Parlament Österreich

 

 

 

IV-46 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Donnerstag, 3. November 2011

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Donnerstag, 3. November 2011

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Tagesordnung

 

 

 

1.    KOM (11) 625 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik

(60974/EU XXIV.GP)

 

 

2.    SEK (11) 1154 endg.

Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen

Zusammenfassung der Folgenabschätzung

Die Gemeinsame Agrarpolitik bis 2020

(60972/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Beginn der Sitzung berichtete der Ausschussvorsitzende, Bundesrat Georg Keuschnigg (V/T),  kurz über die eingelangten Stellungnahmen und EU-Dokumente:

 

Folgende Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungspakete sind in letzter Zeit eingegangen:

·         8 Verordnungsvorschläge als Reformpaket betreffend die Struktur- und Kohäsionsfonds im Zusammenhang mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020

·         5 Verordnungsvorschläge betreffend die Fazilität, "Connecting Europe" für den Bereich "Transeuropäische Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsnetze" im Zusammenhang mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 (ein Verordnungsvorschlag betrifft bereits den jetzigen Finanzrahmen)

·         7 Verordnungsvorschläge als Reformpaket betreffend die Gemeinsame Agrarpolitik im Zusammenhang mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020

·         ein Paket bestehend aus 2 Verordnungsvorschlägen und 2 Richtlinienvorschlägen zur Regulierung der Finanzmärkte

·         Ein Vorschlag für eine Verordnung über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht

 

 

 

 

 

Gemeinsame Agrarpolitik  -  Direktzahlungen

 

 

Zentrales Thema im EU-Ausschuss des Bundesrats vom 3. November 2011 war die geplante Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), und dabei insbesondere die Neustrukturierung der Direktzahlungen.

 

Die GAP soll bis zum Jahr 2020 grundlegend reformiert werden, wobei man die Änderungen parallel zum mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 sehen muss, wie der Vertreter des Landwirtschaftsressorts erläuterte. Laut Vorschlag der Kommission ist für die zukünftigen Agrarausgaben ein Einfrieren der Gelder auf derzeitigem Niveau vorgesehen, wodurch der Anteil der GAP am gesamten EU Budget prozentuell sinken wird. Für Österreich sind diese Pläne aus unterschiedlicher Perspektive zu bewerten. Als Nettozahler ist man gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten daran interessiert, das EU-Budget insgesamt nicht allzu sehr auszuweiten. Auf der anderen Seite hat Österreich überproportional von den Zahlungen aus der zweiten Säule der GAP (ländliche Entwicklung) profitieren können, sodass man bemüht ist, größere Verluste zu vermeiden. Der Vorsitzende des EU-Ausschusses Bundesrat Georg Keuschnigg (V/T) ergänzte, die Förderungen für die ländliche Entwicklung hätten sich als ein Stabilitätsfaktor erwiesen. Untersuchungen zeigten deutlich, dass das Wirtschaftswachstum in ländlichen Regionen oft besser ist, als in Ballungszentren.

 

Der Vertreter des Landwirtschaftsressorts wies auf eine Frage von Bundesrat Franz Perhab (V/St) darauf hin, dass die Verluste der einzelnen Mitgliedstaaten laut bisherigen Entwürfen nicht mehr als 10% sowohl in der ersten als auch in der zweiten Säule betragen sollen. Er erwartet sich auch deshalb weniger Druck auf die zweite Säule, weil die meisten Staaten mehr von der ersten Säule herausholen und daher bestrebt sind, Umweltelemente in diesen Bereich festzulegen, um sich die Ko-Finanzierung zu ersparen. 

Begrüßt wurde der EU-Verordnungsvorschlag zur ländlichen Entwicklung von Bundesrat Stefan Schennach (S/W), da sich die Förderungen bisher beinahe nur auf die Landwirtschaft bezogen haben, merkte er kritisch an. In der ländlichen Entwicklung gehe es aber um die gesamte Lebensqualität am Land und dem trügen die EU-Pläne nun Rechnung, meinte er.

 

Im Rahmen der Gesamtreform gibt es nach Auskunft des Landwirtschaftsministeriums vier Verordnungsvorschläge, die die einheitliche Marktordnung, Direktzahlungen, ländliche Entwicklung und eine horizontale Verordnung betreffen. Die einheitliche Marktordnung (erste Säule) spielt im Gegensatz zu früher eine kleinere Rolle, erläuterte der Vertreter des zuständigen Ressorts, die Interventionszahlungen seien in etwa gleich geblieben, man könne aber nun wesentlich rascher mit zielgerichteten Maßnahmen in Krisenzeiten reagieren. Für Österreich sei die ländliche Entwicklung, also die zweite Säule, von besonderer Bedeutung, da die heimische Landwirtschaft daraus rund 60% lukriere. In diesem Bereich müsse jeder Staat ein eigenes Programm erstellen und es gelte hier das Prinzip der Ko-Finanzierung. Die angedachten Neuerungen seien eher technischer Natur, so der Experte, die Strategie müsse mit den Strukturfonds und der EU 2020-Strategie abgestimmt werden.

 

Bundesrat Friedrich Hensler (V/N) kritisierte vor allem den hohen bürokratischen Aufwand für Förderungen aus der zweiten Säule. Wichtig ist für ihn, diese praktikabler als bisher zu organisieren. Außerdem ortet er bei den Plänen der EU für die Ökologisierung insofern einen Widerspruch, als darin einerseits eine Brachfläche von 7% festgelegt werde, andererseits aber die Weltbevölkerung wachse. Auch Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) äußerte sich kritisch zu dieser Frage.

 

Konkret soll die bestehende Verordnung, in der die Direktzahlungen geregelt sind, durch eine neue ersetzt werden. Die GAP-Reform aus dem Jahr 2003 war gekennzeichnet durch die Entkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion. Das neue Modell sieht nun Umschichtungen und Vereinheitlichung von Flächensätzen in den Regionen vor. Dazu kommt eine Ökologisierungsprämie sowie zusätzliche Zahlungen für JunglandwirtInnen und Pauschalzahlungen für kleine Landwirtschaften unter 3 ha. Die Mitgliedstaaten sollen darüber hinaus selbst entscheiden können, ob sie gekoppelte Zahlungen oder Ausgleichszahlungen wollen. Was die gekoppelte Stützung betrifft, so stehe hier vor allem die Ernährungssicherung im Vordergrund, erläuterte der Vertreter des Landwirtschaftsministeriums gegenüber Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/N), wie zum Beispiel bei der Mutterkuhprämie. Jeder Mitgliedstaat müsse dann begründen, warum diese notwendig sei. Bundesrätin Kerschbaum beleuchtete auch die Anbaudiversifizierung skeptisch, weil es dabei möglich sein soll, dass auf 70% der Ackerfläche das gleiche angebaut wird, und das ist ihrer Meinung nach zu viel.

 

Auf die Kritik von Bundesrat Stefan Schennach (S/W) an der aus seiner Sicht mangelnden sozialen Symmetrie wies der Vertreter des Landwirtschaftsministeriums auf die geplante progressive Modulation hin, durch die Obergrenzen eingezogen werden. Diese beginnen mit 20% für Beträge zwischen 150.000 und 200.000 €, 40% zwischen 200.000 und 250.000 € und 70% zwischen 250.000 und 300.000 €; ab 300.000 € gibt es dann keine Prämien mehr. Diese Modulation betreffe aber nur die Basisprämie, bezahlte Löhne für Arbeitskräfte können gegenverrechnet werden, erklärte er.

 

Dem Ausschuss lag auch ein Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen hinsichtlich der Folgenabschätzung für eine Neuorientierung der GAP bis 2020 vor. Dabei wurden drei Szenarien untersucht. Das Anpassungsszenario sieht eine begrenzte Anpassung der GAP ohne fundamentale Politikänderung vor. Das Integrationsszenario, das dem vorliegenden EU-Legislativvorschlag entspricht, intendiert zu gezielteren Direktzahlungen und Ökologisierungskomponenten, wodurch umweltfreundliche Landwirtschaftspraktiken gefördert werden sollen. Damit kann man laut Kommission den wirtschaftlichen und ökologischen Voraussetzungen besser begegnen. Das Neuausrichtungsszenario, das auf die Beendigung der Direktzahlungen abzielt, würde hingegen zu einer umfassenden Umstrukturierung des Agrarsektors und einer Intensivierung der Erzeugung in den fruchtbaren Regionen führen. Viele landwirtschaftliche Betriebe würden dadurch in den Konkurs getrieben und die Lebensfähigkeit von ländlichen Gebieten zusätzlich gefährdet, heißt es in Erläuterungen des Landwirtschaftsministeriums.