Parlament Österreich

 

 

 

IV-41 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 10. Mai 2011

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Dienstag, 10. Mai 2011

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Tagesordnung

 

 

 

 

1.    KOM (11) 114 endg.

Bericht der Kommission an den Europäischen Rat

Bericht über Handels- und Investitionshindernisse 2011

Unsere strategisch wichtigen Wirtschaftspartner auf besseren Marktzugang verpflichten: prioritäre Maßnahmen zur Beseitigung von Handelsschranken

(48235/EU XXIV.GP)

 

 

2.    SEK (09) 413 endg./2

Empfehlung der Kommission an den Rat zur Ermächtigung der Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen über wirtschaftliche Integration mit Kanada

(15300/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Die Schutzstandards für öffentliche Dienstleistungen dürfen nicht angegriffen werden". Dieses Postulat des Vorsitzenden des EU-Ausschusses des Bundesrats, Georg Keuschnigg (V/T), wurde von sämtlichen Mitgliedern des Ausschusses geteilt. Untermauert wurde dies durch einen einstimmig angenommen Antrag auf Stellungnahme, in dem der Wirtschaftsminister aufgefordert wird, den Schutz der öffentlichen Dienstleistungen gegenüber den europäischen Handelspartnern auch auf europäischer Ebene weiterhin offensiv einzufordern.

 

Grundlage für die Diskussion und die vorgenommene Klarstellung boten der Bericht der EU-Kommission und des Europäischen Rats über Handels- und Investitionshindernisse 2011 sowie die Verhandlungen über ein Abkommen über wirtschaftliche Integration mit Kanada, das über die derzeitigen WTO-Verpflichtungen hinausgehen soll. Die Debatte darüber war vom Ausschuss am 13. April vertagt worden.

 

Hinsichtlich der Verhandlungen über das Abkommen mit Kanada, das die schrittweise beiderseitige Liberalisierung des Waren- und Dienstleistungshandels anstrebt, standen die Befürchtungen der Bundesländer im Mittelpunkt der Diskussion, das Recht der Mitgliedsstaaten, über Definition, Organisation und Anforderungen an öffentliche Dienstleistungen selbst zu entscheiden, könnte seitens der Kommission in Frage gestellt werden. Die Bundesländer haben daher im Vorfeld eine einheitliche Stellungnahme formuliert und darauf hingewiesen, dass der Vertrag von Lissabon die Souveränität der Mitgliedsstaaten in diesem Punkt festschreibt, was vom Bundesratsausschuss aufgenommen wurde.

 

Im Antrag auf Stellungnahme legen sich die Bundesrätinnen und Bundesräte fest, dass es zu keiner weiteren Liberalisierung bzw. Deregulierung von geschützten öffentlichen Dienstleistungen kommen darf. Sie fordern auch, am Schutzniveau der bisherigen horizontalen Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen grundsätzlich festzuhalten. Es müsse den Mitgliedsstaaten weiterhin offen stehen, abhängig von den jeweiligen nationalen Gegebenheiten, ihre sensiblen öffentlichen Dienstleistungen in künftigen Verhandlungen abzusichern, meinen die Mitglieder der Länderkammer. Die Verhandlungen dürften keineswegs so geführt werden, dass damit die besondere Rolle der öffentlichen Dienstleistungen, wie im Vertrag von Lissabon festgelegt, ausgehöhlt wird.

 

Bundesrat Stefan Schennach (S/W) wies darauf hin, dass die Bundesländer seit mehr als zehn Jahren die Bedeutung der Daseinsvorsorge unterstrichen haben und nun die Kommission im Zuge eines Reflexionspapiers die umfassende horizontale Ausnahme für öffentliche Dienstleistungen offensichtlich abschwächen möchte. Er erinnerte daran, dass sowohl auf Grund der europäischen Sozialcharta als auch des EU-Vertrags selbst der Zugang zu den sozialen Dienstleistungen gewährleistet sein muss, denn diese hätten eine enorme Bedeutung für die soziale Sicherheit. Weiters berichtete Schennach, dass auch das europäische Parlament einen Bericht darüber erarbeitet, was unter öffentlichen und kommunalen Dienstleistungen zu verstehen ist.

 

Nach weiteren Wortmeldungen der BundesrätInnen Elisabeth Kerschbaum (G/N), Monika Mühlwerth (F/W), Cornelia Michalke (F/V), Franz Perhab (V/St) und Edgar Mayer (V/V) erläuterte der Vertreter des Wirtschaftsministeriums, Helge Plank, die Ausnahmen seien sehr allgemein gehalten und unpräzise formuliert. Der Kommission gehe es daher ausschließlich um eine Präzisierung und nicht um eine Deregulierung bzw. Liberalisierung der Dienstleistungen. Ein endgültiger Vorschlag liege noch nicht vor, man sei aber übereingekommen, das zu schützen, was schützenwert ist. Das gelte nicht für den Mobilfunk und auch nicht für die Post, sagte er. Auch die Energieversorgung sei bereits teilweise dereguliert. Dezidiert stellte er fest, dass das Recht der Nationalstaaten durch die Handelspolitik nicht ausgehöhlt werden kann.

 

 

Ausschussvorsitzender Bundesrat Georg Keuschnigg (V/T) berichtete am Beginn der Sitzung über eingelangte EU-Dokumente sowie über die im Nationalrat behandelten EU-Vorlagen.

 

·         Seit dem letzten Ausschuss sei eine neue Einheitliche Länderstellungnahme zur Mitteilung der EK "Energieeffizienzplan 2011" eingetroffen.

 

·         Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte, die in letzter Zeit unter anderem eingegangen sind, beträfen:

 

ü  Vorschlag für eine Richtlinie zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom

 

ü  Vorschlag für eine Verordnung über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes

 

ü  Vorschlag für eine Verordnung über die Aus- und Einfuhr gefährlicher Chemikalien

 

·         Bei der am gleichen Tag stattgefundenen Sitzung des EU-Unterausschusses des Nationalrats sei folgende EU-Vorlage auf der Tagesordnung gestanden:

 

ü  Mitteilung der Kommissionsdienststellen: Empfehlung zur Überwachung der Präsenz von I-131, CS-134 und CS-137 in Fischen und Fischereiprodukten, die aus bestimmten Teilen der Pazifikregion stammen. Hierzu seien einstimmig eine Mitteilung an die EU-Kommission und eine Stellungnahme beschlossen worden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag wurde einstimmig angenommen:

 

 

ANTRAG

 

 

betreffend

 

SEK (2009) 413 endg./2 Empfehlung der Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen über wirtschaftliche Integration mit Kanada (15300/EU XXIV.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrats am 10.5.2011.

 

 

 

Im Zuge eines Reflexionspapiers hat die Europäische Kommission (EK) den bisher bei den Verhandlungen zu Freihandelsabkommen und im GATS verfolgten europäischen Ansatz im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen, der eine umfassende horizontale Ausnahme für diese vorsieht, in Frage gestellt und Vorschläge unterbreitet, wie diese Ausnahme näher präzisiert werden könnte. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und Kanada über ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (‚CETA'), die am 6. April 2009 offiziell aufgenommen wurden, relevant. Das Kapitel Dienstleistungen befindet sich zwischen der EU und Kanada nach wie vor in Diskussion. Es ist sicherzustellen, dass im Zuge der Verhandlungen keine negative Auswirkungen auf die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen entstehen. Darauf hat auch die Verbindungsstelle der Bundesländer in ihrem Schreiben vom 22. März 2011 (VSt-2809/468) hingewiesen.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art 23e Abs 4 B-VG

 

 

Der EU-Ausschusses des Bundesrats wolle beschließen:

 

"Der zuständige Bundesminister wird aufgefordert, den Schutz öffentlicher Dienstleistungen gegenüber den europäischen Handelspartnern auch auf europäischer Ebene weiterhin offensiv einzufordern. Dies bedeutet insbesondere:

 

·         Es darf zu keiner weiteren Liberalisierung bzw. Deregulierung von geschützten öffentlichen Dienstleistungen kommen

·         Am Schutzniveau der bisherigen horizontalen Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen (‚Public Utility'-Klausel und "Subventionsvorbehalt") muss grundsätzlich festgehalten werden.

·         Das Recht der Mitgliedstaaten, über Definition, Organisation und Anforderungen an öffentliche Dienstleistungen zu entscheiden sowie das Subsidiaritätsprinzip müssen gewahrt bleiben.

·         Es muss den Mitgliedstaaten weiterhin offenstehen, abhängig von den jeweiligen nationalen Gegebenheiten, ihre sensiblen öffentlichen Dienstleistungen in künftigen Handelsverhandlungen abzusichern.

·         Handelsverhandlungen dürfen nicht so geführt werden, dass damit die besondere Rolle der öffentlichen Dienstleistungen, wie im Vertrag von Lissabon festgelegt, ausgehöhlt wird."