel ist die Forcierung des Bewusstseinsbildungsprozesses für Content als „europäischen Mehrwert“, wobei alle relevanten Sektoren wie Musik, Film, Fernsehen, Verlagswesen, „neue Medien“ etc. berücksichtigt werden sollen. Die Finalisierung des Grundsatzpapiers obliegt dem finnischen EU-Vorsitz, der an die Ergebnisse der österreichischen Präsidentschaft anknüpfen wird.

 

·         Digitalisierung des Kulturerbes

 

Unter österreichischer Präsidentschaft wird mit der Umsetzung des „New Dynamic Action Plan“, der unter britischem Vorsitz am 16. November 2005 in Bristol verabschiedet wurde, begonnen. Österreich wird sich schwerpunktmäßig dem Thema der Langzeitaufbewahrung von Daten sowie der Konvergenz unterschiedlicher Digitalisierungsmaßnahmen der EU widmen. Das BMBWK veranstaltet dazu die Expertenkonferenz An Expedition to European Digital Cultural Heritage - Collecting, connecting, and conserving?, die am 21. und 22. Juni 2006 in Salzburg stattfinden wird. Am 23. Juni 2006 wird das halbjährliche Treffen der Gruppe der nationalen Experten für Digitalisierung des Kulturerbes abgehalten.

 

·         Mobilität von Kunstsammlungen

 

Unter niederländischem Vorsitz wurde eine Expertengruppe unter der Leitung von Ronald de Leeuw[15] mit der Erstellung einer Studie zur Verbesserung der Mobilität von Kunstsammlungen beauftragt. Der Expertenbericht „Lending to Europe wurde den KulturministerInnen am 23. Mai 2005 unter luxemburgischem Vorsitz präsentiert. Dabei wurde vereinbart, dass sich die fünf Vorsitze Niederlande, Luxemburg, Großbritannien, Österreich und Finnland jeweils bestimmten Teilbereichen widmen und dann gemeinsam einen Aktionsplan ausarbeiten sollen, der unter finnischem Vorsitz verabschiedet werden soll.

 

Die österreichische Präsidentschaft wird die Themen „immunity from seizure“ (sachliche Immunität/freies Geleit), Digitalisierung (eventuell synergetische Verknüpfung der Bereiche Mobilität und Digitalisierung des Kulturerbes) und Leihverkehrstandards bzw. ethische Richtlinien (wie vom Internationalen Museumsbund ICOM vorgeschlagen) betreuen. Diesbezüglich sind mehrere informelle Arbeitstreffen vorgesehen.

 

·         Mobilität von Kulturschaffenden

 

Hier geht es um die Bewertung der Probleme, die sich durch die Doppelbesteuerung von Künstlern ergeben und somit Hindernisse für die Mobilität von Kulturschaffenden innerhalb der EU darstellen. Diesen Themen soll sich eine Studie der EK widmen, deren Vorlage für Frühjahr 2006 angekündigt wurde. Die Ergebnisse dieser Studie sollen im oben zitierten Grundsatzpapier zur Kulturwirtschaft berücksichtigt werden.

III            Audiovisuelle Medien

III.1           Förderprogramm für den europäischen audiovisuellen Sektor (MEDIA 2007)

III.1.1       Ziel

Das MEDIA-Programm ist das Förderprogramm der EU zur Unterstützung der europäischen audiovisuellen Industrie (insbesondere der unabhängigen Produzenten und Verleiher). Ziele dieses Förderprogramms sind vor allem die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Filmwirtschaft, die Verbreitung europäischer Werke sowie die Förderung der kulturellen Vielfalt in Europa.

 


Mit „MEDIA 2007“ sollen die aktuellen Programme „MEDIA Plus“ und „MEDIA Fortbildung“, die Ende 2006 auslaufen, zusammen- und weitergeführt werden. Laut Vorschlag der Kommission soll „MEDIA 2007“ am 1. Jänner 2007 in Kraft treten und für einen Zeitraum von sieben Jahren (2007-2013) gelten. Rechtsgrundlage für den Programmvorschlag sind Art. 157 Abs. 3 und Art. 150 Abs. 4 EGV.

 

Das Programm „MEDIA 2007“ soll folgende Schwerpunkte haben:

·         Fortführung der Konzentration der Förderungen auf die Vor- und Postproduktionsphase (Fortbildung/ Entwicklung - Vertrieb/ Promotion);

·         Berücksichtigung der Marktentwicklungen im Bereich der Digitalisierung;

·         Integration des Programms „i2i audiovisual“ (Zuschüsse zu indirekten Kosten, z.B. Finanzierungskosten);

·         Beteiligung der EU an der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle (zuständig für die Erfassung und Verbreitung von Informationen über die europäische audiovisuelle Industrie);

·         Verwaltungsvereinfachungen: Vereinfachung der Antragsverfahren, Transparenz bei den Auswahlverfahren.

 

Gegenüber den derzeit laufenden Programmen „MEDIA Plus“ und „MEDIA Fortbildung“ sind z.B. folgende Neuerungen im Nachfolgeprogramm „MEDIA 2007“ vorgesehen: eine stärkere Einbeziehung der Ausbildung, Unterstützungen für Sendeanstalten bei der Synchronisierung und Untertitelung europäischer Werke und eine Unterstützung des Zugangs für KMUs zu Finanzierungsgesellschaften, die im Bereich der Erstellung von Investitionsplänen für audiovisuelle Produktionen tätig sind.

III.1.2       Aktueller Stand

Das EP hat am 25. Oktober 2005 über den Bericht von Berichterstatterin Ruth Hieronymi und die eingebrachten Änderungsanträge abgestimmt (Abschluss der ersten Lesung). Das EP fordert mehrere Ergänzungen zum Text der Kommission, die unter anderem auf eine Stärkung der KMUs, die Bedeutung der Digitalisierung, die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, eine Verstärkung der Zusammenarbeit in Europa und das audiovisuelle Erbe Bezug nehmen.

 

Unter britischer Präsidentschaft konnte auf dem Rat für Bildung, Jugend und Kultur am 14. November 2005 eine „partielle politische Einigung“ erzielt werden, welche einzig die Frage des Budgets sowie dessen Aufschlüsselung auf die einzelnen Förderbereiche ausnimmt. Durch eine Ratserklärung wurde darauf hingewiesen, dass den Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten bleibt, im Lichte einer Gesamteinigung über die Finanzielle Vorausschau 2007-2013 den Vorschlag zu „MEDIA 2007“ erneut zu erörtern. Der Rat ist in seiner „partiellen politischen Einigung“ weitgehend dem ursprünglichen EK-Vorschlag gefolgt und hat bereits eine Reihe der EP-Änderungswünsche berücksichtigt.

III.1.3       Österreichische Position

Österreich begrüßt die Fortsetzung des MEDIA-Programms, insbesondere da es sich um das einzige Förderprogramm im Bereich der audiovisuellen Medien auf EU-Ebene handelt. Auch die vorgeschlagenen Schwerpunkte des Programms sind sinnvoll, da diese Förderungen die nationalen Förderungssysteme ergänzen und somit ein europäischer Mehrwert gegeben ist.

 

In Abhängigkeit von den Fortschritten bei der Interinstitutionellen Vereinbarung zur Finanziellen Vorausschau 2007-2013 wird der österreichische Vorsitz versuchen, den Abschluss des Dossiers voranzutreiben und eine „politische Einigung“ auf dem Rat für Bildung, Jugend und Kultur am 18./19. Mai 2006 zu erreichen.

III.2           Änderung der Fernsehrichtlinie[16]

III.2.1       Ziel

Die Richtlinie 89/552/EWG in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG (kurz „Fernsehrichtlinie“) regelt den rechtlichen Bezugsrahmen für den freien Dienstleistungsverkehr von Fernsehdiensten innerhalb der EU und fördert dadurch die Entwicklung eines europäischen Marktes für Fernsehdienste und verwandte Aktivitäten (z.B. Fernsehwerbung, Produktion von audiovisuellen Programmen).

 

Die Richtlinie soll nun im Rahmen der Revision an die geänderten wirtschaftlichen und technologischen Gegebenheiten angepasst werden. Neu ist, dass die Fernsehrichtlinie von nun an technologieneutral für alle Dienste und Anwendungen, die auf elektronischem Weg audiovisuellen Content bereitstellen, anwendbar ist.

 

III.2.2       Aktueller Stand

Die von der EK eingesetzten Expertenrunden im Rahmen der Revision der Fernsehrichtlinie haben im Sommer 2005 ihre Arbeit abgeschlossen. Als Ergänzung des Konsultationsprozesses hat die EK Themenpapiere vorgelegt und die interessierten Kreise aufgerufen, dazu ihre Stellungnahmen bis zum 5. September 2005 abzugeben. In den Papieren der EK wurden folgende Bereiche der Fernsehrichtlinie thematisiert: Regeln für audiovisuelle Inhaltsdienste, Recht auf Information und Kurzberichterstattung, kulturelle Vielfalt und Förderung europäischer und unabhängiger audiovisueller Produktionen, kommerzielle Kommunikationen, Jugendschutz und Schutz der Menschenwürde, Recht auf Gegendarstellung und Medienpluralismus.

 

In Weiterführung der Diskussion wurde unter britischer Präsidentschaft am 20./21. September 2005 eine „Broadcasting Conference“ in Liverpool abgehalten, deren Ergebnisse schließlich in den Richtlinienvorschlag der EK eingeflossen sind.

 

Die EK hat nach Abschluss des Konsultationsprozesses schließlich am 13. Dezember 2005 den Richtlinienvorschlag vorgelegt.[17] Der Rechtsakt wird in der Folge im Mitentscheidungsverfahren durch EP und Rat angenommen.

 

Die Verhandlungen auf Ratsebene wurden unter österreichischem Vorsitz aufgenommen.

III.2.3       Österreichische Position

Österreich begrüßt das Vorliegen des Richtlinienvorschlags, wenngleich Konkretisierungen der derzeitigen Fassung erforderlich sind. Die Überarbeitung der Richtlinie wird jedenfalls den Kernpunkt im audiovisuellen Bereich während österreichischer Präsidentschaft ausmachen.

 

Die Diskussionen unter österreichischer Präsidentschaft werden demnächst beginnen. Dabei soll eine Strukturierung der weiteren Vorgehensweise sowie eine erste Überarbeitung einzelner Bestimmungen der Richtlinie ausgearbeitet werden.

 

Auf der Ratstagung am 18./19. Mai 2006 soll jedenfalls eine erste Orientierungsaussprache zum Kommissionsvorschlag stattfinden. In diesem Zusammenhang sind aus derzeitiger Sicht und in notwendiger Abstimmung mit der EK sowie den Mitgliedstaaten Diskussionen über Themen wie die klare Definition der Begriffsbestimmung audiovisueller Dienste geplant.

IV          Informationsgesellschaft und E-Government

Das Legislativ- und Arbeitsprogramm der EK [COM(2005) 531] führt im Bereich Informationsgesellschaft / eGovernment ausschließlich nicht-legislative Vorhaben an, vor allem EK-Mitteilungen und EK-Berichte (auf Basis des „i2010-Programmes“), die im Folgenden kurz erläutert werden.

IV.1        Mitteilung „i2010 – Eine europäische Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung“[18]

IV.1.1     Ziel

„i2010" ist das strategische Programm der Europäischen Kommission mit allgemein politischen Orientierungen für die Europäische Informationsgesellschaft bis 2010. Auf Basis der überarbeiteten Lissabon-Strategie bildet die i2010-Initiative den Rahmen für ein integriertes Gesamtkonzept der EU-Politik in den Bereichen Informationsgesellschaft und audiovisuelle Medien, mit der Zielsetzung, Wissen und Innovation zu fördern, um das Wachstum und die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen voranzutreiben. Die EK wird im Mai/Juni 2006 einen ersten Umsetzungsbericht vorlegen.

IV.1.2     Aktueller Stand

Die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „i2010 - Eine europäische Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung" vom 1. Juni 2005 kennt drei Prioritäten:

 

·         Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Informationsraums, der einem offenen und wettbewerbsfähigen Binnenmarkt im Bereich der Informationsgesellschaft und der Medien förderlich ist;

·         Die Steigerung von Innovation und Investitionen in die IKT-Forschung, um das Wachstum und die Entstehung von mehr und besseren Arbeitsplätzen zu fördern;

·         Den Aufbau einer integrativen europäischen Informationsgesellschaft, die Wachstum und Beschäftigung in einer Weise fördert, die mit einer nachhaltigen Entwicklung vereinbar ist, und die bessere öffentliche Dienste und die Lebensqualität in den Vordergrund stellt.

 

Der Rat hat das Programm in Form der Ratsschlussfolgerungen vom 1. Dezember 2005 begrüßt.

IV.1.3     Österreichische Position

Österreich begrüßt den strategischen Rahmen von i2010 und wird die für die kommenden Jahre anberaumten Umsetzungsbereiche und -maßnahmen unterstützen. Während der Ratspräsidentschaft wird sich Österreich dafür einsetzen, dass dem Bereich IKT auch genügend Aufmerksamkeit als Motor für Wachstum und Beschäftigung beigemessen wird.

IV.2        Mitteilung über die Stärkung des Vertrauens in die IKT

IV.2.1     Ziel

Diese EK-Mitteilung versucht – auf Basis der „i2010-Rahmenstrategie“ – die Definition und die Umsetzung einer Strategie für eine europäische sichere Informationsgesellschaft, vor allem durch Bewusstseinsbildung in den Bereichen Selbstschutz, Wachsamkeit, Beobachtung von Bedrohungen und schnellen und wirksamen Vorgehens bei Angriffen und Systemausfällen.

IV.2.2     Stand

Die Mitteilung der Kommission wird voraussichtlich im April/Mai 2006 angenommen werden. Auf der Grundlage des geltenden umfassenden Rechtsrahmens der Gemeinschaft kann eine Bewertung des Stands der Umsetzung und der Mängel, die in der Praxis aufgetreten sind, erwartet werden; außerdem werden gegebenenfalls Empfehlungen für künftige Rechtsetzungsmaßnahmen gegeben, die auf EU-Ebene erforderlich sind.

IV.2.3     Österreichische Position

Österreich begrüßt diese Mitteilung, insbesondere auch deshalb, weil Österreich und Finnland im Rahmen des gemeinsamen Präsidentschaftsarbeitsprogramms im Bereich Informationsgesellschaft dem Thema Sicherheit und Vertrauen besondere Aufmerksamkeit beimessen.

IV.3        Mitteilung über "Spam und Schadprogramme" sowie über eine Strategie für eine sichere Informationsgesellschaft

IV.3.1     Ziel

Auch diese erwartete EK-Mitteilung versucht – auf Basis der „i2010-Rahmenstrategie“ - Sicherheit und Vertrauen im Internet zu stärken, wobei hier der Schwerpunkt auf Spam und Schadprogrammen liegt. Gleichzeitig werden horizontale Fragen im Zusammenhang mit einer eigenständigen, neuen Agenda für europäische Maßnahmen auf dem Gebiet der Netz- und Informationssicherheit behandelt.

IV.3.2     Aktueller Stand

Die Annahme der Mitteilung über Spam und Schadprogramme durch die EK wird für Mai/Juni erwartet. Die Mitteilung kann als Folgemaßnahme zu der Mitteilung der Kommission vom 27. Januar 2004 über unerbetene Werbenachrichten (Spam),[19] sowie zu den Schlussfolgerungen des Rates vom 8./9. März 2004 und vom 9./10. Dezember 2004 betrachtet werden, in denen unter anderem die Absicht der Kommission begrüßt wurde, die Wirksamkeit der Maßnahmen zu bewerten, die von den betroffenen Parteien ergriffen werden, um "Spam" zu bekämpfen, um festzustellen, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, und um zu prüfen, ob Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsvorschriften zur Privatsphäre und zur elektronischen Kommunikation gegebenenfalls ein Hindernis für eine wirksame grenzüberschreitende Durchsetzung der Vorschriften darstellen.

 

Eine weitere Mitteilung, die für Juni/Juli 2006 erwartet wird, wird einen Vorschlag für den Rahmen für Sicherheitsmaßnahmen und –initiativen einschließlich einer Sicherheitscharta sowie Empfehlungen für sichere Produkte und Dienstleistungen enthalten.

IV.3.3     Österreichische Position:

Die Mitteilung wird von Österreich begrüßt. Zum Thema findet während der Österreichischen Ratspräsidentschaft das Forschungsseminar „Vertrauen im Netz“ (9. Februar in Wien) statt, auf dem hochrangige Vertreter aus der Industrie, der Wissenschaft, von Regierungen und Verwaltungen sowie von Nutzerorganisationen langfristige Forschungsaktivitäten im Kampf gegen bösartige Software und Spam diskutieren sollen.

IV.4        Mitteilung über "Safer Internet Plus"

IV.4.1     Ziel

Gemäß Art. 5 Abs. 3 des Beschlusses Nr. 854/2005/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über ein mehrjähriges Gemeinschaftsprogramm zur Förderung der sichereren Nutzung des Internet und neuer Online-Technologien[20] muss die Kommission dem EP, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen spätestens bis Mitte 2006 Bericht über die Durchführung der Aktionen des Programms erstatten; insbesondere zu den Aktionslinien:

·         Kampf gegen illegale Inhalte,

·         Bekämpfung unerwünschter und schädlicher Inhalte,

·         Förderung eines sichereren Umfelds und

·         Sensibilisierung.

IV.4.2     Aktueller Stand

Safer Internet Plus wurde 1999 noch unter dem Namen „Internet Aktionsplan“ gegründet. Es handelt sich um den Aktionsplan der EK zur Förderung der sicheren Nutzung des Internet durch Bekämpfung illegaler und schädlicher Inhalte in globalen Netzen. Das Programm wurde am 11. Mai 2005 mit Beschluss Nr. 854/2005/EG des EP und des Rates unter dem Titel „Safer Internet Plus“ mit 45 Mio. Euro ausgestattet und bis 2008 verlängert. Da von den Ansuchenden aber eine mindestens gleich hohe Gegenfinanzierung verlangt wird, werden jedoch viel höhere Geldmittel für Internet Sicherheit aktiviert. Zwei der wichtigsten Aktionslinien sind

·         Hotlines zur Meldung illegaler Inhalte

(Es wurde ein europaweites Netzwerk von Meldestellen aufgebaut. Fast alle europäischen Hotlines wurden mit Unterstützung Safer Internet initiiert. Mittlerweile gibt es 21 Hotlines. Eine der ersten Hotlines war die 2000 gegründete österreichische Stopline (www.stopline.at) der ISPA, die Meldestelle für kinderpornografische und neonazistische Inhalte.)

·         Sensibilisierungs- und Informationsmaßnahmen

Breiter Raum wird Sensibilisierungs- und Informationsmaßnahmen gewidmet. Um die Vielzahl von Maßnahmen auszunutzen wurde auch in diesem Bereich Koordination notwendig. Der europäische Knotenpunkt Saferinternet.org koordiniert mittlerweile 22 nationale Knotenpunkte. Der österreichische, vom BKA, BMSG und BMWA unterstützte, Knotenpunkt ist www.SaferInternet.at

IV.4.3     Österreichische Position

Österreich hat das Safer Internet Programm von Anbeginn an begrüßt und aktiv mitgestaltet. Während der Ratspräsidentschaft findet am 7. Februar 2006 ein europaweiter „Safer Internet Tag“ statt. Ziel dieses Tages ist es Medien und Öffentlichkeit zu Themen des Internets zu sensibilisieren, etwa durch Bewerbung von bestehenden Einrichtungen wie Hotlines. In Österreich wird dieser Tag von SaferInternet.at organisiert. Im Museumsquartier wird die zentrale Veranstaltung stattfinden.

IV.5        Mitteilung und Aktionsplan für elektronische Behördendienste

IV.5.1     Ziel

Die „i2010-Rahmenstrategie“ sieht vor, den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt durch eine auf Integration beruhende europäische Informationsgesellschaft zu fördern. Eine wesentliche Maßnahme dabei sind qualitativ hochwertige, pan-europäische öffentliche Dienste.

IV.5.2     Stand

Die Mitteilung wird für Ende April 2006 erwartet und wird zweifelsohne auf den Schlussfolgerungen der eGovernment Konferenz in Manchester (November 2005) aufbauen.


IV.5.3     Österreichische Position

Österreich begrüßt die Mitteilung und will auch auf deren Grundlage während der Ratspräsidentschaft eine EU-weite, breit angelegte Diskussion über die darüber hinaus erforderlichen konkreten Maßnahmen anstoßen, die auf der Juni-Tagung 2006 des Telekom-Rates in der Annahme von Schlussfolgerungen des Rates münden soll.

 

Am 10. Februar 2006 findet in Wien überdies ein Fachseminar "Elektronische Behördendienste für alle Europäer" statt, auf dem Kernfragen der Entwicklung und Verbreitung nachhaltiger pan-europäischer eServices diskutiert werden sollen. Die Veranstaltung wird vier Panels beinhalten, von welchen jedes ein Hauptthema elektronischer Dienstleistungserbringung untersucht:

·         Sicheres und vertrauenswürdiges E-Government: Sicherheitsanliegen der Mitgliedstaaten, Erfordernisse von E-Government und Sicht der Industrie.

·         E-Identität – zu einem gemeinsamen europäischen eID Framework: Beispiele aus Mitgliedstaaten, aktuelle/zukünftige Zugänge und Antworten der Industrie.

·         Anerkennung elektronischer Dokumente in der EU, Interoperabilität und Archivierung: Beispiele der Mitgliedstaaten zu rechtlichem Status und Erfordernissen; Sicht der Industrie auf Interoperabilität und Zugang;

·         E-Services durch ein europäisches Ressourcennetzwerk: Präsentation des E-Government Focus Group Zwischenberichts; Bedarf der Mitgliedstaaten an Werkzeugen zur Verbesserung der Kooperation, Entwicklung und Nutzung elektronischer Dienste; Beitrag der Europäischen Kommission zu Interoperabilität; Ansichten der Industrie zu Beteiligung und Unterstützungsmodellen.

Der Konferenztag soll mit einem “Executive Summary” der Schlüsselaktivitäten beendet werden, das bei der Umsetzung der besprochenen Aspekte den Weg voran weisen und ein möglicher Input für die weiteren Aktivitäten auf Ratsarbeitsgruppenebene sein soll.

V             Datenschutz

Im Bereich des Datenschutzes wurden zwei Sitzungen der entsprechenden Ratsarbeitsgruppe angesetzt. Diese werden am 14. März und am 19. Mai 2006 stattfinden. Im Zuge der Sitzungen ist vor allem eine Diskussion über die erwartete Mitteilung der Kommission hinsichtlich der Richtlinie 95/46/EG als auch über den in Aussicht gestellten Rahmenbeschluss des Rates über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden, zu erwarten.

V.1          Mitteilung zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr[21]

V.1.1       Ziel

Die Kommission hat die oben genannte Mitteilung in Aussicht gestellt. Diese Mitteilung soll – sofern sie rechtzeitig vorgelegt wird - auch Inhalt der Diskussion der Ratsarbeitsgruppe Datenschutz sein, um den potentiellen Novellierungsbedarf zu diskutieren.

V.1.2       Aktueller Stand

Zum momentanen Zeitpunkt kann nicht abgeschätzt werden, wann mit der Veröffentlichung dieser Mitteilung zu rechnen ist.

V.1.3       Österreichische Position

Österreich begrüßt die Mitteilung der Kommission. Die Auswirkungen eines allenfalls festgestellten Novellierungsbedarfes können zum gegebenen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden, die Koordinierung der diesbezüglichen österreichischen Haltung kann erst in weiterer Folge vorgenommen werden.

V.2          Rahmenbeschluss des Rates über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden

Der Vorschlag für die Erlassung des letztgenannten Dokuments wurde am 4. Oktober 2005 von der Kommission beschlossen[22] und am 12./13. Oktober 2005 dem Rat Justiz/Inneres vorgestellt. Die inhaltliche Auseinandersetzung erfolgt im Rahmen der Ratsarbeitsgruppe Multidisziplinäre Angelegenheiten Organisierte Kriminalität, wobei das Bundeskanzleramt im innerösterreichischen Kontext als federführendes Ressort anzusehen ist.

V.2.1       Ziel

Grund für den Vorschlag der Erlassung des Rahmenbeschlusses war vor allem das Fehlen eines der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr gleichzuhaltenden Regelungswerkes, das im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit zur Anwendung kommt. Der Umfang des bestehenden wie geplanten Regelungswerkes im Rahmen der Dritten Säule der Europäischen Union, wie etwa hinsichtlich der Umsetzung des Prinzips der Verfügbarkeit oder die Reglementierung einer europäischen Beweisanordnung, aber auch diverse Rechtshilfeabkommen, lässt die Erlassung eines solchen Rahmenbeschlusses notwendig erscheinen.

 

Ziel des Entwurfes ist es, in Zusammenschau mit den bestehenden und antizipierten Legislativprojekten der Dritten Säule, eine der Ersten Säule nachgebildete Harmonisierung des Datenschutzniveaus einerseits zur Verbesserung der Bedingungen für die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit aber vor allem zum Schutz der Rechte der betroffenen Personen zu erreichen. Der Vorschlag wurde erstmals von der Kommission im Rahmen der Ratsarbeitsgruppe Multidisziplinäre Angelegenheiten Organisierte Kriminalität am 9. November 2005 vorgestellt und von den Vertretern der Mitgliedstaaten im Grunde begrüßt. Die Regelungen können in drei Unterbereiche untergliedert werden:

·         Allgemeine datenschutzrechtliche Grundsätze als Fundament zuzüglich der Festlegung der Rechte der betroffenen Person;

·         Die Organisation des Datenaustausches;

·         Der Umgang mit den übermittelten Daten (die Übermittlung an weitere mitgliedstaatliche Behörden oder andere Empfänger sowie an Drittstaaten).

 

Im Prinzip sind die Regelungen jenen der Datenschutzrichtlinie nachgebildet, weisen aber materienbedingte abweichende Besonderheiten und Details auf.

V.2.2       Aktueller Stand

Zurzeit wird in der federführenden Ratsarbeitsgruppe vor allem der Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses diskutiert. Es soll insbesondere das Verhältnis zu bestehenden Rechtsinstrumenten hinterfragt werden, wie etwa zum Schengener Durchführungsübereinkommen, aber auch zu Rechtshilfeabkommen, etwa mit den USA. Eine detaillierte, auf einzelne Bestimmungen abstellende Auseinandersetzung ist bislang noch nicht vorgenommen worden. Ob diese im Rahmen der Ratsarbeitsgruppe oder im Rahmen einer Experten-Untergruppe stattfinden soll, wurde noch nicht entschieden. Die nächsten Sitzungen der entsprechenden Ratsarbeitsgruppe sind an folgenden Daten anberaumt: 08.02.2006; 08. und 09.03.2006; 25.04.2006; 19.05.2006; 20.06.2006.

V.2.3       Österreichische Position

Österreich begrüßt das Vorhaben und anerkennt die Wichtigkeit dessen Erlassung. Insbesondere auf Grund der Verquickung mit anderen in der Gesetzgebung befindlichen Vorhaben, die nicht im Bundeskanzleramt ressortieren, ist die Notwendigkeit der innerösterreichischen Koordinierung der Haltung hinsichtlich der zusammenhängenden Rechtsakte zu betonen.

VI          Agentur der Europäischen Union für Grundrechte

VI.1        Ziel

Ziel des Verordnungsvorschlages der EK[23] ist, entsprechend einem Beschluss des Europäischen Rates vom Dezember 2003, die Errichtung einer EU-Agentur für Grundrechte mit Sitz in Wien. Zu diesem Zweck soll das Mandat der in Wien ansässigen Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit erweitert werden. Die Hauptaufgabe der Agentur soll darin bestehen, den Institutionen der EU sowie den Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf die Grundrechte Unterstützung zu gewähren und diesen Einrichtungen ihre Expertise für deren politische Entscheidungen zur Verfügung zu stellen. Mit dem gleichzeitig vorgeschlagenen Ratsbeschluss soll die Zuständigkeit der Agentur auch auf Angelegenheiten der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen ausgeweitet werden. Derzeit geplanter Arbeitsbeginn der Agentur ist 1. Jänner 2007.

VI.2        Aktueller Stand

Der Vorschlag der EK wird seit Juli 2005 im Rat verhandelt (ad hoc Ratsarbeitsgruppe „Grundrechte und Unionsbürgerschaft“). Die erste Lesung ist noch nicht abgeschlossen. Offene Punkte sind insbesondere die von der EK vorgeschlagene Zuständigkeit der Agentur auch für Drittstaaten, die Zuständigkeit der Agentur im Rahmen von Art. 7 EUV und im Bereich der Dritten Säule sowie die Managementstruktur der Agentur.

VI.3        Österreichische Position

Die Agentur für Grundrechte ist ein langjähriges österreichisches Anliegen und wird daher ausdrücklich begrüßt. Österreich tritt insbesondere für eine breite geographische Zuständigkeit („Außendimension“) ein: die Agentur sollte ihre Expertise auch für grenzüberschreitende Tätigkeiten der EU zur Verfügung stellen können. Auch eine Kompetenz der Agentur im Bereich der besonders eingriffsnahen polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit sowie im Rahmen eines allfälligen Verfahrens gemäß Art. 7 EUV wird von Österreich unterstützt. Die österreichische Präsidentschaft wird die Einrichtung der Agentur vorantreiben, damit der Arbeitsbeginn möglichst wie geplant am 1. Jänner 2007 stattfinden kann.

VII        Vergaberecht

VII.1      Ziel

Die Kommission hat für März die Vorlage eines Vorschlages zur Revision der Rechtsmittelrichtlinien angekündigt, der das Legislativpaket zum öffentlichen Auftragwesen in Europa ergänzt und die Rechtsschutzmechanismen zugunsten der europäischen Unternehmen effektiver gestalten soll. Dieser Vorschlag ist ein wesentlicher Beitrag zur Modernisierung des öffentlichen Auftragswesens auf europäischer Ebene, die mit Abschluss des Legislativpakets 2004 begonnen wurde. Weiters ist eine Mitteilung der Kommission zu Beschaffungen im Bereich der Verteidigung angekündigt, die insbesondere die Bedingungen für die Anwendung von Ausnahmen abklären soll.

VII.2      Aktueller Stand

Der Vorschlag zur Revision der Rechtsmittelrichtlinien soll im März von der EK vorgelegt werden, die Mitteilung zu Beschaffungen im Bereich der Verteidigung erst gegen Ende des Jahres.

VII.3      Österreichische Position

Eine Priorität unter österreichischer Präsidentschaft wird die Behandlung des Vorschlages der Kommission zur Revision der Rechtsmittelrichtlinien darstellen. Da die inhaltliche Ausgestaltung des Richtlinienvorschlages derzeit noch nicht absehbar ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt für die Behandlung des Dossiers unter österreichischem Vorsitz nur Folgendes angemerkt werden:

 

Im Zuge der Vorbereitung des Richtlinienvorschlages wurden die Möglichkeiten der Reform der Rechtsmittelmechanismen zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten sehr kontroversiell diskutiert. Eine schnelle Erzielung einer Einigung im Rat erscheint daher aus heutiger Sicht nicht wahrscheinlich. Um eine rasche, strukturierte Behandlung des Vorschlages zu gewährleisten, wurden bereits Termine für die Ratsarbeitgruppe fixiert. Im nächsten Halbjahr könnte gegebenenfalls dem Ausschuss der Ständigen Vertreter ein Sachstandsbericht vorgelegt werden.

VIII     Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung (erneuerte Lissabon-Strategie)

VIII.1    Ziel

Am Europäischen Rat (ER) von Lissabon (23./24. März 2000) setzten sich die Staats- und Regierungschefs das ambitionierte Ziel bis 2010, „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen“. Im Rahmen der Halbzeitbewertung der Strategie am 22./23. März 2005 zog der ER eine gemischte Bilanz. Trotz Fortschritten in einigen Bereichen gibt es noch Versäumnisse bei der Zielerreichung. Es wurde daher von den Staats- und Regierungschefs eine Neufokussierung der Lissabon-Strategie auf „Wachstum und Beschäftigung“ beschlossen. Unter Ausnützung der Synergien zwischen den drei Dimensionen der Strategie – Wirtschaft, Soziales und Umwelt – soll die Wettbewerbsfähigkeit Europas verbessert, das Wachstumspotential und die Produktivität erhöht und der soziale Zusammenhalt gestärkt werden.

 

In den drei Bereichen

·         Wissen und Innovation – Triebkräfte für nachhaltiges Wachstum

·         Ein attraktiver Raum für Investitionen und Arbeit

·         Wachstum und Beschäftigung im Dienste des sozialen Zusammenhalts

wurden die wachstums- und beschäftigungswirksamsten Maßnahmen und Politikbereiche definiert, mit denen die Lissabon-Strategie gezielter ausgerichtet und kohärenter gestaltet werden soll.

VIII.2    Aktueller Stand

Im Rahmen der Halbzeitbewertung der Lissabon-Strategie am letzten Frühjahrsgipfel (22./23. März 2005) wurden nicht nur die bis dahin gesetzten Maßnahmen einer grundlegenden Bewertung unterzogen – die Staats- und Regierungschefs sprachen sich dabei auch für eine Optimierung der Umsetzung der Maßnahmen aus:

 

·         Konkretere Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen Mitgliedstaaten und der Gemeinschaftsebene;

·         Integrierte Leitlinien: sie stellen die Basis für die Nationalen Reformprogramme dar und vereinen die bisher getrennt vorgelegten, vertraglich verankerten Grundzüge der Wirtschaftspolitik und die Beschäftigungspolitischen Leitlinien;

·         Nationale Reformprogramme: diese wurden bis Ende 2005 von den Mitgliedstaaten unter Einbindung der Interessenvertreter auf Basis der Integrierten Leitlinien erstellt. Dabei konnten die gemeinschaftlich beschlossenen Maßnahmenbereiche von den Mitgliedstaaten individuell den eigenen Bedürfnissen angepasst werden.

·         Lissabonprogramm der Gemeinschaft: die Kommission hat acht Prioritäten identifiziert und rund 100 Maßnahmen vorgeschlagen, die darauf abzielen, die Reformmaßnahmen der Mitgliedstaaten abzurunden.

·         Die Integrierten Leitlinien und Nationalen Reformprogramme unterstreichen mit ihren drei Jahreszyklen den mittelfristigen Charakter der Maßnahmen und sorgen damit für Kontinuität und Kohärenz bei der Verfolgung der Ziele.

 

Die Mitgliedstaaten haben bis Ende 2005 die Nationalen Reformprogramme erstellt und diese der EK übermittelt. Trotz des Zeitdrucks wurde in Österreich unter Einbeziehung der Länder, der Städte und Gemeinden sowie der Sozialpartner das Nationale Reformprogramm erarbeitet und dem Parlament vorgelegt. Die breite Einbindung in den Erstellungsprozess hat die Identifikation mit dem Programm auf nationaler Ebene optimiert und trägt damit den Schlussfolgerungen des ER von März 2005 Rechnung.

 

Beim informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs in Hampton Court im Herbst 2005 wurden folgende für Wachstum und Beschäftigung relevanten Bereiche hervorgehoben: Forschung & Entwicklung, Universitäten, Demographie und Energie. Dazu wird im Hinblick auf den Frühjahrsgipfel 2006 unter der Ägide der EK und mit Einbeziehung von externen Experten eine vertiefte Debatte stattfinden. (Experten aus Österreich: K. Consemüller – Forschung & Entwicklung, G. Winckler - Universitäten, H. Haider – Energie)

 

Nachdem alle Mitgliedstaaten bis Ende 2005 ihre Nationalen Reformprogramme übermittelt hatten, erstellte die EK auf Basis einer Analyse der Programme ihren Fortschrittsbericht, der am 25. Jänner 2006 vom Kommissionskollegium angenommen wurde. Der Bericht „Jetzt aufs Tempo drücken“ gliedert sich in drei Teile:

·         Teil I bewertet kurz das Lissabon-Programm der Gemeinschaft, den Erstellungsprozess der Nationalen Reformprogramme und formuliert allgemeine Einschätzungen in den Bereichen Makro-, Mikro- und Beschäftigungspolitik gemäß der Gliederung der Nationalen Reformprogramme.

·         Teil II enthält für jeden Mitgliedstaat eine genaue Analyse der nationalen Reformprogramme.

·         Ein Annex zur Mitteilung führt eine detaillierte Analyse der Reformprogramme gegliedert in Makro-, Mikro- und Beschäftigungspolitik durch.

 


Die EK unterstreicht in ihrem Bericht, dass die Programme ein gutes Instrument zur Weiterarbeit an der Reformagenda sind und breiter Konsens zwischen den Mitgliedstaaten über die zentralen Herausforderungen besteht. Sowohl auf nationaler als auch auf Gemeinschaftsebene wurde eine neue Verantwortung übernommen, indem konkrete Maßnahmen definiert wurden, die es nun umzusetzen gilt.

VIII.3    Österreichische Position

Aufgabe der österreichischen Ratspräsidentschaft wird es sein, im ersten Jahr nach der Halbzeitbewertung für eine ambitionierte Umsetzung der neuen Implementierungsmechanismen der Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung zu sorgen. Nachdem im letzten Jahr die Strategie neu ausgerichtet wurde, steht in diesem Jahr die Implementierung der von den Mitgliedstaaten anvisierten Maßnahmen im Vordergrund.

 

Der Fortschrittsbericht der EK wird dazu in allen betroffenen Ratsformationen (ECOFIN, Wettbewerbsfähigkeitsrat, Beschäftigung und Soziales, Umwelt, Bildung und Jugend) von den zuständigen Ministern diskutiert werden. Die Ministerräte werden sodann den Staats- und Regierungschefs für den ER ihre Stellungnahmen zum Fortschrittsbericht abgeben. Der ER am 23./24. März 2006 wird auf Basis des Fortschrittsberichts und der Stellungnahmen Bilanz hinsichtlich der Fortschritte der Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung ziehen.

 

Zu den wichtigsten, während der österreichischen Präsidentschaft behandelten Maßnahmen in den drei Bereichen zählen:

·         Forschung & Entwicklung, unter anderem 7. Forschungsrahmenprogramm, EIB-Forschungsfazilität, Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP), Öko-Innovationen;

·         KMU/Mittelstandsoffensive, (etwa Förderung der unternehmerischen Initiative und Fähigkeiten, Verbesserung des Marktzugangs für KMU, Abbau bürokratischer Hindernisse im Sinne der „Better Regulation“-Prinzipien, Verbesserung des Wachstumspotentials sowie Stärkung des Dialogs und der Konsultation mit den KMU-Akteuren);

·         Integration von Arbeitnehmern mit geringer Qualifikation, zusammen mit Streamlining im Sozialschutzbereich, Rahmenprogramm Lebenslanges Lernen, Europäischer Qualifikationsrahmen;

·         Ein weiteres Thema wird die künftige Energiepolitik der Union sein.

 

Zusätzlich werden am ER die Berichte von einigen Politikbereichen, die beim informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs in Hampton Court diskutiert worden sind, im Rahmen der Lissabon-Strategie behandelt. Außerdem werden derzeit unter Miteinbeziehung der externen Experten Berichte zu den Themen Universitäten, Forschung & Entwicklung, Demographie und Energie erarbeitet.

IX          Better Regulation

Ziel der europäischen Regulierungsreform ist eine Verbesserung des Europäischen Regulierungsumfeldes. „Better Regulation“ – wie es im Fachjargon genannt wird – soll einerseits zu einer erhöhten Transparenz und Verständlichkeit des europäischen Rechts (und damit der EU) für Bürger und Unternehmen beitragen und andererseits zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU führen, unter anderem mit Hilfe des Abbaus von Verwaltungsbelastungen für Unternehmen und Bürger. Dazu wurde die EK, aufbauend auf ein Maßnahmenpaket von 2002, in mehreren Bereichen tätig, nämlich insbesondere der Folgenabschätzung, der Messung von Verwaltungs-hemmnissen und der Vereinfachung von EU-Recht (inklusive der aktuellen "Screening"-Initiative Kommissar Verheugens).

 

Die österreichische Präsidentschaft wird alle Anstrengungen unternehmen, die Europäische Regulierungsreform aktiv voranzutreiben, und sich dafür einsetzen, dass die sich aus den begonnenen Initiativen für Institutionen und Mitgliedstaaten ergebenden Verpflichtungen tatsächlich umgesetzt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Regulierungsreform wird das Thema "Subsidiarität" und die Verteilung von Kompetenzen sein. Zu diesem Bereich wird am 18. und 19. April 2006 in St. Pölten eine Subsidiaritätskonferenz abgehalten werden, die gemeinsam vom österreichischen Parlament, der Niederösterreichischen Landesregierung und dem Bundeskanzleramt organisiert wird.

 

Details zum Thema "Better Regulation" und zu den von Österreich geplanten Maßnahmen sind dem Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit an das Parlament zu entnehmen.

X            Review der EU-Nachhaltigkeitsstrategie

X.1          Ziel

Österreich strebt den Abschluss des Review-Prozesses zur EU-Nachhaltigkeits-strategie (Sustainable Development Strategy) am ER im Juni 2006 an. Entsprechend den Vorgaben des ER von Dezember 2005 soll es sich bei der erneuerten Strategie um eine klare, kohärente und leicht kommunizierbare Strategie handeln, welche Ziele, Indikatoren und einen wirksamen Überprüfungsmechanismus enthält.

X.2          Aktueller Stand

Am 13. Dezember 2005 legte die EK eine Mitteilung über den Überprüfungsprozess der EU-Nachhaltigkeitsstrategie vor, welche aus vier Elementen besteht, die ein Paket bilden:

·         die EK-Mitteilung (selbst) betreffend die Überprüfung der Nachhaltigkeitsstrategie, welche sechs prioritäre Bereiche, die Einbeziehung der externen Dimension in die interne Politikgestaltung sowie einen effektiven Monitoring- und Follow-up-Mechanismus vorsieht (siehe Inhalt unten)

·         die vom ER im Juni 2005 angenommene Erklärung über die Leitprinzipien der Nachhaltigen Entwicklung (Anhang 1)

·         Ziele, Vorgaben, Grundsätze und Maßnahmen (Anhang 2)

·         EK-Mitteilung vom Februar 2005; Erste Bestandsaufnahme und künftige Leitlinien (Anhang 3)

 


Für eine erneuerte Strategie schlägt die EK im Detail die Fokussierung auf sechs prioritäre Handlungsfelder vor:

·         Klimaänderung und saubere Energie

·         Gesundheit

·         Soziale Ausgrenzung, Demografie und Migration

·         Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen

·         Nachhaltiger Verkehr

·         Globale Herausforderungen in Bezug auf Armut und Entwicklung

 

Eine Abrundung erfolgt durch einen verbesserten Überprüfungsprozess (Fortschrittsberichte der EK, Indikatoren, Befassung von EP und ER sowie Einbeziehung von Wirtschafts- und Sozialausschuss und Ausschuss der Regionen etc.) und über Vorschläge für eine effektivere Politikgestaltung (Preissignale, verstärktes Impact Assessment etc.). Durch Peer-Reviews zwischen den Mitgliedstaaten und einer verstärkten Einbeziehung aller wesentlichen Akteure, insbesondere der Wirtschaft, soll der Ownership-Charakter gefördert werden.

X.3          Österreichische Position

Auf der Grundlage dieses Pakets wird die österreichische Präsidentschaft ab Februar die Verhandlungen über eine erneuerte Strategie in der Ratsarbeitsgruppe „Freunde der Präsidentschaft“ beginnen, um dem horizontalen Charakter der Strategie Rechnung zu tragen. Eine Befassung der betroffenen Ratsformationen ist ebenfalls vorgesehen, wobei hier Orientierungsaussprachen stattfinden werden. Ebenso werden die Stellungnahmen von EP, Wirtschafts- und Sozialausschuss und Ausschuss der Regionen gebührend berücksichtigt werden.

 

Österreich strebt die Beschlussfassung über die erneuerte Strategie am ER im Juni 2006 an. Diese soll sich als Annex zu den Schlussfolgerungen der Präsidentschaft wieder finden. Österreich möchte dabei den Vorgaben des ER vom Dezember 2005 entsprechen (eine klare, kohärente, leicht kommunizierbare erneuerte Strategie mit Zielen, Indikatoren und einem wirksamen Überprüfungsmechanismus) und sieht das von der EK vorgelegte Verhandlungspaket (Mitteilung vom 13. Dezember 2005 plus ihrer drei Annexe) als Mindestanforderung für eine erneuerte Strategie an.

XI          Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union (Verfassungsvertrag)

XI.1        Ziel

Ziel der österreichischen Präsidentschaft ist es den Auftrag des Europäischen Rates vom 16./17. Juni 2005 bestmöglich zu erfüllen. Zu diesem Zweck ist Österreich bestrebt, zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten eine „Roadmap“ betreffend die weitere Vorgangsweise hinsichtlich des Vertrages über eine Verfassung für Europa und der damit unmittelbar zusammenhängenden Diskussion über den laufenden Reflexionsprozess zur Zukunft der Europäischen Integration zu erarbeiten. Politisches Ziel ist es, die Diskussion über den Vertrag und den europäischen Verfassungsprozess weiterzuführen.

XI.2        Aktueller Stand

Die Staats- und Regierungschefs haben im Rahmen der Tagung des ER am 16./17. Juni 2005 beschlossen, die politische Lage nach den negativen Referenden in Frankreich und den Niederlanden zum Vertrag über eine Verfassung für Europa gemeinsam zu überdenken. Die Bürgerinnen und Bürger Frankreichs und der Niederlande haben durch ihr Stimmverhalten bei den Referenden ihre gesellschaftlichen und sozialen Sorgen und Ängste zum Ausdruck gebracht, denen Rechnung getragen werden muss.

 

Die Zeit der Reflexion wird in jedem der 25 Mitgliedstaaten durch mehr oder weniger ausführliche Diskussionen zur Zukunft des europäischen Integrationsprozesses in unterschiedlicher Weise genutzt. Der britisch-österreichische Zwischenbericht vom 14. Dezember 2005 gibt zum Stand der Debatte in den Mitgliedstaaten einen guten und ausführlichen Überblick. Die Staats- und Regierungschefs haben weiters darauf hingewiesen, dass auch die Organe der EU ihren Beitrag zum Reflexionsprozess leisten müssen und dass ihnen in der Diskussion eine besondere Rolle zukommt.

 

Die österreichische Präsidentschaft wurde seitens der Staats- und Regierungschefs beauftragt, eine Evaluierung der Reflexionsperiode durchzuführen. Diese Evaluierung wird im Rahmen des Europäischen Rates am 16./17. Juni 2006 stattfinden.

 

Die österreichische Bundesregierung vertritt grundsätzlich die Auffassung, dass die Frage der künftigen Entwicklung der EU nicht nur davon abhängen kann, ob der Vertrag über eine Verfassung für Europa jemals in Kraft tritt oder nicht. Die EU steht vor einer Reihe überaus wichtiger politischer Herausforderungen, welche die Zukunftsfähigkeit der Union betreffen und von deren Lösung die Zustimmung oder die Ablehnung des Einigungsprozesses durch die Bürgerinnen und Bürger entscheidend abhängt.

 

Es handelt sich dabei um Fragen grundlegender politischer Bedeutung. Gemeint sind damit Probleme wie:

 

·         Die Schaffung einer wirklichen europäischen Identität und die Stärkung eines europäischen Wertebewusstseins;

·         Eine bürgernahe und qualitativ bessere Rechtssetzung;

·         Mögliche künftige Erweiterungen vor dem Hintergrund der langfristigen Aufnahmekapazität der Union;

·         Die Frage der Sicherung der künftigen Energieversorgung der Union;

·         Die Frage der Überprüfung und Erneuerung der Finanzstruktur der Union;

·         Die Schaffung einer neuen Eigenmittelquelle für die Union;

·         Die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch verbesserte Umsetzung des Lissabonprozesses;

·         Die Bewahrung des europäischen Sozialmodells.

 

Österreich will daher als Vorsitzland eine möglichst breite Diskussion über die Zukunft der Europäischen Einigung führen und durch eine Reihe von Initiativen gemeinsam mit den Europäischen Institutionen wieder neue Dynamik in die Reflexionsphase bringen. Bereits vom 26. bis zum 28. Jänner 2006 wird es in Salzburg die Konferenz „Sound of Europe“ geben, die sich den Fragen der europäischen Identität und der europäischen Werte widmen wird. Gerade über diese Fragen Klarheit zu gewinnen ist deshalb von Bedeutung, da das politische Bewusstsein der Menschen wesentliche Auswirkungen auf das Handeln der europäischen politischen Ebene hat.

 

Der ER wird sich im März mit der wirtschaftlichen Seite der Zukunft Europas auseinandersetzen. Unter anderem wird das Thema der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Zentrum dieses Gipfels stehen. Am 18. und 19. April 2006 wird eine Subsidiaritätskonferenz stattfinden. Diese Konferenz wird an die britisch-niederländische Veranstaltung vom 17. November 2005 in Den Haag zum Thema „Gewaltenteilung und Subsidiarität“ anknüpfen. Gemeinsam mit dem Land Niederösterreich und dem Nationalrat wird sich die Konferenz drei Problemkomplexen – der Rolle der Regionen und Gemeinden bei der Anwendung des Subsidiaritätsprinzps, der Rolle der nationalen Parlamente bei der Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und dem Thema „Gesetzesfolgenabschätzung („Better Regulation“) und Subsidiarität“ – widmen. Das sind Problemkomplexe, die letztlich auf einen zentralen Punkt der europäischen Debatte hinweisen: welches Konzept der europäischen Integration wollen wir eigentlich mit der Union verfolgen?

 

Das EP hat am 19. Jänner 2006 eine von Johannes Voggenhuber und Andrew Duff vorbereitete Entschließung angenommen. Darin fordert es, dass die Schlussfolgerungen der Reflexionsphase spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2007 vorliegen müssen. Ein positives Ergebnis der Reflexionsperiode bestünde darin, dass der derzeitige Text des Verfassungsvertrages beibehalten werden kann. Es sollten jedenfalls alle Anstrengungen unternommen werden, dass „die Verfassung“ im Laufe des Jahres 2009 in Kraft treten kann.

 

Die Zeit des Nachdenkens sei für eine breite öffentliche Debatte zu nützen. Den Ergebnissen der Debatte solle nicht vorgegriffen werden. Derzeit soll keine Vorwegnahme einzelner Optionen erfolgen. Der Versuch, sofort mit der Arbeit für einen geänderten Verfassungstext zu beginnen, sollte unterbunden werden.

 

Das EP schlägt weiters vor, gemeinsam mit den nationalen Parlamenten eine Reihe von Konferenzen (sogenannte „Parlamentarische Foren“) auszurichten, um die notwendigen politischen Schlussfolgerungen aus der Reflexionsphase Schritt für Schritt zu entwickeln. Das EP verpflichtet sich, gemeinsam mit den nationalen Parlamenten eine führende Rolle zu spielen, und beabsichtigt, „Europadokumente“ zu den großen Themen der Union vorzulegen, die als gemeinsame europäische Schablone für die nationalen Debatten verwendet werden können und zusammen mit den Beiträgen der nationalen Parlamente als Grundlage für die Parlamentarischen Foren dienen können.

 

Das EP schlägt vor, dass das erste parlamentarische Forum, das voraussichtlich um den Europatag Anfang Mai stattfinden wird, sich vorrangig mit Fragen zur „Governance“ der Union beschäftigen soll, die im Rahmen späterer Foren auch mit einer breiten Öffentlichkeit erörtert werden können. Es sind dies Fragen wie:

 


·         Was ist das Ziel der europäischen Integration?

·         Welche Rolle soll Europa in der Welt spielen?

·         Wie sieht angesichts der Globalisierung die Zukunft des europäischen Sozial- und Wirtschaftsmodells aus?

·         Wie definieren wir die Grenzen Europas?

·         Wie stärken wir Freiheit, Sicherheit und Recht?

·         Wie finanzieren wir die Union?

 

Die Entschließung stellt weiters fest: „dass es nur eine begrenzte Zahl von Reformen gibt, die in dieser Phase ohne Vertragsänderung, jedoch durch Änderung der Geschäftsordnung oder durch interinstitutionelle Vereinbarungen eingeführt werden könnten, wie z. B. mehr Transparenz der Gesetzgebung im Rat, Einführung der Bürgerinitiative sowie Einbeziehung der nationalen Parlamente“.

 

Um die Union langfristig auf eine solide Rechtsbasis stellen zu können, hält das EP daher eine Fortführung des Verfassungsprozesses für unerlässlich. Die Entschließung betont, dass es nach dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens keine Erweiterung der Union mehr ohne eine neue Verfassungsstruktur geben kann.

 

Eine zentrale Rolle kommt auch der Kommission bei der Gestaltung der Reflexionsperiode zu. Mit der Vorlage ihres Plan D (Demokratie, Dialog und Debatte) am 13. Oktober 2005 hat die Kommission ihren Beitrag zur Reflexionsphase vorgestellt. Plan D soll auch nach der Reflexionsphase weiter geführt werden, um langfristig einen neuen Konsens über das Europäische Projekt unter den Bürgern der EU zu erreichen.

 

Plan D soll die nationalen Debatten nicht ersetzen, sondern diese strukturieren und unterstützen. Die primäre Verantwortung für die Reflexionsphase verbleibt bei den Mitgliedstaaten. Einige horizontale Themen sollen die Schwerpunkte der EK-Initiative bilden:

 

·         Europas wirtschaftliche und soziale Entwicklung (Lissabonstrategie, Wirtschafts- und Sozialmodell),

·         Mehrwert der EU (Raum der Justiz, Freiheit und Sicherheit, Klimawandel, Naturkatastrophen),

·         Europas Grenzen und seine Rolle in der Welt (Erweiterung, Handel, Entwicklungszusammenarbeit).

 

Vorgesehene Initiativen der Kommission auf Gemeinschaftsebene:

 

·         Besuche von Mitgliedern der Kommission in den Mitgliedstaaten: Treffen mit nationalen Regierungen, Parlamenten, Sozialpartnern, Vertretern der Zivilgesellschaft und den Medien.

·         Die Vertretungen der Kommission in den Mitgliedstaaten sollen für die Bürger sichtbarer auftreten. Auf regionaler Ebene soll das Netzwerk „Europe Direct Centers“[24] verstärkt in Anspruch genommen werden.


·         Die Kommission will mit Vertretern der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, um „European Round Tables for Democracy“ zu ermöglichen. Sie will weiters „European Citizens’ Panels“ unterstützen und im Rahmen eines Berichtes Empfehlungen für die regionalen oder nationalen Regierungen erarbeiten.

·         Die Kommission beabsichtigt europäische Goodwill–Botschafter (Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens) für regionale Veranstaltungen zu gewinnen.

 

Plan D wird in diesem Frühjahr 2006 in eine Feedback-Phase münden. Die Kommission plant eine Gesamtdarstellung der nationalen Debatten in Form eines Syntheseberichtes.

XI.3        Österreichische Position

Österreich wird unter seinem Vorsitz seine nationale Position zum Vertrag über eine Verfassung für Europa nicht in den Vordergrund stellen. Es ist jedoch klar, dass Österreich den Vertrag als einen guten Kompromiss und eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vertrag von Nizza sieht. Als Mitgliedstaat, der den Vertrag mit großer parlamentarischer Mehrheit ratifiziert hat, haben wir naturgemäß ein hohes Interesse, dass dieser auch in Kraft tritt.

XII       Kohäsionspolitik

Legislativvorhaben im Rat:

 

·         Verordnung des Rates mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds (Allgemeine Verordnung)

·         Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE-Verordnung)

·         Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds (ESF-Verordnung)

·         Verordnung des Rates zur Errichtung des Kohäsionsfonds (Kohäsionsfonds-Verordnung)

·         Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates bezüglich der Schaffung eines Europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ-Verordnung)

XII.1      Ziel

Die derzeitigen Rechtsgrundlagen und Finanzrahmen für die EU-Kohäsionspolitik (Strukturfonds und Kohäsionsfonds) gelten bis Ende 2006. Die entsprechenden Grundlagen für die Zeit nach 2006 müssen im Zusammenwirken zwischen Kommission, Rat und Parlament verhandelt und beschlossen werden. Die Entscheidung des Rates muss nach derzeitiger Rechtslage einstimmig erfolgen.

 

Die Neuregelung der Kohäsionspolitik steht – wegen des finanziellen Gewichts der Fonds – in engem Zusammenhang mit der Finanziellen Vorausschau für die Jahre 2007-2013. Für beide Bereiche hat die Kommission im Februar 2004 ihre Vorschläge für die Periode 2007-2013 in allgemeiner Form (Finanzielle Vorausschau, 3. Kohäsionsbericht mit Vorschlägen zur Neugestaltung der Kohäsionspolitik) präsentiert. Im Juli 2004 wurden die Strukturfonds-Verordnungsentwürfe vorgelegt.

 

Insgesamt handelt es sich bei der von der EK vorgelegten neuen Strukturfonds-Verordnung um vier Verordnungen, die gleichartige bestehende Verordnungen ersetzen sowie eine fünfte Verordnung, mit der eine genuin gemeinschaftsrechtliche Grundlage für Institutionen zur territorialen Zusammenarbeit geschaffen werden soll.

XII.2      Aktueller Stand

Im September 2004 haben zu diesen fünf Legislativvorhaben die Verhandlungen im Rat begonnen. Im Rahmen der Budgetverhandlungen 2007-2013 hat sich der Rat am 17. Dezember 2005 auf eine Finanzielle Vorausschau geeinigt, die für die Rubrik 1b „Kohäsionspolitik“ insgesamt 307,619 Mrd. Euro (das sind 0,37% des Bruttonationaleinkommens der EU-27) vorsieht.

 

Durch diese Einigung besteht nunmehr für die österreichische Präsidentschaft die Chance, zügig die Verhandlungen weiter zu führen und nach Möglichkeit noch im 1. Halbjahr 2006 eine Einigung zu den Verordnungen zu erreichen, damit die abzusehenden Verzögerungen beim Start der neuen Strukturfondsprogramme im Jahr 2007 zumindest zu minimieren.

 

Drei Strukturfonds-Verordnungen sind im Mitentscheidungsverfahren mit dem EP, zwei im Zustimmungsverfahren mit dem EP zu beschließen; dennoch sollen alle fünf Verordnungen als Paket behandelt werden. Aufgrund des hohen Zeitdrucks ist für das gesamte Verordnungspaket ein spezielles Verfahren geplant, das eine vorgezogene Einigung in 2. Lesung („early 2nd reading agreement“) vorsieht. Der frühestmögliche Abschluss der Verhandlungen – unter optimalen Bedingungen – ist Mai 2006. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass nach ersten Reaktionen des EP zur Finanziellen Vorausschau allenfalls noch mit Änderungen des Budgets im Lichte der Verhandlungen zur Interinstitutionellen Vereinbarung zu rechnen ist, was wiederum die Verhandlungen mit dem EP im Bereich der Strukturfonds-Verordnungen verzögern könnte.

XII.3      Kernelemente des Vorschlags der Kommission

Die Mittel sollen auf drei Ziele mit klarem Bezug zu den strategischen Zielen der Europäischen Räte von Lissabon und Göteborg konzentriert werden:

XII.3.1   Konvergenz

(bisheriges Ziel 1 – Förderung von Wachstum und Beschäftigung in den rückständigsten Mitgliedstaaten und Regionen zur Heranführung der Wirtschaft an den EU-Durchschnitt)

 


Fördergebiete:

·         Regionen mit BIP (in Kaufkraftstandards) pro Kopf unter 75% des Durchschnitts EU-25

·         Regionen, die vom „statistischen Effekt“ betroffen sind (BIP in Kaufkraftstandards pro Kopf über 75% von EU-25, aber unter 75% von EU-15 – „statistisches Phasing-out“)

·         ultraperiphere Gebiete

·         Kohäsionsländer (Mitgliedstaaten mit Bruttonationaleinkommen unter 90% des EU-Durchschnitts)

 

Förderschwerpunkte:

Förderpalette entspricht weitgehend bisherigem Ziel 1 (Förderung aus EFRE und ESF) plus Kohäsionsfonds in Kohäsionsländern.

XII.3.2   Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung

(Zusammenfassung der bisherigen Ziele 2 und 3)

 

Fördergebiete:

·         Ehemalige Ziel-1-Regionen, deren BIP in Kaufkraftstandards über 75% der EU-15 gestiegen ist (mit degressiver Anpassung des Förderniveaus von Ziel-1- an Ziel-2-Niveau: „natürliches Phasing-out“)

·         Alle übrigen Regionen (je nach institutionellen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten auf Ebene NUTS I oder NUTS II)

·         “Individuelle territoriale Besonderheiten“ (z.B. städtische Erneuerungsprobleme, Berggebiete) sollen im Rahmen der oben erwähnten Zielprogramme flexibel berücksichtigt werden.

 

Förderschwerpunkte:

·         EFRE: Regionalprogramme zur Verbesserung der regionalen Wettbewerbs-fähigkeit (Modernisierung der Wirtschaft, Innovation & Wissensgesellschaft), Verbesserung des Zugangs zu Diensten von allgemeinem Interesse sowie Umweltverbesserung und Risikoprävention

·         ESF: nationale Programme mit Bezug zur EU-Beschäftigungsstrategie

XII.3.3   Europäische territoriale Zusammenarbeit

(Aufwertung der bisherigen Gemeinschaftsinitiative INTERREG)

 

·         Grenzüberschreitende Kooperation (Grenzregionen Ebene NUTS III),

·         Transnationale Kooperation (derzeitige Kooperationsräume sollen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden);

 

Erleichtert durch folgende verbesserte Rechtsinstrumente:

·         Schaffung der Rechtsform einer „Europäischen Vereinigung für grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ (EVGZ); im Zuge der Verhandlungen hat man sich auf die Umbenennung in „Europäischen Vereinigung für territoriale Zusammenarbeit“ (EVTZ) geeinigt.

·         Neues Nachbarschaftsinstrument für Regionen an der EU-Außengrenze

XII.3.4   Änderungen in den Abwicklungsstrukturen

Stärkere strategische Ausrichtung auf die Prioritäten der Union (Ziele von Lissabon und Göteborg):

·         Verabschiedung eines Strategiepapiers des Rates nach Stellungnahme des EP

·         Jährliche Berichterstattung und Diskussion in den EU-Organen

·         Nationale Strategiepapiere der Mitgliedstaaten als Grundlage für die Programmplanung

 

Administrative Änderungen:

·         nur ein Fonds pro Programm

·         verstärkte nationale Regelung der Zuschussfähigkeit

·         Vereinfachung der operationellen Programme (keine Maßnahmendetails)

·         Spezifische Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Kooperation.

XII.4      Kernelemente des Kompromisses im Europäischen Rat vom 16.12.2005

Gemäß Finanzieller Vorausschau sind für die Rubrik 1b (Kohäsion) insgesamt 307,619 Mrd. Euro vorgesehen, das entspricht 0,37% des Bruttonationaleinkommens der EU-27. Maßnahmen zur Ländlichen Entwicklung sollen in Hinkunft zur Gänze aus der neuen Rubrik 2 (Agrarförderung) finanziert werden.

 

Für die 3 Ziele wurden folgende Budgetmittel beschlossen:

·         Konvergenz: 81,7% der Kohäsionsmittel

·         Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung: 15,8% der Kohäsionsmittel

·         Europäische territoriale Zusammenarbeit: 2,4% der Kohäsionsmittel

XII.5      Voraussichtliche Auswirkungen für Österreich

Die Verordnungsentwürfe sind noch Gegenstand der Verhandlungen auf EU-Ebene (siehe oben). Die wesentlichen Eckpunkte scheinen jedoch mittlerweile weitgehend unbestritten. Österreich kann daher mit einiger Sicherheit mit folgenden Rahmenbedingungen in der kommenden Programmperiode rechnen:

 

Das Burgenland überschreitet – auf Grund des im Vergleich zu EU-15 nunmehr niedrigeren EU-25-BIP-Durchschnittswertes – die 75%-Grenze und wird in der nächsten Periode eine „statistische Phasing-Out-Region“. Es kann mit einer Übergangsunterstützung gerechnet werden, die immer noch deutlich über dem Niveau der übrigen Bundesländer liegen wird (voraussichtlich rund 160 Mio. Euro für 2007-2013).

 

Es wird für jedes Bundesland ein Regionalprogramm zur Stärkung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit geben. Außerdem wird es ähnlich dem bisherigen Ziel-3-Programm ein nationales Beschäftigungsprogramm geben. Insgesamt werden dafür nach dem derzeitigen (vorläufigen) Informationsstand 914 Mio. Euro zur Verfügung stehen. Die Aufteilung zwischen den Bundesländern ist noch offen. Die kleinräumige Zielgebietsabgrenzung für die Programme zur Stärkung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit fällt weg. Dafür werden die Programme klarere thematische Schwergewichte aufweisen müssen.

 

Für die Programme zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit konnten die Mittel für Österreich im Vergleich zur Periode 2000-2006 auf insgesamt 225 Mio. Euro (derzeitiger, vorläufiger Stand) aufgestockt werden.

XII.6      Österreichische Position[25]

·         Die von Österreich gemeinsam mit anderen Nettozahlern geforderte Limitierung des EU-Budgets und stärkere Konzentration auf die wirtschaftsschwächsten Mitgliedstaaten konnte mit dem erzielten Ergebnis erreicht werden.

·         Weiters konnte erreicht werden, dass trotz einer erfolgten Reduktion der Ziele und einer klareren inhaltlichen Schwerpunktsetzung den Mitgliedstaaten und Regionen ausreichend Spielraum für eine flexible Berücksichtigung der Gegebenheiten und Erfordernisse vor Ort erhalten bleibt.

·         Auch die damit in Zusammenhang stehende Forderung Österreichs nach ausreichend Spielraum im Bereich des EU-Beihilfenrechts wurde in dem von der Kommission (Generaldirektion Wettbewerb) am 21. Dezember 2005 angenommenen „Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung" Rechnung getragen, unter anderem indem die für Österreich zulässige Fördergebietsbevölkerung mit 22,5% im Vergleich zur Periode 2000-2006 nur gering reduziert wurde und benachteiligten Grenzregionen zur Begrenzung des Fördergefälles ein hohes Förderniveau eingeräumt wird.

·         Die Aufwertung der grenzüberschreitenden Kooperation (bisher INTERREG) zu einem eigenen Ziel wurde seitens Österreichs von Anfang an grundsätzlich begrüßt. Mit einer Aufteilung der Budgetmittel von 77%-19%-4% auf die einzelnen Ausrichtungen ist dem zentralen Interesse Österreichs nach der überwiegenden Dotierung der regionalen grenzüberschreitenden Kooperation Rechnung getragen. Für diese Ausrichtung wird Österreich deutlich mehr Mittel als bisher erhalten.

·         Eine stärkere Ausrichtung der Kohäsionspolitik an den strategischen Zielen der EU wurde seitens Österreichs grundsätzlich befürwortet. Die diesbezüglichen Verfahren konnten gegenüber den ursprünglichen Vorschlägen der EK aus österreichischer Sicht im Zuge der Verhandlungen verbessert werden.

·         Die Vereinfachung der Abwicklungsstrukturen für die Programme (bei Sicherstellung einer sauberen, ordnungsgemäßen Mittelverwendung), die nach Ansicht Österreichs nicht eine nebensächliche technische Frage, sondern entscheidend für die Akzeptanz der Kohäsionspolitik bei den Bürgern und damit für die Erreichung des angestrebten politischen Mehrwerts der EU-Förderungen ist, konnte im Laufe der Verhandlungen praxisnäher und effizienter gestaltet werden.


XII.7      Offene Verhandlungspunkte[26]

Die Verhandlungen mit dem EP werden sich voraussichtlich auf folgende Kernpunkte konzentrieren:

 

Im Bereich der Allgemeinen Verordnung sind es vor allem folgende Elemente, die von Seiten des EP gefordert werden:

·         Recycling“ jener Budgetmittel, die durch n+2-Verluste in den Mitgliedstaaten entstehen. Das wird seitens des EP umso stärker gefordert, als die insgesamt für die Strukturpolitik vorhandenen Budgetmittel gemäß Finanzieller Vorausschau unter den Forderungen des EP liegen. Diese Frage wird im Rahmen der Verhandlungen zur Interinstitutionellen Vereinbarung verhandelt.

·         Die vom EP geforderte obligatorische Leistungsreserve auf EU-Ebene wird mit Ausnahme von Griechenland, Spanien und Italien (sowie der EK) von allen Mitgliedstaaten abgelehnt.

·         Bezüglich der Forderung nach der stärkeren Berücksichtigung der Umwelt, des Prinzips der Partnerschaft  und der städtischen Dimension wird es seitens des Rates keine heftigen Widerstände geben.

 

Unter den Mitgliedstaaten ist bei der Allgemeinen Verordnung insbesondere noch die Frage des Nachweises der Additionalität sowie die Proportionalität im Bereich der Finanzkontrolle umstritten. Eine Einigung darüber sollte aber auf Ebene der Ständigen Vertreter in Brüssel[27] möglich sein.

 

Bei den Fondsspezifischen Verordnungen für den EFRE und den ESF werden sich die Verhandlungen auf die Frage nach der Ausdehnung der Fördertatbestände respektive Konzentration innerhalb eines Ziels auf bestimmte Fördertatbestände konzentrieren. Diesbezüglich ist mit den Ergebnissen des ER vom 16. Dezember 2005 insofern ein neuer Aspekt dazu gekommen, als beschlossen wurde, dass in den „alten“ Mitgliedstaaten beim Ziel "Konvergenz" 60% und beim Ziel "Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" insgesamt 75% der Mittel für Maßnahmen zur Erreichung der Lissabon-Ziele verwendet werden müssen (= „earmarking“, Punkt 15 Finanzielle Vorausschau). Die EK wird dazu in den nächsten Wochen entsprechende Kriterien und Vorgehensweisen vorlegen (Punkt 16 Finanzielle Vorausschau). Somit hat der ER für die Zukunft ein Instrument beschlossen, mit dem die inhaltliche Konzentration der Strukturfondsmittel ohnehin gewährleistet ist.

 

Unklar ist derzeit noch die Haltung des EP zu dem beim ER am 16. Dezember 2006 beschlossenen „2-Klassen“-System für die Anwendung der n+2-Regel, zu den erlaubten Höchstfördersätzen, zur Anwendung der Gesamtkosten als Basis für die EU-Kofinanzierung, zur Förderfähigkeit von nicht-rückerstattbarer Mehrwertsteuer, zu Maßnahmen im Bereich des sozialen Wohnbaus und zu den Vorschusszahlungen. Beim ER im Dezember 2005 wurden in den genannten Bereichen für bestimmte Gruppen von Mitgliedstaaten (neue Mitgliedstaaten inklusive Rumänien und Bulgarien, bzw. neue Mitgliedstaaten inklusive Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Portugal und neue Länder in Deutschland) Ausnahmeregelungen festgelegt. Voraussichtlich dürfte das EP für die Ausdehnung mancher dieser Sonderregelungen auf alle Mitgliedsländer – zumindest im Bereich der Mehrwertsteuer und des Gesamtkostenprinzips – eintreten, wohingegen die Ausnahme von der n+2-Regel laut EP die Ausnahme bleiben muss.

 

Zur Kohäsionsfonds-Verordnung sind seitens des EP keine harten Verhandlungspunkte zu erwarten.

 

Die Schaffung einer EVTZ wird von Seiten des EP sehr positiv gesehen und eine breite Anwendung dieses Rechtsinstruments auch außerhalb der Strukturfonds unterstützt. Zur EVTZ-Verordnung gibt es allerdings im Rat derzeit noch ein sehr undifferenziertes Bild, da die Frage nach dem Mehrwert dieses Instruments bzw. die Befassung der nationalen Ebene in einem Mitgliedstaat bei der Errichtung einer EVTZ noch sehr kontrovers diskutiert werden. Eine Einigung darüber soll auf Ebene der Ständigen Vertreter in Brüssel (COREPER II) erzielt werden.

XIII     Erweiterungsprozess: Bulgarien und Rumänien

Der Beitrittsvertrag für Bulgarien und Rumänien sieht Jänner 2007 als Beitrittsdatum vor, doch eröffnet er auch Möglichkeit, dieses Datum um ein Jahr von 2007 auf 2008 zu verschieben (Verschiebungsklausel), sollten die Voraussetzungen für den Beitritt nicht erfüllt sein. Im Falle einer entsprechenden Empfehlung durch die EK müsste die Entscheidung während des österreichischen Vorsitzes im Rat gefällt werden. Die Stellungnahme der Kommission betreffend eine allfällige Empfehlung, den Beitritt zu verschieben, ist derzeit für 17. Mai 2006 (Monitoringbericht) geplant. Sollte die EK keine Beitrittsverschiebung empfehlen, könnte noch eine Anwendung der im Beitrittsvertrag mit Bulgarien und Rumänien vereinbarten Schutzklauseln vorgesehen werden (wirtschaftliche Schutzklausel, Binnenmarktschutzklausel, Schutzklausel im Bereich Justiz und Inneres). Sechs Mitgliedstaaten haben den Ratifikationsprozess des Beitrittsvertrags bereits abgeschlossen. Die übrigen Ratifikationen, darunter auch Österreich, sollten im Laufe des Jahres 2006 abgeschlossen sein.

 

Für weitere Informationen betreffend den Erweiterungsprozess und Bulgarien/Rumänien sei auf den Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten an das Parlament verwiesen.

XIV   Vorschau auf die Europäischen Räte 2006

Entsprechend den Schlussfolgerungen des ER Sevilla sind für das Jahr 2006 vier Europäische Räte (zwei pro Halbjahr) geplant. Diese werden am 23./24. März, 15./16. Juni, 19./20. Oktober und 14./15. Dezember stattfinden. Die letztendlichen Schwerpunktsetzungen des Europäischen Rates ergeben sich zu einem wesentlichen Teil aus den Fortschritten in den einzelnen Ratsformationen, welche nicht vorweggenommen werden können, sowie aus aktuellen politischen Entwicklungen. Nachstehend wird daher ein Überblick aus heutiger Sicht über wichtige und bereits feststehende Themen der Europäischen Räte im Jahr 2006 gegeben.

XIV.1  Europäischer Rat am 23./24. März 2006

XIV.1.1                     Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung

Seit 2000 beschäftigen sich die Staats- und Regierungschefs am so genannten Frühjahrsgipfel mit der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Situation in Europa. Der österreichischen Präsidentschaft fällt in diesem Jahr – nach der Erneuerung der Strategie im Rahmen der Halbzeitbewertung (Europäischer Rat vom 22./23. März 2005) – die Aufgabe zu, die neue Governance umzusetzen.

 

Die Europäische Kommission hat als ersten Schritt ihren Fortschrittsbericht „Jetzt aufs Tempo drücken“ am 25. Jänner 2006 vorgelegt Dieser Bericht beinhaltet eine Analyse der von den Mitgliedsstaaten bis Ende 2005 vorgelegten Nationalen Reformprogramme und des Lissabon-Programms der Gemeinschaft. Der Fortschrittsbericht wird in den betroffenen Ratsformationen (ECOFIN, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Soziales, Umwelt, Bildung und Jugend) behandelt werden. Die zuständigen Minister werden sodann eine gemeinsame Stellungnahme der jeweiligen Ratsformation an den ER übermitteln.

 

Die Staats- und Regierungschefs werden auf Basis des Berichts der EK und unter Berücksichtigung der Beiträge der Ministerräte Bilanz hinsichtlich der Fortschritte der erneuerten Lissabon-Strategie ziehen.

 

Derzeit ist von Seiten der österreichischen Ratspräsidentschaft geplant, folgende Themen im Zusammenhang mit der Förderung von Wachstum und Beschäftigung in Europa anzusprechen:

·         Forschung & Entwicklung, unter anderem 7. Forschungsrahmenprogramm, EIB-Forschungsfazilität, Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP), Öko-Innovationen;

·         KMU / Mittelstandsoffensive, (etwa Förderung der unternehmerischen Initiative und Fähigkeiten, Verbesserung des Marktzugangs für KMU, Abbau bürokratischer Hindernisse im Sinne der „Better Regulation“-Prinzipien, Verbesserung des Wachstumspotentials sowie Stärkung des Dialogs und der Konsultation mit den KMU-Akteuren);

·         Integration von Arbeitnehmern mit geringer Qualifikation, zusammen mit Streamlining im Sozialschutzbereich, Rahmenprogramm Lebenslanges Lernen, Europäischer Qualifikationsrahmen;

·         Energiepolitik, wie z.B. Förderung erneuerbarer Energien und mehr Energieeffizienz, Sicherstellung der Energieversorgung durch einen fokussierteren, kohärenteren und integrierteren Ansatz („Sprechen mit einer Stimme“ in internationalen Gremien und mit externen Energieversorgern) und Stärkung des Energiebinnenmarkts.

 

Im Zuge des informellen Treffens der Staats- und Regierungschefs in Hampton Court im Herbst 2005 wurden mehrere Themen identifiziert, die im Rahmen der erneuerten Strategie zur Sprache kommen werden. In den Bereichen Forschung & Entwicklung, Universitäten, Demographie und Energie werden zusammen mit externen Experten (österreichische Experten sind K. Consemüller für Forschung & Entwicklung, G. Winckler für Universitäten, H. Haider für Energie) Berichte erarbeitet.

 

Der Dreigliedrige Sozialgipfel unmittelbar vor dem Europäischen Rat – es treffen sich der Kommissionspräsident, die Ratstroika und die Spitzen der europäischen Sozialpartnerschaft – wird die Strategie für Wachstum und Beschäftigung in Zusammenhang mit den Anliegen der Sozialpartner diskutieren.

XIV.1.2                     Straffung der Sozialschutzprozesse

Der ER im März wird die Straffung der Sozialschutzprozesse annehmen. Die Straffung der Prozesse der offenen Koordinierung zielt darauf ab, eine stärkere, besser sichtbare Koordinierungsmethode zu schaffen, die den Fokus verstärkt auf die Modernisierung der Politiken und die Umsetzung legt. Gleichzeitig sollen das Berichtswesen vereinfacht und die Möglichkeiten für Informationsaustausch und gegenseitiges Lernen verbessert werden.

 

Ziele des „Streamlinings“:

·         Eine effektivere und kohärentere offene Koordinierung in den Bereichen Sozialschutz und soziale Eingliederung: Die Zusammenlegung der drei Prozesse (soziale Eingliederung, Pensionen, Gesundheit und Langzeitpflege), die Annahme eines gemeinsamen Zielekatalogs und die Umstellung auf einen 3-Jahres-Rhythmus wird eine bessere Konzentration auf die wichtigsten Prioritäten ermöglichen und den administrativen Aufwand reduzieren.

·         Eine besser sichtbare offene Koordinierung, sowohl auf europäischer wie auf nationaler Ebene;

·         Der gestraffte Prozess im Sozialschutzbereich soll eng mit der neuen Strategie für Wachstum und Beschäftigung zusammenwirken: Es besteht weitgehender Konsens darüber, dass Wachstum, Beschäftigung sowie Sozialschutz und soziale Eingliederung eng zusammenhängen und einander wechselseitig verstärken können. Dieser Zusammenhang muss positiv genützt werden, sodass eine aktive Sozialpolitik Wachstum und Beschäftigung fördert und umgekehrt Wachstum und Beschäftigung zu sozialem Zusammenhalt beitragen.

XIV.2  Europäischer Rat am 15./16. Juni 2006

XIV.2.1                     Evaluierung der Reflexionsperiode/Verfassungsvertrag

Ziel der österreichischen Präsidentschaft ist es den Auftrag des Europäischen Rates vom 16./17. Juni 2005, eine Evaluierung der Reflexionsperiode im ersten Halbjahr 2006 durchzuführen, bestmöglich zu erfüllen. Zu diesem Zweck ist Österreich bestrebt, eine „Roadmap“ gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten betreffend die weitere Vorgangsweise hinsichtlich des Verfassungsvertrages und der damit zusammenhängenden Diskussion über den laufenden Reflexionsprozess zur Zukunft der Europäischen Integration bis zum Junigipfel 2006 zu erstellen. Politisches Ziel ist es die Diskussion über den Verfassungsvertrag und den europäischen Verfassungsprozess weiterzuführen. Es ist klar, dass Österreich den Vertrag als einen guten Kompromiss und eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vertrag von Nizza sieht. Als Mitgliedstaat, der den Vertrag mit großer parlamentarischer Mehrheit ratifiziert hat, haben wir naturgemäß ein hohes Interesse, dass dieser auch in Kraft tritt.

XIV.2.2                     Review der Nachhaltigkeitsstrategie

Österreich strebt den Abschluss des Review-Prozesses zur EU-Nachhaltigkeits-strategie am ER im Juni 2006 an. Entsprechend den Vorgaben des ER von Dezember 2005 soll es sich bei der erneuerten Strategie um eine klare, kohärente und leicht kommunizierbare Strategie handeln, welche Ziele, Indikatoren und einen wirksamen Überprüfungsmechanismus enthält.

 

Zu diesem Zweck erfolgt die Koordination der Ratsarbeiten in einer speziellen Ratsarbeitsgruppe „Freunde der Präsidentschaft“. In den betroffenen Ratsformationen werden  Orientierungsaussprachen durchgeführt, um den notwendigen politischen Input zu liefern. Ebenso werden die Stellungnahmen des Europäischen Parlaments, des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen berücksichtigt werden. Die Vorbereitung der Schlussfolgerungen des ER erfolgt nach dem üblichen Procedere.

 

Die erneuerte Strategie wird als Anhang zu den Schlussfolgerungen der Präsidentschaft angenommen werden, wobei die Schlussfolgerungen selbst in ein oder zwei Absätzen auf die Bedeutung der nachhaltigen Entwicklung und den abgeschlossenen Review- Prozess Bezug nehmen sollen.

XIV.2.3                     Justiz und Inneres

Der ER wird auf seiner Tagung im Juni 2006 die Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie und des Aktionsplans zur Terrorismusbekämpfung überprüfen. Dabei wird auch auf die Umsetzung der Strategie gegen Radikalisierung und Rekrutierung und den in diesem Rahmen geführten Dialog der Kulturen und Religionen einzugehen sein. Gleichzeitig jähren sich die Terroranschläge von London zum ersten Mal.

 

Angesichts der in der zweiten Jahreshälfte 2006 anstehenden Halbzeitüberprüfung des Haager Programms ist es möglich, dass der ER bereits im Juni zur Festlegung politischer Leitlinien für einzelne Themenbereiche aufgerufen sein könnte. Zu den möglichen Themen zählt das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS-II). Bis Juni 2006 soll zu den SIS II-bezogenen Rechtsakten im Rat politische Einigung erzielt werden, um den geplanten Betriebsbeginn mit April 2007 sicherstellen zu können. Eine Bezugnahme auf die unter österreichischer Präsidentschaft begonnene Umsetzung der Strategie für die externe Dimension der Politik im Bereich Justiz und Inneres scheint ebenso möglich wie eine Erwähnung des Themenkomplexes „Asyl, Migration, Grenzmanagement“.

XIV.2.4                     GASP/ESVP

Nach der formellen Annahme durch den Rat Allgemeine Angelegenheiten/
Außenbeziehungen wird der ER im Juni routinemäßig den Fortschrittsbericht der ESVP über das 1. Halbjahr 2006, sowie das Mandat zur Weiterentwicklung der ESVP für die folgende finnische Präsidentschaft billigen.

 

Im Themenbereich Stärkung der Krisenreaktionskapazitäten der EU wurden während der luxemburgischen und britischen Präsidentschaft Arbeiten zur Verbesserung der Reaktion der EU auf Naturkatastrophen, Terroranschläge oder andere Notfälle innerhalb und außerhalb der EU eingeleitet. Österreich hat die verschiedenen Stränge gebündelt und betreibt die Erzielung von Fortschritten energisch; Ziel ist es, die bereits unternommenen Aktivitäten besser zu koordinieren und zu fokussieren. Einen Schwerpunkt legt Österreich auf Schutz und Hilfe für EU-Bürger, die von Katastrophen in Drittstaaten betroffen sind. Die österreichische Präsidentschaft hat bereits Arbeiten der zuständigen Arbeitsgruppen in Auftrag gegeben, um bis zum ER im Juni 2006 konkrete Ergebnisse in einem umfassenden Bericht vorzulegen, der insbesondere als Information an die EU-BürgerInnen dient. Der Bericht soll darüber informieren, was die EU im Krisenfall für die BürgerInnen tun kann, bzw. wie die EU die Mitgliedstaaten unterstützen kann.

XIV.2.5                     Zukunft der EU-Außenbeziehungen

Beim informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs in Hampton Court am 27. Oktober 2005 wurde unter anderem der Bereich Außendimension der EU als einer jener Themenkomplexe identifiziert, in denen in Bezug auf die Herausforderung der Globalisierung die Arbeiten vorrangig vorangetrieben werden sollen. Daher beabsichtigt die EK, dem ER im Juni ein Konzeptpapier zur Stärkung der Außenwirkung der EU vorzulegen. Zweck des Papiers ist eine Überprüfung der internen und externen Politiken mit Außenwirkung, der Instrumentarien sowie der politischen Fähigkeiten (konkreten Maßnahmen) der EU. Die Kohärenz soll sowohl auf horizontaler Ebene – zwischen GASP und internen Politikbereichen – als auch auf vertikaler Ebene – zwischen EU und Mitgliedstaaten – verbessert werden. Endziel ist letztlich ein kohärenteres, effizienteres und sichtbareres Handeln der EU in der Welt.

XIV.2.6                     Zusammenarbeit zwischen EU und OSZE

Um eine wirksame Krisenbewältigung der EU zu gewährleisten, soll die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, insbesondere unter anderem der OSZE weiter ausgebaut werden. Hintergrund ist, dass EU und OSZE in vielen Bereichen gleiche Ziele haben: Konfliktverhütung, Sicherheit im weitesten Sinn, neue Bedrohungen (Terrorismus, Drogen, organisierte Kriminalität, Missachtung von Demokratie und Menschenrechten, Konflikte an Außengrenzen), Beziehungen zu neuen Nachbarstaaten (Moldau, Georgien, Berg Karabakh). Dementsprechend wenden EU und OSZE (wie auch Europarat) meist ähnliche Maßnahmen an. Ziel ist es nun, diese Maßnahmen zu koordinieren, zu komplementieren und Synergien verstärkt zu nützen – beispielsweise durch die bewusste Zusammenarbeit der EU-Sonderbeauftragten mit OSZE- und Europaratsrepräsentanten in den Zentralen und im Feld. Nach derzeitigem Wissensstand ist daher davon auszugehen, dass der ER im Juni eine gemeinsame Erklärung von EU und OSZE zu gemeinsamen Bereichen der Zusammenarbeit annehmen wird.

XIV.2.7                     EU-Erweiterung

Auf der Grundlage des Avis der EK in ihren Monitoringberichten (die für 17. Mai geplant sind) wird sich der Rat Allgemeine Angelegenheiten/Außenbeziehungen mit Bulgarien und Rumänien befassen; der ER im Juni wird diese Ergebnisse indossieren.

 

In Bezug auf Kroatien und die Türkei werden die Staats- und Regierungschefs die bei den Beitrittsverhandlungen erzielten Fortschritte zur Kenntnis nehmen.

XIV.2.8                     Gipfeltreffen EU-Lateinamerika/Karibik

Von 11. bis 13. Mai findet in Wien das vierte Gipfeltreffen EU-Lateinamerika/Karibik statt, bei dem multilaterale wirtschaftliche und soziale Fragen angesprochen werden sollen. Sollte beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs (und bei den sechs nachfolgenden subregionalen Gipfeln mit Mercosur, Andengemeinschaft, Zentralamerika, Mexiko, Chile und Cariforum) ein Schlussdokument angenommen werden, so ist davon auszugehen, dass der ER im Juni diese Ergebnisse in seinen Schlussfolgerungen indossieren würde („takes note with satisfaction“). Mit einer inhaltlichen Debatte über den Gipfel ist jedoch beim ER nicht zu rechnen.

XIV.2.9                     Beziehungen EU-Russland

Auf dem Gipfeltreffen in St. Petersburg im Mai 2003 haben die EU und Russland ihre Partnerschaft mit der strategischen Zielvereinbarung ausgeweitet, vier so genannte „Gemeinsame Räume“ für die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Russischen Förderation zu schaffen – und zwar einen Gemeinsamen Wirtschaftsraum, einen Gemeinsamen Raum für Freiheit, Sicherheit und Justiz, einen Gemeinsamen Raum für äußere Sicherheit sowie einen Gemeinsamen Raum für Forschung und Bildung einschließlich kultureller Aspekte.

 

Auf dem EU-Russland-Gipfel im Mai 2005 wurden in der Folge so genannte „Road Maps“ verabschiedet, die Aktionspläne/Fahrpläne zur Schaffung der Gemeinsamen Räume enthalten. Jeder dieser Fahrpläne beinhaltet gemeinsam vereinbarte, detaillierte Ziele für die Zusammenarbeit sowie spezifische Maßnahmen, die seitens der EU oder von Russland zur Zielerreichung zu treffen sind. Die Durchführung und Überwachung dieser Fahrpläne erfolgt durch den Ständigen Partnerschaftsrat, der aus Ministern aus Russland, dem aktuellen und künftigen EU-Vorsitz sowie einem Mitglied der Europäischen Kommission besteht.

 

Für das Frühjahr 2006 sind neben dem Gipfeltreffen am 25. Mai auch Ständige Partnerschaftsräte zu den Themen Justiz/Inneres, Verkehr und Kyoto/Klimaschutz-Umsetzung geplant. Der ER im Juni wird daher die dort erzielten Ergebnisse zur Kenntnis nehmen und insbesondere auf inhaltliche Fortschritte bei der Umsetzung der vier Road Maps Bezug nehmen.

XIV.2.10                 Europäische Nachbarschaftspolitik

Im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik werden im Frühjahr Kooperationsräte mit der Ukraine und Moldau stattfinden (11. April mit Moldau, 16. Mai mit der Ukraine). Anlässlich dieser Kooperationsräte wird ein Review der Aktionspläne mit den beiden Staaten vorgenommen werden, auf dessen Ergebnisse in weiterer Folge auch der Europäische Rat im Juni Bezug nehmen wird.


XIV.3  Europäischer Rat am 19./20. Oktober 2006

XIV.3.1                     Klimawandel

Da im ersten Halbjahr 2006 die ersten Sitzungen der auf der Konferenz der Vertragsparteien der UN-Klimarahmenkonvention und des Kyotoprotokolls in Montreal im Dezember 2005 beschlossenen Gremien zur Fortentwicklung eines internationalen Klimaregimes für die Zeit nach 2012 stattfinden, wäre eine "Message" des Europäischen Rates zur EU-Strategie im Bereich Klimawandel im Anschluss daran sicher zielführend.

 

Weitere Inputs für diesen Zeitpunkt liefern auch der Review des European Climate Change Programms – diverse Arbeitsgruppen tagen im Laufe des Jahres 2006 – und insbesondere das Ergebnis der Arbeitsgruppe, die sich mit der Einbeziehung der Luftfahrt in das Europäische Emissionshandelssystem befasst. (Der Bericht soll bis Ende April 2006 vorliegen). Da das Thema Energie mit dem Klimathema eng verknüpft ist und auch hier mit Initiativen im ersten Halbjahr 2006 zu rechnen ist, liegt auch darin eine große Dynamik.

XIV.3.2                     Justiz und Inneres

Die Bewertung der Fortschritte im Rahmen des Haager Programms ist laut Schlussfolgerungen des Vorsitzes zum ER am 5. November 2004 (Punkt 20) für das zweite Halbjahr 2006 vorgesehen. Damit erscheint die Behandlung des Fortschritts- und Umsetzungsberichts sowie die Überarbeitung des Aktionsplans zum Haager Programm für die Tagung des ER im Oktober, allenfalls im Dezember 2006, möglich.

XIV.4  Europäischer Rat am 14./15. Dezember 2006

XIV.4.1                     Justiz und Inneres

Der ER wird sich im Dezember 2006 der halbjährlichen Überprüfung der Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie zur Terrorismusbekämpfung widmen. Ferner ist bis Ende 2006 mit einem Umsetzungsbericht der Kommission zum „Global Approach to Migration“ und seinen prioritären Maßnahmen im Zusammenhang mit Afrika und der Mittelmeerregion zu rechnen.

 

So nicht bereits im Oktober 2006 erfolgt, wird der Fortschritts- und Umsetzungsbericht zum Haager Programm auf der Tagesordnung des ER im Dezember 2006 stehen.

XIV.4.2                     GASP/ESVP

Auch im Dezember wird der ER wieder den – durch den RAA/AB zuvor formell angenommenen – Fortschrittsbericht der ESVP über das 2. Halbjahr 2006 indossieren und in weiterer Folge das Mandat zur Weiterentwicklung der ESVP für den nachfolgenden deutschen EU-Vorsitz billigen.


XIV.4.3                     EU-Afrikastrategie

Für den ER im Dezember 2006 ist ein Review der EU-Afrikastrategie anhand eines ersten Fortschrittsberichts zur Implementierung geplant. Die Afrikastrategie der EU („The EU and Africa: Towards a Strategic Partnership“) wurde vom ER am 15./16. Dezember 2005 verabschiedet und soll die Grundlage der Afrikapolitik des Rates bis 2015 bilden. Die Strategie stellt das entwicklungs-, sicherheits- und wirtschaftspolitische Engagement der EU für Afrika erstmals auf eine einheitliche und damit gestärkte Grundlage. Ihre Leitgedanken sind gleichberechtigte Partnerschaft und afrikanische Eigenverantwortung („ownership“). Im Kern handelt es sich um einen Katalog von Maßnahmen zu Frieden und Sicherheit, Menschenrechten und guter Regierungsführung, Entwicklungszusammenarbeit und wirtschaftlicher Entwicklung. Beim Review-Prozess soll die Umsetzung der Strategie, welche nun unter österreichischer Präsidentschaft beginnen wird, begutachtet werden.

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[1] KOM (2005) 73

[2] KOM (2005) 531

[3] KOM(2005) 12

[4] Empfehlungen, Mitteilungen etc.

[5] Dok. 15896/03

[6] Dok. 16065/05

[7] KOM (2004) 474

[8] Unterteilt in Kooperationsnetze, Kooperationsprojekte und besondere Projekte.

[9]. Dieser Aktionsbereich soll in das Programm „Bürger/Innen für Europa“ verschoben werden

[10] Beschluss 649/2005/EG

[11] KOM (2005) 116

[12] 2004/100/EG

[13] KOM (2005) 467

[14] 13839/04 CULT 22

[15] Generaldirektor des Rijksmuseum in Amsterdam

[16] Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit

[17] KOM (2005) 646 endg.

[18] KOM (2005) 229

[19] KOM(2004) 28 endg.

[20] ABl. L 149 vom 11. Mai 2005, S.1

[21] Mitteilung der Kommission hinsichtlich der Evaluierung der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr.

[22] KOM (2005) 475 endg.

[23] KOM (2005) 280 endg.

[24] Ein Netzwerk über das die EK mit den regionalen Gebietskörperschaften in Kontakt ist.

[25] Sämtliche Kernpunkte der österreichischen Position wurden im Laufe der Verhandlungen bereits zufrieden stellend berücksichtigt.

[26] Vor allem im Hinblick auf die Forderungen des Europäischen Parlaments.

[27] COREPER II