Parlament Österreich

 

 

 

IV-113 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 5.  Juli 2017

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 5. Juli 2017

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Tagesordnung

 

 

 

 

 

1.    COM(2017) 257 final

Rechtstreue-Paket/Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Bedingungen und des Verfahrens für Auskunftsersuchen der Kommission an Unternehmen und Unternehmensvereinigungen in Bezug auf den Binnenmarkt und damit verbundene Bereiche

(144175/EU XXV.GP)

 

 

2.    COM(2017) 275 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge

(145385/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Beginn der Sitzung berichtete Ausschussobmann Edgar Mayer (V/V) über jüngst eingegangene Dokumente:

 

 

Stellungnahmen der Länder:

 

·         einheitliche Länderstellungnahme zum Paket der Europäischen Kommission zur Säule sozialer Rechte

 

·         Stellungnahme des Oberösterreichischen Landtags zu Teilen des Pakets der Europäischen Kommission zur Säule sozialer Rechte

 

 

Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte:

 

·         Vorschlag für eine Richtlinie bezüglich verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Modelle 

 

·         Vorschlag für eine Verordnung zur Harmonisierung des Bruttonationaleinkommens zu Marktpreisen.

 

 

 

 

 

Als ExpertInnen standen den Ausschussmitgliedern zur Verfügung:

 

·         Mag. Martin Semberger (BM für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft)

·         Mag.a Karin Stanger-Herok (BM für Verkehr, Innovation und Technologie)

·         Mag. Gerald Schwarzenpoller (BM für Verkehr, Innovation und Technologie)

 

·         Mag.a Tamara Achleitner (Wirtschaftskammer Österreich)

·         Mag. Valentin Wedl    (Arbeiterkammer Österreich)

·         Mag. Franz Greil (Arbeiterkammer Österreich)

·         Mag. Patrick Majcen (Landwirtschaftskammer Österreich)

·         Dr. Johannes Schmied (Städtebund)

·         Mag. Bernhard Wiesinger (ÖAMTC)

 

 

 

 

Bundesrat Edgar Mayer (V/V), der derzeit auch Präsident des Bundesrats ist, berichtete, dass er alle Vorsitzenden der EU-Ausschüsse der Bundesländer und die Landtagspräsidenten gebeten hat, sich mit dem Zukunftsplan von Kommissionspräsident Jean Claude Juncker auseinanderzusetzen. Der EU-Ausschuss des Bundesrats soll sich dann im Herbst eingehend damit befassen.

 

 

 

Bundesrat Stefan Schennach (S/W)  wies auf die Stellungnahme des oberösterreichischen Landtags zum Richtlinienvorschlag betreffend Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, der in der Sitzung des Ausschusses vom 21. Juni 2017 beraten wurde, hin und stellte fest, dass sich diese mit der damaligen Diskussion deckt.

 

Direkte Auskunftsrechte der EU gegenüber Unternehmen

 

 

Mit einer kritischen Mitteilung an die Kommission, den Rat und das EU-Parlament reagierte der EU-Ausschuss des Bundesrats - wie in seiner Sitzung am 21. Juni 2017 angekündigt – auf den Verordnungsvorschlag der EU hinsichtlich der Möglichkeit für die Kommission, direkt an Unternehmen Auskunftsersuchen zu richten. Die Mitteilung wurde von ÖVP, SPÖ und FPÖ unterstützt. Der Ausschuss lehnte die Vorlage zwar nicht grundsätzlich ab, äußerte jedoch einige Bedenken und drängte auf Präzisierungen. Auch in der Diskussion anerkannte man durchaus positive Auswirkungen auf die Durchsetzung des Binnenmarkts und fairer Wettbewerbsbedingungen sowie auf Konsumentenrechte, Bedenken wurden aber vor allem hinsichtlich des Datenschutzes geäußert. Auch drängt man darauf, die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nicht zu belasten. Einige Bundesräte äußerten Sorge, dass trotz allem die großen Konzerne nicht belangt werden.

 

Der Vorschlag zielt eindeutig auf Großunternehmen ab, betonte man seitens des Wirtschaftsministeriums, man sei aber offen für Verhandlungen, jedoch mit einer "gesunden Dosis Skepsis". Vor allem sei der von der Kommission angesprochene Mehrwert zu hinterfragen.

 

 

 

Um die Durchsetzung der Vorschriften für den Binnenmarkt besser gewährleisten zu können, drängt die Kommission nämlich darauf, gezielte, aktuelle, umfassende und verlässliche Informationen (etwa zur Kostenstruktur, zur Preispolitik oder zum verkauften Produktvolumen) direkt von ausgewählten Marktteilnehmern einholen zu können. Die Kommission unterstreicht, dass dies nur als ultima ratio eingesetzt werde, sollten alle anderen Maßnahmen zur Einholung wesentlicher Auskünfte fehlschlagen. Auch werde die Vertraulichkeit der Daten geschützt, versichert man und legt in der genannten Verordnung inhaltliche und verfahrensrechtliche Bedingungen fest, unter denen die Kommission Auskünfte von Unternehmen einholen kann. 

 

Ausnahmen soll es für Kleinstunternehmen geben – Unternehmen, die weniger als zehn MitarbeiterInnen haben und einen Jahresumsatz von maximal 2 Mio. erzielen bzw. deren Jahresbilanzsumme maximal 2 Mio. € beträgt. Kleine und mittlere Betriebe (KMU) könnten von Anfragen betroffen sein, das Wirtschaftsministerium hält dies jedoch eher für unwahrscheinlich, zumal die Kommission hier strikt an das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gebunden sei.

 

Das Wirtschaftsressort merkt dazu an, dass die Kommission Informationen direkt von Unternehmen einholen könnte, ohne dass die Mitgliedstaaten in das Auskunftsverfahren voll eingebunden wären. Vorgesehen sei lediglich eine Vorausinformation mittels Beschluss der Kommission. Damit würde die primärrechtlich festgelegte Zuständigkeit zwischen der Union und ihren Mitgliedsländern übergangen, heißt es in der Information des Ministeriums, auch wäre im Sinne des Subsidiaritätsprinzips eine geeignete Miteinbeziehung der Mitgliedstaaten sicherzustellen. Auch befürchtet man einen zusätzlichen Verwaltungs- und Bürokratieaufwand. Positiv gesehen wird die Tatsache, dass Kleinstunternehmen von der Verordnung ausgenommen sein sollen und auch die KMU im Idealfall nicht vom Auskunftsersuchen umfasst wären.

 

 

Wie der Mitteilung an die Kommission, den Rat und das EU-Parlament zu entnehmen ist, sehen die Ausschussmitglieder im Verordnungsvorschlag sowohl Licht als auch Schatten. So betont der EU-Ausschuss, dass diese Initiative weiterhin nur die äußerste Maßnahme bleiben müsse. Die Bundesrätinnen und Bundesräte anerkennen durchaus, dass es im Verbraucherschutz mit Hilfe der Durchsetzung von Auskünften Verbesserungen geben kann – etwa bei Preisdiskriminierung aufgrund des Wohnsitzes oder auch bei Geoblocking. Mit dem Binnenmarkt-Informationstool (SMIT) würde man zum Beispiel die Möglichkeit schaffen, direkt bei Unternehmen Informationen über die Kostenstruktur, Preisgestaltung, Gewinne oder Arbeitsverträge anzufordern, wird positiv vermerkt. Begrüßt wird zudem die Ausnahme von Kleinstunternehmen.

 

Zugleich beharren die Ausschussmitglieder darauf, dass die Auskunftsersuchen der Kommission nur Informationen umfassen sollen, die den betroffenen Unternehmen oder den betroffenen Unternehmensvereinigungen wahrscheinlich zur Verfügung stehen, um die Kosten und den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten. Der Mehrwert dieses Vorhabens sollte daher präziser dargestellt werden, wird in der Mitteilung festgehalten.

 

Ferner sind die LändervertreterInnen dagegen, Kleinunternehmen zur Übermittlung von Daten heranzuziehen. Für KMUs gelte, dass die Kommission den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend zu berücksichtigen hat und ihnen keine zusätzlichen Kosten durch die Datenerhebung für die Beantwortung eines über das Instrument gestellten Ersuchens entstehen, halten sie fest. Was die Geldbußen und Zwangsgelder betrifft, die die Kommission verhängen kann, wenn Unternehmen bzw. Unternehmensvereinigungen im Zusammenhang mit Auskunftsersuchen der Kommission vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben machen oder die Angaben nicht innerhalb der gesetzten Frist übermitteln, so erinnert der Bundesrat an die klare Zuständigkeitsaufteilung im Rahmen der Bestimmungen zum EU-Binnenmarkt. 

 

 

Diese differenzierte Beurteilung zeigte sich auch in der Diskussion. So bemerkte etwa Stefan Schennach (S/W), dass offensichtlich das Ministerium nicht grundsätzlich gegen den Verordnungsvorschlag ist, sondern dazu einige Anmerkungen hat. Die direkten Auskunftsrechte sollen nur eine ultima ratio darstellen und könnten sich positiv auf den Konsumentenschutz auswirken, sagte Schennach. Der Binnenmarkt könne nur funktionieren, wenn die Kommission zeitgerecht über verlässliche Daten verfügt. Für den Fall, dass Marktteilnehmer ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen, sei es notwendig einzugreifen. Schennach räumte aber ein, dass bei den KMU auf jeden Fall die Verhältnismäßigkeit Platz greifen müsse. In dieselbe Kerbe schlug Wolfgang Beer (S/W), der die Sorge in den Raum stellte, dass KMU doch betroffen sein könnten, weil man an die großen Konzerne nicht herankomme. Auch Bernhard Rösch (F/W) sieht aus Sicht der Freiheitlichen die Gefahr größer als den Nutzen und befürchtet, dass kleine Player gegenüber den größeren benachteiligt werden könnten.

 

Die Arbeiterkammer hält die Grundausrichtung des Rechtsakts in Anbetracht bestehender unfairer Wettbewerbsverhältnisse – etwa Lohndumping – für sinnvoll, auch wenn das Rechtstreue-Paket die Probleme nicht lösen werde. Die Kommission müsse aber in der Lage sein, bei der Gewährleistung des fairen Binnenmarkts als Akteur mitzuspielen. Was die Bedenken gegen die Verhängung von Zwangsgeldern betrifft, so bedürfe es eines doppelten Beschlusses, gab der Arbeitnehmervertreter zu bedenken, nachdem sich Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) diesbezüglich skeptisch geäußert hatte. Was das Prozedere betrifft, so würden die Mitgliedstaaten bei einem Auskunftsbegehren informiert, betonte man seitens des Ministeriums. Es gehe vor allem um die schwarzen Schafe. Selbstverständlich müsse der Rechtsschutz für jene Unternehmen, die ihre Pflichten erfüllen, gewahrt werden.

 

Ablehnung kam von der Wirtschaftskammer, die kritisiert, dass nicht einmal individuelles Fehlverhalten Voraussetzung für ein Auskunftsbegehren ist. Das greife tief in die Souveränität der Mitgliedsstaaten ein. Das sieht auch Sonja Zwazl (V/N) so, die es für nicht in Ordnung hält, wenn die Kommission Auskünfte von Unternehmen ohne Einbindung der Mitgliedsstaaten einhebt.

 

Die Kommission könnte die Auskünfte dazu verwenden, um den Markt zu steuern, äußerte Monika Mühlwerth (F/W) ihre Skepsis, die auch Ferdinand Tiefnig (V/O) teilte. Er hegte auch große Bedenken in Bezug auf den Datenschutz, zumal Unternehmen immer mehr von Hackern bedroht werden. Dazu warf die Vertreterin der Wirtschaftskammer kritisch ein, dass die Kommission entscheidet, was als vertraulich anzusehen ist und was nicht. Es gehe darum, dass die Kommission Informationen zeitnahe hält, entgegnete der Beamte des Wirtschaftsresorts, die Kommission müsse auch darlegen, warum sie Auskünfte direkt einholen möchte. Betriebsgeheimnisse müssen auf jeden Fall gewahrt werden, unterstrich er und betonte, dass die Unternehmen nur jene Informationen weitergeben müssen, die sie ohnehin zur Verfügung haben, in erster Linie statistische Daten. Das Ministerium werde sich auf alle Fälle dafür einsetzen, dass der Datenschutz präziser formuliert wird. Das könnte man auch erheben, wenn man die Daten der Statistik Austria und der Nationalbank besser mit der Kommission verbindet, meinte dazu der Vertreter der Landwirtschaftskammer, der dem Verordnungsentwurf ebenfalls ablehnend gegenüber steht.

 

Auch die ArbeitnehmerInnen seien von den Daten betroffen, machte Bernhard Rösch (F/W) aufmerksam, sie müssten informiert werden, wenn es zur Datenabfrage kommt. Länder zu zwingen, durch direkte Abfragen zu einem einheitlichen Wirtschaftssystem beizutragen, dafür ist der Datenschutz zu schade, stellte er fest.

 

Die Erfahrungen mit der Kommission aus dem Wettbewerbsrecht seien positiv, bekräftigte der Experte der Arbeiterkammer, bislang habe es keine Missbrauchsfälle gegeben. Er bekräftigte nochmals seine positive Einschätzung des Entwurfs in Hinblick auf die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen. Er hält es für notwendig, die Kommission dafür zu gewinnen, faire Bedingungen im Binnenmarkt sicherzustellen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wegekosten-Richtlinie

 

 

Als nicht vereinbar mit dem Subsidiaritätsprinzip und unverhältnismäßig bewerten die Bundesrätinnen und Bundesräte die von der EU-Kommission vorgesehene grundsätzliche Überarbeitung der Wegekosten-Richtlinie. Die EU-Kommission will mit ihrem Vorschlag das Verursacherprinzip (der Verursacher zahlt) und das Nutzerprinzip (der Nutzer zahlt) stärken, um so einen finanziellen und ökologisch nachhaltigen sowie sozial gerechten Straßenverkehr zu fördern. "Überschießend und überbordend" nannte Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) die Vorschläge der Kommission und traf sich in dieser Einschätzung vollinhaltlich mit Stefan Schennach (S/W) und Christoph Längle (F/V).

 

Auf heftigen Widerstand stößt einerseits die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf Fahrzeuge unter 3,5 t (Pkw, Kleinbusse, Kleintransporter) sowie das von der EU ins Auge gefasste Aus für die Vignette ab 2028. Das würde zu einer kilometerabhängigen bzw. fahrleistungsabhängigen Maut führen und vor allem auch Pendler und Pendlerinnen betreffen. Laut ÖAMTC müsste man zwischen 5 und 7 Cent pro Kilometer einheben, ansonsten würde sich das nicht rechnen. Die Vignette habe sich demgegenüber als praxistauglich erwiesen, so der Standpunkt der Ausschussmehrheit, die sich auch gegen die angedachte Staugebühr aussprach.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrats beschloss in diesem Sinne mit ÖVP-SPÖ-FPÖ-Mehrheit eine Subsidiaritätsrüge, in der er seine Bedenken darlegt. Eine ökologische und soziale Steuerung sei zwar richtig, die Regelung unterliege aber der Kompetenz der Nationalstaaten und somit dem Subsidiaritätsprinzip, so der Tenor.

 

Seitens der Grünen vertrat Heidelinde Reiter (G/S) die Auffassung, dass die EU sehr wohl gefragt sei, auch in diesem Bereich Regelungen zu treffen. Für sie enthält der Vorstoß der Kommission viel Richtiges und Wichtiges, er gehe nur nicht weit genug und sei auch nicht ausreichend durchdacht, sagte sie.

 

 

Die Wegekosten-Richtlinie – auch Eurovignetten-Richtlinie genannt - stellt den europarechtlichen Rahmen für die Ausgestaltung von Straßenbenutzungsgebühren für schwere Nutzfahrzeuge in den EU-Mitgliedstaaten dar. Sie hat grundsätzlich zum Ziel, Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen durch eine schrittweise Harmonisierung der Kraftfahrzeugsteuern zu beseitigen und gerechte Mechanismen für die Erhebung von Infrastrukturgebühren einzuführen. Die Wegekosten-Richtlinie behandelt sowohl Vignetten-Lösungen, bei denen nach einmaliger Zahlung ein bestimmtes Straßennetz für eine bestimmte Zeit (z.B. ein Jahr) beliebig oft benutzt werden darf, als auch fahrleistungsabhängige Mauten, das heißt Gebühren, die für jeden gefahrenen Kilometer auf einem bestimmten Straßennetz erhoben werden. Den EU-Mitgliedstaaten steht es dabei frei, ob sie überhaupt Straßenbenützungsgebühren für schwere Nutzfahrzeuge erheben wollen, und wenn ja, ob diese zeitbasiert oder fahrleistungsabhängig ausgestaltet werden sollen.

 

Die Richtlinie normiert Mindeststeuersätze, die von den Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht unterschritten werden dürfen. Für die (zeitabhängigen) Benützungsgebühren (z.B. Eurovignette) werden nach Fahrzeugemissionsklassen und Zahl der Achsen gestaffelte Höchstsätze festgelegt. In Bergregionen können die Mautgebühren um bis zu 15% erhöht werden, wenn die Einnahmen aus diesem Zuschlag zur Querfinanzierung alternativer Verkehrsinfrastrukturen von vorrangigem europäischen Interesse gemäß TEN-V-Leitlinien im gleichen Korridor investiert werden. Für grenzüberschreitende Abschnitte, wie z.B. den Brennerbasis-Tunnel, kann dieser Querfinanzierungsbeitrag bis zu 25% betragen – siehe A 13 Brennerautobahn oder A 12 im Unterinntal.

 

Mit der letzten Novelle 2011 wurde ein Schritt in Richtung Kostenwahrheit gesetzt, da erstmals ermöglicht wurde, neben den Infrastrukturkosten auch sogenannte externe Kosten durch verkehrsbedingte Luftverschmutzung und Lärmbelästigung einzurechnen.

 

Nun soll der Anwendungsbereich der Richtlinie ausgedehnt werden, indem erstmals Bestimmungen für leichte Kraftfahrzeuge unter 3,5 t  erlassen werden. Im Rahmen dieser verkehrspolitischen Reform sieht die Kommission vor allem auch das Aus für die Pkw-Vignette ab 2028 vor, was in Österreich auf Ablehnung stößt. Das Verkehrsressort ist zudem gegen die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Wegekosten-Richtlinie auf Fahrzeuge unter 3,5 t, auch wenn man grundsätzlich die Zielsetzung, alle Gebührensysteme für Pkw in Europa nicht-diskriminierend und verhältnismäßig zu gestalten, unterstützt.

 

Laut Vorschlag müssen ab 2024 in allen Vignettensystemen mindestens 10-Tagesvignetten, Monats- und/oder 2-Monatsvignetten sowie Jahresvignetten vorgesehen werden. Die Mautgebühren sollen ab 1. Jänner 2022 für Pkw, bzw. in Fällen zeitabhängiger Benutzungsgebühren zumindest die Jahresvignette, verpflichtend nach CO2- und Schadstoffemissionen differenziert werden.

 

Die Kommission baut nun auch verstärkt ökologische Elemente ein. Was die schweren Kraftfahrzeuge über 3,5 t betrifft, sollen für Schadstoff- und Lärmemissionen statt der bisherigen Höchstsätze sogenannte "Referenzwerte" gelten, die von den Mitgliedstaaten überschritten werden dürfen. Ab 1. Jänner 2021 sollen die Mitgliedstaaten mit Mautsystemen zumindest auf besonders umweltbelastenden Streckenabschnitten Gebühren für externe Kosten einheben. Ferner soll es eine Differenzierung der Infrastrukturgebühren nach CO2- Emissionen geben. Auch Staugebühren sollen künftig nicht mehr aufkommensneutral im Rahmen einer Differenzierung der Infrastrukturgebühren, sondern als zusätzlicher Kostenfaktor auf überbelasteten Straßenabschnitten eingehoben werden dürfen. Die Kommission will zudem die Einhebung von Querfinanzierungszuschlägen für vorrangige TEN-Infrastrukturprojekte von europäischem Interesse auch in Nicht-Bergregionen zulassen. Zudem können externe Kosten von Lärm- und Schadstoffemissionen zusätzlich angelastet werden.

 

Die Kfz-Steuer-Mindestsätze für schwere Güterkraftfahrzeuge über 3,5 t sollen ab Inkrafttreten der geänderten Richtlinie innerhalb von 5 Jahren jährlich um 20% abgesenkt werden, sie entfallen somit mittelfristig komplett. Wie das Verkehrsministerium in seiner Information betont, gibt es auch in Hinkunft keine Zweckbindung der Einnahmen aus Maut- und Benützungsgebühren (Vignetten) und externen Kosten. Nur die Einnahmen aus den Staugebühren müssen laut Vorschlag für Maßnahmen zur Staureduzierung verwendet werden.

 

Wie die Vertreterin der Verkehrsministeriums informierte, gab es zu diesen Vorschlägen noch keine Arbeitsgruppensitzung. Eine solche ist für den Herbst anberaumt. Das Ministerium teilt die Bedenken der Ausschussmehrheit und hätte sich zudem vom Kommissionsvorschlag Vereinfachungen erwartet. Diese seien nur zum Teil gelungen.

 

 

ÖVP, SPÖ und FPÖ hegen gegen die Kommissionspläne schwerwiegende Bedenken im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip. Die Ausweitung des Geltungsbereiches der Richtlinie auf Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen, die nicht für den Güterkraftverkehr bestimmt sind oder verwendet werden und deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, schränkt die Regelungskompetenz der Mitgliedstaaten wesentlich ein, heißt es in der Subsidiaritätsrüge (sogenannte begründete Stellungnahme).

 

Nach Auffassung des Bundesrats ist es zudem nicht angebracht, dass insbesondere auch Personenkraftwagen vom Regelungsinhalt dieser Richtlinie erfasst werden sollen. Bei der Regelung der Nutzung von Straßen durch private Personen - sei es als ArbeitnehmerInnen oder als KonsumentInnen - seien vor allem nationale und regionale Gesichtspunkte zu beachten, was auf Grund der wesentlich größeren Sachnähe effizienter von den Mitgliedstaaten wahrgenommen werden könne. Eine derartige Vorgehensweise sei nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar, meinen die BundesrätInnen dezidiert.

 

Als besonders unverhältnismäßig erachten es die LändervertreterInnen, dass die Richtlinie die Mitgliedstaaten dazu verpflichten soll, bestehende Systeme zur zeitabhängigen Bemautung von Straßen nach Ablauf einer Übergangsfrist durch Systeme zur fahrleistungsabhängigen Bemautung zu ersetzen.

 

 

Auch in der Diskussion manifestierte sich eine breite Front gegen die Pläne der EU. Stefan Schennach (S/W) sprach von einer hochsensiblen Materie. Die gegenständliche Richtlinie sei nur ein Teil eines großen Pakets, mit dem sich der Ausschuss eingehend beschäftigen werde. Grundsätzlich befürwortet Schennach eine soziale und ökologische Steuerung in diesem Bereich, stellte aber unmissverständlich fest, dass die Regelungskompetenz eindeutig bei den Mitgliedstaaten liegt. Er glaubt auch nicht, dass die ins Auge gefassten Umstellungen in zehn Jahren zu bewältigen sind. Sein Fraktionskollege Wolfgang Beer (S/W) gab zu bedenken, dass eine kilometerabhängige Maut durch Systeme wie GPS etc. erleichtert wird, da es einfacher sein wird, Daten abzurufen.

 

Ablehnend zu den EU-Vorschlägen äußerten sich auch Christoph Längle (F/V) und Ferdinand Tiefnig (V/O). Viele Menschen, wie etwa die PendlerInnen, seien auf das Fahrzeug angewiesen, um den Arbeitsplatz zu erreichen, monierten beide und sprachen sich gegen eine weitere Belastung dieser Personengruppe aus. Diese Bedenken wurden auch seitens der Landwirtschaftskammer unterstrichen, die sich strikt gegen eine weitere Belastung der Menschen im ländlichen Raum aussprach.

 

In den Kreis der Gegner fanden sich auch die Vertreter der Arbeiterkammer und des ÖAMTC ein. Die Vorlage enthalte durchaus gute Elemente, meinte man seitens der Arbeitnehmervertretung, dennoch gehe sie viel zu weit. Die Mitgliedstaaten müssten selbst entscheiden, wie sie ihre Infrastruktur ausrichten und die Klimaziele erreichen wollen. Auch wertet der Experte die fahrleistungsabhängige Pkw-Maut klimapolitisch nicht für das " Gelbe vom Ei". Scharf kritisiert er, dass Unternehmen im Hinblick auf die Kfz-Steuer entlastet werden sollen, für PKW-BenutzerInnen, insbesondere PendlerInnen, es jedoch keine Erleichterung gibt.

 

Eine kilometerabhängige Maut würde 5 bis 7 Cent pro Kilometer kosten, womit etwa eine Fahrt Innsbruck-Wien-Innsbruck zwischen 46 und 64 € kosten würde, rechnete der Vertreter des ÖAMTC vor. Personen, die zwischen Wien und St. Pölten pendeln, würden mit 1.200 bis 1.600 € pro Jahr belastet, was er für völlig ungerechtfertigt hält. Die Staugebühren bezeichnete er als einen "perfiden Ansatz", zumal man ja nicht freiwillig im Stau stehe, wenn man etwa rechtzeitig zur Arbeit müsse oder etwas ausliefere. Ihm zufolge stellt es eine reine Theorie dar, dass sich der Verkehr aufgrund einer Staugebühr verteilen lasse.

 

Der Experte der Arbeiterkammer begrüßte aber die Möglichkeit zur Querfinanzierung alternativer Infrastruktur, denn wenn man Maut zahle, dann sollte auch eine entsprechende Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden. In diesem Zusammenhang thematisierte er die Raststätten und Rastplätze für Fernfahrer, die in den letzten Jahren vernachlässigt wurden. Österreich sei zwar diesbezüglich ein Vorzeigeland, betonte er gegenüber Edgar Mayer (V/V), die ASFINAG könnte jedoch mehr errichten, stoße aber auf Widerstand in einzelnen Bundesländern.

 

Aus der breiten Ablehnungsfront scherte lediglich Heidelinde Reiter (G/S) aus. Für sie liegt es durchaus in der Verantwortung der EU, Regelungen vorzusehen. Die Richtlinie enthält ihr zufolge richtige Ansätze, geht aber zu wenig weit und ist noch zu wenig durchdacht. Im Gegensatz zu den anderen Fraktionen halten die Grünen eine fahrleistungsabhängige Maut für gerechter und ökologisch sinnvoller als das bisherige System.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Mitteilung wurde von ÖVP, SPÖ und FPÖ unterstützt und wurde somit angenommen:

 

 

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

 

 

An die Europäische Kommission, den Rat und das Europäische Parlament

der Bundesräte Edgar Mayer und Stefan Schennach

betreffend

 

COM (2017) 257 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Bedingungen und des Verfahrens für Auskunftsersuchen der Kommission an Unternehmen und Unternehmensvereinigungen in Bezug auf den Binnenmarkt und damit verbundene Bereiche

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 05. Juli 2017

 

 

 

Der Präsident des Bundesrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß § 13b Abs. 9 GO-BR an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat zu übermitteln.

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission, den Rat der EU und das Europäische Parlament gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

 

Europa stellt den größten gemeinsamen Markt dar, in dem Bürgerinnen und Bürger, aber auch Unternehmen grenzüberschreitend das Recht haben, tätig zu sein. Der gemeinsame Markt ist eine der Schlüsselerrungenschaften der Europäischen Union und kommt den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Unternehmen innerhalb der Europäischen Union in vielen Bereichen zu Gute. Der Einhaltung von EU-Vorschriften kommt eine wesentliche Bedeutung zu und die Kommission hat in ihrer Mitteilung „Den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und die Unternehmen“ vor allem die Durchsetzung einer intelligenten Strategie angesprochen, mit der der Binnenmarkt weiter vertieft und vor allem verbessert werden soll.

 

Der Ansicht der Europäischen Kommission zufolge, scheint die Sicherstellung der Einhaltung der Binnenmarktvorschriften durch entsprechenden Datenzugang eine Schwierigkeit darzustellen. Demnach fehlt insbesondere auch der zeitgerechte Zugang zu verlässlichen Daten.

 

Die Kommission besitzt selbst keine allgemeinen Ermittlungsbefugnisse, um Unionsrecht im Bereich Binnenmarkt durchzusetzen.

 

Um zu einem effizienten Durchsetzungssystem zu gelangen, schlägt die Europäische Kommission daher vor, als letztes Mittel direkt bei ausgewählten Marktteilnehmern der jeweiligen Mitgliedstaaten Datenerhebungen vorzunehmen.

 

Mit der vorgeschlagenen Verordnung sollen daher inhaltliche und verfahrensrechtliche Bedingungen festgelegt werden, unter denen die Kommission von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Auskünfte anfordern kann, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben in bestimmten Politikbereichen. Eine solche Ermächtigung soll sich auf alle Wirtschaftszweige innerhalb des Binnenmarkts erstrecken, für die im AEUV eine gemeinsame Politik (Binnenmarkt, Landwirtschaft und Fischerei [ausgenommen Erhaltung der biologischen Meeresschätze], Verkehr, Umwelt, Energie) vorgesehen ist.

 

 Es soll zur Verbesserung der Grundlage für Vertragsverfahren dienen und ermitteln helfen, in welchen Bereichen regulatorische Eingriffe erforderlich sind. Die Kommission betont, dass das durch diese Initiative geschaffene Informationsinstrument eine äußerste Maßnahme für den Fall, dass alle anderen Mittel zur Einholung von Auskünften fehlgeschlagen sind, darstellen soll. Der Bundesrat betont, dass diese Initiative weiterhin die äußerste Maßnahme bleiben muss.

 

Die Kommission führt einige Beispiele aus dem Verbraucherschutzbereich an, die mit Hilfe dieses Tools besser recherchiert werden könnten (z.B. Preisdiskriminierung aufgrund des Wohnsitzes oder auch Geoblocking). Mit diesem Binnenmarkt-Informationstool (SMIT) möchte die Kommission im Falle schwerwiegender Störungen des Binnenmarkts Informationen anfordern, um die Binnenmarktvorschriften besser durchzusetzen und Vorschläge für politische Maßnahmen zu erstellen. Mit diesem Tool würde man zum Beispiel die Möglichkeit schaffen, direkt bei Unternehmen Informationen über die Kostenstruktur, Preisgestaltung, Gewinne oder Arbeitsverträge anzufordern.

 

Die Auskunftsersuchen der Kommission sollen allerdings nur Informationen umfassen, die den betroffenen Unternehmen oder den betroffenen Unternehmensvereinigungen wahrscheinlich zur Verfügung stehen um die Kosten und den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten.

 

Der Mehrwert dieses Vorhabens in Gegenüberstellung zum beabsichtigten Nutzen sollte daher präziser dargestellt werden.

 

Ferner sollen Kleinunternehmen nicht zur Übermittlung von Daten herangezogen werden dürfen. Für KMUs gilt, dass die Kommission den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend zu berücksichtigen hat und ihnen keine zusätzlichen Kosten durch die Datenerhebung für die Beantwortung eines über das Instrument gestellten Ersuchens entstehen. Schließlich soll mit der vorgeschlagenen Verordnung der Kommission die Kompetenz verliehen werden, Geldbußen oder Zwangsgelder zu verhängen, wenn Unternehmen bzw. Unternehmensvereinigungen im Zusammenhang mit Auskunftsersuchen der Kommission vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben machen oder die Angaben nicht innerhalb der gesetzten Frist übermitteln. Der Bundesrat erinnert an die klare Zuständigkeitsaufteilung im Rahmen der Bestimmungen zum EU-Binnenmarkt.

 

Die Ausnahme der Kleinstunternehmen beurteilt der Bundesrat positiv und regt an, die Ausnahme von Kleinstunternehmen stärker hervor zu heben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf begründete Stellungnahme wurde von ÖVP, SPÖ und FPÖ unterstützt und wurde somit angenommen:

 

 

 

ANTRAG AUF BEGRÜNDETE STELLUNGNAHME

gemäß Art 23g Abs. 1 B-VG

 

 

der Bundesräte Edgar Mayer, Stefan Schennach, Christoph Längle,

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend

 

COM (2016) 275 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (Text von Bedeutung für den EWR)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 05. Juli 2017

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates kann gemäß §13a GO-BR in einer Begründeten Stellungnahme gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG iVm Art. 6 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit darlegen, warum ein Entwurf eines Legislativvorhabens der Europäischen Union mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar ist. Diese Stellungnahme muss binnen acht Wochen nach Vorliegen des Entwurfes in allen Sprachfassungen erfolgen.

 

 

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Begründete Stellungnahme gemäß Art 23g Abs. 1 B-VG

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

A. Begründete Stellungnahme

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar.

 

 

B. Begründung

 

Die Kommission hat am 31. Mai 2017 den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (Text von Bedeutung für den EWR) sowie den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge hinsichtlich bestimmter Vorschriften zu den Kraftfahrzeugsteuern vorgestellt.

 

Die beiden Vorschläge sollen die Richtlinie 1999/62/EG („Wegekostenrichtlinie“) grundsätzlich überarbeiten, welche die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen durch eine schrittweise Harmonisierung der Kraftfahrzeugsteuern und die Einführung gerechter Mechanismen für die Erhebung von Infrastrukturgebühren zum Ziel hat.

 

Mit dem vorliegenden Vorschlag soll diese Richtlinie nun grundsätzlich überarbeitet werden. Das Ziel des neuen Vorschlages soll die Erzielung von Fortschritten bei der Anwendung des Verursacherprinzips („der Verursacher zahlt“) und des Nutzerprinzips („der Nutzer zahlt“) sein, um so einen finanziell und ökologisch nachhaltigen, so wie sozial gerechten Straßenverkehr zu fördern.

 

Zu den wichtigsten Änderungen der Richtlinie zählen insbesondere: Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auch auf Busse, leichte Nutzfahrzeuge und Personenkraftwagen. Ferner soll die Mautdifferenzierung nach Euro-Emissionsklassen abgeschafft werden, da diese Art der Gebührendifferenzierung mit der Erneuerung der Fahrzeugbestände im außerstädtischen Straßennetz nach Ansicht der Kommission erwartungsgemäß ab Ende 2020 hinfällig wird. Stattdessen wurde eine Gebührendifferenzierung, die sich an den CO2-Emissionen orientiert, vorgeschlagen. Zeitabhängige Benutzungsgebühren (Vignetten) in den vom internationalen Verkehr benutzten Straßennetzen sollen schrittweise zunächst für Lastkraftwagen und Busse, später für Personenkraftwagen und Kleintransporter abgeschafft und durch entfernungsabhängige Gebühren abgelöst werden. Zudem soll – zusätzlich zur Erhebung von Infrastrukturgebühren – die Erhebung von Staugebühren erlaubt werden.

 

Gemäß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe g AEUV teilt die EU die Zuständigkeit für Regelungen im Verkehrsbereich mit den Mitgliedstaaten. Die Ausweitung des Geltungsbereiches der Richtlinie auf Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen, die nicht für den Güterkraftverkehr bestimmt sind oder verwendet werden und deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, schränkt die Regelungskompetenz der Mitgliedstaaten wesentlich ein. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip kann die Union aber nur dann tätig werden, wenn sie in der Lage ist, effizienter zu handeln als die Mitgliedstaaten selbst. Da die Wegekostenrichtlinie im Wesentlichen der Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen von Unternehmen in der Union dient, erscheint es nach Auffassung des Bundesrates nicht angebracht, dass insbesondere auch Personenkraftwagen vom Regelungsinhalt dieser Richtlinie erfasst werden sollen. Bei der Regelung der Nutzung von Straßen durch private Personen, sei es als Arbeitnehmer oder als Konsumenten, sind vor allem nationale und regionale Gesichtspunkte zu beachten, was auf Grund der wesentlich größeren Sachnähe effizienter von den Mitgliedstaaten wahrgenommen werden kann. Aus Sicht des Bundesrates ist eine derartige Vorgehensweise nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar.

 

Darüber hinaus erscheint es dem Bundesrat in diesem Zusammenhang vor allem besonders unverhältnismäßig, dass die Richtlinie die Mitgliedstaaten dazu verpflichten soll, bestehende Systeme zur zeitabhängigen Bemautung von Straßen nach Ablauf einer Übergangsfrist durch Systeme zur fahrleistungsabhängigen Bemautung zu ersetzen.