Parlament Österreich

 

 

 

IV-94 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 19. Jänner 2016

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

Dienstag, 19. Jänner 2016

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Tagesordnung

 

 

1.    COM(2015) 701 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Programm zur Unterstützung von Strukturreformen für den Zeitraum 2017 - 2020 und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1303/2013 und (EU) Nr. 1305/2013

(85605/EU XXV.GP)

 

2.    COM(2015) 593 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2000/53/EG über Altfahrzeuge, der Richtlinie 2006/66/EG über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren sowie der Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte

(86718/EU XXV.GP)

 

3.    COM(2015) 594 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/31/EG über Abfalldeponien

(86719/EU XXV.GP)

 

4.    COM(2015) 595 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle

(86720/EU XXV.GP)

 

5.    COM(2015) 596 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle

(86723/EU XXV.GP)

 

6.    COM(2015) 615 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen

(86728/EU XXV.GP)

           

 

 

 

 

 

 

Als ExpertInnen waren im Ausschuss geladen:

 

·         Dr. Josef Schöchl (Vorsitzender des EU-Ausschusses des Salzburger Landtags

 

·         Dr. Thomas Fischer (Wirtschaftskammer Österreichs)

 

·         Dr. Karin Vorauer-Mischer (Bundesministerium für Finanzen)

 

·         Mag. Evelyn Wolfslehner (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt  und Wasserwirtschaft)

 

·         Dr. Max Rubisch (Bundesministerium für Arbeit Soziales und Konsumentenschutz)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unterstützung von Strukturreformen 2017-2020

 

 

Das sogenannte "Structural Reform Support Service (SRSS)" zur Unterstützung von Strukturreformen soll allen EU-Mitgliedstaaten offenstehen. Im Sommer 2015 im Generalsekretariat der Europäischen Kommission eingerichtet, stellt es die Nachfolgestruktur der speziellen Task Forces dar, die im Zuge der Finanzkrise für Griechenland und Zypern ins Leben gerufen worden waren.

 

Dem EU-Ausschuss des Bundesrats lag nun ein Verordnungsvorschlag der Kommission über ein Programm zur Unterstützung von Strukturreformen für den Zeitraum 2017-2020 vor. Damit sollen dem SRSS aus Mitteln der Technischen Hilfe der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds Gelder in Höhe von bis zu 142,8 Mio. € an operativen Mitteln sowie 7,6 Mio. € an Administrationskosten zur Implementierung anvertraut werden. Mit Hilfe dieses speziellen Programms will die EU den Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung und Durchführung von Strukturreformen unter die Arme greifen. Die Reformbestrebungen umfassen die öffentliche Verwaltung allgemein und Budgetverwaltung im Besonderen, weiters das Justizwesen – insbesondere Korruptionsbekämpfung -, den Finanzsektor und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit. Auch die Bereiche Bildung, soziale Sicherheit, Migration und nachhaltige Entwicklung gehören dazu.

 

Wie die Vertreterin des Finanzressorts unterstrich, seien die Möglichkeiten dieses Angebots viel weitgehender und flexibler als das enge Korsett der kofinanzierten Programme der Strukturfonds. Alle Mitgliedstaaten können eine Unterstützung beantragen, die Kommission entscheidet darüber. Auf die Frage von Monika Mühlwerth (F/W), ob auch Österreich eine Unterstützung beantragen könne, antwortete die Ressortexpertin, selbstverständlich stehe auch Österreich diese Möglichkeit offen, es stelle sich aber die Frage, ob man förderungswürdig sein wolle. Das Ganze soll eine Unterstützung zur Selbsthilfe darstellen und ist budgetneutral. Das heißt, die aus der Technischen Hilfe entnommenen Mittel kürzen den Anteil für Strukturprogramme entsprechend. Es werde auch eine begleitende Kontrolle geben, die Form hänge aber von der Art der Unterstützung ab, erfuhren die Bundesrätinnen und Bundesräte aus dem Finanzressort. Große Sanktionsmechanismen seien nicht vorgesehen, stellte die Expertin gegenüber Stefan Schennach (S/W) und Ferdinand Tiefnig (V/O) fest. Heidelinde Reiter (G/S) sprach die Flüchtlingsproblematik an, worauf die Vertreterin des Ministeriums erläuterte, Asyl und Migration seien Teil der förderungswürdigen Maßnahmen, stellten aber keinen Schwerpunkt dar.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abfallpaket

 

 

Eine "rote Karte" in Form einer Subsidiaritätsrüge gab es im EU-Ausschuss des Bundesrats für den EU-Vorschlag zur Änderung der Richtlinie über Abfälle. Obwohl die Initiative der EU-Kommission grundsätzlich von allen begrüßt wurde, befürchten die LändervertreterInnen einen zu großen Eingriff in die Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten. In der einstimmig beschlossenen begründeten Stellungnahme (Subsidiaritätsrüge) drücken sie ihr Bedauern darüber aus, dass das Niveau der Ambitionen gegenüber dem Paketvorschlag aus dem Jahr 2014 - insbesondere bei den Deponien - gesunken ist.

 

Besonders kritisch bewertet der Ausschuss die vorgenommene Definition des Begriffs "Siedlungsabfall", der bisher national beziehungsweise regional normiert ist. Gemeinsam mit der Einführung eines "Mengenkriteriums" besteht nach Ansicht des Ausschusses die Gefahr von Unsicherheiten. Denn laut EU-Vorschlag sollen künftig Abfälle, die nicht aus Haushalten stammen, nur dann als Siedlungsabfall gelten, wenn sie auch in der Menge mit Haushaltsabfällen vergleichbar sind. Dadurch entstünden Unsicherheiten bei der Abgrenzung, die zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führen, befürchten die Bundesrätinnen und Bundesräte. Sie halten auch das Mengenkriterium für den Bioabfall für ungeeignet und meinen, dass sich die Definition dafür nur auf die Qualität der anfallenden biogenen Abfälle stützen sollte. Die LändervertreterInnen stoßen sich einmal mehr an der großen Zahl der geplanten delegierten Rechtsakte. 

 

Die Gefahr eines vermehrten Verwaltungsaufwands sieht man auch durch die geplante Berichtslegung, die, je nach Bestimmung, für jedes Kalenderjahr bzw. alle zwei Jahre erfolgen soll, sowie durch die sogenannten "Korrespondenztabellen", in denen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden sollen, Punkt für Punkt anzugeben, welche Richtlinienbestimmungen in welcher Form national umgesetzt wurden.

 

 

Konkret sieht der gegenständliche Richtlinienentwurf unter anderem die Anhebung der Zielvorgaben für die Vorbereitung zur Wiederverwendung und für das Recycling von Siedlungsabfällen auf 65% bis 2030 sowie von Verpackungsabfällen vor. Bis 2030 soll die Deponierung von Siedlungsabfällen schrittweise auf 10% begrenzt werden. Ferner geht es darin um eine stärkere Harmonisierung und Vereinfachung des Rechtsrahmens für Nebenprodukte und neue Maßnahmen zur Förderung der Vermeidung von Abfällen, einschließlich Lebensmittelabfällen.

 

Die genannte Richtlinie ist Teil eines Pakets zur Kreislaufwirtschaft, mit dem Ziel, die beträchtlichen Mengen potenzieller Sekundärrohstoffe, die sich in den Abfallströmen befinden, wieder zu verwerten. Der Wirtschaft der Union gehen zurzeit beträchtliche Mengen potenzieller Sekundärrohstoffe verloren, die sich in Abfallströmen befinden. Im Jahr 2013 fielen in der EU insgesamt rund 2,5 Mrd. Tonnen Abfälle an, von denen 1,6 Mrd. Tonnen nicht wiederverwendet oder recycelt wurden und somit der europäischen Wirtschaft verloren gingen, heißt es in der Begründung des Pakets. Nach Schätzungen hätten weitere 600 Mio. Tonnen recycelt oder wiederverwendet werden können. Von den in der Union angefallenen Siedlungsabfällen sei beispielsweise nur ein begrenzter Anteil (43%) recycelt, der Rest auf Deponien abgelagert (31%) oder verbrannt (26%) worden. Außerdem seien bei der Abfallbewirtschaftung in der Union große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu verzeichnen. Während im Jahr 2011 in sechs Mitgliedstaaten weniger als 3% des Siedlungsabfalls in Deponien verbracht wurde, waren es in 18 Mitgliedstaaten mehr als 50%, in einigen sogar über 90%.

 

Das Paket zur Kreislaufwirtschaft umfasst neben jener über Abfälle fünf weitere Richtlinienvorschläge, die ebenfalls im EU-Ausschuss zur Diskussion standen. Dazu gehört die Änderung der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle, worin es in erster Linie um Recycling geht. Ferner fallen darunter die geplante Richtlinienänderung über Abfalldeponien und die Richtlinienvorschläge über Altfahrzeuge, über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren und über Elektro- und Elektronik-Altgeräte.

 

Die vorliegenden legislativen Änderungen der sechs Abfallrichtlinien beinhalten insbesondere Änderungen von Begriffsdefinitionen, eine verstärkte Anwendung der Abfallhierarchie und die Anwendung von adäquaten ökonomischen Instrumenten, wie etwa die Besteuerung der Deponierung und Verbrennung von Abfällen. Vorgeschlagen werden auch Maßnahmen zur Stärkung der Wiederverwendung von Abfällen, eine grundsätzliche Verpflichtung zur getrennten Sammlung von Bioabfällen, die Beschränkung der Deponierung von Siedlungsabfällen auf 10% der erzeugten Abfälle im Jahr 2030 (mit Ausnahmen für einzelne Mitgliedstaaten) und die Anhebung der Zielvorgaben für die Vorbereitung der Wiederverwendung und für das Recycling von Verpackungsabfällen. Enthalten sind auch einheitliche Mindestanforderungen für die erweiterte Herstellerverantwortung, die Einführung eines Frühwarnsystems zur Überwachung der Einhaltung der Recyclingziele sowie Änderung der Berichtspflichten.

 

 

Die Subsidiaritätsrüge des Bundesrats wurde nicht nur seitens des Umweltressorts, sondern auch von der Wirtschaftskammer und dem Vertreter des Salzburger Landtags, Josef Schöchl, begrüßt. Schöchl und Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) unterzogen vor allem die vorgesehenen delegierten Rechtsakte einer harschen Kritik. Dies sei demokratiepolitisch bedenklich, sagte Schöchl. Auch der Vertreter der Wirtschaftskammer warnte vor den angedachten delegierten Rechtsakten, da sie teilweise Kernkompetenzen des Abfallrechts betreffen.

 

Schöchl betonte zudem, dass Abfälle lokal und regional anfallen und daher auch lokal und regional entsorgt werden. Der grenzüberschreitende Ansatz geht ihm  daher zu weit. Diese Einschätzung teilten auch Heidelinde Reiter (G/S) und Christoph Längle (F/V). Zielvorgaben der EU seien gut, die Umsetzung sollte im nationalen Bereich bleiben, meinten sie. Ebenso betonte Stefan Schennach (S/W), dass die Abfallwirtschaft vor allem Kommunen betreffe.

 

Die Trennung von Haushaltsabfällen und anderen erachtet er unter anderem auch deshalb für nicht zielführend, weil dies unter Umständen zu einer Erhöhung der Müllgebühren führen könnte. Schennach stimmte mit all jenen überein, die meinten, manche Ziele seien nicht ausreichend ambitioniert, weshalb er sich explizit für die Erhaltung des Ambitionsniveaus insbesondere hinsichtlich der Eindämmung von Deponien aussprach. Die rasche EU-weite Eindämmung der Deponierung sei eine zentrale Maßnahme für die Steigerung der Ressourceneffizienz und auch für den Klimaschutz, heißt es seitens des Umwelt-Ressorts. Heidelinde Reiter (G/S) ortet auch beim Plastikmüll noch viele offene Probleme. Österreich sei nach wie vor schlecht bei der Müllvermeidung, merkte sie an, ihr fehlen entsprechende Anreize, aber auch entsprechende Rechtsvorschriften.

 

In der Wirtschaftskammer sieht man manche Quoten hingegen sehr ambitioniert, das vorliegende Paket bewertet die Wirtschaft positiver als das letzte. 

 

Martin Preineder (V/N) und Ferdinand Tiefnig (V/O) stießen sich besonders an zu vielen Vorschriften. Man müsste darauf achten, dass die Länder die bereits geltenden Kriterien erfüllen, sagte Tiefnig. Österreich verfüge über ein gut geordnetes Abfall-Regime, bemerkte Preineder. Was seine Sorgen im Hinblick auf die Forderung nach der Umsetzung auf den neuesten Stand der Technik betrifft, so meinte die Vertreterin des Umweltressorts, in Österreich sei der Stand der Technik sehr gut und man müsse ein "Umwelt-Dumping" auf alle Fälle verhindern.

 

Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen

 

 

Grundsätzlich positiv beurteilten die Mitglieder des EU-Ausschusses des Bundesrats den Richtlinienvorschlag zu einer Harmonisierung der Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen. Bedenken wurden lediglich hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit geäußert, ein Subsidiaritätsproblem sahen die LändervertreterInnen nicht. Auch das Sozialministerium zeigte sich mit dem Vorschlag weitgehend zufrieden, die Subsidiarität werde deshalb nicht tangiert, weil sich der Entwurf auf Produkte und Dienstleistungen beschränke, wo der Binnenmarkt nur unzureichend funktioniere, betonte der Vertreter des Sozialministeriums. Außerdem beinhalte das Papier Schutzklauseln für kleine und mittlere Betriebe.

 

Er geht davon aus, dass der Vorschlag noch überarbeitet wird, da von einigen Mitgliedsstaaten grundsätzliche Einwendungen gekommen sind. Auch gebe es trotz positiver Resonanz innerstaatliche Bedenken. So habe etwa das Bundeskanzleramt auf Widersprüche zum geltenden Vergaberecht und im Hinblick auf die Folgenabschätzung aufmerksam gemacht. Die Wirtschaftskammer wiederum moniere, dass etwa bei Bankomatkarten und anderen Produkten der Aufwand groß sei. Kritisch betrachtet werden auch überbordende Berichtspflichten. Die Verhandlungen über den Vorschlag haben jedoch noch nicht begonnen und starten in den nächsten Wochen.

 

Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) und Bundesrat Stefan Schennach (S/W) zitierten in der Debatte die Stellungnahme der Verbindungsstelle der Bundesländer, worin unterstrichen wird, dass der Kommissionsvorschlag Anforderungen enthalte, die über das UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen hinaus gehen und daher unangemessen beziehungsweise unverhältnismäßig seien. Bedenken äußerte Schennach ferner gegenüber dem Konzept des "Design-für-Alle". Monika Mülwerth (F/W) wiederum wies auf die relativ hohen Standards in Österreich hin und äußerte die Befürchtung, dass dadurch österreichische Anbieter einen Wettbewerbsnachteil haben könnten. Dem entgegnete der Ressortexperte mit dem Hinweis, der Richtlinienvorschlag lege nur Grundsätze fest, enthalte aber keine detaillierten technischen Bestimmungen. Die hohen einheimischen Standards hält er für einen möglichen wirtschaftlichen Vorteil, da es darum gehe, einen größeren Kundenkreis zu gewinnen. Gegenüber Heidelinde Reiter (G/S) betonte er, die CE-Kennzeichnung diene als Information, dass alle europäischen Regelungen eingehalten worden sind. Das werde auch durch inländische Marktüberwachungsbehörden stichprobenartig kontrolliert. 
    

 

Die Kommission begründet ihren Vorstoß damit, dass es innerhalb der EU unterschiedliche Rechtsvorschriften gibt und sich die Hersteller und Dienstleister zum Teil nach nationalen, zum Teil nach internationalen Normen richten, die meist nicht aufeinander abgestimmt seien. Hauptzweck sei es daher, einerseits den Binnenmarkt in diesem Bereich funktionsfähiger zu machen, indem Hindernisse für den freien Verkehr abgebaut werden, und andererseits den Zugang zu Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit funktionellen Einschränkungen oder Behinderungen zu erleichtern. Die Kommission weist daher nicht nur auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung hin, sondern unterstreicht, dass das Bekenntnis zu einem barrierefreien Europa im Jahr 2010 in der "Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020" erneuert worden ist. Ein Umfeld mit besser zugänglichen Produkten und Dienstleistungen ermöglicht eine stärkere gesellschaftliche Inklusion und Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger, heißt es in der Begründung des Kommissionsvorschlags.

 

Erfasst vom Vorschlag sind Geldautomaten, Ticket- und Check-in-Automaten, Bankdienstleistungen, Computer (Hard- und Software), Telefone, Smartphones, Telefondienste, Fernsehgeräte im Zusammenhang mit digitalen Fernsehdiensten, Audiovisuelle Mediendienste, Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Luft-, Bus-, Schienen- und Wasser-Personenverkehr, Elektronische Bücher (E-Books) und der Elektronische Handel (E-Commerce). Die Richtlinie enthält eine einheitliche EU-Definition und einen Umsetzungsrahmen für die diesbezüglichen Anforderungen an die Produkte und Dienstleistungen, schreibt aber nicht im Einzelnen vor, wie die Pflicht, ein Produkt oder eine Dienstleitung barrierefrei entsprechend den Anforderungen zu gestalten, in der Praxis zu erfüllen ist. Auch im Rahmen der EU-Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge und über die Verwendung der EU-Fonds sollen die gleichen Barrierefreiheitsanforderungen gelten.

 

Wie das Sozialministerium ausführt, sollen die Hersteller von Produkten, die unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, durch das Anbringen des CE-Zeichens erklären, dass die betreffenden Produkte die geltenden Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen (EU-Konformitätserklärung) und dass sie für diese Erklärung die volle Verantwortung übernehmen. Eine behördliche Bewilligung ist nicht erforderlich, die Durchführung des gesamten Konformitätsbewertungsverfahrens bleibt in der Eigenverantwortung des Produktherstellers. Allerdings sind Kontrollmöglichkeiten durch die staatlichen "Marktüberwachungsbehörden" vorgesehen. Alle Wirtschaftstreibenden, die Teil der Liefer- und Vertriebskette sind, müssen die entsprechenden Garantien übernehmen (auch Händler und Importeure).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf begründete Stellungnahme wurde einstimmig angenommen:

 

 

 

ANTRAG AUF BEGRÜNDETE STELLUNGNAHME

gemäß Art 23g Abs 1 B-VG

 

der Bundesräte Edgar Mayer, Stefan Schennach, Monika Mühlwerth, Heidelinde Reiter, Kolleginnen und Kollegen

 

COM (2015) 595 final Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle (86720/EU, XXV. GP)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am

19. Jänner 2016.

 

 

I.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates kann gemäß §13a GO-BR in einer begründeten Stellungnahme gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG iVm Art. 6 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit darlegen, warum ein Entwurf eines Legislativvorhabens der Europäischen Union mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar ist. Diese Stellungnahme muss binnen acht Wochen nach Vorliegen des Entwurfes in allen Sprachfassungen erfolgen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Antrag auf Begründete Stellungnahme gemäß Art 23g Abs 1 B-VG

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

 

A. Begründete Stellungnahme

 

Das gegenständliche Vorhaben ist in der derzeitigen Form in einigen Teilen mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar.

 

 

B. Begründung

 

Grundsätzlich werden die im gegenständlichen Maßnahmenpaket der Europäischen Kommission verfolgten Ziele der Ressourceneffizienz und der Verbesserung der Kreislaufwirtschaft in der Europäischen Union, inhaltlich begrüßt, wenngleich bedauerlich ist, dass das Ambitionsniveau gegenüber dem Paketvorschlag aus dem Jahr 2014 insbesondere bei den Deponien gesunken ist.

 

Das Rechtsgebiet der Abfallwirtschaft ist ein im Rahmen der EU bereits weitrechend harmonisierter Bereich, dennoch bestehen aber nach wie vor erhebliche faktische Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, etwa im Anteil der Wiederverwertung von Abfällen oder im Anteil der auf Deponien verbrachten Siedlungsabfällen.

 

Österreich hat einen hohen Standard in der Abfallbewirtschaftung erreicht und zählt zu jenen Staaten, die in diesen Bereichen regelmäßig eine Vorreiterrolle in der EU einnehmen. Es wird grundsätzlich befürwortet, dass die Kommission Initiativen vorlegt, um sämtliche Mitgliedstaaten der EU auf ein einheitliches Niveau zu führen und insbesondere jene Staaten zu effizienterer Abfallbewirtschaftung anzuhalten versucht, bei denen derzeit noch Defizite festzustellen sind.

 

Dennoch beurteilt der Bundesrat den vorliegenden Richtlinienvorschlag im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip gemäß Artikel 5 Abs. 3 EUV kritisch.

 

Der Richtlinienvorschlag führt im geplanten Artikel 3 Abs. 1a eine Definition des Begriffes „Siedlungsabfall ein“, der bisher national bzw. regional normiert wurde. Dadurch, insbesondere durch die Einführung eines „Mengenkriteriums“ werden Unsicherheiten geschaffen: demnach sollen künftig Abfälle, die nicht aus Haushalten stammen, nur dann als Siedlungsabfall gelten, wenn sie auch in der Menge mit Haushaltsabfällen vergleichbar sind. Dies hat neben den erheblichen Unschärfen und damit verbundenen Unsicherheiten bei der Abgrenzung zur Folge und läuft Gefahr, zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand zu führen. und Mehrkosten zu verursachen. Ähnlich wie bei den Siedlungsabfällen gilt die neu aufgenommene mengenmäßige Einschränkung für die biogenen Abfälle. Die Definition für Bioabfall sollte sich nur auf die Qualität der anfallenden biogenen Abfälle stützen. Das Mengenkriterium ist dafür nicht geeignet.

 

Weiters wird die extensive Einführung von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten und die dadurch verursachte Kompetenzerosion zu Ungunsten von Mitgliedstaaten und Regionen kritisch gesehen.

 

Im geplanten Artikel 9 wird den Mitgliedstaaten die neue Pflicht auferlegt, Maßnahmen zu treffen, um die Entstehung von Abfällen zu vermeiden. Während dies inhaltlich zu begrüßen ist, muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Verpflichtung zur Setzung von Maßnahmen nicht übergebührlich in die Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten eingreift.

 

Die nach dem geplanten Artikel 37 des Richtlinienvorschlages je nach Bestimmung für jedes Kalenderjahr bzw. alle zwei Jahre vorgesehene Berichtslegung an die Kommission (bisher nur alle drei Jahre) löst für Mitgliedstaaten und Regionen einen erheblichen Verwaltungsaufwand aus, der zu hinterfragen ist.

 

Weiters wird in der Begründung zum Richtlinienvorschlag von einer Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Vorlage „erläuternder Dokumente“ zu den nationalen Umsetzungsvorschriften gesprochen. Hierbei handelt es sich um sogenannte „Korrespondenztabellen“, mit denen die Mitgliedstaaten dazu gezwungen werden sollen, einzeln Punkt für Punkt anzugeben, welche Richtlinienbestimmung in welcher nationalen Norm umgesetzt wurde. Dies kann einen enormen Verwaltungsaufwand zur Folge haben.

 

Insgesamt befindet der Bundesrat, dass der vorliegende Richtlinienvorschlag in der derzeitigen Form insbesondere durch das exzessive Vorsehen von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten dem Subsidiaritätsprinzip widerspricht.

 

Der Bundesrat weist darauf hin, dass ihm zum gegenständlichen EU-Vorhaben eine Stellungnahme des oberösterreichischen Landtags als auch des Österreichischen Städtebundes vorliegt.

 

 

II

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates beschließt, diese Stellungnahme gemäß § 34 Abs. 6 GO-BR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung anzuschließen. Weiters wird der Präsident des Bundesrates ersucht, diese Stellungnahme an die gemäß §13b Abs. 9 GO-BR vorgesehenen EmpfängerInnen sowie an die österreichische Bundesregierung, an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an den Ausschuss der Regionen und an die COSAC bzw. IPEX zu übermitteln.