Parlament Österreich

 

 

 

IV-58 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 30. Oktober 2012

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Dienstag, 30. Oktober 2012

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Tagesordnung

 

 

 

1.    KOM(2011) 897 endg.

Vorschlag für eine      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe

(67819/EU XXIV.GP)

 

Hingewiesen wird auf die Einheitliche Länderstellungnahme gemäß Art. 23d B-VG vom 15. Februar 2012 sowie auf das Antwortschreiben der Europäischen Kommission vom 4. September 2012 zu KOM(2011) 897 endg.

 

 

2.    KOM(2011) 934 endg.

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Katastrophenschutzverfahren der Union

(69483/EU XXIV.GP)

 

Hingewiesen wird auf die Stellungnahme gemäß Art. 23g Abs. 3 B-VG des Vorarlberger Landtages vom 13. März 2012, des Wiener Landtages vom 26. März 2012, die Einheitliche Länderstellungnahme gemäß Art. 23d B-VG vom 19. Juni 2012 sowie auf das Antwortschreiben der Europäischen Kommission vom 17. September 2012 zu KOM(2011) 934 endg.

 

 

3.    COM(2012) 514 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe "EU-Freiwillige für humanitäre Hilfe"

(91901/EU XXIV.GP)

 

 

4.    COM(2012) 372 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt

(87969/EU XXIV.GP)

 

 

 

Die Themenpalette des EU-Ausschusses des Bundesrats vom 30. Oktober 2012 reichte von der Konzessionsvergabe – dazu wurde einhellig eine kritische Mitteilung an die EU-Institutionen beschlossen – über Katastrophenschutzverfahren in der EU und die Einrichtung eines Europäischen Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe bis hin zu Fragen des Urheberrechts in Bezug auf die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken.

 

 

 

Als ExpertInnen nahmen folgende Personen an der Sitzung teil:

 

Dr. Manfred Siegfried Grünanger (WKO)

Mag. Martina Winkler (BKA)

Mag. Mirjana Jakopel (BMI)

Mag. Elisabeth Bauer (BMI)

Mag. Michaela Ellmeier (BMeiA)

Dr. Dietmar Dokalik (BMJ)

 

 

 

 

Ausschussvorsitzender Edgar Mayer berichtete vor Eingang in die Tagesordnung kurz über die eingelangten Stellungnahmen bzw. EU-Dokumente:

 

·         Von Seiten der Bundesländer sind seit der letzten Sitzung keine neuen Stellungnahmen eingelangt.

 

·         Folgende Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte sind in letzter Zeit unter anderem eingegangen:

Ø  Legislativpaket bestehend aus zwei Verordnungsvorschlägen zu Medizinprodukten und In-Vitro-Diagnostika

Ø  Vorschlag für eine Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Konzessionsvergabe

 

 

Die Bundesrätinnen und Bundesräte bekräftigten im EU-Ausschuss vom 30.Oktober 2012 mittels einer einstimmig beschlossenen Mitteilung an die EU-Institutionen ihre Ablehnung des Richtlinienvorschlags über die Konzessionsvergabe und nahmen die in der am 1. Februar 2012 einstimmig beschlossenen Subsidiaritätsrüge (begründete Stellungnahme) dargelegten Kritikpunkte nicht zurück. Damals betonten die Ausschussmitglieder, der Vorschlag unterlaufe insbesondere das Recht auf kommunale Selbstverwaltung, zu deren Achtung sich die Europäische Union in den Verträgen bekannt hat, und höhle in unzulässiger Weise die Verantwortung der Mitgliedstaaten aus, im Rahmen ihrer Befugnisse für das Funktionieren der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse Sorge zu tragen. Durch den Vorschlag entstünde ein Liberalisierungsdruck in Bereichen der Daseinsvorsorge, die nicht mit anderen Wirtschaftsbereichen vergleichbar.

 

Die Ausschussmitglieder kamen auch überein, bei der nächsten Sitzung den zuständigen EU-Kommissar bzw. eine/n VertreterIn sowie österreichische EU-ParlamentarierInnen einzuladen, um nochmals eingehend die Argumente und Bedenken darlegen zu können. Bundesrat Stefan Schennach (S/W) informierte, dass er gemeinsam mit Ausschussvorsitzendem Edgar Mayer (V/V) das Thema auch im Rahmen der COSAC angesprochen habe.

 

 

Der nun vorliegende Kompromissvorschlag enthalte zwar geringfügige Verbesserungen, heißt es in der angenommenen Mitteilung, er vermag jedoch nicht die grundlegenden Probleme des Vorschlags zu beheben. Eine Annahme des gegenständlichen Rechtsaktes stelle einen Eingriff in das primärrechtlich gewährleistete Recht auf kommunale Selbstverwaltung dar und gehe weit über das hinaus, was notwendig wäre, um die Ziele des Vorschlags zu erreichen. Die Bundesrätinnen und Bundesräte erkennen nach wie vor keinen Bedarf an einem neuen Sekundärrechtsakt im Bereich der Konzessionsvergabe und bezweifeln, dass der gegenständliche Vorschlag auf Grund seiner Komplexität überhaupt zur Schaffung von Rechtssicherheit beitragen könnte. Die EU-Kommission habe bislang keinen Beleg dafür liefern können, dass ohne diesen Vorschlag – wie dort behauptet – "schwerwiegende Verzerrungen des Binnenmarktes" sowie "ein Mangel an Rechtssicherheit und eine Abschottung der Märkte" eintreten würden. Das Antwortschreiben der Kommission vom 4. September 2012 auf die begründete Stellungnahme beurteilen die Ausschussmitglieder daher auch als "unzureichend". Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) bedauerte ausdrücklich, dass sich seit der genannten Subsidiaritätsrüge kaum etwas getan hat.

 

 

 

Ein grundlegender Unterschied zur geltenden Rechtslage besteht darin, dass der Entwurf der Kommission nicht mehr nur die Baukonzessionen umfasst, sondern auch Dienstleistungskonzessionen miteinbezieht. Das entscheidende Abgrenzungsmerkmal zwischen einer Konzession und einem "regulären" öffentlichen Auftrag ist die Risikoübertragung an den Konzessionär. Der Vorschlag der EK besagt, dass, falls solche Konzessionen vergeben werden, dies in einem transparenten Verfahren nach bestimmten Grundregeln (Mindestfristen, Ausschluss nicht vertrauenswürdiger oder nicht leistungsfähiger Bieter, Bekanntgabe der Entscheidung, wer die Konzession erhalten soll, Rechtsschutz gegen Verfahrensfehler usw.) zu erfolgen hat.

 

Die Richtlinie schreibt jedoch nicht vor, dass Konzessionen zwingend an Dritte extern zu vergeben sind. Man wolle die öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen nicht in ihrer Freiheit beschränken, die in ihre Zuständigkeit fallenden Aufgaben mithilfe eigener Ressourcen zu erfüllen, heißt es dazu im Dokument der Kommission. Aber wenn ein öffentlicher Auftraggeber beschließt, externe Auftragnehmer mit diesen Aufgaben zu betrauen, müsse der tatsächliche Marktzugang aller Wirtschaftsteilnehmer in der EU sichergestellt sein. Somit verbleibt die Entscheidung über die Privatisierung von Leistungen der Daseinsvorsorge (z.B. soziale Dienste) oder Infrastrukturleistungen (z.B. Wasser- und Energieversorgung) ausschließlich bei der öffentlichen Hand, wird seitens der Kommission unterstrichen.

 

Das bestätigte auch die Expertin des Bundeskanzleramts, Martina Winkler. Man müsse sich dem Liberalisierungsdruck nicht beugen, niemand könne die Kommunen zwingen, etwa Wasser zu privatisieren. Vergebe man aber extern, müsse man sich an die Regeln halten, sagte sie. Es liege in der Hand der Gemeinden, die Verantwortung darüber auch weiterhin wahrzunehmen. Bundesrat Stefan Schennach (S/W) hatte zuvor beklagt, die Kommission übe zunehmend im Hinblick auf die kommunale Vorsorge einen Liberalisierungsdruck aus, obwohl zahlreiche Beispiele zeigten, dass dies nicht gut funktioniere. Deshalb gehe man in Deutschland teilweise wieder den Weg der Rekommunalisierung. Heftige Kritik übte er in diesem Zusammenhang an der Troika, die von Griechenland eine Privatisierung im Bereich der Wasserversorgung einfordert.

 

Die negative Beurteilung des Kommissionsvorschlags durch die Länderkammer wurde sowohl seitens des Bundeskanzleramts als auch seitens der Wirtschaftskammer vollinhaltlich geteilt. Die geplante Regelung sei noch immer viel zu detailliert und gehe über das hinaus, was tatsächlich geregelt werden muss, hieß es in den entsprechenden Stellungnahmen. Die geltende Rechtslage sei ausreichend und funktioniere in der Praxis gut. Trotz der umfangreichen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Text, lasse der Kompromissvorschlag der Kommission noch viele Fragen offen, betonte Winkler. Die heimische Position werde von Deutschland und Frankreich sowie vom Europäischen Parlament unterstützt, berichtete sie, die EU-Abgeordneten hätten zahlreiche Änderungsvorschläge in unserem Sinn vorgelegt. Sie räumte aber ein, dass es von den anderen Staaten keine starke Front gegen die Pläne der EU gibt und begründete dies damit, dass in zahlreichen Ländern umfangreiche Regelungen hinsichtlich der Konzessionsvergabe existieren, was jedoch nichts darüber aussage, ob diese dann auch in der Praxis funktionieren. Sie glaube aber nicht an eine rasche Beschlussfassung, derzeit liege das Papier der Ratsarbeitsgruppe vor. Die Expertin ging dabei auf eine Frage von Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) ein.

 

Der Kritik am Vorschlag schlossen sich auch die Bundesrätinnen Sonja Zwazl (V/N) und Elisabeth Kerschbaum (G/N) an, beide befürworteten die vorliegende Mitteilung. Der Kompromissvorschlag lasse weiterhin eine Einschränkung des Entscheidungsspielraums der öffentlichen Auftraggeber und viele bürokratische Hürden befürchten, argumentierte Zwazl. Vor allem sei auch die Verkehrswirtschaft, beispielsweise die Seilbahnen, von der Konzessionsvergabe betroffen. Trotz Nachbesserungen existieren für Zwazl zu viele überflüssige Regelungen wie etwa Vertraulichkeit, Kommunikationsmittel, Art und Weise der Veröffentlichung, Verfahrensregeln etc.

 

Bundesrat Franz Perhab (V/St) bewertete seinerseits die geplante zentrale Aufsichtsstelle als verfassungsrechtlich bedenklich, dennoch enthält ihm zufolge der Kommissionsvorschlag in zwei Punkten auch positive Aspekte. Das betrifft einerseits den ins Auge gefassten europäischen Pass für die Auftragnehmer hinsichtlich ihrer Zertifizierung und andererseits die Möglichkeit der elektronischen Einreichung. Letztere werde verpflichtend kommen, informierte die Beamtin des Bundeskanzleramts, über den EU-Pass werde noch verhandelt. Die Diskussion gehe in Richtung einer Vereinheitlichung des Nachweises.

 

 

 

 

 

Katastrophenhilfe

 

 

Die Anstrengungen der Europäischen Kommission, Katastrophenhilfe EU-weit zu koordinieren, wurden vom EU-Ausschuss des Bundesrates differenziert bewertet. Konkret befasste sich der Ausschuss mit Kommissionsplänen, den Katastrophenschutz zwischen den Mitgliedsstaaten und der Union besser aufeinander abzustimmen und durch Mechanismen der Prävention, Vorbereitung und Abwehr zu ergänzen. Zudem kreiste die Debatte um den erneuten Versuch der Kommission, mit einem Verordnungsentwurf ein EU-Freiwilligencorps für humanitäre Hilfe und Katastropheneinsätze ins Leben zu rufen. In beiden Bereichen wurden Bedenken hinsichtlich der Kompetenzverteilung zwischen EU und Nationalstaaten sowie der Finanzierung geltend gemacht.

 

 

Nachdem viele Mitgliedsstaaten sich ablehnend zum ursprünglichen Kommissionsentwurf für ein unionsweites Katastrophenschutzverfahren gezeigt hatten, wurde unter der zypriotischen Ratspräsidentschaft nun eine veränderte Fassung erarbeitet, informierte die Expertin des Innenministeriums (BMI), Mirjana Jakopel, den EU-Ausschuss des Bundesrats. Die Kosten für den EU-Katastrophenschutz werden im kommenden mehrjährigen EU-Finanzrahmen (2014 bis 2020) laut Kommissionsentwurf mit 513 Mio. € beziffert. Anstatt der verpflichtenden Übermittlung von Risikomanagementplänen an die Kommission, sollen die Mitgliedsländer gemäß dem EU-Plan nunmehr Informationen über Risiken und eine zusammenfassende Bewertung der nationalen Risikomanagementfähigkeit bekanntgeben und damit einen wirkungsvollen Austausch von Verfahren und Informationen ermöglichen. Dieser Ansatz werde von Österreich zwar begrüßt, so die Expertin, einzig die vorgesehene Frist von zwei bis drei Jahren werte man für diese präventiven Maßnahmen als zu kurz.

 

Gegen die positive Sichtweise des geänderten Kommissionsentwurfs wandte sich Bundesrat Franz Wenger (V/S). Er sehe keine Erleichterung dadurch, dass nun Zusammenfassungen der Risikopotentiale von der EU verlangt würden, meinte der Salzburger Bundesrat und betonte, Katastrophenschutz müsse jedenfalls nationale Sache bleiben. Bundesrätin Cornelia Michalke (F/V) erwiderte darauf, natürlich sei vielfach Katastrophenhilfe besser auf nationaler oder kommunaler Ebene zu verankern, doch dürfe man nicht übersehen, dass Katastrophen durchaus auch europaweit auftreten können. Dann gehe es um schnelle Reaktion und ausreichend verfügbare Ressourcen in den Ländern, wie es im Kommissionsvorschlag angedacht sei, befand Michalke. Tatsächlich beabsichtige die Kommission mit ihrem Entwurf, Mitgliedstaaten, die bislang bei Maßnahmen zur Risikovorsorge nachlässig waren, zur verstärkten nationalen Präventionsarbeit zu motivieren, erfuhr der Ausschuss von der Vertreterin des Innenministeriums. Generell verbleibe Katastrophenschutz in nationaler Verantwortung, erklärte sie, die EU-Hilfe komme innerhalb der Staatengemeinschaft dann zum Tragen, wenn der Hilfsbedarf die Fähigkeiten eines einzelnen Staates übersteige.

 

Dem aktuellen Vorschlag zufolge können Fachleute und Sachleistungen wie Decken, Zelte, Sandsäcke etc. von einem Mitgliedsstaat als unionsweit zugängliche Notfallabwehrkapazität bei der EU gemeldet werden. Diese Ressourcen stünden jederzeit auch für nationale Zwecke bereit und die Mitgliedsstaaten hätten aus mehreren Gründen die Möglichkeit, ihre Mittel bei EU-Hilfsmaßnahmen nicht zum Einsatz kommen zu lassen, etwa wenn die Ressourcen im eigenen Land benötigt würden. Aufbau und Transport dieser Kapazitäten sollen mit EU-Mitteln finanziell unterstützt werden, heißt es im Kommissionsentwurf, wobei erwogen wird, für die Höhe der beigesteuerten Mittel zwischen Einsätzen innerhalb der EU (50 % Kostenübernahme) und außerhalb der Union (70 % Kostenübernahme) zu unterscheiden.

 

Als weiterhin strittigen Punkt bei den Ratsverhandlungen zu den Katastrophenschutz-Plänen der EU nannte die Expertin des Innenministeriums den Vorschlag der Kommission, auch nationale Kapazitätslücken auf europäischer Ebene zu schließen. Mit dem zentralen Aufbau von Kapazitäten würde die Union ihre Kompetenzen als Koordinatorin überschreiten, befürchte man seitens der Nationalstaaten.

 

Bundesrätin Sonja Zwazl (V/N) befürwortete zwar den im Kommissionsvorschlag angestrebten Aufbau einer Europäischen Notfallabwehrkapazität durch die EU-Länder, vermutete allerdings unnötigen Logistikaufwand in diesem Zusammenhang. Dazu erläuterte die Expertin des BMI, ein Logistikzentrum sei von der EU mangels Mehrwert nicht geplant.

 

Bundesrat Stefan Schennach (S/W) sprach sich im Sinne des Solidaritätsgedankens für EU-weite Hilfsmaßnahmen aus und merkte an, ein gemeinsames Budget für EU-Katastrophenhilfe sei auch für Einsätze außerhalb der Union, wie etwa den Balkanstaaten, wichtig. Zur Verteilung und Nutzung der Gelder für unionsweite Katastrophenschutzmaßnahmen erfuhren Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/N) und Bundesrat Franz Perhab (V/St) von der Expertin des BMI, auf EU-Ebene sei in einem Jahresarbeitsprogramm zum Katastrophenschutz genau aufgegliedert, wie viel Mittel jeweils im kommenden Jahr für welche Art von Aufwendungen benötigt werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Freiwilligencorps

 

 

Zum Verordnungsentwurf für ein EU-Freiwilligencorps zur humanitären Hilfe wurden mehrere kritische Stimmen im EU-Ausschuss des Bundesrats laut. Ausschussobmann Edgar Mayer (V/V) bezog sich in diesem Zusammenhang auf ein Schreiben des Roten Kreuzes, in dem bemängelt wird, der Kommissionsvorschlag sei ineffizient, zu teuer und verletze das Subsidiaritätsprinzip. Letztendlich befürchtete Mayer, mit einem freiwilligen EU-Hilfscorps würde eine Konkurrenz für die innerstaatlichen Strukturen entstehen.

 

Der Verordnungsentwurf zum Freiwilligencorps, rechtlich verankert im Vertrag von Lissabon, sieht die Entwicklung von Standards für die Auswahl und das Training von Freiwilligen, die Zertifizierung von Entsendeorganisationen, die Schaffung eines EU-Registers sowie die Stärkung der Kapazitäten von Organisationen in den Einsatzländern vor. Damit will die EU bestehende Freiwilligenprogramme ergänzen und so Mängel wie unzureichende Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal, Defizite in der sofortigen Abrufbarkeit und schwache Aufnahmekapazitäten in den Gastländern beheben. Insgesamt ist die Kommission bestrebt, humanitäre Hilfe in der Union durch einen strukturierten Ansatz im Freiwilligenwesen sichtbarer zu machen, beschrieb die zur Thematik eingeladene Expertin des Außenministeriums, Michaela Ellmeier, und berichtete, budgetiert seien im kommenden EU-Finanzrahmen rund 240 Mio.€ für das Freiwilligencorps. Sie räumte jedoch ein, von den Mitgliedsstaaten würden die Finanzierung, Sicherheitsaspekte und die Gefahr einer Duplikation vorhandener Strukturen kritisch gesehen.

 

Die Angst vor Verdoppelung von Hilfsstrukturen stieß bei Bundesrat Reinhard Todt (S/O) auf Unverständnis, könne er doch einer standardisierten Hilfsstruktur innerhalb der EU, auch in Bezug auf die Ausbildungspläne, nur Positives abgewinnen. Im Gegensatz dazu meinten die Ausschussmitglieder Friedrich Hensler (V/N) und Angela Winzig (V/O), mit dem EU-Plan zum Freiwilligencorps werde eine unzweckmäßige weitere Strukturebene angedacht, die noch dazu mit Profis der UNO und nationaler Hilfsorganisationen konkurrieren würde. Für Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/N) war es schwer vorstellbar, wie EU-weit Freiwillige konkret zum Einsatz kommen könnten. Da die Verhandlungen über das Freiwilligencorps in den EU-Ratsarbeitsgruppen noch am Beginn stehen, einigte sich der Ausschuss auf Vorschlag von Bundesrat Stefan Schennach (S/W), die Diskussion darüber in der nächsten Ausschusssitzung fortzusetzen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Musiknutzung online

 

 

Den außerdem diskutierten Richtlinienvorschlag zu EU-weiten Regelungen für die online-Nutzung von Musikwerken beurteilten die Ausschussmitglieder generell positiv. Zentrale Frage dabei war, ob Österreich die nationale Monopolstellung seiner Verwertungsgesellschaften beibehalten solle.

 

Im gegenständlichen Richtlinienentwurf regt die Kommission die länderübergreifende Vergabe von Nutzungsrechten an online verbreiteten Musikstücken im gesamten Binnenmarkt an. Verwertungsgesellschaften, denen Nutzungs- und verwandte Schutzrechte von den Rechtsinhabern übertragen wurden, sollen dem EU-Vorschlag zufolge die Möglichkeit haben, Mehrgebietslizenzen für die online-Nutzung von Musikwerken zu erteilen. Voraussetzung dafür sei, so die Kommission, dass für die genaue Zuordnung der Rechte sowie daraus erfolgter Einnahmen eine geeignete technische Infrastruktur gegeben ist. Mit diesem paneuropäischen Lizenzierungssystem soll die Verbreitung von online-Musikangeboten im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs in der EU erleichtert werden, informierte ein Dietmar Dokalik vom Justizministerium (BMJ). Wie der ebenfalls anwesende Vertreter der Wirtschaftskammer bekrittelte er allerdings, dass zahlreiche Vorschriften in dem Kommissionsentwurf zu detailliert gefasst seien.

 

Die Kommission will in ihrem Entwurf mit verstärkten Berichterstattungspflichten, wie die Veröffentlichung jährlicher Geschäftsberichte, und Kontrollen für mehr Transparenz und ein verbessertes Management der Verwertungsgesellschaften sorgen. Weitere Bestimmungen der Vorlage behandeln Streitbeilegungsverfahren und Beschwerdemöglichkeiten von Mitgliedern einer Verwertungsgesellschaft, Rechteinhabern, Nutzern und sonstigen Betroffenen. Die Mitgliedsstaaten haben laut Kommissionsentwurf eigene Behörden mit der Durchsetzung der Richtlinie zu beauftragen und diesen Sanktionshoheit bei Richtlinienverstößen zu geben.

 

Österreich solle in der EU als positives Beispiel bei Fragen zur Vergabe von Nutzungsrechten vorangehen, meinte Bundesrat Franz Perhab (V/St). Durch das heimische Monopolsystem ergebe sich für Nutzer, etwa im Tourismusbereich, nur geringer Aufwand, um Senderechte von Musikwerken über eine konkrete Verwertungsgesellschaft zu erlangen. Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/N) und Bundesrat Stefan Schennach (S/W) begrüßten den Vorschlag, die online-Musiknutzung EU-weit zu regeln. Kerschbaum bezweifelte allerdings den Sinn, den Monopolgrundsatz in Österreich beizubehalten, wie es ihr Vorredner Perhab im Hinblick auf die leichtere Erlangung von Nutzungsrechten vertreten hatte. Bedeutend war für die G-Mandatarin, dass KünstlerInnen auch nach Umsetzung der Richtlinie ungehinderten Zugang zu Verwertungsgesellschaften haben.

 

In Verbindung mit Urheberrechtsfragen erkundigte sich Bundesrätin Cornelia Michalke (F/V), ob zukünftig eine Festplattenabgabe geplant ist. Der BMJ-Vertreter informierte darauf, eine diesbezügliche Urheberrechtsnovelle wird voraussichtlich 2013 fertig ausgearbeitet sein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Mitteilung wurde einstimmig angenommen:

 

 

ANTRAG

 

 

betreffend KOM (2011) 897 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (67819/EU XXIV.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 30. Oktober 2012.

 

 

 

Mitteilung gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

 

Der Präsident des Bundesrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß § 13b Abs. 9 GO-BR an

·         die Europäische Kommission,

·         das Europäische Parlament und den Rat als AdressatInnen sowie an

·         den Ausschuss der Regionen

·         den Wirtschafts- und Sozialausschuss und

·         COSAC bzw. IPEX

als weitere EmpfängerInnen zu übermitteln.

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

"Mitteilung gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat am 1. Februar 2012 einstimmig eine begründete Stellungnahme im Sinne des Art. 6 des Protokolls Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit betreffend den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe verabschiedet. Darin wurde betont, dass der Vorschlag insbesondere das Recht auf kommunale Selbstverwaltung unterlaufe, zu deren Achtung sich die Europäische Union in den Verträgen bekannt hat. Außerdem entstünde durch den Vorschlag ein Liberalisierungsdruck in Bereichen der Daseinsvorsorge, die nicht mit anderen Wirtschaftsbereichen vergleichbar sind.

 

Die Europäische Kommission hat in ihrem Antwortschreiben zu dieser begründeten Stellungnahme vom 4. September 2012 ausgeführt, dass die mit dem Vorschlag verfolgten Ziele (Schaffung von Rechtssicherheit, Verhinderung von Marktabschottung, Vereinheitlichung der Vorschriften) auf andere Weise nicht hergestellt werden könnten.

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat die gegenständliche Vorlage am 18. September 2012 sowie am heutigen Tag erneut in Verhandlung genommen und kommt zu folgendem Ergebnis:

 

Die in der begründeten Stellungnahme geäußerten Bedenken gegenüber dem vorliegenden Vorschlag bleiben vollständig aufrecht. Der von der Präsidentschaft am 12. Juli 2012 vorgelegte Kompromissvorschlag enthält zwar geringfügige Verbesserungen, vermag jedoch nicht die grundlegenden Probleme des Vorschlags zu beheben. Der EU-Ausschuss des Bundesrates ist weiterhin davon überzeugt, dass eine Annahme des gegenständlichen Rechtsaktes einen Eingriff in das primärrechtlich gewährleistete Recht auf kommunale Selbstverwaltung darstellt und weit über das hinausgeht, was notwendig wäre, um die Ziele des Vorschlags zu erreichen.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates erkennt auf Grund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nach wie vor keinen Bedarf an einem neuen Sekundärrechtsakt im Bereich der Konzessionsvergabe und bezweifelt, dass der gegenständliche Vorschlag auf Grund seiner Komplexität überhaupt zur Schaffung von Rechtssicherheit beitragen könnte.

 

Die Europäische Kommission konnte weder in ihrem Vorschlag noch in ihrem Antwortschreiben an den Bundesrat belegen, dass ohne diesen Vorschlag - wie dort behauptet - "schwerwiegende Verzerrungen des Binnenmarktes" sowie "ein Mangel an Rechtssicherheit und eine Abschottung der Märkte" eintreten würden. Das Antwortschreiben der Europäischen Kommission ist in diesem Sinne unzureichend.

 

Die Verträge sehen eine Verantwortung der Mitgliedstaaten vor, im Rahmen ihrer Befugnisse für das Funktionieren der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse Sorge zu tragen (Art. 14 AEUV). Diese Verantwortung würde durch den vorliegenden Vorschlag in unzulässiger Weise ausgehöhlt. Der EU-Ausschuss des Bundesrates fordert die Europäische Kommission daher auf, ihren Vorschlag zurückzuziehen, um eine umfassende Überprüfung der tatsächlichen Notwendigkeit des Vorschlags sowie dessen Vereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung zu ermöglichen."