Parlament Österreich

 

 

 

IV-35 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 30. Juni 2010

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 30. Juni 2010

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Tagesordnung

 

 

 

1.    COM KOM (10) 283 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 663/2009 über ein Programm zur Konjunkturbelebung durch eine finanzielle Unterstützung der Gemeinschaft zugunsten von Vorhaben im Energiebereich

(31889/EU XXIV.GP)

 

2.    COM KOM (10) 289 endg.

Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on amending Regulation (EC) No 1060/2009 on credit rating agencies

(32217/EU XXIV.GP)

                                  

3.    COM KOM (10) 76 endg.

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel

(27794/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Förderung von mehr Energieeffizienz sowie Neuregelungen für Ratingagenturen beschäftigten den EU-Ausschuss des Bundesrats vom 30. Juni 2010. Auch der Plan der EU, ein Europäisches Kulturerbe-Siegel zu schaffen, beschäftigte den Ausschuss.

 

 

 

 

Die EU will mit ihren Vorschlägen zur Förderung der Energieeffizienz und zur Neuregelung der Ratingagenturen nicht nur Konsequenzen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise ziehen, sondern auch auf den Klimawandel mit Programmen reagieren, die zugleich der Konjunkturbelebung dienen können. Zur Diskussion standen eine Änderung der Verordnung über ein "Programm zur Konjunkturbelebung durch eine finanzielle Unterstützung der Gemeinschaft zugunsten von Vorhaben im Energiebereich" sowie die Verordnung über Ratingagenturen.

 

 

 

Förderung der Energieeffizienz

 

 

Die Verbindung von Ökonomie und Ökologie will die EU-Kommission durch die Förderung der Energieeffizienz forcieren. In der Begründung zur geplanten Verordnung heißt es, die Entwicklung weiterer erneuerbarer Energiequellen und die Förderung von Energieeffizienz würden zu einem umweltfreundlichen Wachstum, zur Schaffung einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Wirtschaft und zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen. Es sollen dadurch auch neue Arbeitsplätze entstehen und ökologische Marktchancen eröffnet werden. Das Vorhaben ist auch im Zusammenhang der beschlossenen Strategie für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung "Europa 2020" zu sehen.

 

Konkret sieht der Verordnungsentwurf die Schaffung eines speziellen Finanzinstruments vor, das die Entwicklung bankfähiger Projekte im Bereich Energieeffizienz und erneuerbare Energien unterstützt. Das Instrument ist vor allem als Erleichterung für die Finanzierung von Investitionen kommunaler, lokaler und regionaler Behörden in solche Projekte gedacht. Es soll ausschließlich der Finanzierung von Maßnahmen dienen, die, wie es im vorgeschlagenen Gesetzestext heißt, einen unmittelbaren, messbaren und spürbaren Nutzen für die Konjunkturbelebung in der EU, die Steigerung der Energieversorgungssicherheit und die Verringerung der Treibhausgasemissionen haben. Man will auch die geographische Ausgewogenheit der Projekte als wesentliches Element mit einbeziehen.

 

Wie die Vertreterin des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend, Maryam Ghassemi, auf Detailfragen von Bundesrat Albrecht Konecny (S/W) erläuterte, sollen dafür ungebundene Mittel aus dem Programm zur Konjunkturbelebung für Europa (EEPR) in der Höhe von etwa 114 Mio. € eingesetzt werden. Eine Reihe von Mitgliedsstaaten, darunter auch Österreich, haben Bedenken angemeldet. Es geht dabei um eine Vermeidung der Duplizierung von Maßnahmen, um die vorgesehenen Einreichfristen und die Frage der tatsächlich verfügbaren Mittel.

 

Das Bundesministerium für Finanzen strebt laut dessen Vertreter Hassenbauer angesichts der prekären Budgetsituation eine Rückzahlung der unverbrauchten Mittel des EERP an die nationalen Haushalte an.

 

Diese Position wird vom EU-Ausschuss des Bundesrates konsensual mitgetragen. 

 

 

Neuregelungen für die Aufsicht der Kreditratingagenturen

 

Als eine Konsequenz auf die Kritik an den Ratingagenturen in der Zeit der Finanzkrise plant die EU, mehr Aufsichtskompetenzen an eine EU-Behörde zu übertragen. Konkret soll mit der Aufsicht über die Ratingagenturen die European Securities and Markets Authority (ESMA) beauftragt werden, die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde, welche auch Aufgaben bei der Registrierung der Agenturen wahrnimmt. Damit werden weitgehend all jene Funktionen ESMA überantwortet, die derzeit von den für die Beaufsichtigung der Ratingagenturen national zuständigen Behörden, in Österreich von der FMA, wahrzunehmen sind, erfuhren die Bundesräte und Bundesrätinnen vom Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen Hassenbauer.

 

Das bedeutet eine abermalige Verschärfung der Regeln für Ratingagenturen. Aufgrund eines Beschlusses aus dem Vorjahr müssen sich die Agenturen ab Dezember dieses Jahres registrieren lassen, um in der EU arbeiten zu dürfen. Voraussetzung ist weiters die Beachtung bestimmter Regeln zur Unternehmensführung und zur Transparenz. Ziel all dieser Maßnahmen ist ein stabiler und einheitlicher EU-Finanzmarkt für Finanzdienstleistungen. Um ihrer Aufgabe nachkommen zu können, ist für ESMA nicht nur eine Personalaufstockung vorgesehen. ESMA wird auch vor Ort prüfen können. Geldstrafen können auf Vorschlag der ESMA durch die Kommission verhängt werden.

 

Die nationalen Behörden bleiben laut Kommissions-Vorschlag für die Überwachung der Nutzung von Ratings durch Unternehmen der Finanzbranche zuständig. Da die nationalen Behörden künftig spezifische Informationen über die Verwendung von Ratings sammeln können, sollen sie befugt sein, die ESMA aufzufordern, einen Widerruf der Registrierung einer Ratingagentur oder die Aussetzung der Verwendung von Ratings zu prüfen.

 

Auf eine diesbezügliche Frage von Bundesrat Albrecht Konecny (S/W)

erläuterte der Experte des Finanzministeriums, dass es insofern bedeutende Auswirkungen auf die österreichische Rechtslage gibt, als die gerade erst im Ratingagenturenvollzugsgesetz (RAVG) vorgesehenen Zuständigkeiten der FMA nun schon mit Beginn nächsten Jahres auf die ESMA bzw. die EU-Kommission übergehen sollen. Die Frage von Ausschussobmann Georg Keuschnigg (V/T), welche Kompetenzen damit bei den Mitgliedsstaaten verbleiben, wurde dahingehend beantwortet, dass dieser Punkt noch nicht endgültig geklärt sei. Da sich die Aufsichtsbehörde jedoch auch aus VertreterInnen der nationalen Aufsichtsbehörden zusammensetzt, ist ein Mitspracherecht der Mitgliedstaaten gesichert. Bundesrat Franz Eduard Kühnel (V/W) wurde auf eine diesbezügliche Frage mitgeteilt, dass die Verordnungen mehr Kohärenz und Transparenz bringen soll. So werden etwa ähnliche Veröffentlichungspflichten geschaffen, wie sie in den USA seit Anfang Juni 2010 gelten.

 

Die Bundesrätinnen und Bundesräte teilten generell die österreichische Position zur Neuregelung der Aufsicht über Ratingagenturen in der EU.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Europäisches Kulturerbe-Siegel

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrats befasste sich auch mit dem Vorhaben der EU, ein eigenes Europäisches Kulturerbe-Siegel zu schaffen. Es soll dazu dienen, Stätten und immaterielles Kulturerbe, die von besonderer Bedeutung für die europäische Kultur und Geschichte sind, auszuzeichnen. Laut Erläuterungen steht weniger die architektonische Qualität oder die Bewahrung des Kulturerbes im Vordergrund der Bewertung, sondern vielmehr der symbolische Wert für den europäischen Einigungsprozess. Ziel ist es, die BürgerInnen eingehender mit dem europäischen Aufbauwerk und dem vielfältigen Kulturerbe vertraut zu machen. Damit sollen das Zugehörigkeitsgefühl der europäischen BürgerInnen zur EU unter Berufung auf eine gemeinsame Kultur gesteigert und zugleich touristische Incentives gesetzt werden.

 

Mit diesem Schritt will die Kommission der bereits bestehenden zwischenstaatlichen Initiative "Kulturerbesiegel" einen einheitlichen Rahmen geben. Seit 2006 wurden auf dieser Grundlage 64 Stätten in 17 Mitgliedstaaten und in der Schweiz prämiert. Österreich hat sich bislang nicht daran beteiligt.

 

Auf Detailfragen der Bundesräte Franz Eduard Kühnel (V/W), Albrecht Konecny (S/W), Friedrich Hensler (V/N) und Bundesrätin Ana Blatnik (S/K), die übereinstimmend Kritik an unklaren Formulierungen des EU-Vorschlags äußerten, erläuterte die Vertreterin des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, Alexandra Widhofner, dass die Kommission plane, den einzelnen Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, jährlich zwei Stätten einzureichen, die dann von einer 12-köpfigen Expertenjury bewertet werden, um schließlich eine Stätte pro Land für die Auszeichnung zu empfehlen. Die formale Zuerkennung soll durch die Kommission erfolgen.

 

Der neue Kommissionsvorschlag, mit dem das Europäische Kulturerbe-Siegel eine förmliche Maßnahme der Union werden soll, wird von Österreich grundsätzlich positiv bewertet. Das bestehende Konzept ist aber laut Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur unausgereift und sollte noch in einigen Punkten adaptiert werden. Die Positionen der Mitgliedstaaten lägen teilweise noch weit auseinander. Offene Fragen betreffen insbesondere die Kriterien, das Auswahlprozedere, die Neubewertung der bereits prämierten Stätten sowie die Teilnahme von Drittstaaten.

 

Der EU-Unterausschuss des Nationalrats hat sich am 6. Juni 2010 in seiner Sitzung ebenfalls mit dem Vorhaben befasst (siehe PK-Meldung Nr. 441) und eine Ausschussfeststellung angenommen, in dem sich die Abgeordneten unter anderem für klare Kriterien und Definitionen sowie für eine deutliche Abgrenzung zu bestehenden ähnlichen Initiativen aussprechen.

 

Die Mitglieder des EU-Ausschusses des Bundesrats nahmen zum Europäischen Kulturerbe-Siegel einstimmig eine Ausschussfeststellung an, in der festgehalten wird, dass die geplante Maßnahme klare Definitionen und Kriterien enthalten müsse, um insbesondere ihr Verhältnis zu bereits existierenden Auszeichnungen, wie der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO, zu klären. Es soll auch ein stärkerer Fokus auf die Vermittlung europäischer Geschichte und Werte an Jugendliche gerichtet werden. Der EU-Ausschuss des Bundesrats erwartet, dass die zuständige Bundesministerin sich auf nationaler und europäischer Ebene für diese Präzisierungen einsetzen wird.

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Ausschussfeststellung wurde einstimmig angenommen:

 

 

 

EU-Ausschuss des Bundesrates am 30. Juni 2010

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

 

betreffend COM KOM (2010) 76 endg. ,

Beschluss des Europäischen Parlaments und  des Rates "zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturgütesiegel"

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates "zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbesiegel" am 30. Juni 2010 in öffentlicher Sitzung beraten und beschließt folgende

 

 

I.

Ausschussfeststellung

 

 

Die Europäische Kommission hat am 9. März 2010 einen Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Einführung eines Europäischen Kulturerbesiegels veröffentlicht. Ziel ist es, das Zugehörigkeitsgefühl der europäischen BürgerInnen zur EU unter Berufung auf eine gemeinsame Kultur zu steigern und zugleich touristische Incentives zu setzen. Zwar existiert das Europäische Kulturerbesiegel bereits seit April 2006, jedoch bloß als zwischenstaatliche Initiative, an der Österreich bis dato nicht beteiligt ist. Nun will die Kommission das Europäische Kulturerbesiegel zu einer förmlichen Maßnahme der Union ausgestalten.

 

Eine solche Maßnahme sollte klare Definitionen und Kriterien enthalten, damit allfällige Unklarheiten und Widersprüche aufgelöst werden können. Insbesondere sollte:

 

§  das Verhältnis dieser Maßnahme zu bereits existierenden Initiativen wie der Unesco-Welterbe-Liste oder ähnlichen Auszeichnungen in Europa noch weiter präzisiert werden. Zurzeit ist nur davon die Rede, die Kommission und die Mitgliedstaaten würden für "Komplementarität" sorgen. Was darunter konkret zu verstehen ist, bleibt offen;

§  die Fokussierung auf die Vermittlung der europäischen Geschichte und Werte gegenüber Jugendlichen weiter gestärkt werden. Das Europäische Kulturerbesiegel kann insbesondere in diesem Bereich einen bedeutenden Mehrwert liefern.

 

Der EU-Ausschuss es Bundesrates geht daher in diesem Sinne davon aus, dass die zuständige Bundesministerin im Zusammenhang mit dem Europäischen Kulturerbesiegel sowohl auf nationaler wie auf europäischer Ebene

 

1.    sich dafür einsetzt, das Verhältnis des Europäischen Kulturerbesiegels zu ähnlichen Initiativen der Unesco, des Europarates und anderen bereits bestehenden Auszeichnungen explizit zu klären;

2.    sich dafür einsetzt, die pädagogische Komponente des Europäischen Kulturerbesiegels weiter zu stärken.

 

 

 

II.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates ersucht den Präsidenten des Bundesrates, dieses Kommuniqué an die Europäische Kommission sowie an die österreichische Bundesregierung, an die COSAC bzw. IPEX und an das Europäische Parlament zu übermitteln.

 

 

 

III.

Der EU-Ausschuss übergibt dem Präsidenten des Bundesrates diese Ausschussfeststellung gem. § 34 Abs. 6 GO-BR zur Veröffentlichung als Kommuniqué.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Des weiteren wurde folgender Antrag auf Ausschussfeststellung ebenfalls einstimmig angenommen:

 

 

 

EU-Ausschuss des Bundesrates am 30. Juni 2010

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

betreffend Einholung von Stellungnahmen

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

Die Parlamentsdirektion wird ersucht, mit Vorliegen der Tagesordnung für eine Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates routinemäßig folgende Institutionen über die Tagesordnung zu informieren, um diesen Stellen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben:

 

Städtebund

Gemeindebund

Verbindungsstelle der Bundesländer (für Länder und Landtage)

Arbeiterkammer

Landwirtschaftskammer

ÖGB

Wirtschaftskammer

 

Weiters sollen der Städte- und Gemeindebund, die Verbindungsstelle der Bundesländer sowie die Landtagspräsidentenkonferenz zu allen Sitzungen des EU-Ausschusses des Bundesrates eingeladen werden.

 

Darüber hinaus behält sich der EU-Ausschuss des Bundesrates vor,  im Einzelfall weitere  Institutionen  zur  Übermittlung von schriftlichen Stellungnahmen einzuladen, wenn dies auf Grund der Tagesordnung zweckmäßig erscheint.