Parlament Österreich

 

 

 

IV-105 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 20.  Dezember 2016

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Dienstag, 20. Dezember 2016

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Tagesordnung

 

 

 

1.    COM(2016) 605 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2012/2002, der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, EU Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1305/2013, (EU) Nr. 1306/2013, (EU) Nr. 1307/2013, (EU) Nr. 1308/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und (EU) Nr. 652/2014 des Europäischen Parlaments etc.

(122540/EU XXV.GP)

 

2.    COM(2016) 465 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung)

(114712/EU XXV.GP)

 

3.    COM(2016) 466 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes sowie zur Änderung der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten etc.

(114011/EU XXV.GP)

 

4.    COM(2016) 467 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU

(114097/EU XXV.GP)

 

 

 

 

5.    COM(2016) 468 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Neuansiedlungsrahmens der Union und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates

(114092/EU XXV.GP)

 

 

 

Die Tagesordnungspunkte 2 - 5 wurden unter einem verhandelt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Beginn der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrats berichtete Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) über jüngst eingelangte Dokumente:

 

 

Seit dem letzten Ausschuss sind folgende

 

Stellungnahmen der Länder

 

·         Einheitliche Länderstellungnahme zu einem Vorschlag für die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen.

 

 

Antwortschreiben der EU-Kommission auf Beschlüsse des EU-Ausschusses eingegangen:

 

·         Antwortschreiben der Europäischen Kommission zur begründeten Stellungnahme vom 13. September 2016 zum Verordnungsvorschlag betreffend Einreise und Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen.

 

 

und unter anderem folgende Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte eingegangen:

 

·         Winterpaket der Kommission "Saubere Energie für alle Europäer"

 

·         Vorschlag für eine Verordnung betreffend die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.

 

 

 

 

Dem Ausschuss standen folgende ExpertInnen zur Verfügung:

 

·         Mag. Rudolf Paul (Bundesministerium für Finanzen)

·         Mag. Ariane Holezek (Bundesministerium für Inneres)

·         Mag. Gerald Dreveny (Bundesministerium für Inneres)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Reform der Haushaltsordnung

 

 

Unter dem Titel Bürokratieabbau soll nun auch die Haushaltsordnung der Europäischen Union vereinfacht werden. Die zahlreichen unterschiedlichen Bestimmungen sollen angeglichen und aufeinander abgestimmt und damit anwendungsfreundlicher werden. Ziel ist es zudem, ergebnisorientierter zu handeln und Parallelstrukturen abzubauen.

 

Die Ländervertreterinnen und –vertreter begrüßten im EU-Ausschuss diesen Vorschlag. Es gebe viele Klagen wegen des "Papierkriegs" und außerdem zeige der Europäische Rechnungshof immer wieder auf, dass ein Großteil der Fehler den komplizierten Vorschriften zuzuschreiben sind, betonten Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) und SPÖ-Mandatar Stefan Schennach (S/W). Sie stimmten mit dem Vertreter des Finanzministeriums überein, dass die Balance zwischen Vereinfachung und notwendiger Kontrolle immer eine schwierige sein werde.

 

In der Haushaltsordnung sind die Grundsätze und Verfahren für die Aufstellung und den Vollzug des EU-Haushalts sowie für die Kontrolle der EU-Mittel festgelegt. Die dazugehörigen Anwendungsbestimmungen enthalten genauen Vorschriften zu ihrer Umsetzung. Die Regelungen wurden im Laufe der letzten 30 Jahren immer detaillierter und haben damit stark zugenommen. Außerdem sind neue sektorspezifische Finanzvorschriften hinzugekommen, wie etwa Regeln für die Beteiligung am Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, gemeinsame Bestimmungen über die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds und gemeinsame Anwendungsvorschriften für den Außenbereich. Das hat dazu geführt, dass aufgrund der programmspezifischen Konzeptionen und verschiedenen Kontrollebenen die Vorschriften uneinheitlich und komplex und damit die Handhabung langsamer, teurer und fehleranfälliger geworden sind, argumentiert die EU-Kommission.

 

Nach einem ersten Schritt zur Vereinfachung im Jahr 2012 hat die Kommission nun Mitte September 2016 einen Vorschlag für eine neue Haushaltsordnung vorgelegt, in dem die beiden Rechtsakte – Haushaltsordnung und Anwendungsbestimmungen – zu einem einzigen Gesetz zusammengefasst und, wie die Kommission betont, erheblich vereinfacht werden. Das betrifft vor allem Synergien zwischen den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) und anderen EU-Mitteln, etwa aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF), dem Kohäsionsfonds, dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Solidaritätsfonds. Die Vereinfachungen betreffen auch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), Sozialfragen, den Verkehr, Telekom und die Informationsgesellschaft. Auch die Flexibilität in der Handhabung soll dadurch insgesamt erhöht werden. Die Kommission plant ein Inkrafttreten mit 1.1.2018.

 

Als Eckpunkte der Reform listet der Verordnungsentwurf Vereinfachungen für die Empfänger von EU-Finanzhilfen, gegenseitige Anerkennung von Prüfungen, Bewertungen und Genehmigungen sowie eine Harmonisierung der Berichterstattungspflichten auf. Letztere soll auch ergebnisorientierter und gestraffter erfolgen. Ziel ist es zudem, diese für die Bürgerinnen und Bürger transparenter zu gestalten, indem die Berichte in zwei großen Paketen – Entwurf des Haushaltsplans und integrierte Finanzberichterstattung - vorgelegt werden. Bürgerinnen und Bürger werden in Hinkunft auch mehr Mitspracherecht erhalten, indem die Kommission, die Mitgliedstaaten sowie jede EU-Mittel ausführende Stelle die Möglichkeit haben sollen, die Bevölkerung zur Ausführung des Haushaltsplans der Union zu konsultieren, etwa welche Projekte gefördert werden sollen.

 

Durch Anwendung eines einheitlichen Regelwerks will man auch verhindern, dass verschiedene Vorschriften und Verfahren gleichzeitig Anwendung finden. Unter dem Begriff einer flexibleren Haushaltsverwaltung verbirgt sich unter anderem die Einrichtung eines "Flexibilitätspolsters" für einen unvorhergesehenen Bedarf sowie für aufkommende Krisen in der Mittelausstattung im Rahmen der Außenpolitik, ferner eine laut EU-Kommission effizientere Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds und des Fonds für die Anpassung an die Globalisierung, die Erweiterung der Treuhandfonds und die Schaffung einer EU-Krisenreserve, in die frei werdende Mittel zur Wiederverwendung eingestellt werden.

 

Im Interesse eines effizienteren Mitteleinsatzes sollen auch Umschichtungen innerhalb einer Institution – in der Kommission nur innerhalb der einzelnen Politikbereiche – erleichtert werden. Alles in allem sollen die Neuerungen auch zu einer schlankeren EU-Verwaltung führen.

 

 

In der Diskussion wurden dann auch konkrete Probleme des EU-Haushalts angesprochen. So bedauerte Stefan Schennach (S/W), dass fünf EU-Länder nur weniger als die Hälfte der Mittel aus dem Kohäsionsfonds abgerufen haben, weil sie die die dafür notwendigen eigenen Gelder nicht aufbringen konnten. Das führe etwa dazu, dass Finanzmittel zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit nicht in jenen Ländern ankommen, wo diese am dringendsten gebraucht würden. Der im Ausschuss anwesende Experte des Finanzministeriums informierte in diesem Zusammenhang, dass man andenke, diese finanzielle Unterstützung in ein Finanzinstrument umzufunktionieren, um Projekte fördern zu können. In diesem Fall müssten die Länder selbst nichts dazuzahlen.

 

Den Bundesräten Christoph Längle (F/V) und Ferdinand Tiefnig (V/O) gegenüber bekräftigte er, dass das EU-Budget einen Schwerpunkt zur Bewältigung der Flüchtlingsbewegungen gesetzt hat. Man wolle vor allem die Fluchtgründe in den Herkunftsländern mindern. Das Problem sei, dass es mit diesen Ländern bisher in erster Linie bilaterale Verträge gebe. Viele EU-Staaten hätten aber ihre Zusagen nicht erfüllt. Dies aus dem EU-Budget zu begleichen, ist für Österreich problematisch, weil es seine Verpflichtungen erfüllt hat und nicht doppelt zahlen möchte.

 

Zu Differenzen komme es auch immer wieder wegen des hohen unterschiedlichen Lohnniveaus und der unterschiedlichen Sozialleistungen, was dazu führe, dass manche Länder die Hauptlast der Flüchtlingsströme zu bewältigen haben. Der Gedanke aber, gegenüber diesen Ländern einen Zahlungsstopp zu erwirken, sei nicht umzusetzen, so die Information aus dem Finanzressort.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gemeinsame Europäische Asylpolitik

 

 

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem hat trotz einiger Fortschritte – die letzte Harmonisierung fand im Jahr 2013 statt - noch einen weiten Weg zurückzulegen. Das hat nicht zuletzt die Flüchtlingsbewegung des Vorjahres und deren Folgen deutlich gemacht, wo Strukturschwächen des Systems offenkundig wurden. Insbesondere stellen auch Sekundär-Migration und Asyl-Shopping ein großes und ungelöstes Problem innerhalb der EU dar, die immer wieder versuchte faire Verteilung von AsylwerberInnen innerhalb der EU funktioniert nicht.

 

Nach wie vor bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Art der Verfahren, die Leistungen für Asylsuchende, die Anerkennungsquoten und die Art des Schutzes. Die bisherigen Regelungen im Hinblick auf Vorschriften zur Bestimmung des für Anträge auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats (einschließlich der Eurodac-Datenbank zum Abgleich der Fingerabdruckdaten von AsylbewerberInnen) sowie auf gemeinsame Normen für die Asylverfahren, die Aufnahmebedingungen und die Anerkennung und den Schutz der betreffenden Personen reichen nicht aus. Die noch immer uneinheitlichen Standards haben eine unausgewogene Verteilung von Asylsuchenden und damit eine ungleiche Belastung unter den EU-Mitgliedstaaten zur Folge.

 

Wie man seitens des Innenministeriums im n EU-Ausschuss des Bundesrats betonte, stand bislang der Schutz der Flüchtlinge im Vordergrund. Mit einem umfassenden Paket an Rechtsakten versucht die EU-Kommission nun auf eine, wie sie in den Erläuterungen betont, "integrierte, nachhaltige und ganzheitliche EU-Migrationspolitik" hinzuwirken, dabei werden auch die Verpflichtungen von AsylwerberInnen gesetzlich klarer verankert. Es gelte, ein wirksames und effizientes Asylsystem zu etablieren, um eine gerechte und nachhaltige Verteilung der Verantwortung zwischen den Mitgliedstaaten sicherzustellen, zugleich aber auch hinreichende und menschenwürdige Aufnahmebedingungen in der gesamten EU zu schaffen, heißt es in den Unterlagen zu den Gesetzesvorhaben. Gleichzeitig müsse die EU gegen irreguläre und gefährliche Migrationsströme vorgehen und Schleppern das Handwerk legen. Daher seien einerseits Asylanträge von Personen, die keinen Anspruch auf internationalen Schutz haben, zügig zu bearbeiten und die betreffenden MigrantInnen anschließend rasch rückzuführen. Die EU möchte aber schutzbedürftigen Personen aus Drittstaaten auch legale und sichere Wege in die EU ermöglichen.

 

Bereits im Mai dieses Jahres hat die EU-Kommission ein erstes Paket zur Reform und Harmonisierung mit drei Prioritäten vorgelegt: Kernpunkt dabei ist die Dublin-Verordnung mit dem Ziel, ein tragfähiges und faires System einzuführen, mit dem jenes Mitgliedsland festgelegt wird, das für die Prüfung der jeweiligen Asylanträge zuständig ist. Eine neue Ausrichtung hat auch die Asylagentur der EU erhalten, die das reibungslose Funktionieren des europäischen Asylsystems gewährleisten soll. Schließlich soll auch das Eurodac-System (europaweiter Fingerabdruckabgleich von Asylsuchenden und Menschen ohne Aufenthaltsrecht) gestärkt werden, um die Sekundärmigration zu überwachen und irreguläre Migration zu bekämpfen.

 

Mit dem zweiten Paket, das dem EU-Ausschuss zur Diskussion vorlag, will die EU die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vollenden: Es betrifft die Harmonisierung der Aufnahmebedingungen, der Anerkennungskriterien für Asyl und subsidiären Schutz, der Verfahren und schließlich der Neuansiedlungspolitik zur geregelten legalen Migration und Eindämmung der Schlepperkriminalität. Dabei sollen die Anerkennungs-Richtlinie und die Verfahrens-Richtlinie zu Verordnungen umgewandelt werden, die dann unmittelbar in den Mitgliedstaaten rechtskräftig werden. Einen Umsetzungsspielraum gibt es dabei nicht. Österreich müsste damit sein Asylgesetz in großem Umfang ändern, erfuhren die Bundesrätinnen und Bundesräte aus dem Innenministerium. Dort hofft man auch auf einen Abschluss der diesbezüglichen Verhandlungen vor der Übernahme der österreichischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018.

 

 

Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) und Stefan Schennach (S/W) begrüßten die Initiativen der EU grundsätzlich, da sie eine Harmonisierung des Asylsystems auf EU-Ebene für notwendig halten. Von einem solchen, vor allem von einem Verteilungsmechanismus, würde Österreich profitieren, waren sie sich einig und wurden in dieser Auffassung seitens der im Ausschuss anwesenden ExpertInnen des Innenressorts bestätigt. Wesentlich seien einheitliche Standards und praktikable Regelungen, sagte Mayer, von letzteren sei man noch nicht ganz überzeugt, merkte man dazu seitens des Ministeriums an.

 

Im Gegensatz dazu stieß sich Monika Mühlwerth (F/W) an den geplanten Verordnungen, da solche den Nationalstaaten keinen Handlungsspielraum belassen. Die Freiheitlichen seien grundsätzlich gegen eine Asyl-Union genauso wie gegen eine Sozial-Union, bekräftigte Mühlwerth. Sie zweifelte auch daran, dass Residenzpflichten und eine faire Verteilung auch nach den angedachten Neuerungen funktionieren werden.

 

Österreich hat wie ganz Europa einen Migrationsbedarf, warf Stefan Schennach (S/W) in die Diskussion ein. Trotz seiner positiven Haltung zu dem Gesamtpaket zeigte er sich skeptisch im Hinblick auf die Residenzpflicht und warnte davor, Menschen völlig die Bewegungsfreiheit zu nehmen. Asylsuchende brauchen einen Lebensspielraum, betonte er, Aufgabe werde es sein, eine den Menschenrechten verpflichtete Verknüpfung von Residenzpflicht und Leistungskürzungen zu finden. Dem stimmte Edgar Mayer (V/V) zwar zu, meinte aber, es könne nicht angehen, dass AsylantInnen von einem Land Europas in ein anderes ziehen und weiterhin Leistungen aus dem ursprünglichen beziehen.

 

Die betreffenden Personen würden nicht völlig in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, erfuhr man aus dem Innenministerium, Sozialleistungen würden aber nur dann ausbezahlt, wenn man an einem bestimmten Ort wohnhaft ist. Ziel sei es vor allem, den massiven Zuzug in die Ballungsräume einzudämmen.

 

 

 

Ein Teil des Pakets betrifft die Änderung der Aufnahme-Richtlinie, um die Aufnahmebedingungen in der EU weiter zu harmonisieren, die Anreize zur Sekundärmigration zu verringern und Maßnahmen zur Förderung der Eigenständigkeit und der Integrationsaussichten zu setzen. Es sei unerlässlich, dass die AntragstellerInnen in dem für sie zuständigen Mitgliedstaat bleiben, unterstreicht die Kommission. So sieht der Richtlinienentwurf die Einführung gezielter Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und eine wirksamere Kontrolle des Aufenthaltsorts der Asylsuchenden sowie strenge Konsequenzen für Verstöße vor. Zudem ist eine weitere Harmonisierung der Möglichkeiten für die Zuweisung eines bestimmten Aufenthaltsorts, die Auferlegung von Meldepflichten und die Beschränkung der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen auf Sachleistungen vorgesehen.

 

Im Sinne einer besseren Integration drängt die Kommission auf einen rascheren Zugang zum Arbeitsmarkt, konkret innerhalb von höchstens sechs Monaten nach Einreichung des Antrags. Der Zugang zum Arbeitsmarkt müsse in völligem Einklang mit den Arbeitsmarktstandards erfolgen, betont man seitens der Kommission. Der Abbau der derzeitigen erheblichen Diskrepanzen unter den Mitgliedstaaten sei auch deshalb unerlässlich, um ein beschäftigungsbezogenes Asyl-Shopping und die Anreize zur Sekundär-Migration zu verringern.

 

Von österreichischer Seite wird darauf hingewiesen, dass der erweiterte Arbeitsmarktzugang Kernkompetenzen der Nationalstaaten betrifft. Kritisch sieht man vor allem überbordende Vorgaben hinsichtlich der Notwendigkeit individueller Bescheide bei Wohnsitzfestlegungen und Arbeitsmarktzugang. Auch sei die Frist, für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge innerhalb von fünf Tagen einen Vormund zu bestellen, zu kurz.

 

 

Trotz gewisser Angleichungen nationaler Vorschriften im Jahr 2011 gibt es noch immer Unterschiede innerhalb der EU in Bezug auf die Anerkennungsquoten, die Geltungsdauer der gewährten Aufenthaltstitel, ferner beim Zugang zu Rechten sowie bei Entscheidungen über die Art des jeweils gewährten Schutzstatus. Die Anerkennungs-Richtlinie soll nunmehr durch eine in allen Mitgliedstaaten unmittelbar geltende Verordnung ersetzt werden. Die geplanten Neuerungen zielen auf eine weitere Harmonisierung der gemeinsamen Kriterien für die Zuerkennung von internationalem Schutz, mehr Konvergenz bei Asylentscheidungen und eine Residenzpflicht der Flüchtlinge ab.

 

Bei der Prüfung von Anträgen sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, der gemeinsamen Analyse und Orientierungshilfe zur Lage in den Herkunftsländern zu folgen, die von der Asylagentur der EU und den europäischen Netzen für Herkunftsländerinformationen bereitgestellt wurden.

 

Der Schutz der Asylsuchenden soll lediglich so lange gewährleistet werden, so lange die Gründe für Verfolgung und ernsthafte Gefährdung bestehen. Damit ist die Verpflichtung der EU-Länder verbunden, systematisch und regelmäßig den Status zu überprüfen, wenn sich die Lage im Herkunftsland der betreffenden Personen wesentlich ändert. Außerdem wird klargestellt, dass sich die betreffenden Personen in dem Mitgliedstaat aufhalten müssen, der ihnen Schutz gewährt. Sollte diese in einem anderen EU-Land aufgegriffen werden, so hat das laut Kommissionsvorschlag Konsequenzen – die Kommission spricht von "negativen Anreizen".

 

Die Rechte von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt wird, soll ebenfalls weiter vereinheitlicht werden. In diesem Zusammenhang sieht Österreich die Ausweitung des Familienbegriffs auf erwachsene Geschwister sowie den erweiterten Zugang zu Sozialleistungen für subsidiär Schutzberechtigte kritisch.

 

 

Auch die geltende Verfahrens-Richtlinie plant die Kommission zu einer unmittelbar in den EU-Staaten geltende Verordnung umzuwandeln. Diese sieht ein einheitliches Verfahren zur Gewährung des internationalen Schutzes vor, das laut Kommission "effizient und ausgewogen" sei. Ermessenskriterien werden darin gestrichen, Verfahrensvorschriften vereinfacht, gestrafft und konsolidiert. Damit will die Kommission ein höheres Maß an Harmonisierung und Einheitlichkeit beim Ausgang von Asylverfahren erreichen.

 

Konkret geht es um einfachere, klarere und kürzere Verfahren anstelle der derzeit uneinheitlichen Verfahrensvorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten. Die 6-Monats-Frist für die Entscheidungen wird beibehalten, für offensichtlich unbegründete und unzulässige Anträge sind erheblich kürzere Fristen vorgesehen. Enthalten sind darin auch Verfahrensgarantien zum Schutz der Rechte der AntragstellerInnen, um zu gewährleisten, dass Asylanträge im Rahmen eines strafferen und kürzeren Verfahrens angemessen geprüft werden. Die geplante Ausweitung der Rechtsberatung würde jedoch in Österreich bei der hohen Anzahl an Asylanträgen größere finanzielle Auswirkungen nach sich ziehen.

 

Der Entwurf sieht zudem strengere Vorschriften vor, um Missbrauch zu verhindern, offensichtlich missbräuchliche Anträge zu sanktionieren und Anreize zu Sekundär-Migration zu beseitigen, indem die Antragsteller während der Dauer des Verfahrens zur Zusammenarbeit mit den Behörden verpflichtet und deutliche Konsequenzen bei Verletzung ihrer Pflichten festgelegt werden. Der Vorschlag enthält insbesondere klare, ausführliche und verbindliche Listen von Gründen für eine beschleunigte Prüfung oder eine Ablehnung von Anträgen als offensichtlich unbegründet oder nicht weiter betrieben.

 

Zudem legt der Verordnungsentwurf harmonisierte Vorschriften über sichere Herkunfts- und Drittstaaten zur Vereinheitlichung der verfahrensrechtlichen Folgen fest, wobei dieser Prozess schrittweise innerhalb der auf das Inkrafttreten folgenden fünf Jahre vor. Danach sollen die nationalen Listen durch europäische Listen oder Benennungen ersetzt werden.

 

 

Schließlich plant die EU, einen stärker strukturierten, harmonisierten und dauerhaften Neuansiedlungsrahmen in der gesamten Union zu schaffen, um Vertriebenen, die internationalen Schutz benötigen, einen legalen Weg zur Einreise in die EU zu ermöglichen. Zwar würden in der EU seit vielen Jahren Neuansiedlungen vorgenommen, doch bislang beruhten alle derartigen Initiativen auf nationalen oder multilateralen Programmen bzw. wurden sie ad hoc durchgeführt. Wie die Kommission in der Begründung für das harmonisierte Konzept festhält, dient Neuansiedlung dem Ziel, denjenigen Schutz zu bieten, die ihn benötigen, und gleichzeitig die Schutzsuchenden von der Nutzung irregulärer und gefährlicher Routen abzuhalten, sodass die Schleppernetzwerke nicht mehr von dieser Situation profitieren können.

 

Der Entwurf zielt darauf ab, ein gemeinsames Konzept festzulegen, das Drittstaatsangehörigen, die internationalen Schutz benötigen, eine sichere und legale Einreise in die Union ermöglicht und sie damit auch vor der Ausbeutung durch Schleusernetze schützt. Er soll auch dazu beitragen, den durch spontan eintreffende Personen verursachten Druck auf die Asylsysteme der Mitgliedstaaten zu verringern und die Verantwortung mit Ländern, in die eine große Zahl von Schutzsuchenden vertrieben wurde, zu teilen und sie zu entlasten. Die EU will damit aber auch einen Beitrag zu den globalen Neuansiedlungsbemühungen leisten.