Parlament Österreich

 

 

 

IV-108 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 15.  März 2017

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 15. März 2017

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Tagesordnung

 

 

 

 

 

1.    COM(2016) 759 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Governance-System der Energieunion zur Änderung der Richtlinie 94/22/EG, der Richtlinie 98/70/EG, der Richtlinie 2009/31/EG, der Verordnung (EG) Nr. 663/2009, der Verordnung (EG) Nr. 715/2009, der Richtlinie 2009/73/EG, der Richtlinie 2009/119/EG des Rates, der Richtlinie 2010/31/EU, der Richtlinie 2012/27/EU, der Richtlinie 2013/30/EU und der Richtlinie (EU) 2015/652 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013

(128260/EU XXV.GP)

 

Hingewiesen wird auf die Einheitliche Länderstellungnahme gemäß Art. 23d Abs. 2 B-VG vom 22. Februar 2017 sowie die Stellungnahme des Vorarlberger Landtags vom 22. Februar 2017.

 

2.    COM(2016) 862 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/        

(128259/EU XXV.GP)

 

Hingewiesen wird auf die Einheitliche Länderstellungnahme gemäß Art. 23d Abs. 2 B-VG vom 22. Februar 2017 sowie die Stellungnahme des Vorarlberger Landtags vom 22. Februar 2017.

 

3.    COM(2016) 863 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gründung einer Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden       

(129029/EU XXV.GP)

 

Hingewiesen wird auf die Einheitliche Länderstellungnahme gemäß Art. 23d Abs. 2 B-VG vom 22. Februar 2017 sowie die Stellungnahme des Vorarlberger Landtags vom 22. Februar 2017.

 

 

 

 

 

 

4.    COM(2016) 850 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf die Verschuldungsquote, die strukturelle Liquiditätsquote, Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, das Gegenparteiausfallrisiko, das Marktrisiko, Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien, Risikopositionen gegenüber Organismen für gemeinsame Anlagen, Großkredite, Melde- und Offenlegungspflichten und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012

(130366/EU XXV.GP)

 

5.    COM(2017) 84 final

Bericht der Kommission an den Rat über die Durchführung der finanziellen Unterstützung für die überseeischen Länder und Gebiete im Rahmen des 11. Europäischen Entwicklungsfonds

(133757/EU XXV.GP)

 

6.    NON 30/17 RMA FREMP

Code of conduct on countering illegal hate speech online

(128302/EU XXV.GP)

 

7.    COM(2016) 822 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen

(129734/EU XXV.GP)

 

Hingewiesen wird die Stellungnahme des Vorarlberger Landtags vom 22. Februar 2017.

 

 

Ergänzt wurde die Tagesordnung um folgende zwei Punkte:

 

8.    COM (2016) 823 final

Vorschlag für eine Richtlinie über den rechtlichen und operativen Rahmen für die Elektronische Europäische Dienstleistungskarte

(129731/EU XXV.GP)

 

und

 

9.    COM (2016) 824 final

Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung einer Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte und entsprechender Verwaltungserleichterungen

(129729/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Beginn der Sitzung informierte Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) über jüngst eingelangte Dokumente:

 

 

Stellungnahmen der Länder

 

·         Eine einheitliche Länderstellungnahme zum "Winterpaket zur Energieunion"

 

·         eine Stellungnahme des Vorarlberger Landtags zum "Paket Dienstleistungswirtschaft im Dienste der Europäer"

 

·         eine Stellungnahme des Vorarlberger Landtags zum "Winterpaket zur Energieunion"

 

·         eine Stellungnahme des Vorarlberger Landtags zum "Arbeitskräftemobilitätspaket"

 

·         eine einheitliche Länderstellungnahme zur Anpassung des in einer Reihe von Rechtsakten vorgesehenen Regelungsverfahrens mit Kontrolle an die Art. 290 und 291 des AEUV

 

·         eine einheitliche Länderstellungnahme zum "Paket Dienstleistungswirtschaft im Dienste der Europäer".

 

 

Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte

 

·         Teile des "Winterpakets zur Energieunion" der Kommission

 

 

·         ein Vorschlag für eine Verordnung zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren.

 

 

 

 

 

Folgende ExpertInnen standen dem Ausschuss zur Verfügung:

 

 

·         Sektionschef Dr. Michael Losch (BMWFW)

·         Mag. Mag. Klaus Jenny (BMWFW)

·         Dr.in Katrin Forgó (BMWFW)

·         Mag.a Irene Linke (BMWFW)

·         MMag.a Melitta Schütz (BMF)

·         MMag. Peter Part (BMF)

·         Gesandter Mag. Dr. Stefan Scholz (BMEIA)

·         Sektionschef Dr. Christian Pilnacek (BMJ)

 

·         Prof. Dr. Reinhard Kainz  (WKÖ)

·         MMag. Dr. Winfried Poecherstorfer (WKÖ)

·         Mag. Karin Jessernigg-Putz (WKÖ)

·         Dr. Frank Ey (AK Wien)        

·         Angela Pfister (ÖGB) (TOP 7  bis 9)

·         Dipl.-Ing. Kasimir Nemestothy (LKÖ)

 

Energie

 

 

Die auf der Tagesordnung stehenden Verordnungsvorschläge der EU-Kommission zur Umsetzung der Energieunion Kritik stießen auf Kritik der Mitglieder des EU-Ausschusses des Bundesrats. Die Gesetzentwürfe betreffen einerseits das Governance-System der Energieunion, die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und die Agentur der EU für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (Agency for the Cooperation of Energy Regulators – ACER), um deren Aufgaben an die Realität des heutigen Strommarktes anzupassen.

 

Auf wenig Gegenliebe stößt vor allem ACER, die BundesrätInnen stehen einer weiteren Kompetenzausweitung für diese Agentur äußerst skeptisch gegenüber. Ihre Bedenken formulierten die LändervertreterInnen in Form einer Mitteilung an Brüssel, eingebracht von Edgar Mayer (V/V) und Stefan Schennach (S/W), die einstimmig angenommen wurde. Man lehne ein koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene keineswegs ab, heißt es in der Mitteilung, die Struktur von ACER wie auch die Entscheidungsabläufe innerhalb von ACER seien aber nicht ausreichend transparent geregelt, wie etwa im Zuge der Diskussion rund um die gemeinsame deutsch-österreichische Preiszone deutlich geworden sei. Vor allem die Tatsache, dass ACER mehr Kompetenz erhalten soll, sehen die Ausschussmitglieder sehr kritisch. Für nötig halten sie eine Verbesserung des organisatorischen Rahmens und des Verfahrensrechts, um Rechtssicherheit und Transparenz zu gewährleisten. Auch erachten sie die nationalen Kontrollmöglichkeiten gegenüber ACER als nicht ausreichend und stellen zudem die Legitimation von ACER in Frage.

 

Kritische Anmerkungen macht der Bundesrat auch zu den Vorschlägen im Zusammenhang mit einer besseren Risikovorsorge, die dessen Mitglieder jedoch grundsätzlich positiv sehen. Die LändervertreterInnen weisen jedoch darauf hin, dass die Grund- und Freiheitsrechte beachtet werden müssen. So sollen Folgeschäden, die aufgrund von mangelnder Versorgung in einem der Mitgliedstaaten entstehen, nicht auf andere Mitgliedstaaten umgerechnet werden. Jeder Mitgliedstaat müsse gleichwertig Vorsorgemaßnahmen über seine Netzbetreiber treffen. Alle in der Verordnung beschriebenen Maßnahmen müssen mit einem möglichst geringen bürokratischen Aufwand vorgenommen werden, so der Bundesrat.

 

Der Kompetenzzuwachs von ACER bereitet auch den Ländern Sorge, weshalb diese sehr ausführlich in einer einheitlichen Stellungnahme auf das Gesetzespaket eingegangen sind, betonten sowohl Stefan Schennach (S/W) als auch Edgar Mayer (V/V). Schennach stellte die Frage in den Raum, ob mit dem Verordnungsvorschlag nicht doch der Grundsatz der Subsidiarität verletzt werde. Stromentscheidungen seien eine sensible Materie, sagte er, und wenn der Regulierungsrat mit einfacher Mehrheit Beschlüsse fassen kann, dann könnte es zu einer Entwicklung kommen, die man nicht will. Es sei zu befürchten, dass sich ACER zu einer völlig losgelösten Behörde entwickelt, die die Politik der Mitgliedstaaten aus einer ihrer Kernaufgaben mehr und mehr ausschließt.

 

Auch von der Landwirtschaftskammer kamen im Ausschuss Bedenken gegen die Vorlagen, da vor allem die Bewirtschaftung des Waldes schwerer gemacht werde. Ebenso unterstützt das Wirtschaftsministerium die Mitteilung des Bundesrats. Wie dessen Vertreter den Ausschuss informierte, seien im Energieministerrat im Februar 2017 zum gesamten Winterpaket - vier neue Richtlinien und vier Verordnungen, die Energie sparen, das Klima schützen und zugleich die Wirtschaft ankurbeln sollen - erste Positionierungen getroffen worden. Dabei habe sich gezeigt, dass man das Gesamtpaket nicht im heurigen Jahr, wie von der Kommission vorgesehen, abschließen werde können. Die Staaten legen mehr Wert auf Qualität, weshalb man mit komplexen Verhandlungen rechnen müsse. Die Vorschläge zur Energieeffizienz, Gebäudesanierung und den erneuerbaren Energien seien jedenfalls nicht ohne das Governance-System umzusetzen.

 

Mit der Verordnung über das Governance-System für die Energieunion sollen die geltenden Planungs-, Berichtserstattungs- und Überwachungsvorschriften in den Bereichen Energie und Klima gestrafft und konsequenter aufeinander abgestimmt werden. Demgemäß werden die Mitgliedstaaten angehalten, in den integrierten nationalen Energie- und Klimaplänen ihre nationalen Ziele bzw. Beiträge sowie ihre Strategien und Maßnahmen zu erläutern. Zudem müssen sie die aktuelle Lage und Prognose mit derzeitigen Strategien und Maßnahmen beschreiben und für die von ihnen geplanten Strategien und Maßnahmen eine Folgenabschätzung durchführen.

 

Die vorgeschlagene Verordnung über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor enthält einheitliche Vorgaben, um durch koordiniertes Vorgehen, gemeinsame Methoden und Zusammenarbeit Krisensituationen zu verhindern und zu bewältigen. Derzeit mangle es an ausreichender Information und Transparenz, die Risiken würden unterschiedlich bewertet, unterschiedliche Maßnahmen würden zu unterschiedlichen Zeitpunkten gesetzt, Aufgaben und Zuständigkeiten würden uneinheitlich sein und es gebe keine gemeinsame Definition von Krisensituationen, begründet die EU-Kommission diesen Vorstoß.

 

Schließlich sollen per EU-Verordnung auch die Aufgaben und Kompetenzen von ACER, der Agentur der EU für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, ausgeweitet und gestärkt werden, vor allem auch hinsichtlich der Angemessenheit der Stromerzeugung und der Risikovorsorge. ACER soll zudem gegenüber regionalen Betriebszentren (ROCs) sowie nominierten Strommarktbetreibern (NEMOs) Stellungnahmen und Empfehlungen abgeben können.

 

Diese drei Verordnungsvorschläge standen bereits am 15. Februar 2017 auf der Tagesordnung des Ausschusses, wo die Fraktionen aufgrund der zahlreichen skeptischen Stimmen übereinkamen, bei der nächsten Sitzung ihre Bedenken gegenüber der EU-Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament schriftlich zum Ausdruck zu bringen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Banken

 

 

Mit gemischten Gefühlen bewertete der EU-Ausschuss des Bundesrats einen Verordnungsvorschlag der Kommission, der darauf abzielt, noch bestehende Schwachstellen im europäischen Bankensystem zu beheben, um Risiken besser zu erfassen und steuern zu können. Das Risiko dürfe nicht mehr von der Allgemeinheit getragen werden, so das Ziel. Nach der Finanzkrise wurden zwar zahlreiche Reformen eingeleitet, um die Stabilität und Widerstandsfähigkeit gegenüber zahlreichen Bedrohungen und Krisen zu stärken und zu gewährleisten, es hätten aber noch nicht alle Schwachstellen beseitigt und alle notwendigen Reformen eingeleitet werden können, argumentiert die Kommission ihren neuesten Verordnungsvorschlag. Sie stützt sich dabei vor allem auf internationale Vorgaben und Standards, die kürzlich vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und vom Rat für Finanzstabilität (FSB) festgelegt wurden.

 

Tenor im Ausschuss war, dass Regelungen notwendig seien, wie die Finanzkrise gezeigt hat, man müsse nur mit Maß und Ziel vorgehen und zwischen großen, international vernetzten Banken einerseits und kleinen und mittleren Banken andererseits stärker differenzieren. Banken hätten heute bereits so viel Vorschriften zu erfüllen, dass sie ihrem eigentlichen Geschäft für die Realwirtschaft nur schwer nachkommen könnten, so kritische Stimmen im Ausschuss. Seitens des Finanzministeriums wurde darauf hingewiesen, dass keine Bank mehr sicher sein sollte, aufgefangen zu werden. 

 

 

Stoßrichtung des Entwurfs ist unter anderem eine verbindliche Verschuldungsquote (Leverage Ratio - LR), die verhindern soll, dass die Institute eine übermäßige Verschuldung eingehen. Dazu kommen soll eine verbindliche strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio - NSFR), die sich laut Kommission an den verbesserten Finanzierungsprofilen der Institute orientieren wird. Ein harmonisierter Standard soll festlegen, wie viel stabile, langfristige Refinanzierungsquellen ein Institut benötigt, um zeitweisen Markt- und Finanzierungsstress zu überstehen.

 

Die Vorlage sieht ferner die Umsetzung des Überarbeitung der Handelsbuchvorschriften (Fundamental Review of the Trading Book - FRTB) zur besseren Erfassung von Risiken vor, die aus der Verbindung von Handels- und Bankbuch entstehen. Umfasst sind auch Vorgaben, die das Risiko bei Ausleihungen an zentrale Gegenparteien (CCP) besser erfassen sollen. Das Finanzresort bewertet diese Maßnahmen grundsätzlich positiv, weil sie risikoreduzierend wirken.

 

Unterstützt werden von heimischer Seite auch Regelungen zur Verbesserung der Abwicklungsfähigkeit von Banken. Das betrifft einerseits die Umsetzung der Total Loss Absorbing Capacity – TLAC (Verlustabsorptionsfähigkeit) für globale systemrelevante Institute. Diese bankenaufsichtsrechtliche Kennziffer setzt sich aus Eigenkapital sowie anderen Elementen wie zum Beispiel Anleihen zusammen, die sich von der Bank in haftendes Eigenkapital wandeln lassen. Die Empfehlung des Finanzstabilitätsrats ist Teil der Bestrebungen, die "too big to fail"-Problematik zu lösen. Zukünftig sollen auch systemrelevante, d.h. international vernetzte Banken abgewickelt werden können, ohne dabei die Finanzstabilität oder Realwirtschaft zu gefährden.

 

Andererseits zielt die Vorlage auf die Anpassung der für alle Banken geltenden Mindestanforderungen für Eigenmittel und förderfähige Verbindlichkeiten (Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities – MREL) ab. MREL soll sicherstellen, dass Banken ein ausreichendes Maß an Eigenmitteln und wandelbarem Fremdkapital für den Abwicklungsfall vorhalten. Die Höhe des zu haltenden MREL ist vom jeweiligen Institut abhängig und wird individuell von der Abwicklungsbehörde festgesetzt. Zur Festsetzung der Höhe der MREL-Quote hat die Abwicklungsbehörde u.a. das Geschäftsmodell, Risikoprofil und die Abwickelbarkeit des Instituts zu berücksichtigen. Österreich drängt in diesem Zusammenhang darauf, auf die Heterogenität der Kreditwirtschaft besonderes Augenmerk zu legen.

 

Im Bereich des Großkrediteregimes regt die Kommission an, dass die Qualität des Kapitals, das zur Unterlegung von Konzentrationsrisiken verwendet werden kann, erhöht und Verflechtungen zwischen globalen systemrelevanten Banken (G-SIIs) durch eine Senkung der Großkreditgrenze bei derartigen Instituten reduziert werden.

 

Das Finanzministerium begrüßt insbesondere die ebenfalls im Verordnungsentwurf enthaltenen zusätzlichen Anreize zur Vergabe von Krediten an Klein- und Mittelbetriebe sowie zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten, die wichtige öffentliche Zwecke verfolgen.

 

Auch die Vorschläge zur Verbesserung der Proportionalität im Aufsichtsrecht und die vorgesehenen Erleichterungen zur Reduktion des bürokratischen Aufwands in kleinen und mittelgroßen Banken werden befürwortet, wiewohl man aus der Sicht des Finanzministeriums durchaus Potential für darüber hinausgehenden Reduktionen des bürokratischen Aufwands ortet. Die Vorschläge der Kommission sehen z.B. Erleichterungen im Offenlegungsregime, einfachere Ansätze bei neuen Ordnungsnormen und Erleichterungen zur Vermeidung überschießenden Aufwands in kleinen und mittelgroßen Banken vor.

 

Die Maßnahmen sollen mit Beginn 2019 in Kraft treten, wobei in manchen Bereichen Übergangsbestimmungen vorgesehen sind.

 

 

Wie die Vertreterin des Finanzministeriums gegenüber Edgar Mayer (V/V), Ana Blatnik (S/K) und Ingrid Winkler (S/N) erläuterte, gibt es Spielräume für Banken, die international nicht so stark vernetzt sind. Österreich gehe aber nicht über die Standards von Basel hinaus. Schon jetzt sehe das Regelwerk größere Differenzierungen zwischen großen Banken einerseits und kleineren und mittleren Instituten andererseits bei Eigenmittel und Hinterlegungspflichten vor. Es gehe vor allem darum, das Vernetzungs- und Konzentrationsrisiko zu senken.

 

Kritisch äußerte sich Sonja Zwazl (V/N), die für kleinere Banken noch Luft nach oben sieht, was die Erleichterungen betrifft. Derzeit funktioniere das in der Praxis nicht, die Auflagen seien zu groß, um an KMU Kredite zu vergeben und damit ihrer Aufgabe für die Realwirtschaft nachkommen zu können. Viele gut gemeinte Regelungen würden das Geschäft behindern, warf sie ein, worauf Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) bemerkte, die Finanzkrise habe gezeigt, dass Regulierungen notwendig sind. Wichtig sei es, Maß und Ziel einzuhalten.

 

Das Hauptproblem der Banken entstehe nicht, wenn sie in die Realwirtschaft investieren, sondern wenn es um Derivate geht, merkte Stefan Schennach (S/W) an. Der Derivathandel werde weniger streng behandelt, befand Heidelinde Reiter (G/S) kritisch und meinte, man sollte große Banken wesentlich strenger behandeln.

 

Monika Mühlwerth (F/W) teilte die Kritik an zu strikten Regulierungen, vor allem an den Basel-Vorschriften, gleichzeitig gab sie zu bedenken, dass große Banken oft bewusst Risiken eingingen, weil sie wüssten, dass sie aufgefangen werden. Die Freiheitlichen sprechen sich daher für eine Trennung von Instituten aus, die auf Risiko arbeiten und jenen, die ganz normalen Bankgeschäften nachgehen. Eine derartige Vorgangsweise hält sie für zielführender, als zu versuchen, alles in einem Regelwerk abzudecken.

 

Ein wichtiger Punkt sei, dass keine Bank mehr davon ausgehen dürfe, dass sie aufgefangen wird, war seitens des Finanzministeriums zu hören. Man versuche, eine Balance zu finden, um rechtzeitig und entsprechend auf Krisen vorbereitet zu sein. In diesem Sinn würden kleinere Banken anders behandelt als große, aber auch diese brauchen eine gute Vorbereitung. Für die weniger systemrelevanten Banken gebe es seitens der Abwicklungsbehörde wesentlich mehr Flexibilität, die großen internal vernetzten müsste wesentlich strenger Regelungen erfüllen. Punkt sei, dass die massiven Wohlfahrtsverluste, die durch die Bankenrettungen entstanden sind, sich nicht wiederholen dürfen. Es gehe darum, Risiken zu vermeiden und auf diese gut vorbereitet zu sein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

11. Europäischer Entwicklungsfonds

 

 

Positiv war der Tenor im EU-Ausschuss des Bundesrats zum Bricht der Kommission über die Durchführung der finanziellen Unterstützung für die überseeischen Länder und Gebiete im Rahmen des 11. Europäischen Entwicklungsfonds. Er hat eine Laufzeit von 2014 bis 2020 und umfasst 30,5 Mrd. €. Insgesamt sieht der Fonds 364,5 Mio. € für überseeische Länder und Gebiete vor. Davon entfallen 229,5 Mio. EUR auf territoriale (bilaterale) Mittel. Die Schwerpunkte sind hier Umwelt, Klima, nachhaltige Energie, ferner Soziale Entwicklung und Beschäftigung, nachhaltiger Tourismus und Digitale Entwicklung. Weitere 100 Mio. € sind für die Unterstützung der regionalen Zusammenarbeit und Integration veranschlagt, wobei auch hier die nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen und die Erhaltung der marinen Vielfalt im Vordergrund steht. Der Rest entfällt auf humanitäre Hilfe, die ÜLG-Investitionsfazilität der EIB und technische Hilfe.

 

Der Europäische Entwicklungsfonds (EEF) ist eines von mehreren Außenfinanzierungsinstrumenten der EU für die Entwicklungszusammenarbeit mit den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP) sowie den überseeischen Ländern und Gebieten (ÜLG). Konkret sind von diesem Programm 16 überseeischen Länder und Gebiete (ÜLG) umfasst: St. Pierre und Miquelon, Saba, Sint Eustatius, Turks- und Caicosinseln, Anguilla, Aruba, Bonaire, Curação, Falklandinseln, Französisch-Polynesien, Montserrat, Neukaledonien, Pitcairninseln, St. Helena und Nebengebiete, Sint Maarten und Wallis und Futuna. Sie gehören nicht zum Gebiet der Gemeinschaft, sind aber verfassungsrechtlich mit vier Mitgliedstaaten (Dänemark, Frankreich, Niederlande und Vereinigtes Königreich) verbunden. Damit fallen insbesondere im Handel mit diesen Gebieten keine Zölle an. 

 

Mit Hilfe des EEF werden Projekte oder Programme finanziert, die zur wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Entwicklung der betreffenden Länder beitragen. Sie umfassen mehrere Instrumente, wie nichtrückzahlbare Hilfe, Risikokapital und Darlehen an den Privatsektor. Jeder EEF hat seine eigene Finanzregelung und ist nicht im Gesamthaushaltsplan der EU enthalten. Er wird aus direkten Beiträgen der Mitgliedstaaten finanziert, wobei sich die Beitragssätze von denen für den Gesamthaushaltsplan unterscheiden und auf dem Verhandlungsweg festgelegt werden. Das mit 30,5 Mrd. € veranschlagte Budget für den 11. EEF von 2014-2020 wurde jedoch gemeinsam mit dem EU-Budget verhandelt und beschlossen.

 

Wie der Vertreter des Außenministeriums aus Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach (S/W) und Edgar Mayer (V/V) berichtete, handelt es sich bei der Abwicklung der Programme um einen einstufigen Prozess, wobei die Ausführung auf lokaler Ebene liegt. Österreich unterstütze diese EU-Initiative, da die Lage der betreffenden Staaten teilweise von geostrategischer Bedeutung seien und man vor allem auch um die Bewahrung der ökologischen Beschaffenheit bemüht sei. 

 

Die Einrichtung eines Entwicklungsfonds war schon in den Römischen Verträgen von 1957 vorgesehen, um technische und finanzielle Hilfe zunächst für afrikanische Länder bereitzustellen, zu denen einige Staaten historische Beziehungen unterhielten. Der erste EEF lief von 1959 bis 1964.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hass im Internet

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrats begrüßt mehrheitlich den am 31. Mai 2016 zwischen den global agierenden Social-Media-Plattformen und Unternehmen wie Facebook, Twitter, Youtube und Microsoft mit der EU-Kommission vereinbarten Selbstverpflichtungskodex zur Bekämpfung illegaler Hassreden im Internet (Code of Conduct on countering illegal hate speech online).

 

In einer Mitteilung an Brüssel begrüßen die Ausschussmitglieder EU-Initiativen, die auf EU-Ebene die Provider und Plattformanbieter in die Pflicht nehmen, aktiv und zeitnah gegen Hasspostings, sonstige illegale Inhalte und so genannte Fake-News im Netz vorzugehen. Positiv sehen sie auch die von der Kommission angekündigten Leitlinien gegen Fake-News. Die Mitteilung wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen mehrheitlich angenommen. Darin machen die LändervertreterInnen auch darauf aufmerksam, dass die Bekämpfung solcher Inhalte eine Herausforderung im Hinblick auf die Wahrung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung darstellen kann. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auch auf seine inhaltliche Schwerpunktsetzung zum Thema "Digitale Courage" und die im Herbst abgehaltene Bundesrats-Enquete, auf deren Grundlage das Grünbuch "Digitale Courage" erstellt wurde.

 

Im Gegensatz dazu fand die FPÖ kritische Worte. Der Code of Conduct verletze die Grundlagen der Meinungs-, Gedanken- und Pressefreiheit in eklatanter Weise und stellt in ihren Augen einen Anschlag auf die Grundprinzipien unserer Verfassung und der demokratischen Grundwerte dar. Der FPÖ- Antrag auf Mitteilung, in dem die Kommission aufgefordert wird, ihren Vorschlag zurückzuziehen, fand jedoch nicht die erforderliche Mehrheit.

 

Laut dem Code of Conduct sollen etwa Hasskommentare schneller geprüft und entfernt werden. Der Kodex ist rechtlich nicht bindend, er dient den IT-Unternehmen aber als Richtschnur für ihre eigenen Tätigkeiten sowie zum Austausch von best-practice-Modellen und engerer Kooperation mit anderen Internet-Unternehmen, Plattformen und Social-Media-Unternehmen. Intensiviert soll auch die Kommunikation und Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten werden. Die IT-Unternehmen sind darüber hinaus aufgefordert, Partnerschaften mit zivilgesellschaftlichen Organisationen auszubauen, die helfen, inkriminierende Inhalte zu melden. Angesprochen im Dokument sind ferner Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen für NutzerInnen sowie Schulungen für MitarbeiterInnen der IT-Unternehmen.

 

Der Code of Conduct ergänzt die strafrechtliche Dimension, festgelegt im Rahmenbeschluss "zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" aus dem Jahr 2008. Demnach gilt insbesondere die öffentliche Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe als Straftat. Er stellt die Rechtsgrundlage für die Definition illegaler Inhalte im Internet dar.

 

 

Laut angenommener Mitteilung an Brüssel sehen die Ausschussmitglieder den Verhaltenskodex als einen "ersten guten Schritt in eine richtige Richtung". Die von EU-Kommissarin Vera Jourová eingeleitete Untersuchung habe aber deutlich gemacht, dass der freiwillige Verhaltenskodex noch nicht den gewünschten Effekt erzielt hat, da die Verpflichtung der Betreiber von Diskussionsforen (Blogs) und Social Media Plattformen, auf Hasspostings binnen 24 Stunden entsprechend zu reagieren, in nur 40% der Fälle eingehalten wurde. Der nicht legislative Ansatz zeige zwar erste Wirkungen, er erziele aber bei weitem nicht den gewünschten Erfolg, folgern die Bundesrätinnen und Bundesräte in der Mitteilung, weshalb sie über den Code of Conduct hinaus für weitere EU-Initiativen und legislative Maßnahmen plädieren.

 

Die FPÖ konnte sich dem nicht anschließen, da sie die Werkzeuge der Polizei und der Justiz für ausreichend hält, wie Hans-Jörg Jenewein (F/W) erläuterte. Vor allem hinterfragte er, wer bestimmt, was erlaubt ist und was nicht. Er sieht die Errungenschaft der freien Meinungsäußerung in großer Gefahr. Auch seine Klubkollegin Monika Mühlwerth (F/W) wies auf die Sensibilität dieser Frage und auf die Schwierigkeit der Abgrenzung hin. Sie befürchtet, dass mit zweierlei Maß gemessen werde und man ein Tor aufmache, das man dann nicht mehr kontrollieren kann. Die FPÖ bezweifelt auch, dass man innerhalb von 24 Stunden schwierige Fälle entsprechend beurteilen kann. Sowohl Jenewein als auch Mühlwerth betonten in diesem Zusammenhang, dass sie keineswegs Hassreden legalisieren wollen.

 

Dem hielt Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) entgegen, dass Hasspostings nicht im Bereich der freien Meinungsäußerung anzusiedeln seien. Hasspostings zu verharmlosen, tue weh, stellte Ana Blatnik (S/K) fest. Diese stellen Menschenrechtsverletzungen dar, auf die man reagieren müsse. Ihr Fraktionskollege Stefan Schennach (S/W) wies darauf hin, dass man auf EU-Ebene das fordere, worauf sich der Bundesrat im vergangenen Herbst geeinigt habe. Auch Heidelinde Reiter (G/S) sieht Handlungsbedarf.

 

Sektionschef Christian Pilnacek hielt seitens des Justizministeriums gegenüber den Bedenken der FPÖ fest, dass Hassreden eine Perversion der Meinungsfreiheit darstellen und es zu diesem Thema bereits eine Judikatur gebe. Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) betonte zudem gegenüber der Kritik von Bundesrat Hans-Jörg Jenewein, dass man in der Mitteilung sehr genau zwischen Hasspostings und Fake-News unterscheide.

 

Die Mitteilung des Bundesrats wurde auch seitens der Wirtschaftskammer unterstützt, da sie die richtigen Verbreiter treffe. Deren Vertreter machte jedoch darauf aufmerksam, dass es Zweifelsfälle geben könnte, und hier sei vor allem die Unterstützung kleinerer Anbieter notwendig.

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verhältnismäßigkeitsprüfung für reglementierte Berufe

und

Europäische Dienstleistungskarte

 

 

Gleich drei Subsidiaritätsrügen gab es im EU-Ausschuss des Bundesrats zu einem Gesetzespaket im Zusammenhang mit einer geplanten Verhältnismäßigkeitsprüfung für reglementierte Berufe und der Einführung einer Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte. Für die LändervertreterInnen sind diese Vorlagen der Kommission nicht mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Jede der drei Subsidiaritätsrügen passierte den Ausschuss einstimmig.

 

 

Durch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Vorfeld will die EU Kriterien für die Regulierung von Berufen festlegen. Eine solche ex-ante-Prüfung soll ein wichtiges Hilfsmittel für die Mitgliedstaaten werden, um die Verhältnismäßigkeit von Berufsregulierungen systematisch anhand der Rechtsprechung des EuGH zu überprüfen und ungerechtfertigte Beschränkungen abzubauen. Die EU-Kommission begründet ihren diesbezüglichen Richtlinienvorschlag mit dem Hinweis auf die gegenwärtig uneinheitliche Prüfung in den einzelnen Mitgliedstaaten, ob ein Beruf reglementiert werden soll oder nicht.

 

Die Entscheidungsverfahren würden nicht immer auf einer fundierten und objektiven Analyse beruhen, kritisiert die Kommission. Die Tatsache, dass der Mehrheit der Prüfungen eine angemessene Begründung fehlt, deute auf ein "zugrundeliegendes Problem bezüglich der Frage hin, wie die Notwendigkeit einer Regulierung und ihre Wirkung auf das weitere wirtschaftliche Umfeld bewertet werden". Das wirke sich negativ auf den Wettbewerb sowie auf die Bereitstellung von Dienstleistungen und die Mobilität von Berufsangehörigen aus. Notwendig sei, Transparenz und Vergleichbarkeit zwischen den Mitgliedstaaten herzustellen und eine einheitliche Anwendung sicherzustellen, um eine weitere Belastung und Fragmentierung des Binnenmarkts zu vermeiden.

 

Die Kommission drängt daher auf eine unabhängige ex-ante Prüfung, die eine ausführliche Begründung sowie qualitative und quantitative (zahlengestützte) Nachweise enthält. Der Gesetzesvorschlag legt 21 Prüfungskriterien fest, die direkt aus der EuGH-Judikatur stammen oder von der Kommission weiterentwickelt wurden. Die durchgeführten Prüfungen sind von den Mitgliedstaaten in die nach der Berufsanerkennungs-Richtlinie eingerichtete Datenbank einzugeben.

 

Dagegen halten die Bundesrätinnen und Bundesräte in ihrer Subsidiaritätsrüge fest, dass die Europäische Kommission mit diesem Vorschlag in den Bereich der reglementierten Berufe in unverhältnismäßiger Weise eingreife. Die Regulierung reglementierter Berufe sei weiterhin im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten, stellen sie dezidiert fest. Demnach können diese einzeln und ohne Absprache entscheiden, ob es einen Bedarf gibt, Regeln oder Beschränkungen für den Zugang zu einem reglementierten Beruf vorzusehen oder nicht. Dies sei möglich, sofern die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung gewahrt bleiben. Die jeweiligen Tätigkeiten und die Qualifikationsanforderungen seien in den Mitgliedstaaten aufgrund historischer Entwicklungen und Erfahrungen sehr unterschiedlich ausgeprägt, so die Ausschussmitglieder. Der Grund für die Reglementierungen sei der Schutz vielfältiger öffentlicher Interessen, wobei insbesondere die Qualität der Leistungen der Berufsangehörigen diesen Schutz gewährleistet.

 

Es habe bereits eine wesentliche Modernisierung im Bereich der reglementierten Berufe gegeben, heißt es in der Subsidiaritätsrüge weiter, große Transparenz sei durch die gegenseitige Evaluierung und verbesserte Informationen über reglementierte Berufe hergestellt. Damals seien auch Kriterien zur Evaluierung der Verhältnismäßigkeit eingeführt worden - wie die Nichtdiskriminierung, Regelung im Allgemeininteresse und Erforderlichkeit zur Verwirklichung des Ziels. Es fänden sich auch schon jetzt ausreichend Vorgaben und Kontrollmechanismen zur Verhinderung von Überreglementierung. Der Bundesrat erachtet zudem den Kriterienkatalog als zu umfassend und überschießend, der Mehrwert sei nicht ersichtlich. Für die Schaffung zusätzlicher Kriterien brauche man keinen Richtlinienvorschlag, halten die Bundesrätinnen und Bundesräte fest, eine Empfehlung wäre genauso geeignet.

 

Sie weisen ferner auf den EuGH hin, der festgestellt hat, dass die Mitgliedstaaten, solange die Zugangsvoraussetzungen für einen Beruf nicht harmonisiert sind, festlegen dürfen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung dieses Berufes notwendig sind. Die Tatsache, dass ein Mitgliedstaat weniger strenge Vorschriften erlässt als einer anderer, bedeutet laut EuGH nicht, dass dessen Vorschriften unverhältnismäßig und folglich mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sind.

 

Der Gesetzestext stelle einen weiteren Versuch der Liberalisierung im Bereich der reglementierten Berufe dar, betonte dazu die Expertin des Wirtschaftsministeriums. Ihre Bedenken gehen mit der Subsidiaritätsrüge konform, da eine Umsetzung der Bestimmungen eine große Belastung bedeuten würde, zumal es in Österreich rund 200 reglementierte Berufe gibt. Laut Vorlage müsste eine solche Prüfung verpflichtend durchgeführt werden, bevor ein Gesetz erlassen wird. Ihrer Meinung nach würden Empfehlungen ausreichen.

 

Dem schloss sich auch der Vertreter der Wirtschaftskammer an, der kein Handlungserfordernis seitens der Kommission erkennen konnte. Die Regelungen seien durch Erkenntnisse der EuGH ausreichend, sagte er, die Berufsanerkennungs-Richtlinie gewährleiste die Mobilität. Die Kommission versuche mit diesem Vorstoß eine Harmonisierung durch die Hintertür, obwohl der EuGH festgestellt hat, dass in diesen Fällen die Mitgliedstaaten entscheiden. Die Wirtschaftskammer lehnt auch die im Entwurf festgelegten 21 Kriterien als zu unspezifisch ab, weil sie kaum erfüllt werden können. Außerdem hegt sie demokratiepolitische Bedenken gegen die Mitwirkung von externen Kontrollstellen. Diese Kritikpunkte werden auch von der Arbeiterkammer voll inhaltlich geteilt. 

 

 

Auf heftigen Widerstand stoßen auch die Pläne der EU zur Einführung einer Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte (EED). Dazu lagen dem Ausschuss ein Richtlinienentwurf über den rechtlichen und operativen Rahmen und ein Verordnungsentwurf zur Einführung einer EED und entsprechender Verwaltungsvereinfachungen vor.

 

Ziel ist es, die grenzüberschreitenden Aktivitäten im Dienstleistungsbereich durch den Abbau von bürokratischen Hindernissen zu steigern und den Wettbewerb zu fördern. Die Kommission weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass rund 70% des BIP und der Beschäftigung in der EU auf den Dienstleistungssektor entfallen, weshalb die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Dienstleistungsmärkte für die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum in der EU von zentraler Bedeutung sei. Die im Jahr 2006 verabschiedete Dienstleistungsrichtlinie habe zu einem Anstieg von schätzungsweise 0,9% des BIP der EU geführt, es bestehe aber weiterhin ein großes Potenzial für Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen, vor allem durch den weiteren Abbau von Hemmnissen.

 

Ziel der EED sei es daher, den Verwaltungsaufwand für Dienstleister, die ihre Aktivitäten auf andere Mitgliedstaaten ausweiten möchten, zu verringern. Gleichzeitig werde sie sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten Vorschriften, die gerechtfertigt sind, anwenden können, meint die Kommission. Sie würde Dienstleistern auf freiwilliger Basis als alternative Möglichkeit zum Nachweis der Einhaltung geltender nationaler Regelungen angeboten werden. Die EED ermögliche es Dienstleistungserbringern, für die erforderlichen Formalitäten bei Auslandsexpansionen ein vollelektronisches Verfahren auf EU-Ebene zu nutzen. Damit werde die Rechtssicherheit für Dienstleister erhöht und der Verwaltungsaufwand deutlich reduziert. Die Kommission rechnet mit Kosteneinsparungen bis zu 50% und mehr.

 

In den beiden Subsidiaritätsrügen dazu hält der Bundesrat dieser Einschätzung entgegen, dass zwar generell Maßnahmen zur Reduzierung von Verwaltungsformalitäten zu begrüßen seien. Dieser Vorschlag sei jedoch nicht mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit vereinbar, ein Mehrwert sei nicht zu erkennen. So sei der Zusatznutzen, den sich grenzüberschreitend Dienstleistende von der Einführung der EED erhoffen dürfen, zu hinterfragen. Er stehe in einem Missverhältnis zum Aufwand, der durch die Einführung der EED auf die Mitgliedstaaten zukommt. Im Hinblick auf die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stelle sich auch die Frage, ob eine vorgeschlagene koordinierende Behörde im Herkunftsland generell erforderlich ist. Kritisiert wird auch, dass das Aufnahmeland bei Gesetzesverstößen nicht tätig werden kann, da nur das Herkunftsland zuständig sein soll. Das Aufnahmeland könne somit auch nicht im gegebenen Fall die EED entziehen.

 

Besonders kritisch gesehen wird die Begründung für den Vorstoß der EU-Kommission, dass die grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Baubereich sehr niedrig seien. In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat darauf hin, dass besonders im Baubereich die grenzüberschreitende Tätigkeit vergleichsweise hoch ist und auch in den letzten Jahren weiter stark zugenommen hat. Auch habe sich gerade der Baubereich als missbrauchsanfällig erwiesen. Daher sollte laut Bundesrat der Anwendungsbereich der Verordnung nochmal überdacht werden.

 

Zudem müsse sichergestellt werden, dass es zu keinem Missbrauch der Karte, zu keinen Schäden für heimische Unternehmen, Beschäftigte und Konsumentinnen und Konsumenten kommt. Die LändervertreterInnen warnen auch davor, dass die Dienstleistungskarte dazu missbraucht werden könnte, um "scheinselbstständig" Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat zu erbringen, zumal auch Privatpersonen eine EED beantragen können.

 

Weitere Kritikpunkte der umfangreichen Subsidiaritätsrüge beziehen sich auf Detailbestimmungen. So befürwortet der Ausschuss beispielsweise grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass Karteninhaber in einem standardisierten Formular im bestehenden Europäischen Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) die Entsendemeldungen vornehmen können. Dabei sollte aber nach Ansicht der Bundesrätinnen und Bundesräte den Mitgliedstaaten der individuelle Spielraum bei der Gestaltung der Meldeanforderungen erhalten bleiben.

 

Seitens der Arbeiterkammer und des ÖGB gibt es ebenfalls schwerwiegende Bedenken gegen die EED. Das Aufnahmeland habe keinerlei Handhabe bei Gesetzesverstößen, führt die Arbeiterkammer ins Treffen, die neue koordinierende Behörde würde einen neuerlichen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen. Die Expertin der Arbeiterkammer warnte auch davor, den Bausektor einzubeziehen, da es gerade dort viele Probleme gibt. Die Verschärfung des Lohn- und Sozialdumpings befürchtet in Zusammenhang mit der EED der ÖGB. Dessen Vertreterin warnte auch vor Missbrauchsmöglichkeit im Hinblick auf Scheinselbständigkeit. Diese Kritikpunkte wurden auch von den Bundesräten Stefan Schennach (S/W) und Edgar Mayer (V/V) vollinhaltlich geteilt.

 

Weniger negativ beurteilen das Wirtschaftsministerium und die Wirtschaftskammer die EED. Sie vereinfache grundsätzlich das grenzüberschreitende Arbeiten und ermögliche eine bessere Einsicht, so deren Argument. Auch der freiheitliche Bundesrat Bernhard Rösch (S/W) versteht die Karte als einen Nachweis für Qualifikationen und damit als eine Unterstützung.

 

Aufgrund der Information durch das Wirtschaftsministerium und den ÖGB, dass die geplante Notifizierungsverordnung am stärksten die Souveränität verletzte, die Frist für eine Subsidiaritätsrüge aber abgelaufen ist, kamen die Ausschussmitglieder überein, diese Vorlage auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Ausschusses zu nehmen und eine Mitteilung dazu zu verfassen. Nach der geplanten Notifizierungsverordnung kann die EU-Kommission prüfen, inwieweit Maßnahmen verhältnismäßig sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag von ÖVP und SPÖ auf Mitteilung wurde einstimmig angenommen:

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

 

 

An die Europäische Kommission, den Rat und das Europäische Parlament

der Bundesräte Edgar Mayer und Stefan Schennach

 

betreffend

 

COM (2016) 863 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gründung einer Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden und COM (2016) 862 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 15.03.2017

 

 

 

Die Präsidentin des Bundesrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß § 13b Abs. 9 GO-BR an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat zu übermitteln.

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission, den Rat der EU und das Europäische Parlament gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

 

 

Im Bereich der EU-Energiepolitik gibt es eine große Priorität, das ist das so genannte „Energieunionspaket“ der Europäischen Kommission. Die Europäische Kommission hat dieses Paket Ende 2016/Anfang 2017 vorgelegt, es beinhaltet ein Maßnahmenbündel, das die Bereiche Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Sicherheit der Stromversorgung, Steuerung der Energieunion (Governance) und Energiepreise umfasst. Das Paket wurde auch beim Treffen der Energieminister am 27. Februar in Brüssel behandelt. Die Vorschläge sind in ihrer Gesamtheit zu sehen, der Bundesrat hat die Vorlagen nach ihrem Einlangen über mehrere Sitzungstermine hinweg behandelt.

 

Im Zusammenhang mit dem Energieunionspaket der Europäischen Kommission liegt auch ein neuer Vorschlag zur Agentur für Zusammenarbeit der Energiebehörden vor (Agency for the Cooperation of Energy Regulators – ACER). Der Fokus der Vorlage ist es, eine effektivere Koordination der Zusammenarbeit der nationalen Energieregulierungsbehörden zu erreichen, um einzelstaatliche Regulierungsmaßnahmen besser aufeinander abstimmen zu können. Das erklärte Ziel der Europäischen Kommission ist die Realisierung eines europäischen Strombinnenmarktes. Vor allem die Entwicklung und Umsetzung von Netzkodizes und Leitlinien und von regionalen Betriebszentren ist vorgesehen, dazu soll die bereits bestehende Behörde aufgestockt werden.

 

Der Bundesrat steht einer weiteren Kompetenzausweitung von ACER ausgesprochen skeptisch gegenüber ohne jedoch grundsätzlich ein koordiniertes Vorgehen auf EU Ebene abzulehnen. Die Struktur von ACER als auch die Entscheidungsabläufe innerhalb von ACER sind nicht ausreichend transparent geregelt, wie etwa im Zuge der Diskussion rund um die gemeinsame deutsch-österreichische Preiszone deutlich wurde. Vor allem die Tatsache, dass ACER mehr Kompetenz erhalten soll ist sehr kritisch zu sehen. Es ist eine Verbesserung des organisatorischen Rahmens und des Verfahrensrechts nötig, um Rechtssicherheit und Transparenz zu gewährleisten. Die nationalen Kontrollmöglichkeiten gegenüber ACER sind nicht ausreichend. Auch die Legitimation von ACER kann in Frage gestellt werden.

 

Auch mit der Verordnung über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG, mit der gewährleistet werden soll, dass alle Mitgliedstaaten geeignete Instrumente bereithalten, um Stromversorgungskrisen zu vermeiden, hat sich der Bundesrat bereits im Rahmen einer Sitzung auseinandergesetzt. Grundsätzlich wird der Zugang, sich für Krisensituationen im Strombereich ein entsprechendes Vorsorgepaket zu schüren, positiv bewertet. Es wird jedoch drauf hingewiesen, dass die Grund- und Freiheitsrechte beachtet werden müssen, so sollen Folgeschäden, die aufgrund von mangelnder Versorgung in einem der Mitgliedstaaten entstehen, nicht auf andere Mitgliedstaaten umgerechnet werden. Jeder Mitgliedstaat muss gleichwertig Vorsorgemaßnahmen über seine Netzbetreiber treffen. Alle in der Verordnung beschriebenen Maßnahmen müssen mit einem möglichst geringen bürokratischen Aufwand vorgenommen werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag von ÖVP, SPÖ und Grünen auf Mitteilung wurden mit den Stimmen dieser Fraktionen mehrheitlich angenommen:

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

 

 

An die Europäische Kommission, den Rat und das Europäische Parlament

der Bundesräte Edgar Mayer und Stefan Schennach, Heidelinde Reiter

 

betreffend

 

Code of conduct on countering illegal hate speech online (128302/EU XXV. GP)

 

 

Eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 15. März 2017 zu TOP 6. Die Präsidentin des Bundesrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß § 13b Abs. 9 GO-BR an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat zu übermitteln.

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

Mitteilung gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

 

Diskussionsforen und Social Media Plattformen im Internet leisten einen wichtigen Beitrag zu einer offenen und lebendigen Diskussion gesellschaftlich wichtiger Fragen in einer demokratischen Öffentlichkeit. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit endet jedoch dort, wo die schrankenlose Ausübung der Meinungsfreiheit anderen schadet und den öffentlichen Frieden gefährdet. Verletzende, diskriminierende und/oder rassistische Übergriffe im Netz haben in den letzten Jahren sowohl zahlenmäßig als auch in ihrer Form und Schärfe zugenommen.

 

Hasspostings und so genannte „Fake News“ beeinflussen den demokratischen Diskurs negativ und können zudem das Vertrauen der Bevölkerung in rechtsstaatliche und demokratische Einrichtungen unterminieren. Sie führen zunehmend dazu, dass sich verstärkt Personen Gehör verschaffen, die besonders aggressive Botschaften propagieren. Die beschriebenen Verhaltensweisen stellen schwerwiegende Verletzungen von Grund- und Freiheitsrechten, wie das Recht auf Privat- und Familienleben oder das Recht vor Diskriminierung geschützt zu werden, dar und bedrohen die freie Beteiligung am gesellschaftlichen Diskurs.

 

Der Bundesrat hat dieses Problem früh erkannt und die inhaltliche Schwerpunktsetzung auf das Thema Digitale Courage gelegt. Im Rahmen der letzten Präsidentschaft fand eine parlamentarische Enquete statt, welche die Erstellung eines Grünbuchs „Digitale Courage“ mit sich brachten. Expertinnen und Experten haben die rechtliche Situation erläutert, sowie die ethischen und gesellschaftlichen Aspekte beleuchtet und nationale Maßnahmen erarbeitet.

 

Der Bundesrat begrüßt aus diesem Grund die Aufforderung der Europäischen Kommission gegenüber Internetkonzerne rascher gegen Hassbotschaften im Netz vorzugehen.

Um Fake News entgegen zu können, ist auch die Steigerung von Medienbildung und Medienkompetenz notwendig, um Wissen über Fake-News zu verbreiten und falsche Meldungen entlarven zu können. Fake-News darf nicht inflationär als Begriff benutzt werden, um andere politische Positionen zu delegitimieren. Der vor rund einem halben Jahr unterschriebene freiwillige Verhaltenskodex, der eine Reaktion auf Hasspostings innerhalb von 24 Stunden vorsieht, ist ein erster guter Schritt in eine richtige Richtung.

 

Die von EU-Kommissarin Vera Jourovà eingeleitete Untersuchung, hat jedoch deutlich aufzeigt, dass der freiwillige Verhaltenskodex noch nicht den gewünschten Effekt erzielt hat, da die Verpflichtung der Betreiber von Diskussionsforen (Blogs) und Social Media Plattformen auf Hasspostings binnen 24 Stunden entsprechend zu reagieren, in nur 40% der Fälle eingehalten wurde. 

 

Der Bundesrat stellt zwar fest, dass der nicht legislative Ansatz erste Wirkung zeigt, aber insgesamt bei Weitem nicht den gewünschten Effekt erzielt, dass sämtliche Hasspostings und sonstige illegale Botschaften binnen 24 Stunden entfernt werden müssen. Der Bundesrat spricht sich aus diesem Grund für eine EU-Initiative aus, um ein rasches und lückenloses Vorgehen von Providern, Plattformanbieter und Strafverfolgungsbehörden gegen derartige Übergriffe sicherstellen bzw. zu ermöglichen und fordert die Europäische Kommission auf, hier aktiv tätig zu werden und entsprechende legislative Maßnahmen vorzuschlagen.

 

Der Bundesrat unterstützt Initiativen auf EU Ebene, die Provider und Plattformanbieter in die Pflicht nehmen, aktiv und zeitnah gegen Hasspostings, sonstige illegale Inhalte und so genannte „Fake-News“ im Netz vorzugehen. Insbesondere begrüßt der Bundesrat die von der Kommission angekündigten Leitlinien gegen sogenannte „Fake News“.

 

Der Bundesrat erkennt an, dass die Bekämpfung solcher Inhalte eine Herausforderung im Hinblick auf die Wahrung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung darstellen kann.

 

Der Bundesrat fordert daher die Kommission auf, in ihren Vorschlag dieser Herausforderung Rechnung zu tragen und damit eine klare Abgrenzung zwischen dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und der Verbreitung von Hasspostings und sonstigen illegalen Inhalten zu ermöglichen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Mitteilung wurde von den anderen Fraktionen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

 

 

der Bundesräte Mühlwerth, Jenewein und Ing. Rösch

 

betreffend

 

Code of conduct on countering illegal hate speech online (128302/EU, XXV. GP)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 15.3.2017 (TOP 6)

 

 

 

Der Präsident des Bundesrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß § 13b Abs. 9 GO-BR an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat zu übermitteln.

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission, den Rat der EU und das Europäische Parlament gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

 

 

In einem Interview in der Zeitung „Die Presse“ mit dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Prof. Dr. Gerhart Holzinger (siehe http://diepresse.com/home/recht/rechtallgemein/5150757/Holzinger_Staatliche-Wahrheitsbehoerde-ist-apokalyptisch#)  am 8.1.2017 sagte dieser:

(…) „Es wird diskutiert, Fake News, falsche Nachrichten, die im Internet verbreitet werden, zu verbieten. Was halten Sie davon?

Da mahne ich sehr zur Vorsicht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der Verfassungsgerichtshof und viele andere Verfassungsgerichte qualifizieren die Freiheit der Meinungsäußerung als ein Wesenselement einer freien Gesellschaft. Aus dieser Freiheit ist abzuleiten, dass auch Meinungen, die für den Staat oder für Teile der Bevölkerung verletzend, schockierend oder beunruhigend sind oder Positionen, die falsch sind, von diesem Schutz umfasst sind. Dieses hohe Gut sollte man nicht infrage stellen. Wenn es irgendwo Erscheinungsformen gibt, die einer strafrechtlichen Sanktionierung bedürfen, wird man die Strafgesetze entsprechend ändern müssen. Aber eine staatliche Wahrheitsbehörde: Das ist apokalyptisch.“

 

Die Ausführungen des Präsidenten des österreichischen Verfassungsgerichtshofes treffen den Kern der Sache.

 

Der „Code of conduct on countering illegal hate speech online“ verletzt die Grundlagen der Meinungs-, Gedanken- und Pressefreiheit in eklatanter Weise und stellt einen Anschlag auf die Grundprinzipien unserer Verfassung und der demokratischen Grundwerte dar.

 

Der österreichische Bundesrat fordert daher die Kommission auf, ihren Vorschlag zurückzuziehen.

 

 

Folgender Antrag von ÖVP und SPÖ auf Subsidiaritätsrüge wurde einstimmig angenommen:

 

 

ANTRAG AUF BEGRÜNDETE STELLUNGNAHME

gemäß Art 23g Abs. 1 B-VG

 

der Bundesräte Edgar Mayer und Stefan Schennach

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend

 

COM (2016) 822 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (Richtlinienvorschlag über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 15. März 2017

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates kann gemäß §13a GO-BR in einer Begründeten Stellungnahme gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG iVm Art. 6 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit darlegen, warum ein Entwurf eines Legislativvorhabens der Europäischen Union mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar ist. Diese Stellungnahme muss binnen acht Wochen nach Vorliegen des Entwurfes in allen Sprachfassungen erfolgen.

 

 

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher folgenden

 

Antrag auf Begründete Stellungnahme gemäß Art 23g Abs. 1 B-VG

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

 

A. Begründete Stellungnahme

 

Das gegenständliche Vorhaben ist mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar.

 

 

 

B. Begründung

 

Die Europäische Kommission hat am 10. Jänner 2017 im Rahmen ihres Binnenmarktpaketes einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit von Berufsreglementierungen unterbreitet. Aus Sicht des Bundesrates ist der Vorschlag nicht mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit vereinbar. Der Richtlinienvorschlag stützt sich auf Art. 46, 53 Abs. 1 und Art. 62 AEUV. Nach Art. 46 AEUV trifft die EU alle erforderlichen Maßnahmen, um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer herzustellen. Gemäß Art. 53 und Art. 62 AEUV können zur Erleichterung der Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten Richtlinien für die Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten erlassen werden. Bei den genannten Bestimmungen handelt es sich um eine zwischen der EU und den Mitgliedstaaten geteilte Kompetenz, sodass der RL Vorschlag an den Prinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zu messen ist. Gerade bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit hat der Bundesrat erhebliche Bedenken. Die geteilte Kompetenz besteht darin, dass die Art. 46,43 und 62 AEUV auf eine Nichtdiskriminierung von Arbeitnehmern und Selbständigen sowie auf gegenseitige Anerkennung deren Qualifikationen abzielen, und nicht auf die Angleichung der Qualifikations-Anforderungen der Mitgliedstaaten.

 

Die Regulierung reglementierter Berufe ist weiterhin im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten, demnach können diese einzeln und ohne Absprache entscheiden, ob es einen Bedarf gibt, Regeln oder Beschränkungen für den Zugang zu einem reglementierten Beruf vorzusehen oder nicht. Dies ist möglich, sofern die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung gewahrt bleiben. Die Europäische Kommission argumentiert mit dem Recht auf Arbeit im Sinne der Freiheit der Berufswahl oder der unternehmerischen Freiheit und der Tatsache, dass die Freiheit der Berufswahl oder der unternehmerischen Freiheit in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist. Reglementierungspflichten müssen darum hinreichend begründet sein, dies solle durch eine sorgfältige Verhältnismäßigkeitsprüfung erreicht werden.

 

Unter so genannten „reglementierten“ Berufen versteht man Tätigkeiten, deren Ausübung oder Zugang an eine bestimmte Qualifikation gebunden ist. Die jeweiligen Tätigkeiten und die Qualifkationsanforderungen sind in den Mitgliedstaaten aufgrund historischer Entwicklungen und Erfahrungen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Der Grund für die Reglementierungen ist der Schutz vielfältiger öffentlicher Interessen, wobei insbesondere die Qualität der Leistungen der Berufsangehörigen diesen Schutz gewährleistet. Bereits durch die RL 2013/55/EU gab es eine wesentliche Modernisierung im Bereich der reglementierten Berufe, große Transparenz wurde durch die gegenseitige Evaluierung und verbesserte Informationen über reglementierte Berufe hergestellt. Damals wurden auch Kriterien zur Evaluierung der Verhältnismäßigkeit eingeführt, diese sind insbesondere: Nichtdiskriminierung, Regelung im Allgemeininteresse, Erforderlichkeit zur Verwirklichung des Ziels.

 

Nunmehr hat die Kommission eine erweiterte Liste an verbindlichen Kriterien für die reglementierten Berufe vorgelegt. In Artikel 6 Abs. 2 werden insgesamt elf Prüfkriterien vorgeschlagen, weitere zehn Kriterien werden in Art. 6 Abs. 4 des Vorschlags angeführt. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass es für die Schaffung zusätzlicher Kriterien keines Richtlinienvorschlags bedarf, das gelindere Mittel der Empfehlungen wäre für die Zielerreichung ebenso geeignet. Im Hinblick darauf, dass durch die Reglementierung auch Schutzinteressen von Konsumentinnen und Konsumenten und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durchgesetzt werden, erscheint diese Richtlinie ein nicht erforderliches, zusätzliches Hindernis für eine gesetzliche Regelung. Bereits jetzt finden sich ausreichende Vorgaben und Kontrollmechanismen zur Verhinderung von Überreglementierungen im EU Recht wieder (Vorgaben der EU Dienstleistungsrichtlinie, EU-Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken, Verhältnismäßigkeitsprüfung nach der Berufsanerkennungsrichtline). Abgesehen davon, ergibt sich vor allem die Frage der Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Es ist dem zufolge nicht nachzuvollziehen, warum es der verpflichtenden Einführung derartig vieler und kumulativ zu prüfender Kriterien sowie umfassender Vorgaben zur Methodik bedarf, um zu einem effizienten und verhältnismäßigen Prüfvorgang für einen reglementierten Beruf zu kommen. Der Bundesrat erachtet den Kriterienkatalog als zu umfassend und überschießend. Der Mehrwert der Durchführung einer solchen Prüfung im Vergleich zur ohnehin in Österreich vorgesehenen Wirkungsfolgenanalyse ist dem Bundesrat nicht ersichtlich. Zudem sind sowohl geringfügige als auch vereinfachende Änderungen im Bereich der Berufsreglementierung einer Prüfung ex-ante zu unterziehen, was die Bedenken zur Verhältnismäßigkeit verstärkt.

 

Der Bundesrat verweist abschließend auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs. Der EuGH stellt einerseits klar, dass die Mitgliedstaaten, solange die Zugangsvoraussetzungen für einen Beruf nicht harmonisiert sind, festlegen dürfen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung dieses Berufes notwendig sind. Er weist andererseits daraufhin, dass die Tatsache, dass ein Mitgliedstaat weniger strenge Vorschriften erlässt als einer anderer, nicht bedeutet, dass dessen Vorschriften unverhältnismäßig und folglich mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sind. Jedenfalls greift die Europäische Kommission mit diesem Vorschlag in den Bereich der reglementierten Berufe nach Ansicht des Bundesrates in unverhältnismäßiger Weise ein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag von ÖVP und SPÖ auf Subsidiaritätsrüge wurde einstimmig angenommen:

 

 

 

ANTRAG AUF BEGRÜNDETE STELLUNGNAHME

gemäß Art 23g Abs. 1 B-VG

 

 

der Bundesräte Edgar Mayer und Stefan Schennach

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend

 

COM (2016) 824 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung einer Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte und entsprechender Verwaltungserleichterungen (Text von Bedeutung für den EWR)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 15. März 2017

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates kann gemäß §13a GO-BR in einer Begründeten Stellungnahme gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG iVm Art. 6 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit darlegen, warum ein Entwurf eines Legislativvorhabens der Europäischen Union mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar ist. Diese Stellungnahme muss binnen acht Wochen nach Vorliegen des Entwurfes in allen Sprachfassungen erfolgen.

 

 

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Begründete Stellungnahme gemäß Art 23g Abs. 1 B-VG

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

A. Begründete Stellungnahme

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar.

 

 

 

B. Begründung

 

Mit diesem Verordnungsvorschlag sollen eine elektronische europäische Dienstleistungskarte und Einrichtungen zu deren Verwaltung eingeführt werden, die in der gesamten EU von Dienstleistungserbringern genutzt werden kann. Der Richtlinien- und Verordnungsvorschlag zur Einführung einer Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte verfolgt laut der Europäischen Kommission das Ziel, die grenzüberschreitenden Aktivitäten im Dienstleistungsbereich durch den Abbau von bürokratischen Hindernissen zu steigern, sowie den Wettbewerb zu fördern.

 

Die Verordnung gilt für genau festgelegte Dienstleistungstätigkeiten wie zum Beispiel den Bau. Bestimmte Bereiche der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG sind davon ausgenommen, wie das Arbeitsrecht und Dienstleistungen von Leiharbeitsagenturen. 

Begründet wird der Vorstoß für die neue Legislativinitiative unter anderem damit, dass die grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Baubereich besonders niedrig seien.

 

Der Bundesrat möchte eingangs darauf hinweisen, dass besonders im Baubereich die grenzüberschreitende Tätigkeit vergleichsweise hoch ist und auch in den letzten Jahren weiter stark zugenommen hat. So etwa hat sich die grenzüberschreitende Erwerbstätigkeit von Personen (Entsendebescheinigungen für ein oder mehrere EU-Staaten) innerhalb der EU insgesamt von 2010 bis 2015 um rund 64% erhöht. Absolut betrachtet waren dies im Jahr 2015 mehr als 2,05 Millionen Entsendungen. Der Anteil an Bautätigkeiten lag bei den nach Artikel 12 der Entsende-Richtlinie entsandten Personenbei rund 41,5%.

 

Der Bundesrat hält fest, dass generell Maßnahmen, die Verwaltungsformalitäten reduzieren zu begrüßen sind. Aus Sicht des Bundesrates ist dieser Vorschlag aber nicht mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit vereinbar. Gerade bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit hat der Bundesrat erhebliche Bedenken:

 

Das Ziel der Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte (EED) soll es sein, den Verwaltungsaufwand für Dienstleistende, die ihre Aktivitäten auf andere Mitgliedstaaten ausweiten möchten, zu verringern. Der Zusatznutzen, den sich grenzüberschreitend Dienstleistende von der Einführung der EED erhoffen dürfen, ist zu hinterfragen und steht in einem Missverhältnis zum Aufwand, der durch die Einführung der Europäischen Dienstleistungskarte auf die Mitgliedstaaten zukommt. 

 

Die Umsetzung der EED soll über das bestehende Europäische Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) erfolgen. Dazu muss IMI so angepasst werden, dass es das Verfahren für die Beantragung und Ausstellung der EED unterstützt und um einige zusätzliche Funktionen ergänzt werden. Diese sollen die verschiedenen zuständigen nationalen Behörden im Zuge einer neu einzurichtenden Koordinierungsstelle bündeln sowie als Ansprechpartner für die jeweiligen anderen Mitgliedstaaten fungieren und so die Verwaltungszusammenarbeit verbessen.

 

Es ist davon auszugehen, dass auf die nationalen Behörden ein erheblicher Mehraufwand zukommen wird.  Es gibt zahlreiche komplexe und genau vorgegebene Verfahren für die Ausstellung einer EED, für die zudem noch ein rigider Zeitplan vorgegeben ist. Das gesamte, komplexe und zeitliche straffe Verfahren ist vor dem Hintergrund des eingeschränkten Nutzens der EED unverhältnismäßig.

 

Im Hinblick auf die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stellt sich auch die Frage, ob eine vorgeschlagene koordinierende Behörde im Herkunftsland generell erforderlich ist. Hier wäre zu prüfen, ob eine solche Behörde im Widerspruch zu dem mit der Dienstleistungsrichtlinie verfolgten Konzept der Einheitlichen Ansprechpartner steht und nicht erforderliche Doppelstrukturen geschaffen werden. Auf jeden Fall wird festgehalten, dass die Dienstleistungsanzeige in Österreich Unternehmerinnen und Unternehmern Rechtssicherheit gewährt.

 

Der Bundesrat möchte neben der Verhältnismäßigkeitsprüfung auf folgende inhaltliche Punkte der Verordnung Bezug nehmen:

 

In Art 6 Abs. 3 des VOV ist auch die Möglichkeit vorgesehen, dass Karteninhaber in einem standardisierten Formular im IMI die Entsendemeldungen vornehmen können. Es macht Sinn, das Meldeverfahren für zu entsendende Arbeitnehmer für Dienstleistungserbringer so einfach wie möglich zu gestalten und leicht zugänglich zu machen. Der Verwaltungsaufwand soll sowohl für den Dienstleistungserbringer und die zu entsendenden Arbeitnehmer als auch für die zuständigen Behörden so gering wie möglich sein. Daher ist die Nutzung von IMI grundsätzlich zu befürworten, da auf ein bereits bestehendes IT-Tool für grenzüberschreitende Dienstleistungen zurückgegriffen wird. Dabei sollte der individuelle Spielraum Mitgliedstaaten bei der Gestaltung der Meldeanforderungen gegeben bleiben.  

 

Artikel 2 Absatz 3 sieht vor, dass die Richtlinie nicht die Rechte von entsandten Beschäftigten laut Entsenderichtlinie 96/71/EC und laut Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie 2014/67/EU sowie die Befugnisse der Mitgliedsstaaten zur Kontrolle von Dienstleistungsanbietern beschneidet. Dies ist nach Auffassung des Bundesrates eine wichtige Einschränkung. Diese Einschränkung wird jedoch wieder in Frage gestellt, indem die Verordnung die Möglichkeit vorsieht, dass Mitgliedsstaaten Angaben zu entsandten Beschäftigten in die Dienstleistungskarte integrieren können (vgl. Artikel 6 Absatz 3).

 

Zum anderen sieht Artikel 19 der Verordnung eine Revisionsklausel vor, nach der die Überprüfungsmechanismen der Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie (vgl. Art. 24 der Richtlinie 2014/67/EU) dafür genutzt werden sollen, positive Beiträge der elektronischen Verfahren im Zusammenhang mit der Dienstleistungskarte für Registrierungs- und Kontrollverfahren nach Artikel 9 der Richtlinie 2014/67/EU zu evaluieren.  Damit ist längerfristig eine Aufnahme von Angaben zu Entsandten in die Dienstleistungskarte vorprogrammiert, was nicht akzeptabel ist.

 

Laut Artikel 7 der Verordnung können auch natürliche Personen eine Dienstleistungskarte beantragen. In vielen Branchen gibt es einen hohen Anteil an Selbstständigen wie auch Ein-Personen-Unternehmen in der Europäischen Union. Es soll darum darauf geachtet werden, dass die Dienstleistungskarte nicht dazu missbraucht werden kann, um „scheinselbstständig“ Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat zu erbringen.

 

Der Bundesrat weist darauf hin, dass auch der Anwendungsbereich der Verordnung nochmal überdacht werden sollte, vor allem der Baubereich erscheint kein passender Anwendungsbereich zu sein. Es ist zudem sicherzustellen, dass es zu keinem Missbrauch der Karte kommt. Es muss sichergestellt werden, dass es zu keinen Schäden für heimische Unternehmen, Beschäftigte und Konsumentinnen und Konsumenten kommt. 

 

Der Bundesrat kann in der Einführung einer Dienstleistungskarte in der derzeitigen Form keinen ausreichenden Mehrwert erkennen.    

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag von ÖVP und SPÖ auf Subsidiaritätsrüge wurde einstimmig angenommen:

 

 

ANTRAG AUF BEGRÜNDETE STELLUNGNAHME

gemäß Art 23g Abs. 1 B-VG

 

der Bundesräte Edgar Mayer und Stefan Schennach

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend

 

COM (2016) 823 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den rechtlichen und operativen Rahmen für die durch die Verordnung [ESC Regulation] eingeführte Elektronische Europäische Dienstleistungskarte

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 15. März 2017

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates kann gemäß §13a GO-BR in einer Begründeten Stellungnahme gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG iVm Art. 6 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit darlegen, warum ein Entwurf eines Legislativvorhabens der Europäischen Union mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar ist. Diese Stellungnahme muss binnen acht Wochen nach Vorliegen des Entwurfes in allen Sprachfassungen erfolgen.

 

 

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher folgenden

 

Antrag auf Begründete Stellungnahme gemäß Art 23g Abs. 1 B-VG

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

A. Begründete Stellungnahme

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar.

 

 

B. Begründung

 

 

Mit diesem Richtlinienvorschlag sollen eine elektronische europäische Dienstleistungskarte und Einrichtungen zu deren Verwaltung eingeführt werden, die in der gesamten EU von Dienstleistungserbringern genutzt werden kann. Der Richtlinien- und Verordnungsvorschlag zur Einführung einer Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte verfolgt laut der Europäischen Kommission das Ziel, die grenzüberschreitenden Aktivitäten im Dienstleistungsbereich durch den Abbau von bürokratischen Hindernissen zu steigern, sowie Wettbewerb fördern.

 

Aus Sicht des Bundesrates ist der Vorschlag nicht mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit vereinbar. Gerade bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit hat der Bundesrat erhebliche Bedenken:

 

Das Ziel der Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte (EED) soll es sein, den Verwaltungsaufwand für Dienstleistende, die ihre Aktivitäten auf andere Mitgliedstaaten ausweiten möchten, zu verringern. Der Zusatznutzen, den sich grenzüberschreitend Dienstleistende von der Einführung der EED erhoffen dürfen, ist zu hinterfragen und steht in einem Missverhältnis zum Aufwand, der durch die Einführung der Europäischen Dienstleistungskarte auf die Mitgliedstaaten zukommt. Vor diesem Hintergrund wird die Europäische Dienstleistungskarte als im Hinblick auf ihren Mehrwert unverhältnismäßig angesehen.

 

Die Umsetzung der EED soll über das bestehende Europäische Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) erfolgen. Dazu muss IMI so angepasst werden, dass es das Verfahren für die Beantragung und Ausstellung der EED unterstützt und um einige zusätzliche Funktionen ergänzt werden. Diese sollen die verschiedenen zuständigen nationalen Behörden im Zuge einer neu einzurichtenden Koordinierungsstelle bündeln sowie als Ansprechpartner für die jeweiligen anderen Mitgliedstaaten fungieren und so die Verwaltungszusammenarbeit verbessen.

 

Es ist davon auszugehen, dass auf die nationalen Behörden ein erheblicher Mehraufwand zukommen wird.  Es gibt zahlreiche komplexe und genau vorgegebene Verfahren für die Ausstellung einer EED, für die zudem noch ein rigider Zeitplan vorgegeben ist. Das gesamte, komplexe und zeitliche straffe Verfahren ist vor dem Hintergrund des eingeschränkten Nutzens der EED unverhältnismäßig.

 

Im Hinblick auf die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stellt sich auch die Frage, sollte auch die Aufgabe der Koordinierungsbehörde genau geprüft werden. Hier wäre zu prüfen, ob eine solche Behörde im Widerspruch zu dem mit der Dienstleistungsrichtlinie verfolgten Konzept der Einheitlichen Ansprechpartner steht und nicht erforderliche Doppelstrukturen geschaffen werden.

 

Der Bundesrat möchte neben der Verhältnismäßigkeitsprüfung auf folgende inhaltliche Punkte der Richtlinie Bezug nehmen, die als in der aktuellen Vorlage als problematisch erachtet werden:

 

·         Der weite Anwendungsbereich der Richtlinie und der Verordnung sollte noch einmal überdacht werden, da vor allem der Baubereich kein passender Anwendungsbereich zu sein scheint. Gerade der Bausektor hat sich als missbrauchsanfällig erwiesen. Es ist deshalb sicherzustellen, dass es zu keinem Missbrauch der Dienstleistungskarte kommt. Schäden für heimische Unternehmen, Beschäftigte und Konsumentinnen und Konsumenten müssen verhindert werden.

 

·         Wichtig wäre eine Verbesserung der grenzüberschreitenden Kooperation der Behörden. Darunter fällt die Weiterentwicklung des Binnenmarkt-Informationssystems, die länderübergreifende Zustellung behördlicher Unterlagen und die Vollstreckung behördlicher Entscheidungen.

 

·         Artikel 4 der Richtlinie legt fest, dass die Dienstleistungskarte als Nachweis gilt, dass ein Dienstleistungserbringer eine Niederlassung im Herkunftsland hat und dort entsprechend den Vorschriften des Herkunftslandes eine bestimmte Tätigkeit erbringen darf. Es wird darauf hingewiesen, dass bei einer Kontrolle diese Dienstleistungskarte als falsches Indiz für Selbstständigkeit herangezogen werden könnte.

 

·         In Artikel 5 der Richtlinie muss sichergestellt sein, dass der Bereich der Entsendung vom Verbot der Pre-Registrierung dezidiert ausgenommen wird, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.

 

·         Der Bundesrat regt eine Streichung des Artikels 6(iii) der Richtlinie an, der es Mitgliedstaaten verbietet, Informationen bezüglich der verpflichtenden Anmeldung bei den Sozialversicherungssystemen zu verlangen.  Hier muss klargestellt werden, dass es ausschließlich um die Sozialversicherung des Selbständigen geht, nicht jedoch um den Nachweis der Versicherung entsandter Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zur Sozialversicherung in ihrem Herkunftsstaat, die Gefahr von Scheinentsendungen sollte verhindert werden.

 

·         Laut Artikel 7 der Verordnung können auch natürliche Personen eine Dienstleistungskarte beantragen. In vielen Branchen gibt es einen hohen Anteil an Selbstständigen wie auch Ein-Personen-Unternehmen in der Europäischen Union. Es soll darum darauf geachtet werden, dass die Dienstleistungskarte nicht dazu missbraucht werden kann, um "scheinselbstständig" Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat zu erbringen.

 

·         Im Rahmen des Antragsverfahrens für die Karte gemäß Artikel 11 der Richtlinie spricht sich der Bundesrat für eine Ausweitung der Antragsfrist auf vier Wochen ausgeweitet aus. Nur so können eingegangene Informationen und Begleitunterlagen umfassend geprüft werden.

 

·         Bei begründeten Zweifeln, die im Rahmen der Prüfung des Antrags über die Dienstleistungskarte auftauchen, muss es für das Aufnahmeland möglich sein, die Ausstellung einer elektronischen Dienstleistungskarte abzulehnen. (Artikel 12 der Richtlinie)

 

·         Im Hinblick auf die Artikel 15, 16 und 17 der Richtlinie merkt der Bundesrat an, dass die Behörde des Aufnahmestaats bei Gesetzesverstößen selber einschreiten können muss. Das beinhaltet auch Maßnahmen bis hin zum sofortigen Entzug der Dienstleistungskarte. Regelungen zur Aktualisierung der Dienstleistungskarte müssen bereits in den vorliegenden Rechtsvorschlägen integriert werden.

 

Der Bundesrat kann in der Einführung einer Dienstleistungskarte in der derzeitigen Form keinen ausreichenden Mehrwert erkennen.