Parlament Österreich

 

 

 

IV-45 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 5. Oktober 2011

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 5. Oktober 2011

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Tagesordnung

 

 

 

 

1.    KOM (11) 500 endg.

Teil I

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen

Ein Haushalt für "Europe 2020"

(55438/EU XXIV.GP)

 

2.    KOM (11) 500 endg.

Teil II

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen

Ein Haushalt für "Europe 2020" - Teil II: Politikbereiche im Überblick

(55437/EU XXIV.GP)

 

3.    KOM (11) 398 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020

(55424/EU XXIV.GP)

 

4.    KOM (11) 510 endg.

Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union (//EG, Euratom)

(55449/EU XXIV.GP)

 

5.    KOM (11) 403 endg.

Entwurf

Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Kommission über die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung

(55425/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

Mehrjähriger Finanzrahmen der EU 2014 bis 2020

 

 

Die Diskussion im EU-Ausschuss des Bundesrats vom 5. Oktober 2011 stand ganz im Zeichen des zukünftigen Haushaltsplans der EU. Für die Jahre 2014 bis 2020 muss ein neuer mehrjähriger Finanzrahmen erstellt werden, der Vorschlag dazu wurde am 29. Juni 2011 von der Europäischen Kommission präsentiert. Der Finanzrahmen hat schließlich einstimmig den Rat der EU in Form einer Verordnung zu passieren, auch das Europäische Parlament muss der Vorlage zustimmen, um in Kraft treten zu können. Bei den Verhandlungen, die bis Ende 2012 dauern werden, steht man derzeit in der Anfangsphase.

 

 

 

 

Vor Eingang in die Tagesordnung berichtete Ausschussvorsitzender Georg Keuschnigg (V/T) kurz über die eingelangten Stellungnahmen bzw. EU-Dokumente:

 

·         Seit dem letzten Ausschuss ist eine Gemeinsame Länderstellungnahme zum Weißbuch „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“ eingelangt.

 

·         Folgende Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte sind in letzter Zeit unter anderem eingegangen:

 

§  Ein Vorschlag zur Änderung des Schengener Grenzkodex zwecks Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen

 

§  Ein geänderter Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands und

 

§  Ein Vorschlag für eine Richtlinie über das gemeinsame Finanztransaktionssteuersystem

 

 

 

Als ExpertInnen standen dem Ausschuss zur Verfügung:

 

Frau Dr. Andrea Itzlinger, BKA

 

Frau Gesandte Dr. Elisabeth Kehrer, BMeiA

Herr Gesandter Dr. Karl Müller, BMeiA

 

Herr Thomas Steiner, BMF

Herr Mag. Rupert Weinmann, BMF

Frau Mag. Edith Peters, BMF

 

 

 

 

 

 

 

Wie der Vorsitzende des Ausschusses, Bundesrat Georg Keuschnigg (V/T) betonte, gehe es zum jetzigen Zeitpunkt um eine grundsätzliche politische Einschätzung des Budgetrahmens der EU, da die Details zu den einzelnen Sektoren noch nicht fertig ausgearbeitet seien. Die auf dem Tisch liegenden Pläne der EU werden von Österreich jedoch eher kritisch beleuchtet, betonte Keuschnigg und ergänzte, dass vor allem hinsichtlich der Transparenz noch vieles verbesserungswürdig sei.

 

Seitens der in den Ausschuss geladenen VertreterInnen des Bundeskanzleramts, des Außenministeriums sowie des Finanzministeriums wurde die Feststellung des Vorsitzenden untermauert. Das Gesamtvolumen sei um etwa 100 Mrd. € zu hoch, was angesichts der Notwendigkeit der Budgetkonsolidierung in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU nicht akzeptabel sei. Man werde sich im Kreise der Nettozahler Verbündete suchen müssen, es könne nicht darauf hinauslaufen, dass der Nettobeitrag Österreichs steigt, bekräftigten sie. Dass Österreich aufgrund seines Standards und seiner Wirtschaftsleistung keinen Rabatt mehr bekommen soll, wird dezidiert abgelehnt.

 

Die Behauptung der Kommission, dass es sich um eine Stabilisierung des EU-Haushalts handle, könne man nicht erkennen, da diese Stabilität in erster Linie durch Rechentricks zustande komme, hielten die ExpertInnen fest. Selbstverständlich sollten Schwerpunkte im Bereich von Forschung, Innovation, Bildung und Umweltschutz gelegt werden, bei der Verwaltung in der EU gebe es jedoch noch ein großes Einsparungspotential, war der Tenor aus den Ministerien. Demgemäß würden die vorgesehenen zukunftsorientierten Investitionen begrüßt, negativ beurteilt wird die Intransparenz durch die geplante Auslagerung von rund 60 Mrd. € in Fonds. Man müsse eher genau schauen, wie man die Mittel besser einsetzen kann, anstatt mehr auszugeben, so die österreichische Position.

 

Erfreut zeigten sich die Ausschussmitglieder über die Initiative der Kommission zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer, wobei die Vertreterin des Bundeskanzleramts unterstrich, dass diese Frage weiterhin einen vorrangigen Punkt in den Verhandlungen seitens des Bundeskanzlers darstelle. Die Kommission habe in der Vorwoche einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, der Mindeststeuersätze vorsehe. Die Einnahmen sollen laut Entwurf in die nationalen Budgets fließen und sehe daher keinerlei Transaktionen an die EU vor. Auf die Frage der Bundesräte Franz Perhab (V/St), Ewald Lindinger (S/O)und Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) nach der Chance auf Umsetzung der Finanztransaktionssteuer wegen der ablehnenden Haltung Großbritanniens, meinte man seitens des Bundeskanzleramts, es gebe insofern eine Chance, da die Mittel in die nationalen Budgets fließen sollen, in letzter Konsequenz könnte man aber auch an das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit denken. 

 

 

 

Die Bundesrätinnen und Bundesräte beschlossen dazu mit Mehrheit von SPÖ und ÖVP eine Ausschussfeststellung. Darin wird gefordert, den EU-Haushalt durchgehend nach den Kriterien der Wirksamkeit und des tatsächlichen Mehrwerts für die Mitgliedstaaten zu gestalten, wobei die Ziele der Europa 2020–Strategie die Leitlinie bilden sollte.

 

Nach der Intension der Ausschussfeststellung soll die Finanztransaktionssteuer zur Entlastung der nationalen Haushalte dienen und mithelfen, zukünftige Krisen zu vermeiden. Die BundesrätInnen sprechen sich für eine möglichst frühe Einführung ab 2014 aus.

Die Budgetkonsolidierung soll etwa durch Effizienzsteigerungen und Bürokratieabbau fortgesetzt werden. Der Ausschuss drängt auch auf eine Modernisierung des Personalstatuts und die Abschaffung überholter Privilegien, tritt für die Weiterentwicklung des Europäischen Sozialfonds und der Bildungsprogramme ein. Die Energieziele seien genauso zu fördern, wie erneuerbare Energiequellen, der Ausstieg aus der Atomenergie und die Ziele des strategischen Forschungsrahmens. Die AntragstellerInnen drängen auch darauf, die Mittel der Kohäsionspolitik unter Beibehaltung der Förderungsfähigkeit aller EU-Regionen auf entwicklungsschwache Regionen in Mitgliedstaaten mit geringer Wirtschaftkraft zu fokussieren.

 

Auf keinen Fall dürften ein neues Rabattsystem oder Pauschalvergütungen zu Lasten Österreichs gehen, so die weiteren Forderungen der Länderkammer. Die Vorschläge der Kommission zu außerbudgetären Finanzierungen seien genau zu prüfen und alle Ausgaben sollten im Interesse von Transparenz und Budgetklarheit in den Finanzrahmen integriert werden. Vom Prinzip des Verschuldungsverbots des europäischen Haushalts dürfe man nicht abgehen, heißt es in der Ausschussfeststellung.

 

Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) lehnte den Antrag mit der Begründung ab, weil die FPÖ grundsätzliche Bedenken gegen die Strategie 2020 hegt und eine Senkung der Rabatte fordert.

 

 

 

Konkret sieht der Vorschlag der Kommission für den mehrjährigen Finanzrahmen eine Verpflichtungsermächtigungen in der Höhe von 1.025 Mrd. € vor, dem stehen Zahlungsermächtigungen im Ausmaß von 972,2 Mrd. € gegenüber. Darüber hinaus sind Fonds und Programme von rund 58 Mrd. € vorgesehen. Hinzu kommt noch der Globale Klima- und Artenvielfaltsfonds, der zwar vorgesehen aber noch nicht dotiert ist. Hinsichtlich der Finanzierung des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), des geplanten Kernfusionsreaktors in Frankreich (ITER) und der Europäischen Initiative für die Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung (GMES) verlangt die Kommission bilaterale Beiträge durch die Mitgliedstaaten.

 

Das Finanzierungssystem des EU-Budgets soll radikal reformiert werden. Während ein Großteil des EU-Budgets derzeit durch direkte Zahlungen der Mitgliedstaaten geleistet wird (Beiträge gemäß relativem Wohlstand gemessen am Bruttonationaleinkommen sowie ein Anteil der Mehrwertsteuer-Einnahmen) soll in Zukunft ein beträchtlicher Teil des Budgets (bis 2020 ca. 40%) durch Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer (FTT) sowie einer reformierten Mehrwertsteuer-Quelle generiert werden. Zusätzlich soll das bisherige Rabatt-System ("UK-Rabatt" für Großbritannien, Rabatt auf UK-Rabatt und Mehrwertsteuer-Reduktion für Österreich, Deutschland, Niederlande und Schweden sowie Pauschalvergütungen für Niederlande und Schweden) durch ein reines Pauschalvergütungssystem ersetzt werden, wobei Österreich nach derzeitigem Stand keine derartigen Vergünstigungen mehr erhalten soll.

 

Mit dem mehrjährigen Finanzrahmen soll sichergestellt werden, dass die Ausgaben der EU innerhalb festgelegter Grenzen bleiben. Die genannten Obergrenzen können aber, wie bisher, in gewissen Fällen überschritten werden, nämlich dann, wenn die nicht im Finanzrahmen enthaltenen Instrumente in Anspruch genommen werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Grundlage für die Diskussion im Ausschuss waren folgende Dokumente der EU:

·         Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen Ein Haushalt für "Europe 2020", Teil I und II,

·         der Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020,

·         der Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union (//EG, Euratom) und

·         der Entwurf für eine interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Kommission über die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung.

 

 

 

Die Präsidentin des Bundesrats Susanne Neuwirth (S/S) betonte die Notwendigkeit der Ausgabenreduktion auch durch Senkung der Verwaltungskosten. Sie bezweifelte, dass man tatsächlich zwei Sitzungsorte in der EU braucht, wobei sie sich durchaus der Sensibilität dieser Frage bewusst war. Erfreut zeigte sie sich über die geplante Erhöhung des Europäischen Sozialfonds und meinte, dass Österreich sicherlich von den grenzüberschreitenden Projekten profitieren werde.

 

Bundesrat Franz Perhab (V/St) hielt fest, dass man in den Verhandlungen nicht nur die Nettozahler-Position als Diskussionsstrategie einsetzen, sondern auch auf das Verschuldungsverbot im EU-Budget drängen sollte. Darauf werde sehr geachtet, erfuhren daraufhin die BundesrätInnen aus dem Bundeskanzleramt und dem Finanzministerium. Es sei auch nicht daran gedacht, an den Maastricht-Kriterien etwas zu ändern, man sei vielmehr darum bemüht, die geltenden Kriterien auch endlich durchzusetzen und ein makroökonomisches Gleichgewicht in der EU herzustellen. Dies wolle man durch die bereits beschlossenen sechs legistischen Maßnahmen, so genanntes "six-pack", erreichen.

 

Als außerordentlich unerfreulich bezeichnete Bundesrätin Sonja Zwazl (V/N) die Vorstellungen zu den Rabatten und Pauschalvergütungen, die auf Kosten Österreichs gehen würden. Hier müsse man in der nun beginnenden Diskussion Änderungen herbeiführen. Ausschussvorsitzender Georg Keuschnigg (V/T) vermutete hinter den "Project Bonds", dass dadurch wieder stille Risiken aufgebaut werden sollen. Die Vertreterin des Finanzministeriums hielt dazu fest, dass dies auch von österreichischer Seite kritisch gesehen werde, der Vorschlag liege jedoch noch nicht am Tisch. Dem Vernehmen nach handle es sich dabei um Garantieübernahmen im EU-Haushalt für Großprojekte von denen Österreich nicht viel profitieren werde können.

 

Die Gründung einer europäischen Rating-Agentur wird laut Bundeskanzleramt noch etwas dauern, wobei die Kommission noch in diesem Jahr einen Vorschlag vorlegen möchte. Es brauche seine Zeit, bis sich eine solche Agentur entsprechend etabliert, erläuterte die Beamtin gegenüber Bundesrätin Angelika Winzig (V/O).

 

Sorge um die weitere EU-Finanzierung der Landwirtschaft äußerten die Bundesräte Friedrich Hensler (V/N) und Georg Keuschnigg (V/T). Sie befürchteten insbesondere, dass in der ersten Säule ein neues "Bürokratiemonster" geschaffen werden könnte. Darauf reagierte man seitens der Ressorts, dass es nun an den ExpertInnen des Agrarsektors und am Landwirtschaftsminister liegen werde, ein gutes Verhandlungsergebnis zu erzielen. Die erste Säule, in der Österreich Nettozahler sei, beginne langsam zu schrumpfen, im Gegenzug dazu seien viele Fonds für die Landwirtschaft geöffnet worden. Österreich profitiere vor allem aus dem Sektor ländliche Entwicklung. Keuschnigg wies darüber hinaus darauf hin, dass das Programm für die Versorgung mit Breitband im Rahmen von "Connecting Europe" für die ländlichen Regionen wichtig sei und aus seiner Sicht zu gering dotiert werde.

 

Kritik am Projekt ITER wurde von Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/N) geübt. Auch seitens des Finanzressorts sieht man die Sache mit Skepsis, weil dies ein Fass ohne Boden sei. Die Kommission wolle es aus dem Finanzrahmen herausnehmen und einen eigenen Vorschlag zur Finanzierung ausarbeiten. Kerschbaum wollte auch gesichert wissen, dass der europaweite Atomausstieg nicht von der EU bezahlt werde, sondern von der Atomindustrie.

 

Bundesrätin Sonja Zwazl (V/N) äußerte im Rahmen der Diskussion auch Kritik an Basel III. Sie sieht darin eine Benachteiligung von Banken und der Realwirtschaft gegenüber den USA, die Basel III nicht umsetzen wollen, obwohl die Finanzkrise von Amerika ausgegangen ist. In dieser Kritik wurde sie von den Bundesrätinnen Angelika Winzig (V/O) und Monika Mühlwerth (F/W) unterstützt. Diese Bedenken wurden seitens der Vertreterin des Bundeskanzleramts nicht geteilt, vielmehr bekräftigte sie die Notwendigkeit einer guten Eigenkapitalausstattung aller Banken.

 

Bundesrätin Cornelia Michalke (F/V) forderte abschließend, dass Österreich in vermehrtem Ausmaß von der Möglichkeit des Opting-outs innerhalb der EU Gebrauch machen sollte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Ausschussfeststellung wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich beschlossen:

 

 

 

ANTRAG AUF AUSSCHUSSFESTSTELLUNG

 

 

betreffend

 

KOM (2011) 500 endg. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Ein Haushalt für "Europa 2020" Teil I (55438/EU XXIV.GP)

 

KOM (2011) 500 endg. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Ein Haushalt für "Europa 2020" Teil II (55437/EU XXIV. GP)

 

KOM (2011) 398 endg. Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020 (55424/EU XXIV.GP)

 

KOM (2011) 510 endg. Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union (55449/EU XXIV.GP)

 

KOM (2011) 403 endg. Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Kommission über die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (55425/EU XXIV.GP)

 

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 5.10.2011.

 

 

 

 

 

Die Europäische Kommission hat am 29. Juni 2011 ihre Vorstellungen zum neuen mehrjährigen Finanzrahmen nach 2014 vorgestellt und die ersten dazugehörigen Legislativvorschläge, insbesondere für den Finanzrahmen selbst sowie den Eigenmittelbeschluss, vorgelegt. Nach den Plänen der Kommission sollen die Zahlungsermächtigungen der EU wie auch zuvor bei 1% des EU-BNE fixiert werden, die Verpflichtungsermächtigungen ebenso wie zuvor bei 1,05% des EU-BNE. In absoluten Zahlen zu Preisen 2011 bedeutet dies auf Grund des BNE-Wachstums eine Erhöhung um 3,1% (bei den Zahlungen von 942,8 auf 972,2 Mrd. Euro. Dies entspricht 1.096,2 Mrd. Euro zu laufenden Preisen. Die  Verpflichtungen steigen von 993,6 auf 1025 Mrd. Euro zu Preisen 2011 und 1.156 Mrd. Euro zu laufenden Preisen). Außerhalb des Finanzrahmens sieht der Vorschlag durch die Ausgliederung bestimmter Projekte weitere 58,3 Mrd. Euro vor.

 

Gleichzeitig bemühen sich die Mitgliedstaaten intensiv, die nicht zuletzt auf Grund der Maßnahmen zur Krisenbewältigung angestiegenen öffentlichen Defizite zu reduzieren. In den Vorschlägen der Kommission sollen jedoch lediglich die Zahlungen im Kapitel "Nachhaltiges Wachstum - natürliche Ressourcen", hier v.a. in der Gemeinsamen Agrarpolitikum 38,2 Mrd. Euro gekürzt werden. Allerdings werden für die Agrarpolitik reservierte neue Mittel im Umfang von maximal 15,2 Mrd. € in andere Rubriken und außerhalb des Finanzrahmens ausgelagert. Alle anderen Bereiche, inkl. der Verwaltungsausgaben, erfahren eine Erhöhung. Aus österreichischer Sicht steht es außer Zweifel, dass die Europäische Union mit ausreichend Mitteln ausgestattet sein muss, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können. Die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Budgetkonsolidierung und zur Effizienzsteigerung müssen jedoch auch auf europäischer Ebene fortgesetzt werden. Daraus ergibt sich, dass der EU-Haushalt durchgehend nach den Kriterien der Wirksamkeit und des tatsächlichen Mehrwerts für die Mitgliedstaaten zu gestalten ist. Dabei müssen die Ziele der Europa 2020 - Strategie die Leitlinie bilden. Eine Reform des Personalstatuts ist daher genauso angebracht wie die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik und die deutliche Stärkung des Europäischen Sozialfonds sowie der Bildungsprogramme. Genauso ist im Sinne der Europa 2020 - Energieziele die Förderung erneuerbarer Energiequellen und der Ausstieg aus der Atomenergie  zu fördern.

 

Angesichts der begrenzten Möglichkeiten des EU-Haushalts zur Übernahme von Garantien ist der Vorschlag, gewisse grenzübergreifende Projekte durch Projektanleihen zu finanzieren und diese mit Mitteln aus dem EU-Haushalt zu garantieren, kritisch zu beurteilen. Der tatsächliche Mehrwert eines solchen Instruments für die öffentliche Hand konnte - insbesondere im Vergleich zu den Instrumenten der Europäischen Investitionsbank - bisher nicht belegt werden.

 

In Hinblick auf die Einnahmenseite des EU-Haushalts schlägt die Kommission vor, die bisherigen Eigenmittelquellen sukzessive durch neue Eigenmittel abzulösen: Einerseits durch eine Finanztransaktionssteuer, die zwischen 30 und 70 Mrd. Euro einbringen und spätestens mit 1.1.2018 eingeführt sein soll. Andererseits durch neue Mehrwertsteuer-Eigenmittel, die die bisherigen Mehrwertsteuer-Eigenmittel ersetzen und die Berechnung dieser Eigenmittelquelle radikal vereinfachen.

 

Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU/Eurozone mit einer breiten Bemessungsgrundlage kann signifikante Finanzmittel ohne negative realwirtschaftliche Effekte generieren. Insbesondere kann eine solche Steuer als Ergänzung zu den geplanten Regulierungsmaßnahmen auf den Finanzmärkten angesehen werden, diese aber nicht ersetzen. Darüber hinaus kann eine Finanztransaktionssteuer als Eigenmittelquelle der EU deutlich zur Entlastung der nationalen Haushalte und zu einer gerechten Aufteilung des Steueraufkommens zwischen den Mitgliedstaaten beitragen. In den Verhandlungen sollte daher eine möglichst breite Bemessungsgrundlage mit einem substantiellen Beitragssatz angestrebt werden.

 

Die Reform des Eigenmittelsystems sollte außerdem dazu führen, dass die derzeitigen Mehrwertsteuer-Eigenmittel abgeschafft werden, da diese über keinen Mehrwert verfügen. In Hinblick auf allfällige neue Korrekturmechanismen (Rabatte) muss klar sein, dass diese nicht zum Nachteil Österreichs ausgestaltet sein dürfen. Die von der Kommission vorgeschlagenen Pauschalvergütungen, welche die derzeitigen Rabatte ersetzen sollen werden von Österreich abgelehnt.

 

 

 

Die unterzeichneten Bundesräte stellen daher folgenden

 

 

I. Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei den Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 sowie damit zusammenhängender Rechtsakte dafür einzutreten, dass:

·         die Finanztransaktionssteuer zur Entlastung der nationalen Haushalte und zur Vermeidung zukünftiger Krisen beiträgt und möglichst schon ab 2014 eingeführt wird;

·         sich die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Budgetkonsolidierung auch auf europäischer Ebene fortsetzen, etwa durch Effizienzsteigerungen und Bürokratieabbau;

·         das Personalstatut modernisiert und überholte Privilegien abgeschafft werden;

·         ein allfälliges neues Rabattsystem oder Pauschalvergütungen nicht zu Lasten Österreichs gehen;

·         die geplanten Ausgaben durch einen klaren europäischen Mehrwert gerechtfertigt sind, der der Erreichung der Europa 2020 - Ziele dient;

·         die vorgesehenen Mittel für den gemeinsamen strategischen Forschungsrahmen im Vergleich zur Vorperiode erhöht werden;

·         die Mittel der Kohäsionspolitik unter Beibehaltung der Förderungsfähigkeit aller EU-Regionen auf entwicklungsschwache Regionen in Mitgliedstaaten mit geringer Wirtschaftskraft fokussiert werden;

·         der Europäische Sozialfonds insbesondere Maßnahmen zur sozialen Eingliederung fördert und stärker akzentuiert wird, sofern ESF und EFRE auch in der nächsten Finanzperiode weiterhin als Einheit dotiert werden;

·         die Gemeinsame Agrarpolitik zur Verwirklichung der Europa-2020-Strategie beiträgt; um den Zielen dieser Strategie gerecht werden zu können, ist auf eine entsprechende Mittelausstattung der GAP zu achten. Die Einführung einer Obergrenze bei den Direktzahlungen wird grundsätzlich positiv betrachtet. Die Ökologisierung der 1. Säule wird nicht grundsätzlich abgelehnt - den spezifischen Gegebenheiten der Mitgliedstaaten muss allerdings entsprechend Rechnung getragen werden;

·         das Ziel eines europaweiten Atom-Ausstiegs auch im EU-Haushalt seinen Niederschlag findet;

·         alle Vorschläge der Kommission in Richtung künftiger Finanzierungsmöglichkeiten (Stichwort: "außerbudgetäre Finanzierung") hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit dem EU-Vertrag, ihrer Risiken und ihrer Auswirkung auf den EU-Haushalt müssen genau geprüft werden;

·         möglichst alle Ausgaben in den Finanzrahmen integriert und umfassend dargestellt werden, um Transparenz und Budgetklarheit auf EU-Ebene zu wahren;

·         vom Prinzip des Verschuldungsverbots des europäischen Haushalts nicht abgegangen wird."

 

 

II. Kommuniqué

 

Der EU-Ausschuss übergibt der Präsidentin des Bundesrates diese Ausschussfeststellung gemäß § 34 Abs. 6 GO-BR zur Veröffentlichung als Kommuniqué und ersucht die Präsidentin des Bundesrates, dieses Kommuniqué an die österreichische Bundesregierung und die Verbindungsstelle der Bundesländer zu übermitteln.