Parlament Österreich

 

 

 

IV-96 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 8.  März 2016

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Dienstag, 8. März 2016

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Tagesordnung

 

 

 

1.    Aussprache über aktuelle Fragen in Angelegenheiten im Rahmen der EU gemäß § 13b Abs. 5 GO-BR zum Thema "Einführung einer Green Card der EU"

 

2.    COM(2015) 625 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung

(89093/EU XXV.GP)

 

3.    COM(2015) 634 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte

(87678/EU XXV.GP)

 

4.    COM(2015) 635 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren

(87681/EU XXV.GP)

 

5.    COM(2015) 667 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs

(90196/EU XXV.GP)

 

6.    COM(2015) 670 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 hinsichtlich eines verstärkten Abgleichs mit einschlägigen Datenbanken an den Außengrenzen

(90341/EU XXV.GP)

7.    COM(2015) 671 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004, der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 und der Entscheidung 2005/267/EG des Rates

(90339/EU XXV.GP)

 

8.    COM(2015) 668 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein europäisches Reisedokument für die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger

(91352/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Beginn der Sitzung des EU-Ausschusses berichtete Ausschussobmann Edgar Mayer kurz über aktuelle Entwicklungen:

 

Seit dem letzten Ausschuss sind folgende Stellungnahmen der Länder eingegangen:

 

·         Eine Gemeinsame Stellungnahme der Länder betreffend das Dossier Mitteilung der EK "Den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und die Unternehmen"

 

Seit dem letzten Ausschuss sind weiters unter anderem folgende Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte eingegangen:

 

·         Ein Paket zur Verschiebung des Zeitpunkts des Inkrafttretens des MiFID II-Pakets zur Regulierung von Wertpapiermärkten, Anlagevermittlern und Handelsplätzen

 

·         das Paket der Kommission zur Sicherung der Energieversorgung

 

 

 

 

Folgende Auskunftspersonen und ExpertInnen standen den Ausschussmitgliedern zur Verfügung:

 

·         Staatsanwältin Mag. Martina Klein (Bundesministerium für Justiz)

·         Sektionschef Honorarprofessor Dr. Georg Kathrein (Bundesministerium für Justiz)

·         Dr. Doris Possler (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie)

·         Gruppenleiter Mag. Johann Bezdeka (Bundesministerium für Inneres)

·         Mag. Gerald Dreveny (Bundesministerium für Inneres)

·         Abteilungsleiter Hilbert Karl (Bundesministerium für Inneres)

·         Referatsleiter Dr. Peter Blumauer (Bundesministerium für Inneres)

·         Mag. Huberta Maitz-Strassnig (Wirtschaftskammer Österreich)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aktuelle Aussprache zur "Green Card"

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrats will aktiver an der Gesetzgebung der Europäischen Union mitarbeiten. Und zwar nicht nur als Proteststimme im Zuge der Subsidiaritätsprüfung von Kommissionsvorschlägen, sondern als konstruktive Kraft im Rahmen der Mitgestaltung und Weiterentwicklung der EU. Das war der Tenor der Ausschussdiskussion im Rahmen einer Aktuellen Aussprache zum Thema "Grüne Karte".

 

Das Verfahren der "Grünen Karte" soll nationale Parlamente dazu ermutigen, der EU-Kommission konstruktive und unverbindliche Empfehlungen zur EU-Politik oder zu Legislativvorschlägen zu übermitteln. Sie ist jedoch nicht mit einem Initiativrecht für Legislativvorschläge zu verwechseln, das nur der EU-Kommission zusteht. Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) unterstrich die Wichtigkeit, sich als Bundesrat bei derartigen Initiativen zu artikulieren und mitzuwirken. Das Verhältnis zur EU-Kommission würde spannender, zeigte sich Stefan Schennach (S/W) überzeugt. Das Ganze sei von großem Interesse, ohne das Initiativrecht der Kommission in Frage zu stellen, waren Schennach und Mayer eines Sinnes mit Monika Mühlwerth (F/W) und Heidelinde Reiter (G/S).

 

 

 

Die Grüne Karte bildet somit in gewisser Weise das Gegenstück zum sogenannten Subsidiaritätsprüfungsmodell, bei dem nationale Parlamente binnen acht Wochen eine begründete Stellungnahme (Subsidiaritätsrüge) vorbringen können, wenn sie einen Gesetzesentwurf der EU für subsidiaritätswidrig halten. Zur Erinnerung: Gemäß Subsidiaritätsprinzip darf die Europäische Union nur in Bereichen tätig werden, wo gemeinschaftliche Maßnahmen zielführender als nationalstaatliche oder regionale sind. Bei Einsprüchen von mindestens einem Drittel der nationalen Parlamente muss die Europäische Kommission ihren Legislativvorschlag überprüfen. Hat die Hälfte der Parlamente Einwände und schließt sich der Rat mit einer Mehrheit von 55% oder das Europäische Parlament den Subsidiaritätsrügen an, kann der Kommissionsvorschlag zur Gänze zu Fall gebracht werden.

 

Damit ein Vorschlag im Sinne der Grünen Karte seitens eines Parlaments bzw. einer Kammer weitergeführt wird, benötige man allerdings ausreichend Unterstützung in der Versammlung der EU-Ausschüsse (COSAC). In Anlehnung an die Stimmenverteilung bei der Subsidiaritätsprüfung gibt es bei parlamentarischen Zweikammersystemen für jede der beiden Parlamentskammern eine Stimme, Mitgliedstaaten mit nur einer Kammer verfügen über zwei Stimmen. Die Frist, um sich einklinken zu können beträgt 6 Monate. Das ist genügend Zeit, um sich entsprechend vorzubereiten, sagte Edgar Mayer (V/V).

 

Angestoßen wurde die neuerliche Diskussion über die Anwendung der Grünen Karte vom House of Lords des britischen Parlaments. Auf dessen Initiative hin verlangten 17 EU-Ausschüsse nationaler Parlamente von der EU-Kommission, einen Gesetzgebungsvorschlag zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung vorzulegen. Der Initiativ-Prozess zur Lebensmittelverschwendung ist in der Zwischenzeit abgeschlossen, im Laufen sind Vorschläge zur sozialen Verantwortung von Unternehmen und zu audiovisuellen Mediendiensten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Terrorismusbekämpfung

 

 

Nachdem bereits im Februar darüber diskutiert wurde, nahmen die Bundesrätinnen und Bundesräte in diesem EU-Ausschuss noch einmal den Richtlinienvorschlag zur Terrorismusbekämpfung in Verhandlung und beschlossen dazu einstimmig eine Mitteilung. Die LändervertreterInnen bringen darin ihre Unterstützung der von der EU geplanten Maßnahmen zum Ausdruck. In der gesamten EU müssen die nationalen Strafrechtsvorschriften kohärenter, umfassender und einheitlicher gestaltet werden, damit Straftaten ausländischer terroristischer KämpferInnen wirksam verhindert und strafrechtlich verfolgt werden, heißt es darin. Nur so können die gestiegenen grenzüberschreitenden praktischen und rechtlichen Herausforderungen in geeigneter Weise bewältigt werden.

 

Wie die Ausschussmitglieder aus dem Justizressort erfuhren, sind die Beratungen über den Richtlinienentwurf in der Ratsarbeitsgruppe abgeschlossen, damit kann der Rat in Verhandlung mit dem Europäischen Parlament treten. Diese Gespräche sollen im Mai starten.

 

Die EU reagiert mit dem Richtlinienentwurf, der den geltende Rahmenbeschluss ersetzen soll, auf die Terrorbedrohung in Europa. Er zielt darauf ab, den Terrorismus wirksam zu bekämpfen bzw. auch zu ahnden, indem Mindestvorschriften für die Definition von Straftaten und Sanktionen im Zusammenhang mit Terrorismus festgelegt werden. Infolge des geltenden Rahmenbeschlusses sind bereits jetzt bestimmte terroristische Handlungen unter Strafe gestellt, darunter das Verüben eines Terroranschlags, die Beteiligung an den Handlungen einer terroristischen Vereinigung einschließlich der Finanzierung solcher Handlungen, die öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat sowie die Anwerbung und Ausbildung für terroristische Zwecke. Nicht ausdrücklich vorgesehen ist aber, dass das Reisen in Drittländer mit terroristischen Absichten unter Strafe zu stellen ist. Gleiches gilt für das Absolvieren einer Ausbildung für terroristische Zwecke. Auch sieht der Rahmenbeschluss in Bezug auf die Strafbarmachung der Terrorismusfinanzierung derzeit lediglich vor, dass jegliche Art der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung unter Strafe zu stellen ist, was jedoch nicht die Finanzierung sämtlicher mit terroristischen Handlungen verbundenen Straftaten, etwa das Anwerben, die Ausbildung oder Auslandsreisen für terroristische Zwecke, abdeckt. Stärker als bisher werden auch rechtswidrige Eingriffe in Computersysteme und rechtwidrige Eingriffe in Daten als terroristische Straftaten erfasst.

 

Mehr Beachtung soll den Opfern von Terroranschlägen geschenkt werden. So sollen die Mitgliedstaaten vertrauliche, kostenlose und niederschwellige Dienste zur Unterstützung und Betreuung von Terrorismusopfern vorsehen. Die Hilfestellung soll vor allem eine emotionelle und psychologische Unterstützung, wie z.B. Hilfe und Beratung bei der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse, darstellen, aber auch Beratung und Information betreffend alle relevanten rechtlichen, praktischen oder finanziellen Angelegenheiten bieten. Dieser Passus wird in der Mitteilung des EU-Ausschusses als zentraler Aspekt herausgestrichen: "Wir gehen mit der Kommission dahingehend konform, dass Opfer terroristischer Straftaten Schutz, Unterstützung und Betreuung, die ihren besonderen Bedürfnissen gerecht werden, brauchen."

 

Die Bundesrätinnen und Bundesräten betonen zudem die Notwendigkeit, sich mit Kulturraubgütern, die eine wichtige Einnahmequelle von Terrororganisationen darstellen, auseinander zu setzen. Dieser Punkt ist zwar in der Richtlinie enthalten, er sollte aber verstärkt werden, meinte Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V). Grundsätzlich merkte Monika Mühlwerth (F/W) dazu an, die FPÖ trete zwar dafür ein, nationale Strafbestimmungen zu erhalten, in Bezug auf die Terrorismusfinanzierung sollten die Staaten aber angehalten werden, die Bestimmungen anzupassen, damit sie auch wirken.

 

Was den Ausschussmitgliedern vollends fehlt, das ist ein Zeugenschutzprogramm. Sie fordern daher die Kommission auf, für ZeugInnen einer terroristischen Handlung ein entsprechendes Programm einzurichten. In der Diskussion unterstrichen insbesondere Edgar Mayer (V/V), Stefan Schennach (S/W), Wolfgang Beer (S/W) und Heidelinde Reiter (G/S) dieses Anliegen. Auch wenn es Zweifel daran gibt, ob die EU-Verträge überhaupt eine Rechtsgrundlage dafür bieten, wie die Expertin des Justizministeriums erklärte, und die Diskussion darüber abgebrochen wurde, könnte dieses Thema in den Verhandlungen zwischen Rat und Europäischem Parlament wieder aufgegriffen werden. Die Mitteilung sollte einen Beitrag dazu leisten, stellte Stafan Schennach (S/W) fest.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Digitaler Handel - Gewährleistungsrecht

 

 

Große Probleme orteten die Bundesrätinnen und Bundesräte im EU-Ausschuss hinsichtlich der EU-Vorschläge zur Harmonisierung der Bestimmungen im Bereich des elektronischen Handels. Dieser ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Die EU-Kommission hat daher eine Strategie für einen digitalen Binnenmarkt angenommen, mit dem Ziel, durch die Harmonisierung der unterschiedlichen Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten einen besseren Zugang für KonsumentInnen und Unternehmen zu digitalen Waren und Dienstleistungen in ganz Europa sicherzustellen. Betroffen sind von diesem schwierigen und komplexen Thema unter anderem auch der Verbraucherschutz und der Datenschutz. Der inhaltlich Bogen umspannt weite Bereiche – von Spielen über Inhalte in Clouds bis hin zu digitalen Dienstleistungen. Die EU erwartet sich durch die Umsetzung der Maßnahmen auch ein zusätzliches Wachstumspotential, was die Ausschussmitglieder nicht ganz nachvollziehen konnten.

 

Das Maßnahmenpaket ist ein Nachfolgeprojekt des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, das im Jahr 2011 von der Kommission vorgeschlagen, jedoch aufgrund des massiven Widerstandes der Mitgliedstaaten im Rat - darunter auch Österreich - zu Beginn des Jahres 2015 zurückgezogen wurde. Der EU-Ausschuss des Bundesrats hatte dazu sogar eine Subsidiaritätsrüge nach Brüssel abgeschickt. Stefan Schennach (S/W) sprach daher auch von einer "Umgehung", denn das abgelehnte europäische Kaufrecht soll nun durch die Hintertür wieder eingeführt werden, so der Tenor. Laut Ausschussvorsitzendem Edgar Mayer (V/V) geht es beim neuerlichen Vorstoß zwar nicht mehr um Subsidiaritätsprobleme, vielmehr hegt man massive inhaltliche Bedenken gegen die Vorlagen. Das Thema soll daher beim nächsten EU-Ausschuss nochmals auf die Tagesordnung genommen werden, man plant, eine kritische Mitteilung zu formulieren. 

 

 

In den Richtlinienentwürfen geht es zum einen "um bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte". Dadurch sollen Vorschriften über die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte, ferner über Rechte, die VerbraucherInnen bei nicht vertragsgemäßen digitalen Inhalten zustehen, harmonisiert werden. Ebenso ist vorgesehen, bestimmte Aspekte im Hinblick auf das Recht, langfristige Verträge zu beenden, bzw. digitale Inhalte zu ändern, zu vereinheitlichen. Ein Großteil dieser Regelungen sei im österreichischen Gewährleistungsrecht abgedeckt, heißt es aus dem Justizministerium.

 

Mit der Richtlinie über "bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren" soll im Wesentlichen ein neues Gewährleistungsregime für den Warenkauf im Fernabsatz eingeführt werden. Dadurch sollen KonsumentInnen europaweit in den Genuss eines hohen Verbraucherschutzniveaus kommen, wirbt die Kommission für den Vorschlag. Gleichzeitig will man es Unternehmen leichter machen, Waren EU-weit zu verkaufen. Im Interesse der KonsumentInnen ist eine Frist von zwei Jahren (bisher sechs Monate) vorgesehen, um Waren bei auftretenden Mängeln zurückgeben zu können.

 

Die Kritik richtet sich vor allem gegen diese Vorlage. Man befürchtet eine Zersplitterung des Gewährleistungsrechts, die Bestimmungen würden große Probleme und unangemessene Rechtsfolgen nach sich ziehen, befürchtet der zuständige Sektionschef des Justizministeriums. Er zeigte sich auch nicht überzeugt davon, dass das Ganze zu Gunsten der KonsumentInnen sein werde und sprach sich für einen Verbraucherschutz "mit Augenmaß" aus.

 

Auch die Wirtschaftskammer lehnt das Gesetzespaket ab. Man brauche keine Richtlinie über den digitalen Warenhandel, meinte die Vertreterin der Wirtschaft und stellte die Befürchtung in den Raum, die Kommission wolle letztendlich nicht nur den Online-Handel, sondern den gesamten Handel erfassen. Die Vorschläge würden gravierende Verschärfungen für die Unternehmen bringen, warnte sie, Vertragsauflösungen sollen laut Entwurf auch bei kleinen Fehlern möglich sein. Der Online-Handel sei derzeit ohnehin mit einem Wirrwarr an Rechtsakten konfrontiert. Bevor man etwas Neues mache, sollte man das Bestehende einmal evaluieren. Auch Bundesrat Eduard Köck (V/N) warnte vor Belastungen vor allem für Kleinunternehmen und Stefan Schennach (S/W) sieht insbesondere den Verkauf von Daten äußerst kritisch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Grenzschutzpaket

 

 

Die aktuellen Ereignisse im Zuge der Flüchtlings- und Migrationsströme haben die Gefährdung des Schengenraums und damit die offenen Binnengrenzen mehr als deutlich gemacht. Die EU setzt nun mit einigen gesetzlichen Initiativen alles daran, eine effektivere Sicherung der EU-Außengrenzen zu gewährleisten, um damit die Sicherheit des Schengenraums zu erhöhen und Binnengrenzkontrollen wieder obsolet zu machen.

 

So standen im EU-Ausschuss des Bundesrats zwei Vorhaben der EU zur Diskussion, die der besseren Überwachung der Küstengebiete dienen. Eine weitere Initiative zur systematischen Kontrolle der Ein- und Ausreise an den EU-Außengrenzen ist vor allem vor dem Hintergrund der Terroranschläge von Paris, Kopenhagen und Brüssel, aber auch vor der latenten Bedrohung durch so genannte Foreign Fighters zu sehen – man schätzt rund 5.000 Personen, die sich in Drittstaaten Terrorgruppen wie dem IS angeschlossen haben. Schließlich soll auch die Rückführung von Personen, die sich illegal in der EU aufhalten, durch die Ausstellung eines europäischen Reisedokuments erleichtert werden. Ziel all dieser Maßnahmen ist es vor allem, illegale Grenzübertritte zu verhindern, illegale MigrantInnen rascher zurückzuführen, Sekundärmigration zu minimieren und grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen. Die Ausschussmitglieder halten all die Vorhaben für richtig und notwendig und drängen auf eine rasche Umsetzung.

 

 

So schlägt die Kommission in einem Verordnungsentwurf vor, EU-BürgerInnen bei der Einreise in die und der Ausreise aus der EU systematisch zu kontrollieren. Laut Entwurf soll diese Verpflichtung grundsätzlich für alle Außengrenzen gelten, also Land-, See- und Luftgrenzen. Ausnahmen davon sollen jedoch auf Basis einer Risikoanalyse möglich sein, wenn die Kontrollen eine ungebührende Belastung bei der Abfertigung darstellen würden. Dazu ist eine Änderung des Schengener Grenzkodex erforderlich. Wie die Erläuterungen des Innenministeriums dazu weiter ausführen, ist man bestrebt, ein höchstmögliches Niveau an Datenschutz auch weiterhin zu gewährleisten. Deshalb erfolge eine Registrierung der kontrollierten Person nur bei einem Treffer beim Abgleich mit einer der einschlägigen Datenbanken (insbesondere das Schengener Informationssystem SIS II, Interpol und nationale Datenbanken zu gestohlenen und verlorenen Reisedokumenten). Seitens des Innenressorts rechnet man mit einem Abschluss der Verhandlungen zwischen Rat und Europäischem Parlament mit Ende des Jahres.

 

Im Ausschuss klang trotz positiver Bewertung des Vorhabens die Sorge an, dass die Kontrollen zu Unannehmlichkeiten führen könnten. Ob die Einreise in die EU wieder zu einem Spießrutenlauf für UnionsbürgerInnen werden könnte, fragte etwa Hans-Jörg Jenewein (F/W). Die Sorge konnte der im Ausschuss anwesende Experte des Innenministeriums nicht ganz entkräften, da Kontrollen durchaus zu Wartezeiten, vor allem auf den Flughäfen, führen könnten. Gibt es keine Treffer, dann erfolgt keine Speicherung der Daten, versicherte er Wolfgang Beer (S/W).

 

Stefan Schennach (S/W) merkte dazu grundsätzlich an, diese Maßnahmen seien dringend geboten. Man dürfe jedoch nicht übersehen, dass man ein europäisches Asylrecht brauche, was seitens des Innenministeriums bestätigt wurde. Die Regelungen die derzeit in Europa gelten, seien unzureichend, um als gemeinsames System gelten zu können. Viele Bestimmungen seien von einzelnen Mitgliedstaaten nicht umgesetzt worden. Als notwendig erachtet der Experte vor allem eine bessere Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU.

 

 

Zudem will die EU eine integrierte Europäische Grenz- und Küstenwache, bestehend aus den nationalen Systemen der Mitgliedstaaten und der um neue Kompetenzen und Ressourcen erweiterten bisherigen Agentur FRONTEX  aufbauen. Sie soll künftig Agentur für Grenz- und Küstenwache heißen. Ziel ist es, damit auf überproportionalen Migrationsdruck wie auch auf Defizite im Grenzschutz rasch reagieren zu können, in letzter Konsequenz auch ohne Ersuchen des betroffenen Mitgliedstaates, wie das Innenressort betont.

 

Wann dieser Teil des Grenzschutzpakets abgeschlossen wird, hänge von der Kompromissbereitschaft einzelner Mitgliedstaaten ab, betonte der Vertreter des Innenressorts, jedenfalls agiere hier die niederländische Präsidentschaft außerordentlich engagiert und dränge darauf, auch hier einen baldigen Abschluss zu erreichen.

 

Auch die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) soll in Hinkunft dazu beitragen, die EU-Außengrenzen besser zu schützen. Die bisherige Aufgabe der Agentur besteht darin, der Kommission und den Mitgliedstaaten technische Hilfe und Unterstützung bei der Entwicklung, Anwendung und Bewertung der EU-Rechtsvorschriften im Seeverkehrsbereich zur Verfügung zu stellen. Sie betreibt zudem das Europäische Datenzentrum für die Fernidentifikation und –verfolgung von Schiffen sowie das gemeinschaftliche Überwachungs- und Informationssystem für den Schiffsverkehr (Safe Sea Net). Dieser Aufgabenbereich wird nun erweitert. So sieht der Verordnungsentwurf vor, Verkehrsdaten möglichst zeitnah zu ermitteln - etwa durch die Bereitstellung von Drohnen - und Maßnahmen zur Verbesserung des Datenaustauschs mit anderen EU-Agenturen in den Bereichen Grenzschutz und Fischerei zu setzen. Damit soll eine generelle Optimierung der Verkehrsüberwachung, eine Verbesserung des Schutzes der EU-Außengrenzen sowie eine bessere Kontrolle der Migrationsströme erzielt werden. Dazu liegt bereits ein akkordiertes Ergebnis der Ratsarbeitsgruppe vor. Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) nannte dies eine gute Sache.

 

 

Die EU hat derzeit große Schwierigkeiten, Personen, die einen negativen Asylbescheid haben oder illegal eingereist sind, in ihre Heimatländer wieder zurückzuführen. Dies liegt auch daran, dass die betreffenden Länder ihre StaatsbürgerInnen nicht mehr zurücknehmen und die EU mit diesen Staaten auch keine entsprechenden Abkommen geschlossen hat. Beispielsweise konnten im Jahr 2014 weniger als 40% aller zur Rückkehr verpflichteten Personen zurückgeführt werden, betont die Kommission. Ein weiteres großes Hindernis stellen fehlende gültige Reisedokumente dar, die vom Bestimmungsland der zur Rückkehr verpflichteten Person ausgestellt wurden. Das von den Mitgliedstaaten derzeit ausgestellte Ersatzdokument wird aufgrund unzureichender Sicherheitsmerkmale und -standards nur in geringem Maße von Drittstaaten akzeptiert.

 

Die EU will nun durch Verordnung ein spezielles europäisches Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, gegen die eine zur Rückkehr verpflichtende Entscheidung ergangen ist, schaffen. Es soll ein einheitliches Format und verbesserte technische Spezifikationen und Sicherheitsmerkmale aufweisen. Die Verwendung dieses Reisedokuments sollte durch EU-Abkommen und bilaterale Rückübernahmeabkommen oder andere Abkommen gefördert werden, heißt es in der Begründung des Gesetzesvorschlags.

 

In der Diskussion kamen Zweifel auf, ob ein solches europäisches Reisedokument tatsächlich zur Erleichterung von Rückführungen beitragen könne. Springender Punkt sei die Kooperationsbereitschaft der Staaten, beziehungsweise entsprechende bilaterale Abkommen, legte Edgar Mayer (V/V) den Finger auf den wunden Punkt des Vorschlags. Auch Stefan Schennach (S/W), glaubt nicht an einen raschen Erfolg, denn das angestrebte Ziel sei nur gemeinsam mit anderen Staaten zu erreichen. Ähnlich die Bedenken von Hans-Jörg Jenewein (F/W), der meinte, ein eigenes Reisedokument löse das eigentliche Problem nicht. Abkommen mit den betreffenden Heimatstaaten von sich illegal in der EU aufhaltenden Personen abzuschließen, sei Aufgabe der Nationalstaaten, das zeige Spanien ganz deutlich vor. Jenewein griff die Frage aber auch weitgehender auf und trat dafür ein, vor allem in den afrikanischen Staaten mehr Investitionen aus Europa zu tätigen. Das würde zu einer größeren Kooperationsbereitschaft führen, zeigt er sich überzeugt, und auch den einzelnen Menschen mehr Chancen bieten.

 

Leise Kritik an der EU-Kommission klang dann auch seitens des Innenministeriums an, indem man der Kommission in dieser Frage Säumigkeit vorwarf. Die Staaten seien unterschiedlich kooperativ, sagte der Experte. In Bezug auf Marokko, das sich weigert, seine StaatsbürgerInnen zurückzunehmen, liege das Verhandlungsmandat bei der Kommission. Dadurch seien den einzelnen Mitgliedstaaten die Hände gebunden, selbst Abkommen zu verhandeln.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgende Mitteilung an die EU-Institutionen wurde einstimmig beschlossen:

 

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

 

 

 

An die Europäische Kommission, den Rat und das Europäische Parlament

der Bundesräte Edgar Mayer, Stefan Schennach   

betreffend

 

COM(2015) 625 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (089093/EU XXV.GP)

 

Eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 08. März 2016

 

 

 

Der Präsident des Bundesrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß § 13b Abs. 9 GO-BR an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat zu übermitteln.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

Mitteilung gemäß Art. 23 f Abs. 4 B-VG

 

 

Terroristische Handlungen zählen zu den schwersten Verstößen gegen die universellen Werte der Menschenwürde, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, sowie zu den schwersten Angriffen auf die Grundsätze der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, auf die sich die Europäische Union begründet.

 

Besonders nach den Anschlägen in Paris ist es von besonderer Bedeutung angemessene Instrumente zur Verfügung zu haben, die dazu geeignet sind, einerseits Bedrohungen denen sich die EU gegenübersieht, zu bewältigen und die andererseits zur Erhaltung unserer Gesellschaft beitragen.

 

In der gesamten EU müssen die nationalen Strafrechtsvorschriften kohärenter, umfassender

und einheitlicher gestaltet werden, damit Straftaten ausländischer terroristischer KämpferInnen wirksam verhindert und strafrechtlich verfolgt und die gestiegenen grenzüberschreitenden praktischen und rechtlichen Herausforderungen in geeigneter Weise bewältigt werden können.

 

Für den österreichischen Bundesrat spielt in diesem Zusammenhang besonders der Opferschutz eine zentrale Rolle, weshalb die Vorschläge der Kommission unterstützt werden. Wir gehen mit der Kommission dahin gehend konform, dass Opfer terroristischer Straftaten Schutz, Unterstützung und Betreuung, die ihren besonderen Bedürfnissen gerecht werden, brauchen. Der Österreichische Bundesrat unterstützt die vorgeschlagenen Maßnahmen in diesem Bereich, möchte aber darüber hinaus darauf hinweisen, dass in den Überlegungen der Kommission ein Zeugenschutzprogramm fehlt. Er fordert somit die Europäische Kommission auf, für ZeugInnen einer terroristischen Handlung ein entsprechendes Zeugenschutzprogramm einzurichten.

 

 

Der Artikel 11 der Richtlinie widmet sich der Terrorismusfinanzierung. Durch diesen Artikel werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Bereitstellung von Geldern, die zur Begehung von terroristischen Straftaten und von Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Vereinigungen oder terroristischen Aktivitäten verwendet werden, unter Strafe zu stellen.

Der Österreichische Bundesrat möchte hierzu anmerken, dass es dringend notwendig ist, sich auch in diesem Zusammenhang mit Kulturraubgütern, die eine wichtige Einnahmequelle von Terrororganisationen darstellen, auseinander zusetzen.