Parlament Österreich

 

 

 

IV-88 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 1. Juli 2015

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 1. Juli 2015

__________________________________________________________

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

1.    COM(2015) 177 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 hinsichtlich der Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, die Verwendung genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen

(63280/EU XXV.GP)

 

Hingewiesen wird auf die einheitliche Länderstellungnahme gemäß Artikel 23d Absatz 2 B-VG vom 08.06.2015 und die Stellungnahme des Oberösterreichischen Landtags gemäß Artikel 23g Absatz 3 B-VG vom 10.06.2015.

 

 

 

2.    COM(2015) 288 final

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen/Dritter Bericht über die Umsetzung der nationalen Strategiepläne und der strategischen Leitlinien der Gemeinschaft für die Entwicklung des ländlichen Raums (2007-2013)

(68812/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Themen im EU-Ausschuss des Bundesrats waren

 

·         Selbstbestimmungsrecht der EU-Mitgliedstaaten bei der Verwendung von zugelassenen genetisch veränderter Lebens– und Futtermittel

·         Ländliche Entwicklung – Dritter Bericht über die Umsetzung der nationalen Strategien und der strategischen Leitlinien der EU

 

 

 

 

Als ExpertInnen standen dem Ausschuss zur Verfügung:

 

                                  

·         Dr.in Gabriele Satzinger  (Bundesministerium für Gesundheit)

·         Dr. Reinhard Blauensteiner (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft)

·         DI Markus Hopfner  (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft)

·         Mag. Andreas Graf  (Landwirtschaftskammer)

 

 

 

 

 

Am Beginn der Sitzung berichtete Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) kurz, dass seit der letzten Sitzung folgendes Dokument eingegangen ist:

 

·         Antwortschreiben der Europäischen Kommission zur Mitteilung des EU-Ausschusses des Bundesrates zur Mitteilung des EU-Ausschusses des Bundesrates vom 08.07.2014 betreffend Zuständigkeit Verhandlungen TTIP (3/S-BR/2014)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bundesrat Stefan Schennach /S/W) berichtete sodann über die Interparlamentarische Konferenz der EU-Ausschüsse zu TTIP (Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA) in Paris:

 

Im Rahmen der Konferenz sei deutlich geworden, wie viele Staaten heute kritisch zu TTIP stehen – Ausnahmen seien nur zwei baltische Staaten. Die Antwort der Kommission auf die Kritik sei umfassend und sehr politisch gewesen, sagte Schennach. Man könne aber aus allem ersehen, dass die Diskussion im Bundesrat von vielen Stellen aufgenommen wurde. "Steter Tropfen höhlt den Stein", meinte dazu Edgar Mayer (V/V). "Wir sind nicht gegen ein Wirtschaftsabkommen", dieses könne aber nicht unter allen Bedingungen, die die USA aufzwingen wollen, akzeptiert werden.

 

Die Kommission habe offen gelassen, ob es sich bei TTIP um ein gemischtes Abkommen handelt – das bedeutet die notwendige Ratifizierung durch die nationalen Parlamente – oder nicht, informierte Schennach weiter. Kommissarin Malmström habe bei einem anderen Treffen erklärt, dass dies die JusristInnen zu entscheiden hätten, erinnerte Schennach kritisch und wies darauf hin, dass bei derartigen Abkommen jedes Mal eine politische Entscheidung im Rat gefallen sei.

 

Die VertreterInnen der anderen EU-Ausschüsse hätten einen großen Gleichklang mit dem EU-Ausschuss des Bundesrats erkennen lassen, zeigte sich Schennach zufrieden, man sei  sich weitgehend einig, dass das Abkommen auf keinen Fall vor der Ratifizierung provisorisch in Kraft treten dürfe, denn das würde eine Zustimmung durch die nationalen Parlamente ad absurdum führen.  Viele Staaten hätten auch hervorgestrichen, dass sowohl bei TTIP als auch bei CETA (Abkommen zwischen der EU und Kanada) die Daseinsvorsorge und kommunale Dienstleistungen betroffen sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verwendung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrats bekräftigte seine Ablehnung des Verordnungsvorschlags der Kommission, es den Mitgliedstaaten freizustellen, ob sie die Verwendung von zugelassenen genetisch veränderten Lebens– und Futtermittel erlauben wollen oder nicht. Anders als beim nationalen Selbstbestimmungsrecht für den Anbau gentechnisch veränderter Organismen (GVO) befürchten die LändervertreterInnen in diesem Zusammenhang eine Verschlechterung im Vergleich zur gegenwärtigen Situation.

 

Wie in der Sitzung vom 11. Juni 2015 angekündigt  beschlossen die Ausschussmitglieder daher einstimmig eine von Edgar Mayer (V/V), Stefan Schennach (S/W), Monika Mühlwerth (F/W) und Marco Schreuder (G/W) vorgelegte Mitteilung an die Kommission, den Rat und das Europäische Parlament, in der sie ihre gravierenden Bedenken artikulieren und von "Scheinsubsidiarität" sprechen, die hier die Kommission einräumen will. Der Verordnungsvorschlag stehe in einem Spannungsverhältnis mit dem Subsidiaritätsprinzip, so die Bundesrätinnen und Bundesräte, er sei nicht geeignet, das angestrebte Ziel der Erweiterung des Spielraums der Mitgliedstaaten zu erreichen. Auch die Bundesländer haben sich in einer einheitlichen Stellungnahme äußerst kritisch zum EU-Gesetzesentwurf geäußert.

 

Die Ausschussmitglieder stoßen sich vor allem daran, dass sich die Mitgliedstaaten bei ihrer Entscheidung nicht auf Gründe im Zusammenhang mit der Bewertung von Gesundheits- und Umweltrisiken berufen dürfen, da diese nach Ansicht der Kommission bereits im Zulassungsverfahren und durch die Risikobewertung der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) umfassend abgehandelt seien. Damit würde die Möglichkeit der Mitgliedsländer, die Verwendung von GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln zu untersagen, in der Praxis extrem eingeschränkt. Es seien aber gerade die Aspekte des Schutzes menschlicher und tierischer Gesundheit sowie des Umweltschutzes, die gegen die Zulassung von GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln sprechen, geben die Bundesrätinnen und Bundesräte zu bedenken.

 

Sie befürchten zudem, dass künftig im Risikobewertungsverfahren von GVO ein liberalerer Beurteilungsmaßstab angelegt werden könnte, da eine nähere Berücksichtigung der mitgliedstaatlichen Interessen zumindest der Form nach ohnehin in den vorgesehenen Untersagungsmöglichkeiten enthalten ist. Wenn somit eine höhere Anzahl an GVOs zugelassen werden, die Untersagungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten sich aber als zahnlos und fiktiv erweisen, würde im Ergebnis die Zahl der in Europa zugelassenen GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermittel steigen, warnt die Länderkammer. Die Gefahr werde weiter durch die Tatsache verschärft, als durch die Unkontrollierbarkeit des Warenverkehrs in Europa, selbst im Falle der Untersagung, keine Möglichkeit bestünde, die faktische Einfuhr von GVO zu verhindern.

 

Da die Untersagung zudem mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Verbot der Ungleichbehandlung inländischer und nicht-inländischer Erzeugnisse im Einklang stehen muss, wird es bei unterschiedlichen Vorgangsweisen in den Mitgliedsländern schwierig und mit dem Binnenmarkt nicht kompatibel sein, zu erklären, warum man Markthemmnisse haben will, hatten die Bundesrätinnen und Bundesräte schon in der letzten Ausschusssitzung argumentiert. "Der Trick ist durchschaubar", merkte auch heute Stefan Schennach (S/W) in Richtung EU-Kommission an, man wolle offensichtlich die Mitgliedstaaten in eine Zwangsjacke bringen, etwas zu bewilligen, was sie an sich nicht wollen. Dem schloss sich auch Ferdinand Tiefnig (V/O) an, der vor allem auf die Unkontrollierbarkeit des Warenverkehrs und mögliche Wettbewerbsnachteile hinwies.

 

 

 

Ländliche Entwicklung

 

 

Werden alle Lebensbereiche in ländlichen Regionen mit den EU-Mitteln für die Entwicklung des ländlichen Raums ausbalanciert gefördert oder hat die Landwirtschaft gegenüber sozial-, wirtschafts- und bildungspolitischen Aspekten ein viel zu großes Übergewicht? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Diskussion zum Dritten Bericht der Kommission über die Umsetzung der nationalen Strategiepläne und der strategischen Leitlinien der EU für die Entwicklung des ländlichen Raums.

 

Sonja Zwazl (V/N), Bundesratspräsidentin im ersten Halbjahr 2015 und Präsidentin der Niederösterreichischen Wirtschaftskammer, drängte darauf, auch die gewerbliche Wirtschaft in den ländlichen Regionen ausreichend zu unterstützen, denn diese gehöre dazu und trage wesentlich zur Qualität des Lebensraums bei. Eine Summe von 6,3 Mio. € gegenüber rund 4 Mrd. €, die für Österreich aus dem Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) von 2007 bis 2013 zur Verfügung stehen, hält sie für zu gering und plädierte daher für eine Verschiebung.

 

Unterstützung erhielt sie dabei von Stefan Schennach (S/W), Wolfgang Beer (S/W) und Ana Blatnik (S/K). Blatnik warnte davor, die Förderung des ländlichen Raums nur landwirtschaftsspezifisch zu sehen und darauf zu reduzieren, vielmehr seien die Regionen als Ganzes zu betrachten. Man müsse die gesamte wirtschaftliche, soziale und bildungsmäßige Struktur berücksichtigen, meinte auch Schennach. Angesichts der Abwanderung aus dem ländlichen Raum, seien alle Anstrengungen nötig, um zu dessen Attraktivierung beizutragen, und dazu gehörten auch Klein- und Kleinstbetriebe. Nur 14 % der Mittel seien für die Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft zu gering. Etwas anders sahen dies die Bundesräte Martin Preineder (V/N) und Ferdinand Tiefnig (V/O). Sie meinten, die Unterstützung für die Landwirtschaft könne nicht in einem noch größeren Ausmaß für andere Bereiche verwendet werden, wobei Tiefnig vor allem auf den Preisverfall landwirtschaftlicher Produkte hinwies.

 

 

Die Entwicklung des ländlichen Raums ist die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP). Die erste Säule betrifft Direktzahlungen an LandwirtInnen sowie die gemeinsamen Marktordnungen für einzelne landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik von Juni 2003 und April 2004 legt den Schwerpunkt auf die ländliche Entwicklung und deshalb wurde der ELER geschaffen, um mit zusätzlichen Kofinanzierungsmitteln ein breites Spektrum an Entwicklungsmaßnahmen zu fördern, die dem gesamten ländlichen Raum und der dort ansässigen Bevölkerung zu Gute kommen sollen. Die Förder-Leitlinien der GAP werden in der Regel alle sieben Jahre beschlossen und richten sich nach den mehrjährigen Haushaltsplänen der EU. Von 2007 bis 2013 wurde der ELER mit 96,319 Mrd. EUR (zu laufenden Preisen) dotiert, also 20 % des Gesamtvolumens der Gemeinsamen Agrarpolitik.

 

Um den Leitlinien gerecht zu werden, arbeitet jeder Mitgliedstaat einen nationalen Strategieplan aus, der der Kommission übermittelt wird. Nun liegt der Dritte Bericht der EU-Kommission über die Umsetzung der nationalen Strategiepläne vor und bezieht sich auf Ausgaben bis 2013. Da Österreich in der Umsetzung sehr gut ist, tritt das Landwirtschaftsressort dafür ein, das Programm bald abzuschließen, teilte der Experte des Ministeriums Edgar Mayer (V/V) mit. Vor allem laufe das Leader-Programm im Gegensatz zu anderen Ländern in Österreich sehr gut. Das sei darauf zurückzuführen, dass die diesbezüglichen Projekte in der Region gut abgestimmt werden müssen, was schwierig sei. In Österreich hätte es aber eine gute Zusammenarbeit mit den Bundesländern gegeben. Im Rahmen des Leader- Förderprogramms werden seit 1991 modellhaft innovative Aktionen im ländlichen Raum gefördert, wobei lokale Aktionsgruppen vor Ort Entwicklungskonzepte erarbeiten.

 

Die EU setzt bei der Förderung des ländlichen Raums auf Prioritäten. Die Schwerpunkte lauten "Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft", worauf 33 % der gesamten ELER-Mittel entfallen. Zur "Verbesserung der Umwelt und der Landwirtschaft" stehen 45 % bereit, in Österreich zählt hier die Bergbauernförderung dazu. Der Bereich "Lebensqualität im ländlichen Raum und Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft" - in Österreich insbesondere auch Infrastruktur und Einsatz erneuerbarer Energien - wird mit 14 % und "Leader" mit 6 % gefördert. Dazu kommen Mittel für technische Hilfe und Direktbeihilfen im Ausmaß von 2 %.

 

Bis Ende 2013 beliefen sich die ELER-Ausgaben auf rund 74 % der für den Zeitraum 2007 bis 2013 vorgesehenen Mittel. Im Vergleich dazu lag der Umsetzungsstand in Österreich bei 90,9 % und damit im Spitzenfeld.

 

Die höchste Ausführungsquote lag im EU-Durchschnitt bei 86 % (Österreich: 95,3 %) beim Schwerpunkt Umwelt. Im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit waren es 68 % (Österreich: 90,8 %), bei Lebensqualität und Diversifizierung ca. 60 % (Österreich: 65,6 %), und bei Leader etwa 46 % (Österreich: 70,3 %).

 

Zur Beseitigung der Schwierigkeiten, die in den ersten Jahren der Durchführung auftraten, wurden zahlreiche Änderungen in den einzelnen Programmen vorgenommen, erläutert dazu das Landwirtschaftsministerium. Dabei wurden die Empfehlungen der Halbzeitbewertung berücksichtigt und zusätzliche Finanzmittel zur Bewältigung der neuen Herausforderungen (Gesundheitscheck) und der Wirtschaftskrise (Europäisches Konjunkturprogramm) einbezogen. Die meisten Änderungen bestanden in Mittelumschichtungen zwischen den Maßnahmen.

 

Das System für die Begleitung der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums erlaubt laut Ministerium einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse und Fortschritte in der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik. In Zahlen ausgedrückt, nahmen im Rahmen des Schwerpunkts Wettbewerbsfähigkeit EU-weit rund 2,4 Mio. LandwirtInnen erfolgreich an Weiterbildungsmaßnahmen teil, insgesamt wurden über 80 Mrd. EUR in 637.000 Projekte investiert. Was den Schwerpunkt Umwelt betrifft, wurden auf einer Fläche von 47 Mio. ha Umweltmaßnahmen durchgeführt. Unter dem Titel Lebensqualität wurden mehr als 50.000 Projekte für Dienstleistungseinrichtungen zur Grundversorgung für die ländliche Wirtschaft und Bevölkerung abgeschlossen und 62.000 Kleinstunternehmen gefördert oder gegründet. Außerdem wurden bis Ende 2013 etwa 140.000 Leader-Projekte unterstützt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Mitteilung wurde einstimmig angenommen:

 

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

 

 

An die Europäische Kommission, den Rat und das Europäische Parlament

 

der Bundesräte Edgar Mayer, Stefan Schennach, Monika Mühlwerth, Marco Schreuder

 

betreffend

 

COM(2015) 177 final  Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 hinsichtlich der Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, die Verwendung genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (63280/EU, XXV.GP)

 

Eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 1. Juli 2015

 

 

 

Die Präsidentin des Bundesrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß § 13b Abs. 9 GO-BR an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat zu übermitteln.

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

Mitteilung gemäß Art. 23 f Abs. 4 B-VG

 

 

Mit dem vorliegenden Verordnungsvorschlag möchte die Europäische Kommission formal die Rolle der Mitgliedstaaten im Zulassungsverfahren stärken, indem sie ihnen die Möglichkeit einräumt, die Verwendung von zugelassenen GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln in ihrem Hoheitsgebiet zu untersagen. Es handelt sich beim vorliegenden EU-Vorhaben um den seltenen Fall, dass die EU einen bereits harmonisierten Bereich lockert und den Mitgliedstaaten einen größeren Spielraum als bisher einräumt. Nach eingehender Prüfung kommt der Bundesrat allerdings zum Schluss, dass es sich hierbei nur um eine Scheinsubsidiarität handelt, die nach Ansicht des Bundesrates sogar eine Verschlechterung der Situation der Mitgliedstaaten befürchten lässt.

 

Die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, die Verwendung von GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln zu untersagen, ist bereits durch die Formulierung des Verordnungsvorschlages extrem eingeschränkt. Mitgliedstaaten dürfen sich bei der Entscheidung nämlich nicht auf Gründe im Zusammenhang mit der Bewertung von Gesundheits- und Umweltrisiken berufen, da diese nach Ansicht der Kommission bereits im Zulassungsverfahren und durch die Risikobewertung der EFSA umfassend abgehandelt seien. Es sind aber gerade die Aspekte des Schutzes menschlicher und tierischer Gesundheit sowie des Umweltschutzes, die gegen die Zulassung von GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln sprechen. In der Praxis schränkt damit die Kommission die mitgliedstaatlichen Rechtfertigungsmöglichkeiten massiv ein. Mit der Forderung, dass die von den Mitgliedstaaten vorgebrachten Gründe entweder in Artikel 36 AEUV oder in der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bereits genannt wurden, spricht die Kommission den Mitgliedstaaten zudem die Möglichkeit ab, neue Begründungen zu entwickeln. Dies zeigt deutlich, dass es sich bei der angeblichen Erweiterung der mitgliedstaatlichen Rechte lediglich um Theorie handelt.

 

Der Bundesrat befindet darüber hinaus, dass in der Praxis eine Verschlechterung der Situation der GVO-kritischen Mitgliedstaaten und sogar eine Erhöhung der Anzahl von in Europa zugelassenen GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermittel zu befürchten ist. Es ist nach Ansicht des Bundesrates zu befürchten, dass künftig im Risikobewertungsverfahren von GVO ein liberalerer Beurteilungsmaßstab angelegt werden könnte, da eine nähere Berücksichtigung der mitgliedstaatlichen Interessen zumindest der Form nach ohnehin in den vorgesehenen Untersagungsmöglichkeiten enthalten ist. Wenn somit eine höhere Anzahl an GVOs zugelassen werden und die Untersagungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten sich aber als zahnlos und fiktiv erweisen, würde im Ergebnis die Zahl der in Europa zugelassenen GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermittel steigen.

 

Diese Gefahr wird weiters durch die Tatsache verschärft, dass durch die Unkontrollierbarkeit des Warenverkehrs in Europa selbst im Falle der Untersagung der Verwendung von GVO und gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln durch einen Mitgliedstaat (soweit dies unter Anführung anderer Gründe als den Umwelt und Gesundheitsschutz gelänge) keine Möglichkeit bestünde, die faktische Einfuhr in diesen Mitgliedstaat zu verhindern. Selbst wenn ein Staat die Verwendung von GVO untersagt hätte, wäre es nahezu unmöglich zu verhindern, dass in anderen Staaten zugelassene GVO im eigenen Staatsgebiet in Verkehr gebracht werden.

 

Aus Sicht des Bundesrates steht der vorliegende Verordnungsvorschlag in einem Spannungsverhältnis mit dem Subsidiaritätsprinzip.

 

Der Bundesrat hält den Verordnungsvorschlag nicht für geeignet, das angestrebte Ziel der Erweiterung des mitgliedstaatlichen Spielraums zu erreichen. Der Bundesrat steht dem Verordnungsvorschlag in der derzeitigen Form ablehnend gegenüber.