IV-22 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des EU-Ausschusses
des Bundesrates

 

 

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

Mittwoch, 5. November 2008

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des EU-Ausschusses
des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

Mittwoch, 5. November 2008

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

1.        

COM KOM (08) 414 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung

(40444/EU XXIII.GP)

(Wiederaufnahme der am 6. Oktober 2008 vertagten Verhandlung)

 

 

2.        

COM KOM (08) 418 endg.

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Ein erneuertes Engagement für ein soziales Europa: Verstärkung der offenen Koordinierungsmethode für Sozialschutz und soziale Eingliederung“

(40441/EU XXIII.GP)

(Wiederaufnahme der am 6. Oktober 2008 vertagten Verhandlung)

 

 

3.        

COM KOM (08) 426 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion, Weltanschauung, Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung

(40612/EU XXIII.GP)

(Wiederaufnahme der am 6. Oktober 2008 vertagten Verhandlung)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrats beschloss in seiner Sitzung vom 5. November 2008 einstimmig Ausschussfeststellungen zu drei Vorhaben der Europäischen Union, worin er teilweise sehr kritische Positionen bezog. Dabei handelte es sich um folgende Themen:

 

 

 

 

Alle drei Materien waren in der Sitzung des Ausschusses am 6. Oktober 2008 vertagt worden. 

 

 

 

Den Mitgliedern des Ausschusses standen folgende Auskunftspersonen zur Verfügung:

 

Mag. Claudia Sedlmeier (BM für Gesundheit, Familie und Jugend)

Mag. Ulrike Neufang (BM für Soziales und Konsumentenschutz)

Max Rubisch (BM für Soziales und Konsumentenschutz)

Dr. Susanne Piffl-Pavelec (BM für Wirtschaft und Arbeit)

Mag. Gerhard Pöschmann (Österreichischer Städtebund)

Mag. Daniel Schrotter (Stadt Wien)

Mag. Thomas Schuh (Stadt Wien)

 

 

 

 

In Bezug auf das Vorhaben zur Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung hielten die Mitglieder des Bundesrats in der Ausschussfeststellung fest, die vorgeschlagenen Regelungen seien nicht mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit vereinbar. Sie warnten sogar nachdrücklich vor einem gemeinschaftsrechtlichen Eingriff in Organisation und Finanzierung der nationalen Gesundheitssysteme mit unabsehbaren direkten und indirekten Folgen.

 

 

Ziel der Vorlage ist es, einen eindeutig abgesteckten Rahmen dafür zu schaffen, welche Ansprüche die Patientinnen und Patienten auf gesundheitliche Versorgung in einem anderen Mitgliedstaat haben, beziehungsweise welche Beschränkungen die Mitgliedstaaten für eine solche Versorgung im Ausland festlegen können und bis zu welcher Höhe die Kosten für grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung erstattet werden. Darüber hinaus soll die europäische Zusammenarbeit, etwa in Bezug auf Anerkennung von Verschreibungen aus dem Ausland, europäische Referenznetze, Qualität und Sicherheit konkretisiert werden. Sollte der Vorschlag realisiert werden, so könnten Patientinnen und Patienten in einem anderen Mitgliedstaat die gesundheitliche Versorgung in Anspruch nehmen, die ihnen im Inland zugestanden wäre, wobei sie einen Anspruch auf Kostenerstattung in der Höhe jener Kosten hätten, die für die Behandlung in ihrem Land erstattet würden. Allerdings trügen sie das finanzielle Risiko für etwaige zusätzliche Behandlungskosten, heißt es in der Vorlage der Kommission.

 

Nach Meinung der Bundesrätinnen und Bundesräte berücksichtigt die Vorlage völlig unzureichend den Charakter von Gesundheitsdienstleistungen als Leistungen von allgemeinem Interesse sowie die Organisation und die Finanzierung des österreichischen Gesundheitswesens. Die Umsetzung würde zu substantiellen Änderungen mit unabsehbaren Auswirkungen führen, vor allem sei mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand zu rechnen, lautet die Befürchtung. Auch bleibe unklar, welcher Kostenersatz tatsächlich verlangt werden kann bzw. geleistet werden muss. Ungelöst sei auch die Frage, ob an Gastpatientinnen und –patienten nur der Finanzierungsanteil der Sozialversicherung oder auch der steuerfinanzierte Anteil verrechnet werden darf.

 

Gerhard Pöschmann (Österreichischer Städtebund) thematisierte in diesem Zusammenhang auch aus seiner Sicht die Schwierigkeiten, die sich hinsichtlich der Planungsmöglichkeiten und Finanzierbarkeit ergeben könnten, und bekräftigte, auf Grund der zahlreichen Unklarheiten könne der Österreichische Städtebund dem Vorhaben keine Zustimmung geben.

 

Diese Sorge wurde auch von Bundesrat Georg Keuschnigg (V) geteilt. Er wies auf die hohen Kostenausstände in den Spitälern Tirols hin sowie auf die Tatsache, dass der Kostenersatz in den Herkunftsländern oft nicht so hoch ist wie in Österreich. Keuschnigg hinterfragte auch, ob es eine Saldierung möglicher Kosten gibt und ob der Steueranteil an den Kosten mitverrechnet werden kann.  Bundesrat Franz Perhab (V) vertrat daraufhin die Auffassung, dass auch der steuerfinanzierte Kostenanteil verrechnet werden müsste. Bundesrat Edgar Mayer (V) sprach schließlich die Notversorgung an.

 

Claudia Sedlmeier (BMGFJ) erläuterte, dass die Abrechnung nicht über die Sozialversicherungsträger abgewickelt werden soll,  sondern über die Patientinnen und Patienten selbst. Das Problem sei aber sicherlich deren Bonität, räumte sie ein. Eine Schätzung der  möglichen zusätzlichen Kosten für das österreichische Gesundheitssystem sei jedoch kaum möglich, sagte sie. Die Kosten, die derzeit für Behandlungen von EU-Bürgerinnen und –Bürgern anfallen (etwa infolge von Unfällen von Urlauberinnen und Urlaubern, Behandlungen von Studentinnen und Studenten), beliefen sich auf ca. 1 %. Man könne aber nicht abschätzen, wie viele zusätzliche Personen aus anderen EU-Ländern dann "auf den Geschmack kommen", merkte sie an.  Sie glaube aber nicht, dass die Umsetzung der Richtlinie das österreichische Gesundheitssystem "ins Wanken bringen" würde. Was die Verrechnung betrifft, so sei der Richtlinienvorschlag sehr vage und halte nur fest, dass die Krankenhäuser das verrechnen dürfen, was sie auch für die gleiche Behandlung inländischer Patientinnen und Patienten in Rechnung stellen. In welcher Weise die Abrechnung erfolgen soll, schreibe der Richtlinienentwurf nicht vor. Wenn man auf Basis der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) abrechnen würde, wäre alles leichter. Leider gebe es noch immer keine einheitliche Bewertung der einzelnen Punkte, bedauerte sie. Sedlmeier informierte weiters, dass jeder notversorgt werden müsse. Die Verrechnung erfolge über die Träger im jeweiligen Land und über eine europäische Clearingstelle. Dazu liege eine Durchführungsverordnung vor.

 

 

 

 

Ähnlich kritisch sahen die Mitglieder des EU-Ausschusses die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen "Ein erneuertes Engagement für ein soziales Europa: Verstärkung der offenen Koordinierungsmethode für Sozialschutz und soziale Eingliederung".

 

Die EU hat im Jahr 2000 das Instrument der "offenen Methode der Koordinierung" (offene Koordinierungsmethode, OKM) in den Bereichen Sozialschutz und soziale Eingliederung entwickelt, um die soziale Entwicklung in der EU und in den Mitgliedstaaten besser fördern zu können. Laut vorliegender Mitteilung der EU-Kommission soll diese Methode nun ausgebaut werden. Die EU-Kommission erwartet sich davon einen wichtigen Beitrag zur Durchführung der erneuerten Sozialagenda und eine Stärkung des erneuerten Engagements für ein soziales Europa.

 

Die Bundesrätinnen und Bundesräte vertraten zwar die Auffassung, dass die Themen in allen Mitgliedstaaten relevant sind, dennoch fallen ihnen zufolge die in der Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen, die über die Kooperation und den Informationsaustausch hinausgehen, nicht in den Zuständigkeitsbereich der Union. Dies betreffe insbesondere die Vorgabe und Überwachung gemeinsamer, künftig auch quantitativer Ziele sowie die angesprochene freiwillige politische Verpflichtung, heißt es in der beschlossenen Ausschussfeststellung. Bei der Methode der offenen Koordinierung sei zudem nur eine unzureichende Einbindung der nationalen Parlamente vorgesehen.

 

Ulrike Neufang (BMSK) begrüßte die Vorlage seitens des Ministeriums grundsätzlich, wenngleich Österreich einige Verbesserungsvorschläge eingebracht habe. So lege man Wert auf quantifizierbare Ziele bei der Armutsbekämpfung. Gegen Zielvorgaben habe sich das Ressort im Bereich Gesundheit, Vorsorge und Pflege ausgesprochen, da hier die Systeme zu unterschiedlich sind. Vor allem müssten in diesem Zusammenhang die entsprechenden Beschlüsse des Europäischen Rats eingearbeitet werden. Weiters sollten die betreffenden EU-Ausschüsse enger zusammenarbeiten und alle relevanten Akteure, wie die Sozialpartner und NGOs, eingebunden werden. Auch die Analyseinstrumente sind nach Ansicht des Sozialministeriums zu verbessern. Die offene Koordinierungsmethode biete aber eine gute Möglichkeit, voneinander zu lernen, sagte sie. Sie sei der geeignete Weg zu zeigen, wie man auf nationaler und regionaler Ebene zusammenarbeiten kann. Auf eine Frage von Bundesrat Andreas Schnider (V) erläuterte Sedlmeier, die Methode der offenen Koordinierung gebe es schon lange. Sie basiere auf freiwilliger Zusammenarbeit und stelle ein Berichts- und Austauschinstrument dar. Die Mitgliedstaaten legten Berichte vor und die Kommission stelle daraufhin fest, wo Nachholbedarf vorliegt.

 

Susanne Piffl-Pavelec (BMWA) sah vor allem die Notwendigkeit, einen umfassenden Ansatz zu finden, etwa Arbeitsbedingungen und soziale Sicherheit als eine Einheit zu sehen.

 

Bundesrat Wolfgang Schimböck (S) befürchtete, durch das gegenständliche Vorhaben werde zu viel Bürokratie auf die inländischen Behörden zukommen. Selbstverständlich brauche man ein durchgängiges Bekenntnis zu einem sozialen Europa, sagte Schimböck, und da wäre Europa gefordert. Ihm zufolge kommt aber zu viel Wettbewerb in das Sozialpaket hinein. Er brachte die Schwierigkeiten der Gemeinden auf Grund der Nachzahlungen in die Pensionskassen zur Sprache, was von den Bundesräten Edgar Mayer (V) und Erwin Preiner (S) unterstrichen wurde. Beide sahen hier hohen Handlungsbedarf und die Notwendigkeit einer staatlichen Unterstützung.

 

 

 

 

Grundsätzlich positiv wurde jedoch der Vorschlag für eine Richtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung bewertet. Die Bundesrätinnen und Bundesräte sehen darin die Schließung einer Regelungslücke.

 

Der Vorschlag hat die Anwendung dieses Grundsatzes auch außerhalb des Arbeitsmarktes zum Inhalt. Dadurch soll der bereits bestehende gemeinschaftliche Rechtsrahmen, in dem das Diskriminierungsverbot in den angeführten Bereichen lediglich in Beschäftigung, Beruf und Berufsausbildung Anwendung findet, ergänzt werden, und zwar in Bezug auf den Sozialschutz (einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste), die sozialen Vergünstigungen, den Zugang zur Bildung und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum. Zudem soll in der Europäischen Union ein einheitliches Mindestschutzniveau für Personen, die Opfer solcher Diskriminierung sind, festgelegt werden. Explizit ausgenommen - und damit der innerstaatlichen Regelung überlassen - werden in diesem Zusammenhang jedoch unter anderem die Organisation und die Inhalte der allgemeinen Bildung, die Anerkennung der Ehe oder des Familienstandes und die Adoption.

 

Trotz des positiven Zugangs schlagen die Bundesrätinnen und Bundesräte eine Überarbeitung des Textes vor. Sie beziehen sich dabei insbesondere auf jene Bestimmungen, die Menschen mit Behinderungen betreffen. Um eine zielgerichtete Antidiskriminierungspolitik sicher zu stellen, wird angeregt, bestimmte Regelungen den Mitgliedstaaten vorzubehalten, zumal mit den unterschiedlichen Behinderungen sehr unterschiedliche Bedürfnisse verbunden sind. Die Ausschussmitglieder schließen sich auch der Kritik der Behindertenverbände an, die kritisieren, dass die vorgeschlagene Richtlinie in vielen Punkten weniger Rechte und Garantien einräumt als die von der EU bereits unterzeichnete "UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities" oder sogar im Widerspruch dazu steht. Diese Kritik betrifft insbesondere den Zugang zu Finanzdienstleistungen und zu Bildungsinstitutionen sowie in der Richtlinie teilweise neu eingeführte unbestimmte Gesetzesbegriffe.

 

Grundsätzlich empfehlen die Mitglieder des Ausschusses, den vorliegenden Richtlinienvorschlag in eine konsolidierte Fassung eines einheitlichen Rechtsaktes zur Bekämpfung von Formen verschiedener Diskriminierungen einzuarbeiten. Geht es nach ihnen, sollte auch klar gestellt werden, dass das Verbot der Diskriminierung auf Grund der Weltanschauung nicht zu Gunsten extremistischer Gruppierungen oder Sekten ausgelegt werden kann.

 

Susanne Piffl-Pavelec (BMWA) berichtete über eine Diskussion im Rat vom 2. Oktober. Dort habe sich Österreich positiv zur gegenständlichen Richtlinie geäußert, dennoch seien aus innerstaatlicher Sicht noch einige Mängel zu beheben. Vor allem liegen laut Piffl-Pavelec die Vorschläge hinsichtlich der Menschen mit Behinderung weit hinter der UN-Konvention zurück. Auch die formulierten Ausnahmen seien noch viel zu weit gefasst. Der Richtlinienentwurf enthalte darüber hinaus noch zu viele unbestimmte Begriffe und setze keine ausreichende Abgrenzung zu den Kompetenzen der Mitgliedsländer. Deshalb sei der juristische Dienst des Rates beauftragt worden, ein Gutachten zu erstellen, das bereits vorliege und nun auf der Ebene der Arbeitsgruppe im Land behandelt werde. Man habe von österreichischer Seite auch vorgeschlagen, die bestehenden Richtlinien zu Fragen der Diskriminierung anzupassen, erwähnte Piffl- Pavelec.

 

Bundesrat Gottfried Kneifel (V) unterstrich, dass die bereits geltenden Richtlinien seit Jahren im Rahmen der Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungs-Gesetzgebung sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene umgesetzt worden seien. Österreich habe in dieser Hinsicht vorbildlich gehandelt.

 

Wenngleich Bundesrat Gerald Klug (S) den mit der Richtlinie angestrebten Lückenschluss befürwortete, artikulierte er jedoch insofern Sorge, dass eine vierte Richtlinie zum Thema "Antidiskriminierung" zur Rechtsunsicherheit beitrage. Er trat daher dafür ein, eine umfassende Richtlinie auszuarbeiten. Die Bundesräte Edgar Mayer (V) und Albrecht Konecny (S) unterstützten die Bedenken der Behindertenverbände in Bezug auf die Richtlinie. Max Rubisch (BMSK) bestätigte gegenüber den Bundesrätinnen und Bundesräten, dass sich das Ministerium der Kritik der Behindertenverbände anschließt. Man hätte sich grundsätzlich eine spezifische Richtlinie gewünscht, weil behinderte Menschen ganz spezielle Probleme haben. Rubisch merkte in diesem Zusammenhang auch an, dass das heimische Behindertengleichstellungsrecht weit über den Richtlinienentwurf hinausgehe. Er sah vor allem das Problem, dass auf Grund der Richtlinie eine Behinderung ein Kriterium dafür sein könnte, von einer Versicherung ausgeschlossen zu werden, und das könne man nicht akzeptieren, sagte er.

Bundesrat Andreas Schnider (V) problematisierte jene Passagen, die die Weltanschauung betreffen. Hier gebe es noch einigen Klärungsbedarf, etwa religiöser Symbole in den Kindergärten und Schulen, meinte er.  Susanne Piffl-Pavelec (BMWA) bemerkte dazu, der legistische Dienst des Rates habe dezidiert festgestellt, dass die Bestimmungen der Richtlinie nur den Zugang zu Institutionen betreffen, nicht aber Inhalte, Organisation und Finanzen. Das betreffe auch die Religionsgemeinschaften, wo es nur um den freien Zugang zu den Bildungseinrichtungen geht. Der konfessionelle Religionsunterricht falle eindeutig unter die Organisation des Bildungswesens und sei daher von der Richtlinie nicht berührt.

 

 

 

 

Im Zuge dieser Diskussion schnitt Bundesrat Albrecht Konecny (S) auch formale Themen an. Der Subsidiaritäts-Check für diese Vorlage laufe auch als Test im Rahmen der COSAC. Die nationalen Parlamente hätten acht Wochen Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben. Innerhalb dieser Frist gehe es neben der Formalprüfung auch um eine inhaltliche Stellungnahme, betonte er. Nur dann habe man eine Chance, bei einem allfälligen Review-Prozess berücksichtigt zu werden. Der Bundesrat habe diese Frist wegen der tagungsfreien Zeit nicht einhalten können. Vor diesem Problem stünden auch andere Parlamente, weshalb die Kommission auch an eine Fristhemmung von vier Wochen im Sommer denke. Er, Konecny, würde auch eine zweiwöchige Fristhemmung im Winter befürworten. Konecny sah auch einen wesentlich stärkeren Koordinierungsbedarf mit anderen Parlamenten, da man sonst nicht auf das im Vertrag von Lissabon vorgesehene Quorum kommt, um ein Gesetzesvorhaben der EU stoppen zu können. Man müsse sich auch darüber absprechen, welche Vorlagen man gemeinsam bearbeitet. Ein solcher Konsultationsmechanismus müsse sofort am Beginn der achtwöchigen Frist zu laufen beginnen.

 

Der Vorsitzende des Ausschusses, Gottfried Kneifel (V) stimmte Konecny zu und meinte, man befinde sich derzeit in einem Lernprozess. Er teilte die Auffassung seines Vorredners, dass man einen Konsultationsmechanismus für ein gemeinsames Vorgehen vereinbaren müsse, um ein effizientes Instrument gegenüber der Kommission zu haben. Um die Dokumente entsprechend vorbereiten zu können, brauche man mehr Unterstützung seitens der Parlamentsdirektion, das heißt zusätzliches Personal. Eine solche Initiative sei in der letzten Präsidiale besprochen worden, berichtete Kneifel. Der Bundesrat habe mit einer fundierten Prüfung der EU-Vorhaben die Chance, der Bevölkerung beweisen zu können, dass man die Arbeit ernst nimmt, unterstrich er abschließend.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgende Ausschussfeststellungen wurden mit Stimmeneinhelligkeit angenommen:

 

 

 

EU-Ausschuss des Bundesrates 5. 11. 2008                             

 

 

Antrag

 

betreffend COM KOM (2008) 414 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung

(40444/EU XXIII.GP)

 

 

Der EU-Ausschuss wolle beschließen:

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat den Vorschlag der Kommission COM KOM (2008) 414 endg. für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung  (40444/EU XXIII.GP) am 6. Oktober und am 5. November 2008 in öffentlichen Sitzungen beraten und beschließt auf der Grundlage der Informationen der zuständigen Bundesministerien, der Verbindungsstelle der Bundesländer und der Vertreter des Städte- bzw. Gemeindebundes sowie aufgrund der Einheitlichen Stellungnahme der Bundesländer (Art. 23d Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes) vom 2. Oktober 2008 (VSt-5877/18) folgende

 

 

Ausschussfeststellung:

 

 

I.

 

„Stellungnahme an die Europäische Kommission

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates kommt zu folgendem Ergebnis:

 

  1. Die Art. 49, 52 und 95 EGV sind keine hinreichende Rechtsgrundlage für die vorgeschlagenen gemeinschaftlichen Regelungen.
  2. Die vorgeschlagenen Regelungen sind nicht kompatibel mit Art. 152 EGV Abs. 1 und Abs. 5, die ein hohes Gesundheitsschutzniveau bei der Durchführung aller Gemeinschaftspolitiken und die Verantwortung der Mitgliedsstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung in vollem Umfang sicherstellen sollen.
  3. Die vorgeschlagenen Regelungen berücksichtigen nur völlig unzureichend den Charakter von Gesundheitsdienstleistungen als Leistungen von allgemeinem Interesse.
  4. Die vorgeschlagene Regelung ist an sich überhaupt nicht erforderlich, jedenfalls überschießend und kein Beispiel einer guten Gesetzgebung. Insbesondere Art. 22 der Verordnung Nr. 1408/71 sowie Entscheidungen des EuGH zur Patientenmobilität regeln den Gegenstand ausreichend. Soweit die Umsetzung in nationales Recht allenfalls nicht ausreichend erfolgt ist, so wäre primär für die ordnungsgemäße Umsetzung zu sorgen statt eine neue Regelung zu erlassen.
  5. Wenn sich herausstellen sollte, dass eine neue Regelung unbedingt erforderlich ist, sollte diese in das System der VO 1408/71 inkorporiert werden statt eine parallele Regelung mit unvermeidlichen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung des Anwendungsbereichs zu erlassen.
  6. Die vorgeschlagenen Regelungen berücksichtigen nur völlig unzureichend die Organisation und die Finanzierung des österreichischen Gesundheitswesens und erfordern substanzielle Änderungen mit unabsehbaren Auswirkungen. Insbesondere bleibt unklar, welcher Kostenersatz tatsächlich verlangt werden kann bzw. geleistet werden muss. Die Finanzierung des österreichischen Gesundheitssystems erfolgt in einem Mischsystem aus Steuermitteln, aus Mitteln der Krankenversicherung und einzelnen privaten Zuzahlungen. Die gesetzliche Krankenversicherung trägt zu den Behandlungsleistungen in Krankenanstalten einen jährlichen Pauschalbetrag bei. Wenn nun solche Leistungen im Ausland gegen auch nur teilweisen individuellen Kostenersatz vorgenommen werden, führt dies zu erheblichen Mehrkosten, weil der Pauschalbeitrag der Krankenversicherungsträger unverändert bleibt. Dies ist daher derzeit nur im Fall einer plötzlichen Erkrankung oder nach Vorabgenehmigung, wenn eine bestimmte medizinische Leistung im Inland nicht oder nicht in einem zumutbaren Zeitraum verfügbar ist, zulässig und möglich. Mutatis mutandis bleibt in der vorgeschlagenen Regelung unklar, ob an „Gastpatienten“ nur der Finanzierungsanteil der Sozialversicherung oder auch der steuerfinanzierte Anteil verrechnet werden darf.
  7. Die vorgeschlagenen Regelungen sind hinsichtlich der Zulässigkeit und der Reichweite eines Vorabgenehmigungsverfahren unklar und lässt dies allem Anschein nach nur als Ausnahme und nicht als Regel zu. Diese Einschränkung kann zu unplanbaren Mehrkosten führen, weil diese Ausnahme einerseits restriktiv zu interpretieren sein würde und andererseits erst im Nachhinein durch die Judikatur konkretisiert würde.
  8. Die administrative Umsetzung der vorgeschlagenen Regelung lässt einen erheblichen Verwaltungsaufwand befürchten, zudem fehlen sichere Angaben über die zu erwartende Anzahl von „Gastpatienten“, der Aufwand ist daher kaum seriös abschätzbar.
  9. Die vorgeschlagene Regelung lässt völlig außer acht, dass zwar zusätzliche Zahlungspflichten der Mitgliedsstaaten für Behandlungsleistungen im EU-Ausland entstehen, eine Kostenreduktion im Inland damit aber nicht oder nicht im gleichen Umfang verbunden sein wird. Die Inlandskosten sind nämlich zu einem wesentlichen Teil Fixkosten, die insbesondere von den Investitionen und den vorgehaltenen Kapazitäten abhängen. Und es kann nicht Ziel der Unionspolitiken sein, einen Anstoß zur Reduzierung der Kapazitäten der nationalen Gesundheitssysteme oder für zusätzlichen „Gesundheitstourismus“ zu setzen.
  10. Zusammenfassend warnt der EU-Ausschuss des Bundesrates nachdrücklich vor einem gemeinschaftsrechtlichen Eingriff in Organisation und Finanzierung der nationalen Gesundheitssysteme mit unabsehbaren direkten und indirekten Folgen.
  11. Der EU-Ausschuss des Bundesrates verweist ergänzend auf die angeschlossene Einheitliche Stellungnahme der Bundesländer, die gemäß Art. 23d des Bundes-Verfassungsgesetzes für die österreichischen Vertreter im Rat verbindlich ist, soweit die Gesetzgebungskompetenz der Länder betroffen ist.
  12. Der EU-Ausschuss des Bundesrates geht daher davon aus, dass die vorgeschlagenen Regelungen mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar sind.“

 

 

II.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates ersucht den Präsidenten des Bundesrates, dieses Kommuniqué einschließlich der angeschlossenen Einheitlichen Stellungnahme der Bundesländer vom 2. Oktober 2008 (VSt-5877/18) an die Europäische Kommission sowie an die österreichische Bundesregierung, an den Ausschuss der Regionen, an die COSAC bzw. IPEX und an das Europäische Parlament zu übermitteln.

 

 

III.

 

Der EU-Ausschuss übergibt dem Präsidenten des Bundesrates diese Ausschussfeststellung gem. § 34 Abs. 6 GO-BR zur Veröffentlichung als Kommuniqué.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Ausschuss des Bundesrates 5. November 2008

 

 

 

Antrag

 

betreffend COM KOM (08) 418 endg.,

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Ein erneuertes Engagement für ein Soziales Europa: Verstärkung der offenen Koordinierungsmethode für Sozialschutz und soziale Eingliederung“ (40441/EU XXIII.GP)

 

 

 

Der EU-Ausschuss wolle beschließen:

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat die Mitteilung der Kommission „Ein erneuertes Engagement für ein Soziales Europa: Verstärkung der offenen Koordinierungsmethode für Sozialschutz und soziale Eingliederung“ (40441/EU XXIII.GP) am 6. 10. und am 5. 11. 2008 in öffentlicher Sitzung beraten und beschließt auf der Grundlage der Informationen der zuständigen Bundesministerien, der Verbindungsstelle der Bundesländer und der Vertreter des Städte- bzw. Gemeindebundes sowie aufgrund der gemeinsamen Stellungnahme der Bundesländer vom 12. August 2008 (VSt-5892/2) folgende

 

 

Ausschussfeststellung:

 

I.

 

„Stellungnahme an die Europäische Kommission

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates kommt zu dem Ergebnis, dass die in der Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen der Methode der offenen Koordinierung, die über die Kooperation und den Informationsaustausch hinausgehen, nicht Teil der Zuständigkeit der Union sind. Dies betrifft insbesondere die Vorgabe und Überwachung gemeinsamer - künftig auch - quantitativer Ziele und die in der Folgenabschätzung angesprochenen „freiwilligen politischen Verpflichtungen.“ Bei der Methode der offenen Koordinierung ist zudem nur eine unzureichende Einbindung der nationalen Parlamente vorgesehen.

 

Grundsätzlich ist die Union im Rahmen ihrer Kompetenzen zur Förderung des sozialen Fortschritts und eines hohen Maßes an sozialem Schutz aufgefordert. Die Ziele der Mitteilung gehen sohin mit den EU-Zielen konform. Allerdings rechtfertigen diese grundsätzlichen Zielvorgaben kein Handeln der Union außerhalb ihres Kompetenzbereiches.

Obwohl die in der Mitteilung angesprochenen Themen in allen Mitgliedsstaaten relevant sind, so sind dennoch bei den Maßnahmen, die über Kooperation und Informationsaustausch hinausgehen, weder wesentliche grenzüberschreitende Aspekte noch ein zusätzlicher „europäischer“ Nutzen feststellbar sondern führt durch Leitlinien, Berichtspflichten und Evaluierungsmechanismen zu erheblichem bürokratischen Mehraufwand. Die Mitteilung enthält zudem keine Angaben über die Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und der Proportionalität. Der EU-Ausschuss des Bundesrates verweist ergänzend auf die angeschlossene gemeinsame Stellungnahme der Bundesländer.“

 

 

 

II.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates ersucht den Präsidenten des Bundesrates, dieses Kommuniqué einschließlich der angeschlossenen gemeinsamen Länderstellungnahme vom 12. August 2008 (VSt-5892/2) an die Europäische Kommission sowie an die österreichische Bundesregierung, an die COSAC bzw. IPEX und an das Europäische Parlament zu übermitteln.

 

 

III.

 

Der EU-Ausschuss übergibt dem Präsidenten des Bundesrates diese Ausschussfeststellung gem. § 34 Abs. 6 GO-BR zur Veröffentlichung als Kommuniqué.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Ausschuss des Bundesrates 5. 11. 2008                             

 

 

 

Antrag

 

betreffend COM KOM (2008) 426 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (40612/EU XXIII.GP)

 

 

 

Der EU-Ausschuss wolle beschließen:

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat zum Vorschlag der Kommission COM KOM (2008) 426 endg. für eine Richtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (40612/EU XXIII.GP) ein umfassendes österreichweites Begutachtungsverfahren durchgeführt und die betroffenen öffentlichen Institutionen, die Sozialpartner und Interessenvertretungen, sowie wissenschaftliche und Institutionen der Zivilgesellschaft befasst. Der Richtlinienvorschlag wurde am 22. Juli und am 5. November 2008 in öffentlichen Sitzungen beraten. Der EU-Ausschuss des Bundesrates beschließt daher auf der Grundlage der eingelangten Stellungnahmen, der Informationen der zuständigen Bundesministerien, der Verbindungsstelle der Bundesländer und der Vertreter des Städte- bzw. Gemeindebundes sowie aufgrund der Einheitlichen Stellungnahme der Bundesländer (Art. 23d Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes) vom 9. September 2008 (VSt-5881/5) folgende

 

 

Ausschussfeststellung:

 

I.

 

„Stellungnahme an die Europäische Kommission

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates betont zunächst, dass die bereits geltenden Richtlinien in diesem Zusammenhang in Österreich schon seit Jahren im Rahmen der Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungsgesetzgebung sowohl auf Bundes- wie auch auf Länderebene umgesetzt und im europäischen Vergleich auch wirksam implementiert wurden.

 

 

A) Allgemeine Bemerkungen:

 

Der Richtlinienvorschlag basiert auf Art. 13 EGV. Nach dieser Bestimmung kann der Rat im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten geeignete Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.

 

Mit dem Richtlinienvorschlag soll der Grundsatz der Gleichbehandlung in Form eines Verbotes der Diskriminierung aus Gründen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verwirklicht werden. Das Verbot der Diskriminierung gilt im Bezug auf den Sozialschutz einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, der sozialen Vergünstigungen, der Bildung sowie im Bezug auf den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum.

 

Vor diesem Hintergrund füllt der Vorschlag eine Regelungslücke, die aus den bestehenden Richtlinien resultiert. Diese gebieten eine Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (Richtlinie 2000/43/EG) bzw. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Richtlinie 2000/78/EG). Ferner ist die Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen vorgesehen (Richtlinie 2004/113/EG). Ein allgemeines Gebot der Gleichbehandlung außerhalb von Beschäftigung und Beruf fehlt bis dato und wird somit erstmals mit dem gegenständlichen Richtlinienentwurf thematisiert.

 

Der Richtlinienvorschlag steht angesichts des Umfanges an erfassten Schutzgütern mit Art. 13 EGV und den darin genannten Zielen der Europäischen Union im Einklang. Vom Standpunkt der Subsidiarität aus gesehen können die Mitgliedstaaten Themen der Gleichbehandlung zwar auch innerstaatlich regeln, allerdings hat die vorgeschlagene Vorgangsweise den Vorteil, dass ein Mindeststandard an grundlegenden Rechten und Pflichten einheitlich vorgegeben wird.

 

Für den Vorschlag wurde die Rechtsform der Richtlinie und damit das Rechtsinstrument gewählt, das den einzelnen Mitgliedstaaten einen gewissen Umsetzungsspielraum belässt. Im Hinblick auf das verfolgte Ziel eines EU-weit einheitlichen Mindeststandards scheint diese Form des Rechtsinstrumentes angemessen und hat sich in der Vergangenheit zur Bekämpfung von Diskriminierungen (vgl. die oben genannten Richtlinien) bestens bewährt.

 

In diesem Zusammenhang erscheint es allerdings naheliegend, die bestehenden Richtlinien mit dem nun vorgeschlagenen Richtlinienentwurf in einem kompilierten Rechtsetzungsakt zusammen zu fassen. Eine solche umfassende Richtlinie hätte den Vorteil, dass die Antidiskriminierungsvorschriften auf einen Blick vollständig ersichtlich wären und somit noch einen höheren Grad an Rechtssicherheit wie bisher gewährleisten würden.  Außerdem könnte das Ausmaß des Diskriminierungsschutzes vereinheitlicht und damit dessen Resonanz deutlich verbessert werden.

 

 

B) Bemerkungen im Hinblick auf die Subsidiarität:

 

Der Richtlinienentwurf nimmt gewisse Bereiche vom Gleichbehandlungsgebot aus und überlässt diese damit der innerstaatlichen Regelung. Themen wie die Organisation und die Inhalte der allgemeinen Bildung, die Anerkennung des Ehe- oder Familienstandes, Adoption, reproduktive Rechte u. a. bleiben nach dem Richtlinienvorschlag ausdrücklich der nationalen Ebene vorbehalten. Der Richtlinienvorschlag verlangt keine Änderung der gegenwärtigen nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren auf diesen Sach- und Rechtsgebieten. Ebenso bleiben die nationalen Regelungen zu den Aktivitäten der Kirchen und anderer religiöser Organisationen sowie zu deren Beziehung zum Staat unberührt. Damit sind die speziellen Bedingungen der einzelnen Mitgliedstaaten ausreichend beachtet.

 

 

C) Bemerkungen zur Verhältnismäßigkeit:

 

Die Bestimmungen des Richtlinienentwurfes entsprechen im Großen und Ganzen auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. In diesem Zusammenhang erscheint es allerdings geboten, auf folgendes Spannungsverhältnis hinzuweisen und eine Abhilfe durch eine Überarbeitung des Textes zu fordern:

 

Art. 4 des Entwurfes verpflichtet die Mitgliedstaaten zu Vorleistungen gegenüber Menschen mit Behinderungen. Diese Verpflichtung besteht in der Gewährleistung von Maßnahmen, die einen effektiven diskriminierungsfreien Zugang zu Sozialschutz, sozialen Vergünstigungen, Gesundheitsdiensten und Bildung sowie den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, zu gewährleisten. Diese Verpflichtung steht ausschließlich unter dem Vorbehalt der unverhältnismäßigen Belastung. Nur wenn eine solche gegeben ist, besteht die Verpflichtung zur Gewährleistung des effektiven diskriminierungsfreien Zuganges im soeben beschriebenen Sinn nicht.

 

Daraus resultiert die Pflicht zur generellen Gewährleistung von Maßnahmen, ungeachtet der realen Umstände, ob und inwieweit der „diskriminierungsfreie Zugang“

  1. von Menschen mit Behinderungen in Anspruch genommen wird;
  2. mit finanziellen Aufwendungen verbunden ist;
  3. das mit der Behinderung verbundene Defizit abdeckt und
  4. bestehende Einrichtungen betrifft, die rechtmäßig betrieben und auf Basis der geltenden Rechtsordnung geschützt sind (z. B. ein konsensgemäßes Gebäude, welches auch unter Denkmalschutz steht).

 

Der Richtlinienentwurf überlässt die Lösung dieser Fragen im Zusammenhag mit der Umsetzung der Richtlinie nur insoweit dem Mitgliedstaat, als dieser unverhältnismäßige Belastungen ausnehmen darf.

 

Aus dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit (und auch der Subsidiarität) wird daher gefordert, die in den Punkten 1. bis 4. angeführten Inhalte der Regelung der Mitgliedstaaten vorzubehalten. Nur auf diese Weise wäre eine zielgerichtete und damit im Einzelfall behindertengerechte Antidiskriminierungspolitik sichergestellt. Eine Minderung des angepeilten Schutzniveaus wäre damit keinesfalls verbunden.

 

Anzusetzen bei der Überarbeitung des Textes von Art. 4 wäre beim Kriterium „unverhältnismäßige Belastung“. Dieses Kriterium wäre jedenfalls zu konkretisieren. Angesichts der Tragweite der Bewertung, ab wann eine unverhältnismäßige Belastung vorliegt, erscheint dieser Maßstab nicht präzise genug. Außerdem ist unklar, was es bedeutet, dass die Belastung dann nicht unverhältnismäßig ist, wenn sie durch Maßnahmen im Rahmen der Gleichbehandlungspolitik des betreffenden Mitgliedstaates in ausreichendem Maße ausgeglichen wird (Art. 4 Punkt 2).

 

Bei der Bewertung, wann keine unverhältnismäßige Belastung vorliegt, wird das alleinige Abstellen auf die Größe und die Ressourcen der Organisation, die Art der Organisation, die voraussichtlichen Kosten, auf den Lebenszyklus der Güter und Dienstleistungen und die möglichen Vorteile eines verbesserten Zugangs für Menschen mit Behinderungen den komplexen und verschiedenartigsten Lebenssachverhalten von Menschen mit Behinderungen nicht gerecht. Menschen mit einer körperlichen Behinderung (z.B. Rollstuhlfahrer) haben ganz andere Bedürfnisse, wie sinnesbehinderte Menschen (z.B. seh- oder hörbehinderte Menschen). Diese Personengruppen haben wiederum ganz andere Bedürfnisse als psychisch oder geistig behinderte Menschen.

 

In diesem Zusammenhang ist es auch einer großen Organisation mit umfassenden Ressourcen nicht möglich und auch im Hinblick auf den erforderlichen und  zielgerichteten Schutz und Hilfebedarf von Menschen mit Behinderungen nicht effektiv, gleichsam im „Gießkannenprinzip“ in allen Sachbereichen umfassende und damit jedoch nicht mehr finanzierbare Maßnahmen setzen zu müssen (die Kostenexplosion bei baulichen Maßnahmen betrifft vor allem bestehende Baulichkeiten). Insofern geht die Forderung der Richtlinie zu weit und ist nicht mehr verhältnismäßig und auch nicht finanzierbar. Es wird damit ein unsachlicher Standard gefordert, der an den individuellen Bedürfnissen der Zielgruppe vorbeigeht. Hier müssten Steuergelder der Allgemeinheit nicht zielgerichtet und in einem Ausmaß verwendet werden, der nicht mehr vertretbar ist. Der bestmögliche Schutz vor Diskriminierung behinderter Menschen muss jedenfalls unter der Prämisse stehen, dass Angebote für Menschen mit Behinderungen zielgerichtet zur Verfügung gestellt und als solche bestmöglich genützt werden können.

 

Zur Verdeutlichung des Gesagten ist folgendes auszuführen:

 

In Österreich werden Menschen mit Behinderungen zahlreiche Bildungsmöglichkeiten angeboten. Hierzu wurden öffentliche Schulgebäude nach den entsprechenden Bedürfnissen der jeweiligen Behindertengruppe ausgerichtet und auch der Unterricht durch entsprechend geschulte Pädagogen und individuelle technische Ausstattung den Bedürfnissen der jeweilige Behindertengruppe bestmöglich angepasst. Durch kostenlose Transportdienste wird den Menschen mit Behinderungen der Zugang zu diesen speziell adaptierten Schulgebäuden erleichtert.

 

Es wäre aber nicht zielführend und auch für große Organisationen mit hohen Ressourcen nicht finanzierbar, dass jede Schule für Menschen mit Behinderungen jeder Art gleich zugänglich ist und dann aber in der Praxis von manchen Behindertengruppen nicht genützt werden würde. Nach der derzeitigen unbestimmten Regelung des Richtlinienvorschlages wären solche weit gehenden, nicht vertretbaren Maßnahmen aber gefordert.

 

Andererseits kann auch nicht jedes Wohngebäude von vornherein so adaptiert werden, dass alle Behindertengruppen barrierefrei und diskriminierungsfrei einen Zugang zu jeder Wohneinheit eines Wohngebäudes bekommen und in jeder Wohneinheit durch Anpassung der Ausstattung völlig diskriminierungsfrei wohnen können. Die überaus hohen Kosten müssten alle Eigentümer oder Mieter des jeweiligen Wohnhauses tragen, auch wenn in der Praxis vielleicht kein einziger Mensch mit Behinderung in diesem Wohnhaus Unterkunft nimmt. Eine solche Verpflichtung wäre schon bei neuen Wohnbauten unfinanzierbar, bei bereits bestehenden Gebäuden aber jedenfalls unvertretbar und unfinanzierbar.

 

 

D) Bemerkungen zu den Grenzen des Diskriminierungsschutzes:

 

1. Privater Bereich:

 

Nach Artikel 3 Abs. 1 des Richtlinienvorschlages soll das Diskriminierungsverbot auch für alle Personen im privaten Bereich gelten. Auch hier ist anzumerken, dass der Begriff „privater Bereich“ näher zu konkretisieren wäre. Eine Umsetzung dieses Begriffes in das innerstaatliche Recht ist mit erheblichen Auslegungsproblemen verbunden.

 

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass in der österreichischen Rechtsordnung das Eigentumsrecht und damit in Verbindung stehend auch die Privatrechtsautonomie verfassungsrechtlich geschützt sind und ein Eingriff unter anderem nur sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig erfolgen darf. Das Erfordernis, bestehende nicht diskriminierungsfreie Baulichkeiten auf Grund der Umsetzung des Richtlinienvorschlages in das nationale Recht entsprechend zu adaptieren, wäre in Abwägung der Interessen ein nicht vertretbarer unzumutbarer Eingriff in dieses Grundrecht.

 

2. Finanzierung:

 

Eine weitere Grenze muss dem Diskriminierungsschutz im Richtlinienvorschlag auch durch die Finanzierbarkeit der Maßnahmen gesetzt werden. Es wäre ausdrücklich durch eine Einschränkung des Textes zu gewährleisten, dass die zu setzenden Schutzmaßnahmen im Rahmen der jeweiligen budgetären Mittel gelegen sein müssen.

 

 

3. Verbot der Höchstgrenze für Schadenersatzleistungen:

 

Im Bezug auf die Verhältnismäßigkeit ist noch das in Art. 14 enthaltene Verbot einer Höchstgrenze für Schadenersatzleistungen bei Verletzung des Gleichbehandlungs-grundsatzes anzusprechen. Ein solches Verbot einer Begrenzung erscheint weder im System der Richtlinie gelegen (welches, wie bereits erwähnt, unverhältnismäßige Belastungen als Ausnahmegrund anerkennt), noch sachgerecht: Die Begrenzung der Möglichkeiten von kleinen staatlichen Einheiten in tatsächlicher und finanzieller Hinsicht (z. B. von Gemeinden) kann eine Obergrenze durchaus sachlich erfordern. Es wird daher - nicht zuletzt auch aus Gründen der Erzielung eines einheitlichen Schutzniveaus mit den bisherigen Richtlinien - ein Entfall dieses Teiles von Art. 4 vorgeschlagen.

 

 

E) Zur Umsetzungsfrist:

 

In Artikel 15 Abs. 1 des Richtlinienvorschlages ist ohne besondere Begründung eine höchstens zweijährige Umsetzungsfrist des Richtlinienvorschlages in das nationale Recht der Mitgliedstaaten geplant. Bei allen bisherigen Richtlinien auf dem Gebiet des Diskriminierungsschutzes (2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG) war eine dreijährige Umsetzungsfrist vorgesehen. In Anbetracht dessen, dass mit dem vorliegenden Vorschlag besonders viele Diskriminierungstatbestände abgedeckt werden, sollte die Umsetzungsfrist auf die bisher übliche Dreijahresfrist verlängert werden.

 

Grundsätzlich wird die in Artikel 15 Punkt 2 vorgesehene Übergangsfrist bei besonderen Umständen im Zusammenhang mit der Umsetzung von Artikel 4 des Vorschlages begrüßt. Vor allem im Hinblick auf die allenfalls erforderlichen kostenintensiven Anpassungen von bestehenden Baulichkeiten auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen sollte die Höchstfrist aber noch erhöht werden. Unter der Voraussetzung der Verlängerung der Umsetzungsfrist auf drei Jahre müssten in diesem Zusammenhang sechs Jahre ab der Annahme des Richtlinienvorschlags vorgesehen werden.

 

 

F) Weitere Ergebnisse des nationalen Begutachtungsverfahrens:

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates kommt zusammenfassend zur Auffassung, dass der vorliegende Richtlinienvorschlag als solcher grundsätzlich zu begrüßen ist und – jedenfalls nach gewissen Adaptierungen – nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit steht.

 

In diesem Zusammenhang wird aber ausdrücklich auf nachstehende Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens verwiesen:

 

  1. Der Richtlinienvorschlag – nicht jedoch die Folgenabschätzung – enthält nur kurze und wenig substanzielle Ausführungen zum Subsidiaritätsprinzip, die allerdings nur auf qualitativen und nicht auch auf quantitativen Argumenten beruhen.
  2. Die Folgenabschätzung ist unzureichend, weil sie kaum regionale oder lokale Aspekte berücksichtigt und weil eine vollumfängliche Kostenabschätzung insbesondere hinsichtlich des mit Umsetzung und Vollziehung verbundenen Aufwands für Administration sowie für Unternehmen weitestgehend fehlt.
  3. Die Richtlinie ist zweifellos erforderlich, um eine europarechtliche Regelungslücke zu schließen. Es fehlen aber weitgehend konkrete Angaben darüber, ob, welche und in welchem Umfang Diskriminierungen, für die durch die vorgeschlagene Richtlinie Abhilfe geschaffen werden soll, tatsächlich bestehen. Daher kann die Effizienz der vorgeschlagenen Regelung sowie die Möglichkeit alternativer und allenfalls kostengünstigerer Maßnahmen derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Insofern steht die vorgeschlagene Richtlinie in einem Spannungsverhältnis zu den Vorhaben „Better Regulation“ und „Verringerung von Verwaltungslasten“.
  4. Es wird nachdrücklich empfohlen, den vorliegenden Richtlinienvorschlag in eine konsolidierte Fassung eines einheitlichen Rechtsaktes zur Bekämpfung der verschiedenen Formen von Diskriminierungen einzuarbeiten. Andernfalls wäre konkret zu befürchten, dass ein für die einzelnen Bürger/innen nicht mehr überschaubares Nebeneinander von gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Verboten, Geboten, Ausnahmen, regelungsfreien Bereichen und auslegungsbedürftigen Begriffen bzw. Sachverhalten entsteht. Dies würde die Verständlichkeit, die Vorhersehbarkeit, die wirtschaftliche Planbarkeit und die Bereitschaft sowie die faktische Möglichkeit zu einem normkonformen Verhalten substanziell beeinträchtigen und daher im Widerspruch zum Vorhaben „Better Regulation“ stehen.
  5. In Art. 1 sollte klargestellt werden, dass das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung nicht zugunsten von extremistischen Gruppierungen oder Sekten ausgelegt werden kann.
  6. In Art. 2 (Begriff der Diskriminierung) sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass zur Zulassung zu einem Universitätsstudium etwa in künstlerischen oder sportlichen Bereichen bestimmte körperliche oder künstlerische Befähigungen als Zulassungsvoraussetzungen zulässig sind. Ebenso sollen beispielsweise Stipendienprogramme zur Förderung „junger Wissenschafter“ zulässig bleiben.
  7. In Art. 3 (Geltungsbereich) sollte klargestellt werden, dass die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten für die Bereitstellung und Finanzierung von Gesundheitsdienstleistungen im Sinne des Art. 152 EGV unberührt bleibt.
  8. In Art. 3 oder in einem Erwägungsgrund sollte klargestellt werden, dass die Ausnahme betreffend Religionsgemeinschaften auch die von diesen erbrachten vielfältigen sozialen Dienstleistungen sowie den konfessionellen Religionsunterricht einschließt.
  9. In Art. 3 sollte klargestellt werden, dass die Richtlinie nicht für Wohnraum im Rahmen der – zwar nicht gewerblichen aber Erwerbszwecken dienenden – bäuerlichen Privatzimmervermietung gilt.
  10. In Art. 3 bzw. 4 wäre klarzustellen, dass rechtskräftig genehmigte bestehende Baulichkeiten und Anlagen nicht verändert werden müssen; dies betrifft in besonderem Maße historische Gebäude, die im Rahmen des kulturellen Erbes denkmalgeschützt sind.
  11. In Art. 4 wäre auch klarzustellen, dass Reiseveranstalter nicht für einen diskriminierungsfreien Betrieb der jeweiligen Leistungserbringer am Urlaubsort haften, soweit dies nicht gesondert vereinbart ist. Dies gilt umso mehr für Reiseziele außerhalb der EU.
  12. In Art. 7 sollte die Festlegung der Berechtigung zur Verbandsklage wie in den anderen Anti-Diskriminierungs-RL dem nationalen Gesetzgeber überlassen bleiben.
  13. Die Beweislastumkehr in Art. 8 wird kritisch gesehen oder abgelehnt im Zusammenhang mit:

§         mittelbaren Diskriminierungen,

§         bei Klagen von Verbänden gegen Kleinunternehmen;

§         unbestimmten oder nicht näher definierten Begriffen wie „Behinderung“, „Angemessenheit“ oder „unverhältnismäßige Belastung“,

§         daraus abgeleiteten Dokumentationspflichten, die überschießend wären und in die Privatsphäre eingreifen können

§         Ersatzansprüchen, die nicht innerhalb einer dem Charakter der Grundleistung entsprechenden aber verhältnismäßig kurzen Zeitspanne geltend gemacht werden.

  1. In Art. 13 sollte auf Eingriffe in die grundrechtlich geschützte Privatautonomie durch Nichtigerklärung von bestehenden Verträgen, Vereinsstatuten und dgl. verzichtet werden. Dies betrifft insbesondere die Vorschriften in Art. 13 lit. b., die – soweit sie über den Erwerbsbereich hinausreichen – auch die Gemeinschaftskompetenzen überschreiten und daher das Subsidiaritätsprinzip verletzen.
  2. Die vorgeschlagene Richtlinie muss auch dahingehend sorgfältig überprüft werden, ob bzw. inwieweit de facto in vielen Bereichen ein Kontrahierungszwang geschaffen wird. Dies wäre ebenfalls ein unzulässiger Eingriff in die grundrechtlich geschützte Privatautonomie.
  3. In Art. 14 sollte – jedenfalls solange keine Erfahrungen aus der Praxis der Geltendmachung von Ersatzansprüchen vorliegen – auf das generelle Verbot von Höchstgrenzen für Schadenersatz verzichtet werden.
  4. Die Richtlinie sollte wesentliche Erleichterungen für Kleinunternehmen vorsehen.
  5. Seitens der Behindertenverbände wurde nachvollziehbar kritisiert, dass die vorgeschlagene Richtlinie in vielen Punkten weniger Rechte und Garantien einräumt als die von der EU bereits unterzeichnete UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities oder sogar im Widerspruch dazu steht. Diese Kritik betrifft insbesondere den Zugang zu Finanzdienstleistungen und zu Bildungsinstitutionen sowie in der Richtlinie teilweise neu eingeführte unbestimmte Gesetzesbegriffe.“

 

 

II.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates ersucht den Präsidenten des Bundesrates, dieses Kommuniqué an die Europäische Kommission, an den Ausschuss der Regionen, an die COSAC bzw. IPEX und an das Europäische Parlament zu übermitteln. Weiters wird der Präsident des Bundesrates ersucht, dieses Kommuniqué einschließlich der eingelangten Stellungnahmen der Bundesregierung zu übermitteln.

 

 

III.

 

Der EU-Ausschuss übergibt dem Präsidenten des Bundesrates diese Ausschussfeststellung gem. § 34 Abs. 6 GO-BR zur Veröffentlichung als Kommuniqué.