Parlament Österreich

 

 

 

IV-60 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 19. Dezember 2012

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 19. Dezember 2012

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Tagesordnung

 

 

1.    KOM (2011) 897 endg.

Vorschlag für eine      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe

(67819/EU XXIV.GP)

 

Hingewiesen wird auf die Einheitliche Länderstellungnahme gemäß Art. 23d B-VG vom 15. Februar 2012 sowie auf das Antwortschreiben der Europäischen Kommission vom 4.       September 2012 zur Begründeten Stellungnahme des EU-Ausschusses des Bundesrates vom            1. Februar 2012

 

 

2.    COM(2012) 617 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Personen

(95529/EU XXIV.GP)

 

 

3.    COM(2012) 614 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen

(97955/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Beginn der Sitzung des EU-Ausschusses berichtetet Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) kurz über  die eingelangten Stellungnahmen bzw. EU-Dokumente:

 

 

Von Seiten der Bundesländer sind seit der letzten Sitzung eingelangt:

·         Stellungnahme der Kärntner Landesregierung zum Vorschlag zum Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Personen (der heutige Tagesordnungspunkt 2)

 

 

Folgende Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte sind in letzter Zeit unter anderem eingegangen:

·         Richtlinienvorschlag über den barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen

·         Verordnungsvorschlag betreffend Insolvenzverfahren

 

 

Der EU-Unterausschuss des Nationalrates hat in seiner Der EU-Unterausschuss des Nationalrates hat in seiner letzten Sitzung am 11.12. das Verkehrssicherheitspaket behandelt.

 

 

 

 

 

Als Auskunftspersonen waren geladen:

 

·         Mag. Richard Kühnel (Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Wien)

·         Dr. Johann Maier (Vertreter der Kärntner Landesregierung)

·         Dr. Wolfgang Zerobin (Vertreter der Wiener Landesregierung)

·         Mag. Alice Wagner (AK Wien)

·         Thomas Weninger (Österreichischer Städtebund)

 

 

Seitens der Ministerien nahmen an der Sitzung teil:

 

·         Mag.a  Martina Winkler (Bundeskanzleramt)

·         Dr.in Vera Jauk (Bundeskanzleramt)

·         MMag.a Silvia Sinnmayer (Bundeskanzleramt)

·         Dr.in  Susanne Piffl-Pavelec (BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz)

·         Dr.in Brigitte Zarfl (BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz)

 

 

Auch der Europaabgeordnete Dr. Josef Weidenholzer (S) nahm an der Sitzung teil.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Konzessionsvergabe

 

 

Der EU-Richtlinienvorschlag zur Konzessionsvergabe findet trotz der in der Zwischenzeit von der EU-Kommission vorgenommenen Überarbeitung weiterhin keinerlei Unterstützung seitens des EU-Ausschusses des Bundesrats. Auch wenn der Entwurf keinerlei Vorschriften für die öffentlichen Einrichtungen enthält, in welcher Art sie die Dienste der Daseinsvorsorge zu erbringen haben, zeigten sich die Ausschussmitglieder unisono davon überzeugt, dass die neue Rechtsvorschrift geeignet ist, den Privatisierungsdruck zu erhöhen, was sich negativ auf die Versorgung der Bevölkerung mit qualitätsvollen und leistbaren Diensten – etwa im Wassersektor und im Sozialbereich - auswirken würde. In diesem Zusammenhang wurde in den Wortmeldungen darauf hingewiesen, dass im Text der Richtlinie von Marktöffnung die Rede ist, auf die Bestimmungen des Lissabon-Vertrags im Hinblick auf das Recht zur kommunalen Selbstverwaltung jedoch nicht Bezug genommen wird. Allgemein wurde die Auffassung vertreten, dass man aus der Richtlinie den gesamten Bereich der Daseinsvorsorge herausnehmen sollte, das gelte insbesondere für die Trinkwasserversorgung.  

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrats griff daher in der heutigen Sitzung zu einem weiteren parlamentarischen Druckmittel: In einem einstimmig angenommenen Entschließungsantrag, der dem Plenum der Länderkammer zur Beschlussfassung vorgelegt wird, fordert der Ausschuss die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene weiterhin im Sinne der begründeten Stellungnahme vom 1. Februar 2012 einzusetzen, insbesondere was den Bereich der Liberalisierung der Trinkwasserversorgung anbelangt. Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) unterstrich die Notwendigkeit dieses Schritts, um sich entsprechend auch im Plenum mit der Problematik auseinandersetzen zu können.

 

Die VertreterInnen der Bundesländer haben bereits am 1. Februar diese Jahres in Form einer Subsidiaritätsrüge ihre Bedenken hinsichtlich der geplanten Einbeziehung der Dienstleistungskonzessionen in die Richtlinie zum Ausdruck gebracht und bekräftigten ihre Ablehnung der Vorschläge am 30. Oktober 2012 im Rahmen einer Mitteilung an die EU-Institutionen. Insgesamt befasste sich der Ausschuss heute bereits zum vierten Mal mit der Materie.

 

Die BundesrätInnen befürchten vor allem einen Liberalisierungsdruck im Bereich der Daseinsvorsorge, die nicht mit anderen Wirtschaftsbereichen vergleichbar sei. Sie warnen, der Vorschlag unterlaufe das Recht auf kommunale Selbstverwaltung, zu deren Achtung sich die Europäische Union in den Verträgen bekannt hat. Das Argument der Kommission, aufgrund derzeit fehlender Regelungen gebe es Rechtsunsicherheit, wurde von der Länderkammer in den vergangenen Monaten als nicht überzeugend zurückgewiesen, zumal bereits 16 Erkenntnisse des EuGH vorliegen. Einen besonders sensiblen Bereich stellt die Wasserversorgung dar, die seit vielen Jahrzehnten von den Kommunen zur Verfügung gestellt wird und eine zuverlässige Belieferung mit hochwertigem Trinkwasser und bezahlbaren Preisen garantiert. Öffnet man die Trinkwasserversorgung in Europa für den Wettbewerb mit Privaten und stelle damit den wirtschaftlichen Erfolg an die Spitze so bestehe die Gefahr, dass der Ressourcenschutz und Nachhaltigkeitsaspekte sowie die Instandhaltung und Erneuerung der Leitungsnetze und Speicheranlagen in den Hintergrund treten.

 

 

 

Waren Baukonzessionen schon bisher im Rahmen der geltenden Vergaberichtlinie geregelt, ist die Einbeziehung der Dienstleistungskonzessionen neu. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass Konzessionsverträge ab einem Schwellenwert von 5 Mio. € in einem transparenten Verfahren nach bestimmten Grundregeln vergeben werden müssen. Für bestimmte, in einem Anhang aufgelistete Dienstleistungen im "sozialen" Bereich sieht die Richtlinie ein vereinfachtes Verfahren vor. Die Richtlinie regelt hingegen nicht die zwingende Liberalisierung bestimmter Bereiche der Daseinsvorsorge. Somit verbleibt die Entscheidung über die Privatisierung von Leistungen der Daseinsvorsorge (z.B. soziale Dienste) oder Infrastrukturleistungen (z.B. Wasser- und Energieversorgung) ausschließlich bei der öffentlichen Hand, heißt es in der Unterlage des Bundeskanzleramts.

 

 

 

Österreich hat von Anfang an das Vorhaben abgelehnt und neben den genannten Vorbehalten auch eine unverhältnismäßige Bürokratisierung und negative Auswirkungen für Kleinere und Mittlere Unternehmen ins Treffen geführt. Auch die Nachbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf stießen auf heimischen Widerstand. Da Österreich mit seiner Meinung jedoch auf europäischer Ebene isoliert ist, versucht man nun in Verhandlungen ein möglichst flexibles materielles Regime zu erreichen, wofür man viele andere Mitgliedstaaten als Mitstreiter gewinnen konnte.

 

Der Diskussion mit den Bundesrätinnen und Bundesräten stellte sich heute auch der Vertreter der EU-Kommission in Wien, Richard Kühnel. Er wiederholte die Argumente, die der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier am 13. Dezember 2012 in einem Zeitungskommentar festgehalten hat. Die Souveränität der Gebietskörperschaften werde nicht angetastet, diese seien auch in Zukunft frei, ob sie Dienstleistungen selbst erbringen oder an private Unternehmen vergeben. Daher führe der Kommissionsvorschlag in keiner Weise zu einer Zwangsprivatisierung öffentlicher Dienste, stellte Kühnel klar. Sollten sich aber Gebietskörperschaften dazu entschließen, Dienstleistungen an Externe zu vergeben, dann sei es notwendig, dass die Ausschreibungen bestimmte Mindeststandards erfüllen und vor allem transparent ablaufen, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Die Mitgliedsstaaten und die öffentlichen Auftraggeber würden auch in diesem Fall weiterhin über einen breiten Spielraum beim Vergabeverfahren verfügen und Kriterien selbst festlegen können, etwa was Preis, Qualität, Innovations-, Umwelt-, und Sozialstandards betrifft, erläuterte Kühnel und betonte, dass es nicht nur um den Preis, sondern vor allem auch um die Qualität gehe. Kühnel vertrat darüber hinaus die Auffassung, dass es im Endeffekt zu einem Bürokratieabbau kommen werde.

 

Kühnel konnte mit seinen Ausführungen die Befürchtungen jedoch nicht ausräumen. Bundesrat Edgar Mayer (V/V) stellte die Vermutung in den Raum, dass sich hinter dem Papier der Kommission das Ziel verstecke, die Privatisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür einzuführen. 

 

Ähnlich reagierte der Vertreter der Wiener Landesregierung, Wolfgang Zerobin. Der Markt werde für den wichtigsten Teil der Daseinsvorsorge geöffnet, warnte er. Außerdem bedeute die öffentliche Ausschreibung einen enormen Verwaltungsaufwand für die Gemeinden. Dabei gehe es um komplexe langfristige Verträge, die Gemeinden überfordern, meinte er. Nachdem Ausschreibungen ab einem Wert von ca. 5 Mio. € im Amtsblatt der Union zu veröffentlichen sind, umfasse dies Gemeinden ab rund 1000 Einwohner, und das betreffe viele. Außerdem gebe es nur wenige große private Player auf diesem Markt, weshalb sich die Verhandlungen für die Kommunen äußerst schwierig gestalten würden. Der Beamte plädierte dafür, aus der Richtlinie wenigstens das Trinkwasser herauszunehmen.

 

Auch seitens des Städtebundes wird die Vorlage strikt abgelehnt. Thomas Weninger teilte die Befürchtungen Zerobins und wies auf die schlechten Erfahrungen anderer Länder mit der Privatisierung bei den kommunalen Dienstleistungen hin. Aufgrund des Kostendrucks würden Private nicht investieren, weshalb beispielsweise in Deutschland und Frankreich der Trend der Rekommunalisierung zu beobachten sei. Die Richtlinie ist daher seiner Meinung nach gänzlich abzulehnen, zumindest sollte ihm zufolge die Wasserversorgung herausgenommen werden.

 

Ebenso wird von der Arbeiterkammer die Entschließung des Bundesrats begrüßt, wie Alice Wagner feststellte. Für sie ist es laut Kommissionsentwurf nicht so klar, dass neben Preisgestaltung auch soziale und andere Standards den Ausschlag bei der Vergabe geben sollen.

 

Wegen der Wichtigkeit des Themas nahm heute auch Josef Weidenholzer (S), Mitglied des Europäischen Parlaments, an der Sitzung teil. Er begrüßte die strikte Position des Bundesrats, auch wenn er einräumte, dass diese auf EU-Ebene nicht zu halten sein werde. Auch er befürchtet einen starken Privatisierungsdruck und hielt fest, bei den Dienstleistungen müsste die Versorgungssicherheit im Vordergrund stehen, die Kommission stelle aber den Marktzugang an die Spitze. Man werde im Europäischen Parlament versuchen, den Sektor der Daseinsvorsorge herauszunehmen, sicherte Weidenholzer zu und merkte kritisch an, dass das Glücksspiel von vornherein ausgenommen worden sei.

 

 

 

Den Reigen in der Diskussion eröffnete Bundesrat Stefan Schennach (S/W). Er bekräftigte die bereits artikulierte Kritik am Richtlinienentwurf und betonte, in allen Bereichen der Daseinsvorsorge, wo bisher privatisiert wurde, sei die Qualität gesunken. Er führte als Beispiele Grenoble und Berlin an und betonte die hohen Kosten, die den Kommunen beim Rückkauf und vor allem durch die Instandhaltungsarbeiten entstehen. Schennach kritisierte in diesem Zusammenhang auch scharf die EU-Kommission, die Griechenland und Portugal zwinge, die Wasserversorgung zu verkaufen. Damit würden aus Gebühren Preise, Wasser werde zu einem Handelsobjekt, was nicht zu akzeptieren sei.

 

Dieser Argumentation schlossen sich auch die anderen Ausschussmitglieder an. So wandte sich etwa Bundesrätin Ana Blatnik (S/K) dagegen, Trinkwasser zu einem Handelsobjekt zu machen. Bundesrat Ewald Lindinger (S/O) befürchtete, dass auch auf Kommunen, die mit Finanzproblemen zu kämpfen haben, Druck ausgeübt werden könnte, die Wasserversorgung zu privatisieren. In der Vergangenheit habe sich der Weg der Privatisierung als negativ herausgestellt und sei den BürgerInnen sehr teuer gekommen, warf Bundesrat Werner Stadler (S/O) ein. Ebenso hielt Bundesrat Martin Preineder (V/N) fest, Wasser sei ein Bereich, den man nicht privatisieren sollte. Es entspreche auch dem Wunsch der BürgerInnen, mit dem Wasser sorgsam umzugehen, sagte er. Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) übte allgemein Kritik an der Vorgangsweise Brüssels, alles und jedes regeln zu wollen. "So viel Brüssel wollen wir nicht haben", sagte sie und verwendete dabei das Beispiel einer Krake. Bundesrätin Cornelia Michalke (F/V) brachte nochmals den Lissabon-Vertrag und den darin verankerten Grundsatz der Selbstverwaltung in die Diskussion ein, während die Bundesräte Stefan Schennach (S/W) und Edgar Mayer (V/V) dem Argument der Kommission widersprachen, es gebe zu viel Rechtsunsicherheit. Dies sei im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH falsch, argumentierten sie.

 

In seiner Reaktion auf die Diskussion stellte Richard Kühnel seitens der Kommission nochmals fest, man wolle mit der vorliegenden Richtlinie in keiner Weise der Privatisierung Vorschub leisten. Sollten Gebietskörperschaften jedoch Dienstleistungen aus der Hand geben wollen, dann liege es im Interesse aller, Transparenz und einen fairen Wettbewerb sicher zu stellen. Der Kommission und auch dem zuständigen Kommissar sei die Qualität des Trinkwassers außerordentlich wichtig, betonte er, keineswegs wolle man an der hohen Qualität rütteln.

 

 

 

 

 

 

 

EU-Hilfsfonds

 

 

Armut ist auch in der EU noch immer traurige Realität. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat das Problem zusätzlich verschärft. Eines der fünf Kernziele der 2020-Strategie der EU ist es daher, mindestens 20 Millionen Menschen vor dem Risiko der Armut zu bewahren. Nachdem das EU-Nahrungsmittelprogramm 2013 ausläuft, plant die EU nun, einen Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Personen zu schaffen. Dabei geht es nicht um finanzielle Unterstützung, vielmehr sollen Nahrungsmittel und grundlegende Konsumgüter an Personen verteilt werden, die unter Nahrungsmangel und Obdachlosigkeit leiden. Besonderes Augenmerk wird dem Kampf gegen materielle Armut von Kindern gelten. Insgesamt steht die soziale Eingliederung im Vordergrund.

 

Das Budget beträgt nach den bisherigen Vorstellungen ca. 2,5 Mrd. € und ist Bestandteil des dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zugewiesenen Teils der Strukturfonds. Aus dem Fonds werden entsprechende nationale Programme unterstützt. Der Fonds fördert auch Voneinander-Lernen, Vernetzung und die Verbreitung von Good-Practice-Modellen im Bereich nichtfinanzieller Unterstützung der am stärksten von Armut betroffenen Personen.

 

Wie die Vertreterin des Sozialministeriums Susanne Piffl-Pavelec,  ausführte, hat Österreich am bisherigen Programm, das aus dem Agrarbudget finanziert wurde, nicht teilgenommen, zumal es nur um Lebensmittelzuteilungen gegangen ist. Hierzulande werde die Hilfe mit Unterstützung von NGOs selbst organisiert. Nun stehe die soziale Eingliederung im Vordergrund, in Österreich werde man daher geeignete Strukturen entwickeln müssen, um den bürokratischen Aufwand zu minimieren. 

 

Der Vorschlag stieß nicht auf ungeteilte Zustimmung. Völlige Ablehnung kam von Kärnten, da aus Sicht dieses Bundeslands das Subsidiaritätsprinzip verletzt werde. Die EU verfüge über keinerlei Kompetenzen in diesem Bereich, argumentierte der Vertreter der Kärntner Landesregierung Johannes Maier, der Bezug auf die soziale Kohäsion ist ihm zufolge äußerst gewagt, die Strukturfonds heranzuziehen, eine völlig verfehlte Maßnahme. Gleichzeitig betonte er, die Kritik richte sich allein gegen die Rechtsgrundlage, die Tatsache, dass sich die EU stärker sozialen Belangen zuwende, werde jedoch begrüßt.

 

Auch wenn manche Bundesrätinnen und Bundesräte für die Skepsis hinsichtlich der Rechtsgrundlage durchaus Verständnis zeigten, befürworteten sie dennoch das Bemühen, sich auch auf EU-Ebene stärker dem Kampf gegen die Armut zu stellen. Bundesrätin Susanne Kurz (S/S) sah aus ihrer Sicht keine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips und meinte, auch in Österreich gebe es viel Armut. Es werde aber schwierig sein, eine genaue Definition für Kinder und Jugendliche zu finden, denn Kinderarmut sei nicht von der Familie zu trennen. Dem schlossen sich auch Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) und Bundesrat Martin Preineder (V/N) an. Auch die Expertin des Sozialministeriums gab zu bedenken, dass die Definition der Zielgruppen für Österreich eine Herausforderung darstellen werde, weil keine Daten vorhanden sind. Man müsse sich aber dessen bewusst sein, das auch in Österreich eine große Anzahl von Kindern und Jugendlichen armutsgefährdet ist. Angesichts der Tatsache, dass man bei diesem Vorschlag noch völlig am Anfang der Verhandlungen stehe, sei es aus derzeitiger Sicht nicht absehbar, ob die Fokussierung auf die beiden genannten Gruppen so bleibe.

 

Verständnis für den Einwand Kärntens zeigte Bundesrat Friedrich Hensler (V/N). Gleichzeitig räumte er ein, dass angesichts der vorhandenen Armut die Intention der Kommission zu begrüßen sei. Er plädierte aber dennoch, bei der Beurteilung der Vorlage vorsichtig zu sein und den Grundkonsens nicht zu verlassen, dass man den Nationalstaaten keine Kompetenzen wegnehmen dürfe.

 

Bundesrätin Ana Blatnik (S/K) wies darauf hin, dass Armut in erster Linie auch weiblich ist, ihr Klubkollege Stefan Schennach (S/W) hielt es für einen Qualitätssprung, wie er sagte, dass sich die EU vermehrt ihrer sozialen Verantwortung bewusst wird. Schennach erinnerte insbesondere an die zahlreichen unversorgten Straßenkinder in Europa. Er begrüßte die Einbettung des Hilfsfonds in die Strukturfonds und hielt es für wichtig, dass sich auch Österreich aktiv daran beteiligt, auch wenn die Richtlinie "nicht auf den stärksten rechtlichen Betonpfeilern ruht", wie er hinzufügte.

 

Die beiden Bundesrätinnen Monika Mühlwerth (F/W) und Cornelia Michalke (F/V) vertraten die Auffassung, diese Aufgaben bei den Nationalstaaten zu belassen.

 

Der Ausschuss nahm sich nach dieser Diskussion vor, das Thema nochmals auf die Tagesordnung zu setzen, sobald die Verhandlungen weiter gediehen sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quoten in Aufsichtsräten

 

 

Sehr unterschiedlich äußerten sich die Mitglieder des EU-Ausschusses zum Vorschlag der EU, mittels einer entsprechenden Richtlinie qualifizierten Frauen den Weg zu den Top-Positionen von börsennotierten Unternehmen zu ebnen. Während die SPÖ BundesrätInnen sich klar für die Einführung einer Quote aussprachen, äußerten sich die V- und F-Ausschussmitglieder dazu skeptisch. 

 

Nachdem die von der Vizepräsidentin der Kommission im März 2011 gestartete Initiative "Mehr Frauen in Unternehmensvorständen -  Selbstverpflichtung der Unternehmen" keine Fortschritte gebracht hatte, hat Viviane Reding einen Richtlinienentwurf vorgelegt, durch den der Frauenanteil – der Text spricht vom Anteil des unterrepräsentierten Geschlechts -  in den Aufsichtsräten aller börsennotierten Unternehmen auf 40% angehoben werden soll. Derzeit sind Frauen in Aufsichtsräten innerhalb der EU nur zu 15% repräsentiert. Darüber hinaus sollen auch Mindeststandards für transparente Auswahlverfahren definiert werden. Auf Kleine und Mittlere Unternehmen (weniger als 250 MitarbeiterInnen, Jahresumsatz maximal 50 Mio. €, Jahresbilanzsumme höchstens 43 Mio. €) soll die Regelung keine Anwendung finden.

 

Konkret zielt der Kommissionsvorschlag darauf ab, börsennotierte Unternehmen, in denen das unterrepräsentierte Geschlecht weniger als 40% der Aufsichtsratsmitglieder stellt, zu verpflichten, neue Mitglieder auf der Grundlage eines Vergleichs der Qualifikationen der KandidatInnen nach festgelegten, klaren neutral formulierten und eindeutigen Kriterien auszuwählen, so dass spätestens zum 1. Jänner 2020 der Anteil erreicht ist. Für börsennotierte öffentliche Unternehmen ist diese Frist mit dem Jahr 2018 festgelegt.

 

Bei gleicher Qualifikation wäre dem Kandidaten/der Kandidatin des unterrepräsentierten Geschlechts der Vorrang einzuräumen, wobei Ausnahmen gemäß der Rechtsprechung des EuGH möglich sein sollen. Die Qualifikationskriterien sind jedenfalls offenzulegen. Das Unternehmen muss nachweisen, dass es nicht gegen die Vorrangregel und Qualifikationsüberprüfung verstoßen hat.

 

 

Die beiden Vertreterinnen des Bundeskanzleramts und des Frauenministeriums, Vera Jauk und Silvia Sinnmayer, betonten in ihrer Stellungnahme, dass es bei dem Vorschlag um Qualifikation und Eignung sowie um objektive Verfahren gehe. Die Selbstverpflichtung führe, wie die Vergangenheit zeige, nicht zu einem raschen Erfolg. Studien hätten belegt, dass ein ausgewogener Anteil von Frauen und Männern in Toppositionen sich positiv auf die wirtschaftlichen Kennzahlen auswirken. In Österreich sei das Ziel, in staatsnahen Unternehmen bis 2013 einen Frauenanteil von 25% zu erreichen, bis 2018 einen Anteil von 35%. Derzeit stehe man bei einem Anteil von 26%. 

 

In der Diskussion betonte Bundesrätin Ana Blatnik (S/K), der Vorschlag ziele auf Chancengleichheit und Gleichstellung ab. Selbstverpflichtung bringe nichts, sagte sie, noch immer seien die Führungspositionen zu 95% mit Männern besetzt, obwohl Frauen bei Bildungsabschlüssen sich heute bereits auf der Überholspur befänden. Auch Vizepräsidentin Susanne Kurz (S/S) hielt die Quote zum jetzigen Zeitpunkt für notwendig. Sie befürwortete auch Sanktionen und stimmte Bundesrat Christian Jachs (V/O) zu, dass man sowohl für Frauen als auch für Männer entsprechende Förder- und Ausbildungsprogramme brauche. Dem schloss sich auch Bundesrat Stefan Schennach (S/W) an, der nochmals die Tatsache anführte, dass Frauen in wirtschaftlichen Toppositionen noch immer eine marginalisierte Gruppe darstellen.

 

Gegen eine verpflichtende Quote sprachen sich die ÖVP-MandatarInnen aus. Qualifizierte Frauen werden sich durchsetzen, meinte etwa Bundesrätin Angelika Winzig (V/O), außerdem gebe es nur eine gleiche Ausbildung nicht aber gleiche Qualifikationen. Dabei seien auch andere Komponenten ausschlaggebend. Bundesrat Christian Jachs (V/O) fügte hinzu, die Definition von Kriterien zur Erstellung eines Profils werde eine große Herausforderung darstellen. Bundesrat Franz Perhab (V/St) erinnerte in diesem Zusammenhang, dass 45% der Mitglieder der Wirtschaftskammer Frauen sind.

 

Für Bundesrätin Cornelia Michalke (F/V) bedarf es keiner Quote, denn sie wolle Frauen und Männern die Entscheidung überlassen, welchen beruflichen Weg sie einschlagen. Auch die UnternehmerInnen müssten bei der Aufnahme von MitarbeiterInnen frei sein.

 

Die Vertreterin des Bundeskanzleramtes erläuterte abschließend, der Richtlinienvorschlag lege keine Qualifikationskriterien fest, dies obliege weiterhin den Unternehmen. Die Kriterien müssten nur transparent und nachvollziehbar sein. Wenn man aber in dem Tempo weitermache wie bis jetzt, dann werde die Quote von 40% in den Aufsichtsräten erst im Jahr 2040 erreicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgende Entschließung wurde einhellig angenommen und dem Bundesrats-Plenum vorgelegt:

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Bundesräte Edgar Mayer, Stefan Schennach, Monika Mühlwerth

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (67819/EU XXIV.GP)

 

 

 

Begründung

 

 

Der EU-Ausschuss hat dem Vorschlag für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe am 1. Februar 2012 einstimmig eine Subsidiaritätsrüge erteilt. In der Rüge wurde betont, dass der Vorschlag insbesondere das Recht auf kommunale Selbstverwaltung unterlaufe, zu deren Achtung sich die Europäische Union in den Verträgen bekannt hat. Außerdem entstünde durch den Vorschlag ein Liberalisierungsdruck in Bereichen der Daseinsvorsorge, die nicht mit anderen Wirtschaftsbereichen vergleichbar sind.

 

Am 26. September 2012 hat die Europäische Kommission in einem an verschiedene Nichtregierungsorganisationen des Wassersektors gerichteten Schreiben diese Befürchtungen bestätigt und sich für eine Privatisierung der öffentlichen Wasserversorgung ausgesprochen, sobald mit dem vorliegenden Vorschlag hierfür ein passender Rechtsrahmen geschaffen wurde.

 

Aus diesem Grund hat der EU-Ausschuss den Vorschlag am 30. Oktober 2012 erneut in Verhandlung genommen und die Europäische Kommission in einer einstimmig verabschiedeten Mitteilung aufgefordert, ihren Vorschlag zurückzuziehen, „um eine umfassende Überprüfung der tatsächlichen Notwendigkeit des Vorschlags sowie dessen Vereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung zu ermöglichen“. Es liegen zahlreiche Stellungnahmen und Positionierungen vor, die auch der Europäischen Kommission bekannt sein dürften, in denen das Rechtsprojekt in toto abgelehnt wurde und auch immer noch wird. Selbst die Ziele, die die Europäische Kommission mit diesem Entwurf verfolgt, werden nicht erreicht: Der viel propagierte Bürokratieabbau findet nicht statt, da die Konzessionsausschreibungen sehr komplex sind und nur mit sehr spezifischem Fachwissen und hohem Aufwand möglich sind und somit große und weltweit tätige Unternehmen stark bevorzugen.

 

Die Struktur der kommunalen Wasserversorgung in Österreich hat sich über viele Jahrzehnte bewährt und garantiert die zuverlässige Belieferung der österreichischen Bürgerinnen und Bürger mit hochwertigem Trinkwasser zu bezahlbaren Preisen. Die Wasserqualität wird ständig überwacht und ist nachgewiesener Maßen flächendeckend sehr hoch. Einer Liberalisierung des Wassersektors, die die Wasserversorgung allein den Regeln des Marktes unterwirft und dem kommunalen Aufgabenbereich der Daseinsvorsorge entzieht, ist im Interesse des Allgemeinwohls und des Ressourcenschutzes entschieden entgegenzutreten.

 

Der Wassersektor ist durch Ortsnähe gekennzeichnet und eine klassische kommunale Aufgabe. So besteht zum Beispiel im Fall der Wasserversorgung bei einer bloßen Ausrichtung an den wirtschaftlichen Erfolg die Gefahr, dass der Ressourcenschutz, die Beachtung von Nachhaltigkeitsaspekten sowie die Instandhaltung und Erneuerung der Leitungsnetze und Speicheranlagen in den Hintergrund treten. Der Bundesrat lehnt die Pläne der Europäischen Kommission, die Trinkwasserversorgung in Europa für den Wettbewerb mit Privaten zu öffnen, aus all diesen Gründen klar ab. Die sichere Bereitstellung von sauberem und bezahlbarem Trinkwasser hat eine herausragende Bedeutung für das Wohl der Allgemeinheit und ist daher eine kommunale Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge, die von der öffentlichen Hand am besten erfüllt werden kann.

 

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Bundesräte folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle gemäß § 23 GO-BR beschließen:

 

 

„Der Bundesrat wolle beschließen:

 

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene weiterhin im Sinne der am 01.02.2012 beschlossenen begründeten Stellungnahme  einzusetzen, insbesondere was den Bereich der Liberalisierung der Trinkwasserversorgung anbelangt.““