Parlament Österreich

 

 

 

IV-71 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 21. Jänner 2014

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Dienstag, 21. Jänner 2014

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Tagesordnung

 

 

1.         COM (2013) 813 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung

(4203/EU XXV.GP)

 

2.         COM (2013) 824 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über vorläufige Prozesskostenhilfe für Verdächtige oder Beschuldigte, denen die Freiheit entzogen ist, sowie über Prozesskostenhilfe in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls

(4180/EU XXV.GP)

 

3.         COM (2013) 822 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für verdächtige oder beschuldigte Kinder

(4176/EU XXV.GP)

 

4.         COM (2013) 821 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren

(4172/EU XXV.GP)

 

5.         COM (2013) 881 final

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 617/2007 des Rates vom 14. Mai 2007 über die Durchführung des 10. Europäischen Entwicklungsfonds nach dem AKP-EG-Partnerschaftsabkommen im Hinblick auf die Umsetzung der Überbrückungsfazilität

(6630/EU XXV.GP)

 

 

 

Neukonstituierung des Ausschusses

 

 

Am Beginn der Sitzung fand unter Leitung von Bundesratspräsident Michael Lampel die Neukonstituierung des Ausschusses statt, nachdem die Grünen nunmehr Klubstatus erhalten haben und mit Bundesrat Marco Schreuder ein stimmberechtigtes Mitglied im Ausschuss stellen.

 

Vorsitzender bleibt nach einstimmigem Votum Bundesrat Edgar Mayer (V/V).

Als StellvertreterInnen wurden – ebenfalls einhellig - Stefan Schennach (S/W) und Sonja Ledl-Rossmann (V/T) gewählt.

 

 

 

Bundesratspräsident Lampel (S/B) nützte die Neukonstituierung des EU-Ausschusses dazu, einmal mehr die Unverzichtbarkeit der Länderkammer zu unterstreichen und vor allem die Tätigkeit des EU-Ausschusses zu loben, die auch international Anerkennung finde. Von 39 parlamentarischen Kammern in der EU nehme der EU-Ausschuss des Bundesrats den zweiten Platz in Bezug auf die Anzahl der eingebrachten begründeten Stellungnahmen im Rahmen der Subsidiaritätskontrolle ein, zitierte Lampel eine Statistik. Der EU-Ausschuss sei ein Aushängeschild des österreichischen Bundesrats. Die tolle Arbeit, die er leiste, beweise seine wichtige Stellung als Institution im Föderalismus sowie als eine europäische Kammer, sagte er.

 

Auch die Qualität der Stellungnahmen des Ausschusses genössen einen hervorragenden Ruf, ergänzte Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V). Die Anerkennung erfahre man auch immer wieder innerhalb der COSAC, der Konferenz der EU-Ausschüsse nationaler Parlamente und des Europäischen Parlaments. Mayer betonte insbesondere, wie sehr sich auch die Bundesländer in den Subsidiaritätsprozess einbringen. Die Kommunikation zu den Landtagen habe sich intensiviert, unterstrich Bundesrat Stefan Schennach (S/W), die Bemühungen gingen auch dahin, Städte, Gemeinden und Kammern noch mehr einzubinden.

 

Schennach ging mit dem Bundesratspräsidenten konform und zeigte keinerlei Verständnis für die Rufe nach Abschaffung des Bundesrats, zumal die Länderkammer durch den Vertrag von Lissabon entscheidend reformiert worden sei und sich laut Schennach zu einer Europakammer entwickelt habe. Dem pflichtete der grüne Bundesrat Marco Schreuder (G/W) vollinhaltlich bei. Er würde sich wünschen, dass die EU-Themen auch im Plenum des Bundesrats behandelt werden, um diesen Fragen noch mehr Öffentlichkeit geben zu können.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrats wurde zunächst ein Richtlinienvorschlag zur Sicherung von Geschäftsgeheimnissen von Unternehmen im Unionsraum diskutiert. Teile eines Legislativpakets mit Mindeststandards zur Stärkung der Rechte Beschuldigter in Strafverfahren standen in Folge zur Debatte. Abschließend verhandelte der Ausschuss einen Verordnungsvorschlag der Kommission, mit dem eine Überbrückungsfazilität für die EU-Entwicklungszusammenarbeit bis zum Inkrafttreten des nächsten Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) implementiert werden soll.

 

 

 

Als Auskunftspersonen nahmen an der Sitzung teil

 

§  Mag. Emanuel Braunegger (BMWFJ)

 

§  Mag. Christian Pilnacek (BMJ)

 

§  Mag. Michaela Ellmeier (BMeia)

 

 

 

 

Ausschussvorsitzender Bundesratspräsident Edgar Mayer berichtete eingangs über

die eingelangten Vorschläge der Kommission zu Gesetzgebungsakten:

 

·         Vorschlag für eine Richtlinie zur Begrenzung der Emissionen bestimmter Schadstoffe aus mittelgroßen Feuerungsgasanlagen in die Luft (COM(2013) 919)

 

·         Vorschlag für eine Verordnung über neuartige Lebensmittel (COM(2013) 894)

 

·         Vorschlag für eine Richtlinie über das Inverkehrbringen von Lebensmitteln von Klontieren (COM(2013) 893)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geschäftsgeheimnisse

 

 

Die Europäische Kommission will Industriespionage in der EU eindämmen. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen sei in den Mitgliedstaaten unterschiedlich stark ausgeprägt und das hindere viele Unternehmen daran, sich mehr in Forschung und Entwicklung zu engagieren, argumentiert sie den Vorschlag für einheitliche Richtlinien zur Sicherung unternehmensinternen Know-Hows. Außerdem wirkt sich die fragmentierte Rechtslage innerhalb der EU negativ auf grenzüberschreitende Beziehungen von Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus. Im EU-Ausschuss des Bundesrats stieß die Initiative auf Verständnis und prinzipielle Unterstützung bei den MandatarInnen.

 

Im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen und Forschungseinrichtungen und eines besseren Schutzes von Geschäftsgeheimnissen soll nun die diesbezügliche Rechtslage vereinheitlicht werden. So sieht der Richtlinienentwurf etwa eine einheitliche Definition von Geschäftsgeheimnissen und vertraulichem Know-How vor, wobei nicht nur technische Informationen, sondern beispielsweise auch Methoden für Marketing und Vertrieb umfasst seien, erläuterte Emanuel Braunegger vom Wirtschaftsministerium im Ausschuss. Auch in Österreich fehlt eine gesetzliche Definition, was unter einem Betriebsgeheimnis zu verstehen ist. Seitens des Ministeriums geht man auch davon aus, dass bei Inkrafttreten der Richtlinie Anpassungen im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) notwendig sein werden.

 

Mit dem Legislativvorschlag soll nationalen Gerichten unionsweit die nötige Handhabe gegeben werden, Fälle von Wissens-Diebstahl zu behandeln und, wenn nötig, Erzeugnisse, durch die Geschäftsgeheimnisse verletzt wurden, vom Markt zu nehmen. Damit will die EU nicht nur die innovative Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft – auch grenzübergreifend - fördern. Wettbewerbsverstößen als Folge des Handels mit rechtsverletzenden Produkten werde ebenfalls Einhalt geboten, wovon der gesamte EU-Binnenmarkt profitiere, hofft man in der EU. Opfer der Industriespionage sollen dem Kommissionsvorschlag zufolge künftig leichter zu Schadenersatz kommen.

 

Großes Problem ist und bleibt jedoch die Beweisbarkeit. Viele Geschädigte schrecken heute wegen der mangelnden Beweisbarkeit vor Klagen zurück. Auch fürchten sie, dass das Geschäftsgeheimnis nicht gewahrt bleiben könnte. Der Beweis der rechtswidrigen Nutzung von Geschäftsgeheimnissen werde auch weiterhin schwer zu erbringen sein, räumte der Vertreter des Wirtschaftsressorts gegenüber Vorsitzendem Edgar Mayer (V/V) ein, dennoch würden sich einheitliche Definitionen und Verfahrensbestimmungen positiv auswirken. Der Kommission sei auch bewusst, dass die Offenlegung im Verfahren nicht dazu führen dürfe, Geschäftsgeheimnisse preisgeben zu müssen, bemerkte er gegenüber Sonja Zwazl (V/N) und Franz Perhab (V/St).  

 

Mehr Rechtssicherheit in diesem Bereich erwartet sich Stefan Schennach (S/W), der den Richtlinienvorschlag zum Schutz des geistigen Eigentums ebenso wie Marco Schreuder (G/W) ausdrücklich begrüßte. Die EU baue auf gegenseitiges Vertrauen, was vor allem die Justiz betreffe, sagte Schennach. Voraussetzung seien gleiche Spielregeln, ein gleiches Niveau und Verbindlichkeiten. Schreuder verwies in diesem Zusammenhang vor allem auf die gemeinsamen europäischen Werte wie Bürger- und Menschenrechte, die viel mit der Justiz zu tun haben. Ihm ist es auch wichtig zu definieren, was geistiges Eigentum in der digitalen Welt bedeutet.

 

Die Diskussion über den Gesetzesvorschlag steht noch ganz am Beginn. Innerstaatlich läuft derzeit ein Konsultationsverfahren, um aufgrund der bis zum 29. Jänner eingelangten Stellungnahmen eine österreichische Position in der Ratsarbeitsgruppe am 31. Jänner 2014 einbringen zu können.

 

Strafverfahren

 

 

Großteils mitgetragen wurden im EU-Ausschuss Pläne der Europäischen Kommission, die justizielle Zusammenarbeit der EU-Mitgliedsstaaten zu verstärken. Diskussionsgrundlage der Ausschusssitzung bildeten Richtlinienvorschläge für einheitliche Mindeststandards in Strafverfahren. Kernpunkt darin ist die Erhöhung der Rechtssicherheit für Beschuldigte. Es gelte damit letztendlich, den Zugang zu einem geordneten Prozess in jedem nationalstaatlichen Rechtssystem der EU abzusichern, unterstrich Bundesrat Stefan Schennach (S/W). FPÖ-Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) fügte an, immerhin könnte jede Österreicherin und jeder Österreicher einmal von ausreichend Rechtssicherheit bei Strafverfahren in einem anderen EU-Mitgliedsland abhängig sein. Ihre Fraktion begrüße daher einheitliche Mindeststandards in Strafsachen, solange nationale Regelungen dadurch nicht abgeschwächt würden.

 

Mit ihrer vorliegenden Justiz-Agenda will die Kommission das Recht auf faire Verfahren in der Europäischen Union sicherstellen. Gemeinsame Vorgaben für Strafverfahren sollten außerdem gewährleisten, dass Entscheidungen jedes Gerichts in der EU auch an allen anderen Orten der Union anerkannt werden. Dadurch würden Urteile im EU-Ausland leichter vollstreckbar. Das vorgeschlagene Legislativpaket umfasst unter anderem Bestimmungen zur Achtung der Unschuldsvermutung, zur Anwesenheit Beschuldigter in der Verhandlung und für besondere Vorkehrungen bei verdächtigten oder beschuldigten Kindern. Darüber hinaus konkretisiert die Kommission den Anspruch auf frühzeitige Prozesskostenhilfe für Personen, die nicht selbst für ihren Rechtsbeistand im Strafverfahren aufkommen können. In den meisten Bereichen decke sich Österreichs Rechtslage mit den Vorschlägen der Kommission, hielt dazu Sektionschef Christian Pilnacek aus dem Justizministerium als Experte im Ausschuss fest. Grundsätzlich würden einheitliche Standards zum Schutz der Rechte Einzelner in Strafverfahren befürwortet, schon um das gegenseitige Vertrauen zwischen verschiedenen Justizsysteme in der EU zu stärken. Nur in Teilbereichen seien noch Klarstellungen nötig.

 

Klärungsbedarf konstatierten die Ausschussmitglieder besonders im Richtlinienentwurf mit unionsweit gültigen Verfahrensgarantien für Kinder, die einer Straftat beschuldigt werden. So wies etwa Ausschussobmann Edgar Mayer (V/V) darauf hin, der Vorschlag, inhaftierte Kinder und Jugendliche immer nur mit audiovisueller Aufzeichnung befragen zu dürfen, gehe über die österreichische Strafprozessordnung hinaus und sei damit überschießend. Bundesrat Stefan Schennach (S/W) erinnerte in dem Zusammenhang an die lange Tradition Österreichs beim Jugendstrafrecht, das seit den 1920er Jahren besondere Bestimmungen für straffällige Minderjährige vorsehe. Das Land sei damit zum Trendsetter, beispielsweise bei der Jugendgerichtshilfe, geworden.

 

Dem Kommissionsvorschlag zufolge müssen Minderjährige bis zum 18. Lebensjahr während des gesamten Strafverfahrens Rechtsbeistand erhalten, ohne darauf verzichten zu können. Dies ist derzeit nicht in allen EU-Mitgliedsstaaten gesetzlich vorgesehen. Weiters hält der Legislativentwurf fest, dass Kinder ein Recht auf eine nicht-öffentliche Befragung haben und ihre Erziehungsberechtigten auch über das Verfahren zu belehren seien. Im Fall einer Inhaftierung müssten Minderjährige getrennt von Erwachsenen untergebracht werden. Pilnacek bemerkte in der Diskussion, das österreichische Jugendgerichtsgesetz weise insgesamt recht hohe Kongruenz mit den geplanten Bestimmungen der EU auf. Jedoch bestünden Zweifel über die Sinnhaftigkeit einiger Details der Richtlinie. Beispielsweise gehe es zu weit, jede/n minderjährige/n Beschuldigte/n auf ihre oder seine Fähigkeit, dem Verfahren zu folgen, medizinisch zu untersuchen. Eine derartige Reifeuntersuchung sei nur in Ländern ratsam, in denen anders als in Österreich schon unter 14-Jährige für strafbar erklärt werden. Hier sei eine altersbezogene Differenzierung in der Richtlinie nötig.

 

Bestimmungen zur Stärkung der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit von beschuldigten Personen in Strafverfahren fasst ein weiterer Richtlinienvorschlag zusammen. Darin wird untersagt, Personen vor ihrer rechtskräftigen Verurteilung als schuldig darzustellen und Verdächtige zu einer Aussage zu zwingen. Den Schuldbeweis habe die Staatsanwaltschaft zu erbringen, heißt es weiter, im Zweifel müsse für den Angeklagten entschieden werden - genügend Gegenbeweise durch die Verteidigung würden dafür ausreichen. Das Bedenken der SPÖ-Mandatarin Ana Blatnik (S/K), diese Regelung könnte zu einer Beweislastumkehr zu Lasten von Opfern sexueller Belästigung führen, entkräftete Pilnacek mit dem Hinweis auf diesbezüglich höhere Standards im österreichische Strafprozessrecht, von denen auch mit der Richtlinie nicht abgewichen werde. Grünen-Bundesrat Marco Schreuder (G/W) merkte an, das in Österreich vorhandene Recht von Angehörigen Beschuldigter, sich einer belastenden Aussage zu enthalten, bestehe auf Grund der unterschiedlichen Rechtssysteme von Nationalstaaten nicht in allen EU-Ländern. Er bezog sich dabei auf eingetragene Partnerschaften, die nicht überall als Familie gewertet werden.

 

Die Berechtigung eines oder einer Beschuldigten, während einer Verhandlung anwesend zu sein, hebt der Kommissionsentwurf schließlich als zentrales Element eines fairen Verfahrens hervor. Tatsächlich untersage die österreichische Strafprozessordnung (StPO) gerade bei Verhandlungen mit beschuldigten Minderjährigen eine Verurteilung von abwesenden Kindern oder Jugendlichen, sagte Pilancek. Ob in einem derartigen Verfahren aber ein vorübergehender Prozessausschluss zum Wohl des Kindes mit der Richtlinie zulässig ist, müsse noch während der gerade laufenden Verhandlungen der Ratsarbeitsgruppe geklärt werden.

 

Am Richtlinienentwurf zur Prozesskostenhilfe lobte Bundesrat Schennach (S/W) den Vermerk, oftmals reiche schon die Komplexität eines Falles für Anspruch auf Abgeltung der Anwaltskosten aus, auch wenn die absolute Bedürftigkeit der oder des Verdächtigen noch nicht erwiesen ist. Diese Regelung stütze sich auf internationale Abkommen wie die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK). Die Hilfe bei Prozesskosten gilt laut Kommissionsvorschlag auch für jene Beschuldigten, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, da diese zurzeit nicht in allen EU-Mitgliedsstaaten eine finanzielle Unterstützung für ihr Verfahren erhalten. Der Vorschlag zielt somit nicht zuletzt auf ausreichenden Rechtsschutz für UnionsbürgerInnen in Strafverfahren außerhalb ihres eigenen Mitgliedsstaats ab. Besonders während einer Untersuchungshaft bedürften Mittellose zumindest vorläufig einer finanziellen Absicherung, so die Kommission. Daher müsse es gerade für Personen, denen die Freiheit entzogen wurde, sofort eine provisorische Prozesskostenunterstützung geben, also noch ehe eine Entscheidung über ihren Anspruch auf Verfahrenshilfe gefallen ist.

 

Im Rahmen der EU-Initiative für größere Rechtssicherheit in Strafsachen wurden in den vergangenen Jahren bereits mehrere Richtlinien erlassen: 2010 zum Anspruch auf Dolmetsch bzw. Übersetzung in Strafverfahren, 2012 zum Recht auf Belehrung in Strafsachen, 2013 zur Sicherung des Zugangs zu Rechtsbeistand.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Europäischer Entwicklungsfonds

 

 

Die Entwicklungszusammenarbeit zwischen der EU und Ländern Afrikas, des karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans (AKP-Staaten) beschäftigte ebenfalls den EU-Ausschuss des Bundesrats. Zur Debatte stand die Weiterführung des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), wobei im Ausschuss der Grundtenor zu europäischen Aktivitäten der Entwicklungszusammenarbeit positiv war. Kritische Anmerkungen der FPÖ, Länder dürften durch die Unterstützungen nicht völlig abhängig von Entwicklungshilfe gemacht werden, erwiderten die anderen Fraktionen, die Hilfen hätten sich in den letzten Jahren ungemein weiterentwickelt. Gerade der EEF arbeite effizient und pflege einen sorgsamen Umgang mit seinen Mitteln, fasste Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) zusammen.

 

Finanziert von den EU-Mitgliedsstaaten, wird alle fünf Jahre ein neuer Fonds zur Entwicklungszusammenarbeit unter dem Titel EEF ausverhandelt. Der letzte hatte bis 2013 Gültigkeit. Österreich beteiligt sich am neuen Fonds, dem 11. EEF, mit 731,4 Mio. € bzw. rund 2,4 Prozent der Gesamtsumme für die vollständige Laufzeit bis 2020. Insgesamt verfügt der Fonds über 30,5 Mrd. €. Zur Absicherung der Mittel für die Zusammenarbeit mit den AKP-Staaten sieht die Europäische Kommission nun in einem Verordnungsvorschlag eine Überbrückungshilfe bis zum Inkrafttreten des neuen EEF vor. Diese Überbrückungsfazilität wird aus Restmitteln der vergangenen 9. und 10. Entwicklungsfonds gespeist. Sobald alle EU-Mitgliedsstaaten die Finanzierungsabkommen für den 11. EEF ratifiziert haben, werden die Mittel der Fazilität diesem neuen Fonds zugerechnet. Für eine möglichst rasche Ratifizierung des Abkommens sprach sich Bundesrat Stefan Schennach (S/W) aus, um ein Versiegen der Gelder für Entwicklungsprojekte zu verhindern. Letztendlich hätten Auszahlungsverzögerungen meist negative Folgewirkungen für die laufenden Projekte der Entwicklungszusammenarbeit. Das würde einem möglichst wirksamen und effizienten Einsatz der Mittel zur Armutsbekämpfung widersprechen.

 

Die FPÖ stelle sich grundsätzlich nicht gegen Entwicklungszusammenarbeit, gab Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) zu verstehen. Den Freiheitlichen sei es aber ein großes Anliegen, die Gelder als Hilfe zur Selbsthilfe benutzt zu wissen. Bundesrat Marco Schreuder (G/W) meinte dazu, die Entwicklungszusammenarbeit habe aus missglückten Hilfsprojekten wie groß angelegten Nahrungsmittelverteilungen die richtigen Konsequenzen gezogen. Heutige Aktivitäten in diesem Bereich seien lokal viel verankerter, befand auch SPÖ-Mandatar Schennach, der sich vor allem für kleiner angelegte Hilfsprojekte stark machte. Beispielsweise für Hilfen zur Kooperation von Kleinbäuerinnen, wie derzeit in Uganda. Generell habe eine mächtige Wirtschaftsunion wie die EU unfraglich die Verantwortung, so Schennach, ärmeren Ländern zu helfen, von denen viele einstmals unter der Kolonialherrschaft europäischer Staaten standen.

 

Michaela Ellmeier vom Außenministerium bestätigte dem Ausschuss, lokale Hilfe sei zur Armutsbekämpfung am zielführendsten. Dessen ungeachtet benötigten die EZA-Partnerländer einen lückenlosen Transfer von Geld und Know-how zur Verbesserung ihrer Lage. Sie erhoffe daher den Abschluss der Ratifikationsverfahren zum EEF noch vor Jahresende. Der Fonds für EU-Entwicklungszusammenarbeit wurde mit den Römischen Verträgen 1957 geschaffen. Seine Instrumente sind nicht rückzahlbare Hilfen an AKP-Staaten und Kredite an den dortigen Privatsektor.