Parlament Österreich

 

 

 

IV-34 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 4. Mai 2010

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Dienstag, 4. Mai 2010

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Tagesordnung

 

 

 

  1. KOM (10) 95 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum Opferschutz sowie zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates

(28731/EU XXIV.GP)

 

  1. KOM (10) 94 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates

(28732/EU XXIV.GP)

 

  1. KOM (10) 105 endg./2

Vorschlag für eine Verordnung (EU) des Rates zur Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts

(28760/EU XXIV.GP)

 

KOM (10) 104 endg./2

Vorschlag für einen Beschluss des Rates Nr. …/2010/EU über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts

(28759/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Vorhaben im Justizbereich standen im Mittelpunkt der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrats vom 4. Mai 2010. Konkret ging es um zwei geplante EU-Richtlinien zur Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs und zur Bekämpfung des Menschenhandels sowie um die Beseitigung von Rechtsunsicherheiten bei Scheidungsverfahren. Die österreichische Regierung steht allen drei Vorhaben, zu denen die Europäische Kommission Vorschläge vorgelegt hat, grundsätzlich positiv gegenüber.

 

 

Folgende Auskunftspersonen standen den Bundesrätinnen und Bundesräten zur Verfügung:

Christian Manquet (Bundesministerium für Justiz),

die RichterInnen Romana Fritz und Thomas Traar,

Botschafter Walter Grahammer und

Angelika Hable (Bundeskanzleramt).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Richtlinie zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern

 

 

Die geplante EU-Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie soll einen geltenden Rahmenbeschluss des Rates ersetzen. Damit sollen schwere Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern, die derzeit von EU-Rechtsvorschriften nicht erfasst sind, unter Strafe gestellt werden. Dazu gehören etwa die Organisation von einschlägigen Reisen für Pädophile oder pornographische Online-Darbietungen.

 

Da Österreich bereits jetzt hohe Schutzstandards hat und hierzulande zum Beispiel auch schon das Betrachten von Kinderpornographie im Internet ohne Download strafbar ist, bedürfte selbst eine unveränderte Annahme des von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlags lediglich geringfügiger Anpassungen im österreichischen Recht, hält das Justizministerium fest. Neu eingeführt werden müsste allerdings ein Tatbestand gegen das so genannte "Grooming", die Kontaktaufnahme zu Kindern zum Zwecke des sexuellen Missbrauchs.

 

Vor diesem Hintergrund bestehe ein größerer Anlass zu handeln als beim ebenfalls auf der Tagesordnung stehenden Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels, stellte Christian Manquet, der in den Ausschuss entsandte Experte des Justizministeriums, fest. Zwar habe Österreich das Übereinkommen des Europarats gegen sexuelle Ausbeutung und sexuellen Missbrauch aus dem Jahre 2007 noch nicht ratifiziert, der Ratifizierungsprozess sei jedoch im vollen Gange, so Manquet.

 

In der Diskussion wollte Bundesratsvizepräsidentin Susanne Neuwirth (S/S) wissen, ob daran gedacht sei, Aufklärungsmaßnahmen und Schulungen für jene Personen durchzuführen, die von der Anzeigepflicht betroffen sind. Christian Manquet hielt fest, dass Artikel 15, der die diesbezüglichen Bestimmungen enthalte, noch zur Diskussion stehe. Bei der Umsetzung der Anzeigepflicht käme es aber unter Anwendung der geltenden Rechtslage immer wieder zu Schwierigkeiten, räumte er ein.

 

 

 

Der EU-Ausschuss verabschiedete sodann mit Stimmeneinhelligkeit eine Ausschussfeststellung, in der sich die BundesrätInnen grundsätzlich für die Vorlage aussprechen, da die sexuelle Ausbeutung von Kindern eine beträchtliche grenzübergreifende Dimension aufweise, der es mit gemeinsamen Maßnahmen entgegenzutreten gelte. Einzelne Bestimmungen (etwa die Art. 16, 20 und 21) seien der Intention nach zu begrüßen, bedürfen jedoch noch einer ergänzenden Prüfung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel

 

 

 

Auch die geplante EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum Opferschutz wird von den BundesrätInnen grundsätzlich begrüßt, zumal die Ziele des Vorschlags fester Bestandteil des europäischen Grundwertesystems seien. Eine diesbezügliche Ausschussfeststellung wurde mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

 

Laut Justizministerium würden im Falle eines unveränderten Beschlusses der Vorlage nur geringfügige Anpassungen im österreichischen Recht erforderlich werden. So gelte es in Österreich - im Gegensatz zum Richtlinien-Entwurf – bislang nicht als Menschenhandel, Personen auszunutzen, indem man sie zum Betteln und Stehlen zwingt. Bereits entsprechend verfolgt werden kann hingegen der Tatbestand der Ausbeutung von Menschen zum Zweck der Organentnahme.

 

In seinem Debattenbeitrag begrüßte Bundesrat Andreas Schnider (V/St) die Einbeziehung des Tatbestands der Bettelei, zumal man mit dieser Regelung auch den Gemeinden entgegenkomme. Bundesrat Albrecht Konecny (S/W) nützte seine Wortmeldung dazu, allgemein auf die Notwendigkeit einer strukturierteren Zusammenarbeit zwischen EU und Europarat aufmerksam zu machen. Bundesratsvizepräsidentin Susanne Neuwirth (S/S) wiederum beanstandete eine ihrer Ansicht nach unglücklich gewählte Formulierung im Vorschlag, die nahelege, dass vor allem Männer von Menschenhandel betroffen seien. Dies entspreche jedoch nicht der Wahrheit, da zu einem Großteil (minderjährige) Frauen Opfer von Menschenhandel würden. Sie stellte daher einen Abänderungsantrag.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beseitigung von Rechtsunsicherheiten im Fall von Scheidungen

 

 

Was die Frage der Zuständigkeit für Scheidungsverfahren betrifft, strebt Österreich eine so genannte "Verstärkte Zusammenarbeit" mit anderen EU-Ländern an und hat sich in diesem Sinn gemeinsam mit neun weiteren Staaten an die EU-Kommission gewandt. Hintergrund für diesen Schritt ist der Umstand, dass Österreich mit der geltenden Rechtslage unzufrieden ist, ein Verordnungsvorschlag der EU-Kommission im Jahr 2008 aber am Widerstand Schwedens scheiterte. Nun wollen einige EU-Staaten in diesem Bereich die in den EU-Verträgen vorgesehene Möglichkeit einer "Verstärkten Zusammenarbeit" nutzen. Gibt der Rat dafür grünes Licht, würde eine entsprechende EU-Verordnung nur für die optierenden Mitgliedstaaten gelten.

 

Voraussetzung für die Umsetzung des Vorhabens ist zum einen eine Ermächtigung des Rats zur Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit und zum anderen eine darauf basierende EU-Verordnung. Für beides hat die EU-Kommission Vorschläge (28759/EU, 28760/EU) vorgelegt. Gemäß dem Verordnungsentwurf soll im Fall von Scheidungen bzw. von Trennungen "ohne Auflösung des Ehebandes" primär das Recht des Staates des (letzten) gemeinsamen Aufenthalts der Ehegatten maßgebend sein. Alternativ sollen die Ehegatten gemeinsam einen anderen Staat, zu dem sie einen engen Bezug haben, wählen können. Damit wollen die EU-Länder Rechtsunsicherheit und einen "rush to court" verhindern. Derzeit kann das Ergebnis eines Scheidungsverfahrens nämlich dadurch beeinflusst werden, dass ein Ehegatte das Gericht in einem Mitgliedstaat anruft, dessen Recht er als günstiger empfindet.

 

Die "Verstärkte Zusammenarbeit" sei prinzipiell kein neues Instrument, doch habe man es dennoch mit dem ersten Fall seit 1997 zu tun, führte Botschafter Walter Grahammer zu dieser Kooperationsmöglichkeit aus. Eine solche Zusammenarbeit müsse aber "das letzte Mittel" sein, auch wenn sie einen guten Ansatz darstelle, um zwischenstaatliche Vereinbarungen innerhalb des durch die EU-Verträge vorgegebenen Rahmens zu treffen.

 

Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) kündigte jedoch die Ablehnung des Vorschlags durch ihre Fraktion an, da man fürchte, dass dieses Vorgehen dazu benützt werde, einer Vereinheitlichung der nationalen Rechtsordnungen Vorschub zu leisten. Sie wolle den bestehenden Pluralismus aber auch weiterhin gewahrt wissen.

 

Andere Bedenken äußerte Bundesratsvizepräsidentin Susanne Neuwirth (S/S), die befürchtete, dass durch die Vorlage doch Unterhaltsansprüche betroffen sein könnten, zumal laut österreichischer Rechtslage die Verschuldensfrage zu klären sei, andere Rechtssysteme aber darauf verzichteten. Wie Walter Grahammer ausführte, stünden solche Probleme nicht in Zusammenhang mit den vorliegenden Änderungen.

 

Die Ausschussfeststellung, in der die BundesrätInnen den Vorschlag grundsätzlich begrüßten, da er zum Ziele habe, größere Berechenbarkeit herzustellen und den "Wettlauf zu Gerichten" zu verhindern, wurde schließlich mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgende drei Ausschussfeststellungen wurden einstimmig angenommen:

 

 

 

 

 

 

EU-Ausschuss des Bundesrates am 4. Mai 2010

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

betreffend KOM(2010) 95 end. (28731/EU XXIV.)

(Stellungnahmefrist 25. Mai 2010)

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

 

I.

Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Europäischen Kommission

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat das Vorhaben betreffend

KOM(2010) 95 endg. (28731/EU XXIV.GP)

am 4. Mai 2010 in öffentlicher Sitzung beraten und kommt zu folgendem Ergebnis:

 

 

A. Stellungnahme

Der vorliegende Vorschlag ist mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar.

 

 

B. Begründung

  1. Der Kampf gegen den Menschenhandel erfordert ein abgestimmtes Vorgehen der Mitgliedstaaten sowie eine Zusammenarbeit auf internationaler Ebene, damit die angestrebten Ziele erreicht werden können. Unterschiedliche Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten erschweren dabei sowohl ein abgestimmtes Vorgehen als auch die internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungs- und Justizbehörden.
  2. Die Ziele des Vorschlags (u.a. Kampf gegen jegliche Form geschlechtsbezogener Gewalt, insbesondere des Frauenhandels) sind fester Bestandteil des europäischen Grundwertesystems. Die Bekämpfung des Kinderhandels ist auch in der EU-Kinderrechtsstrategie erfasst. Das Ziel der Bekämpfung des Menschenhandels und der Unterstützung der Opfer steht im Einklang mit den bisherigen Rahmenbeschlüssen und Richtlinien.
  3. Die Ziele des Vorschlages können aus Sicht des EU-Ausschusses des Bundesrates aus oben angeführten Gründen nicht von den Mitgliedstaaten alleine ausreichend verwirklicht werden.
  4. Durch den Vorschlag werden das materielle Strafrecht und die Verfahrensvorschriften der Mitgliedstaaten stärker als durch den derzeitigen Rahmenbeschluss einander angenähert. Dies wird sich positiv auf die internationale Zusammenarbeit der zuständigen Behörden auswirken und zu einem größeren Schutzniveau und besserer Unterstützung der Opfer beitragen.
  5. Der EU-Ausschuss des Bundesrates hebt hervor, dass in Hinblick auf den derzeitigen Standard des österreichischen Straf-, Strafverfahrens- und Opferschutzrechts selbst eine unveränderte Annahme des Vorschlages in materieller Hinsicht nur geringfügige Anpassungen im österreichischen Recht notwendig machen würde.
  6. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf alle Formen von Zwangsarbeit, wie sie in den entsprechenden Übereinkommen der internationalen Arbeitsorganisation genannt sind, wird begrüßt. Dadurch werden nun alle Formen von Ausbeutung einbezogen, was wiederum der Zielsetzung des Vorschlags entspricht.
  7. Die finanziellen Auswirkungen, die sich aus den neuen Tatbeständen und erweiterten Opferschutz ergeben, sind derzeit schwer abschätzbar. Es wird bemängelt, dass keine finanzielle Folgeabschätzung durch die Kommission stattgefunden hat.
  8. Die Verpflichtung zur Durchführung einer Einzelfallprüfung und zur Bereitstellung einer Grundversorgung sowie eines Rechtsbeistands ist zwar im Sinne des Vorschlags. Es ist jedoch fraglich, ob alle in dem Vorschlag angedachten Maßnahmen (z.B. Informationskampagnen) der gleiche Stellenwert zukommen sollte oder ob klar zwischen Verpflichtungen und fakultativen Maßnahmen unterschieden werden sollte, um nicht über das hinauszugehen, was zur Erreichung der Ziele des Vorschlags notwendig ist.

 

 

II.

Der EU-Ausschuss des Bundesrates geht davon aus, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung im Rat die Stellungnahme gem. Pkt. I  der österreichischen Position bei Beratung und Entscheidung im Rat zu Grunde legen wird.

 

III.

Der EU-Ausschuss übergibt dem Präsidenten des Bundesrates diese Ausschussfeststellung gem. § 34 Abs. 6 GO-BR zur Veröffentlichung als Kommuniqué.

 

IV.

Der EU-Ausschuss ersucht den Präsidenten des Bundesrates,

  1. dieses Kommuniqué an den Nationalrat, an die österreichische Bundesregierung, an die Landtage, an die Verbindungsstelle der Bundesländer und an den Städte- und den Gemeindebund, sowie
  2. die unter Punkt I. beschlossene Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates, der Kommission, des Ausschusses der Regionen und an die COSAC bzw. IPEX zu übermitteln.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Ausschuss des Bundesrates am 4. Mai 2010

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

betreffend KOM(2010) 94 endg. (28732/EU XXIV.GP))

(Stellungnahmefrist 25. Mai 2010)

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

I.

Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Europäischen Kommission

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat das Vorhaben betreffend

KOM(2010) 94 endg. (28732/EU XXIV.GP))

am 4. Mai 2010 in öffentlicher Sitzung beraten und kommt zu folgendem Ergebnis:

 

A. Stellungnahme

Der vorliegende Vorschlag ist mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar.

 

 

B. Begründung

  1. Der EU-Ausschuss des Bundesrates begrüßt den Vorschlag grundsätzlich, da die sexuelle Ausbeutung und der sexuelle Missbrauch von Kindern eine beträchtliche grenzübergreifende Dimension hat. Dies wird in der Kinderpornografie und dem Kinder-Sex-Tourismus am deutlichsten sichtbar. Aber sie wird auch in der Notwendigkeit erkennbar, den Schutz von Kindern in allen Mitgliedstaaten vor Straftätern aus allen Mitgliedstaaten, die leicht von einem Land ins andere reisen können, zu gewährleisten. Diese Ziele können daher aus der Sicht des EU-Ausschusses des Bundesrates nicht von den Mitgliedstaaten allein ausreichend verwirklicht werden.
  2. Der EU-Ausschuss des Bundesrates ist der Ansicht, dass nur gemeinsame Maßnahmen dagegen wirken können. 
  3. Die Ziele des Vorschlags können aus folgenden Gründen besser durch Maßnahmen der Europäischen Union erreicht werden: Durch den Vorschlag werden das materielle Strafrecht und die Verfahrensvorschriften der Mitgliedstaaten stärker als durch den derzeitigen Rahmenbeschluss angenähert, was sich positiv auf die Bekämpfung dieser Straftaten auswirken wird. Zum einen wird auf diese Weise verhindert, dass sich Straftäter für die Begehung ihrer Taten Mitgliedstaaten mit weniger strengen Vorschriften aussuchen. Zum Zweiten wird durch eine gemeinsame Definition des Straftatbestands die internationale Zusammenarbeit erleichtert.
  4. Schwere Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern, die derzeit nicht von den EU-Rechtsvorschriften erfasst sind, würden unter Strafe gestellt.  Besonderes Augenmerk gilt Straftaten gegen Kinder in einer besonders schwachen Position.
  5. Der EU-Ausschuss des Bundesrates sieht den Vorschlag in mehrfacher Hinsicht als Mehrwert hinsichtlich des im Übereinkommen des Europarates festgelegten Schutzniveaus. 
  6. Trotz des ohnehin schon hohen Standards des österreichischen Straf-, Strafverfahrens- und Opferschutzrechts bedürfte eine unveränderte Annahme des Vorschlags mehrerer Anpassungen im österreichischen Recht (etwa einen neuen Tatbestand "grooming").
  7. Die finanziellen Auswirkungen, die sich aus den neuen Tatbeständen und erweiterten Opferschutz ergeben, sind derzeit schwer abschätzbar. Es wird bemängelt, dass keine finanzielle Folgeabschätzung durch die Kommission stattgefunden hat.

 

  1. Einzelne Bestimmungen sind der Intention nach zu begrüßen (so etwa Art 15, Art 20 und Art 21). Sie bedürfen jedoch- vor allem im Hinblick auf eine Beschränkung auf die notwendige Reichweite- noch einer ergänzenden Prüfung.

 

 

II.

Der EU-Ausschuss des Bundesrates geht davon aus, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung im Rat die Stellungnahme gem. Pkt. I  der österreichischen Position bei Beratung und Entscheidung im Rat zu Grunde legen wird.

 

 

III.

Der EU-Ausschuss übergibt dem Präsidenten des Bundesrates diese Ausschussfeststellung gem. § 34 Abs. 6 GO-BR zur Veröffentlichung als Kommuniqué.

 

 

IV.

Der EU-Ausschuss ersucht den Präsidenten des Bundesrates,

  1. dieses Kommuniqué an den Nationalrat, an die österreichische Bundesregierung, an die Landtage, an die Verbindungsstelle der Bundesländer und an den Städte- und den Gemeindebund, sowie
  2. die unter Punkt I. beschlossene Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates, der Kommission, des Ausschusses der Regionen und an die COSAC bzw. IPEX zu übermitteln.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Ausschuss des Bundesrates am 4. Mai 2010

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

betreffend KOM (2010) 104 endg./2 und KOM (2010) 105 endg./2 (28760/EU XXIV.GP und 28759/EU XXIV.GP)

(Stellungnahmefrist 21. Juni 2010)

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

 

I.

Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Europäischen Kommission

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat das Vorhaben betreffend

KOM(2010) 104 endg./2 und KOM (2010) 105 endg./2 (28760/EU XXIV.GP und 28759/EU XXIV.GP)

am 4. Mai 2010 in öffentlicher Sitzung beraten und kommt zu folgendem Ergebnis:

 

 

A. Stellungnahme

Der vorliegende Verordnungsvorschlag ist mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar. In Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip wird jedoch eine neuerliche Überprüfung angeregt.

 

 

B. Begründung

  1. Mit den vorliegenden Vorschlägen kommt die Europäische Kommission dem Ansinnen von zehn Mitgliedsstaaten - darunter auch Österreich - nach, zwischen diesen Staaten eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts zu begründen.
  2. Der Verordnungsvorschlag selbst orientiert sich weitgehend am letzten Entwurf der damaligen Präsidentschaft zur schlussendlich gescheiterten Rom III - Verordnung. Er enthält Bestimmungen zu dem auf die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts. Demnach soll primär das Recht des Staates des (letzten) gemeinsamen Aufenthalts der Ehegatten maßgeblich sein. Die Gatten können aber auch eine Rechtswahl treffen. Diese Wahl ist aber beschränkt. Sie können nur ein Recht wählen, zu dem sie einen engen Bezug haben.
  3. Der Verordnungsvorschlag ist aus Sicht des EU-Ausschusses des Bundesrates grundsätzlich zu begrüßen, da er zum Ziel hat, größere Berechenbarkeit herzustellen und den "Wettlauf zu den Gerichten" zu verhindern.
  4. Da die Verordnung Aspekte des internationalen Scheidungsrechts betrifft und sich in diesem Bereich Probleme ergeben, wäre eine Regelung auf nationaler Ebene nicht ausreichend, um diesen Problemen zu begegnen.
  5. Durch den Erlass einer Verordnung hat die Europäische Union außerdem die Möglichkeit, eine einheitliche Regelung in den beteiligten Mitgliedsstaaten herbeizuführen, was ohne deren Mitwirkung nicht in diesem Ausmaß möglich wäre.
  6. Ein Tätigwerden der Union erfüllt somit die beiden im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips zu prüfenden Kriterien.
  7. Auf Grund der unmittelbaren Wirkung von Verordnungen verdrängt der vorliegende Vorschlag jedoch nach seinem Inkrafttreten in seinem Anwendungsbereich zur Gänze das nationale Recht.
  8. Alle Ehescheidungen oder Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes mit internationalen Merkmalen fallen in den Anwendungsbereich der Verordnung. Somit auch jene, bei denen ein Bezug zu einem Recht eines Nicht-EU-Mitgliedsstaates besteht.
  9. Ausnahmen von der Anwendung der Bestimmungen der Verordnung sind nur in genau definierten Fällen möglich. In diesen Fällen handelt es sich insbesondere um so genannte ordre public Vorbehalte. Darunter sind Regelungen eines Drittstaats zu verstehen, die den fundamentalen Prinzipien unserer Rechtsordnung widersprechen.
  10. Der Zusammenhang zwischen diesen diversen Ausnahmebestimmungen (Art 3 Abs.1 sowie Art 5 und Art 7) bedarf noch einer genaueren Prüfung und Erläuterung, da die genaue Bedeutung und Abgrenzung dieser Regelungen nicht klar erscheinen. Dies ist insbesondere auch dadurch begründet, dass eine einheitliche Definition des gewöhnlichen Aufenthalts in der Verordnung fehlt.
  11. Es  sollte  insbesondere  in Hinblick auf die Anwendbarkeit des Rechts von Nicht-EU-Mitgliedsstaaten  geprüft  werden, ob die ordre public Klausel des Art 7 ausreichend ist, um die Anwendung eines Rechts zu verhindern, das mit den Grundwertungen des Rechts des zuständigen Gerichts unvereinbar ist.

 

 

II.

Der EU-Ausschuss des Bundesrates geht davon aus, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung im Rat die Stellungnahme gem. Pkt. I  der österreichischen Position bei Beratung und Entscheidung im Rat zu Grunde legen wird.

 

 

III.

Der EU-Ausschuss übergibt dem Präsidenten des Bundesrates diese Ausschussfeststellung gem. § 34 Abs. 6 GO-BR zur Veröffentlichung als Kommuniqué.

 

 

IV.

Der EU-Ausschuss ersucht den Präsidenten des Bundesrates,

  1. dieses Kommuniqué an den Nationalrat, an die österreichische Bundesregierung, an die Landtage, an die Verbindungsstelle der Bundesländer und an den Städte- und den Gemeindebund, sowie
  2. die unter Punkt I. beschlossene Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates, der Kommission, des Ausschusses der Regionen und an die COSAC bzw. IPEX zu übermitteln.