Parlament Österreich

 

 

 

IV-115 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 24.  Oktober 2017

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Dienstag, 24. Oktober 2017

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Tagesordnung

 

 

 

 

1.    Jahresbericht des Europäischen Rechnungshofes über die Ausführung des Haushaltsplans der Europäischen Union zum Haushaltsjahr 2016/Jahresbericht über die Tätigkeiten im Rahmen des achten, neunten, zehnten und elften Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) zum Haushaltsjahr 2016

(155967/EU XXV.GP)

 

2.    Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2016/2102 wegen Verstoßes gegen Art. 19 bis 22 Abs. 1 der Richtlinie 92/83 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/84; Befreiung von Hausbrand von der harmonisierten Verbrauchssteuer; Mahnschreiben der Europäischen Kommission; Stellungnahme der Republik Österreich (LIMITE)

(154830/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Beginn der Sitzung berichtete Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (ÖVP/V) kurz über jüngst eingegangene Dokumente:

 

Antwortschreiben der EU-Kommission auf Beschlüsse des Bundesrates:

 

·         Antwortschreiben der Europäischen Kommission zur begründeten Stellungnahme des Bundesrates vom 5. Juli 2017 (Richtlinienvorschlag betreffend Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge)

 

Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte:

 

·         Legislativpaket der Kommission zur Einführung eines endgültigen Mehrwertsteuersystems

 

·         Cybersicherheitspaket der Kommission

 

·         Legislativpaket der Kommission zur Stärkung des Europäischen Finanzaufsichtssystems

 

 

 

 

Folgende Experten standen den Ausschussmitgliedern zur Verfügung:

 

·         Mag. Oskar Herics (Europäischer Rechnungshof)

·         Dr. Margit Spindelegger Europäischer Rechnungshof) (

·         DI Thomas Obermayr (Europäischer Rechnungshof)

 

·         Dr. Gerald Eberhard (Bundeskanzleramt)

·         Mag. Helmut Schamp (Bundesministerium für Finanzen)

 

·         Mag. Michael Zimmermann (Wirtschaftskammer Österreich)

·         Dr. Johannes Schmid (Städtebund)

·         Mag. Johann Zimmermann (Landwirtschaftskammer)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bericht des Europäischen Rechnungshofs

 

 

Von einer positiven Entwicklung konnte Oskar Herics, der Vertreter Österreichs im Europäischen Rechnungshof, in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrats berichten, indem er die Prüfergebnisse von 2016 präsentierte. Erstmals seit Einführung der Zuverlässigkeitserklärung 1994 gab der Rechnungshof für das Jahr 2016 ein eingeschränktes und kein negatives Prüfungsurteil zu Zahlungen ab. Dies deshalb, weil die geschätzte Fehlerquote kontinuierlich sinkt, 2016 lag sie bei 3,1%, 2015 bei 3,8% und 2014 noch bei 4,4%.

 

Ein erheblicher Teil der geprüften Ausgaben, und zwar der sogenannten anspruchsbasierten Zahlungen, war im wesentlichen Ausmaß mit keinen Fehlern behaftet. Unter anspruchsbasierten Zahlungen werden jene verstanden, die Begünstigte unter bestimmten Voraussetzungen erhalten – etwa Forschungsstipendien, Stipendien für Studierende oder Direktbeihilfen für LandwirtInnen. Die Fehlerquote lag hier bei nur 1,3%, die Toleranzgrenze beträgt 2%. Bei den erstattungsbasierten Zahlungen, die Begünstigte für entstandene förderfähige Kosten erhalten, betrug die Fehlerquote 4,8%. Herics wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Mitgliedstaaten selbst wirksame Korrekturmaßnahmen vorgenommen haben, wodurch ein Absinken der Fehlerquote bewirkt werden konnte.

 

Die EU-Rechnungsführung wird für das Vorjahr als zuverlässig beurteilt, auch die Einnahmen und Zahlungen qualifiziert der EU-Rechnungshof als rechtmäßig und ordnungsgemäß. Insgesamt handelte es sich um ein Budget der EU in der Höhe von 136,4 Mrd. €, wobei der Großteil im Ausmaß von 57,9 Mrd. € für Land- und Forstwirtschaft ausgegeben wird, 35,7 Mrd. € für die Kohäsion, 15,2 Mrd. € für den Bereich Wettbewerbsfähigkeit und 13,8 Mrd. € für die Entwicklung des ländlichen Raums, die Umwelt, Klimapolitik und Fischerei, 9,4 Mrd. € fließen in die Verwaltung. Dieser EU-Haushalt entspricht 1% der Wirtschaftsleistung im gesamten EU-Raum.

 

Kritisch äußerte sich Herics zum Finanzmanagement der EU und wies darauf hin, dass der Anstieg des Haushalts auf über 238 Mrd. € einen historischen Höchststand bedeutet. Große Probleme ortet er durch die Zunahme zahlreicher Programme, die außerhalb des EU-Budgets installiert werden – sogenannte Satellitenbudgets -, wodurch die Transparenz leidet. Diese Mittel und Programme - wie etwa der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM, das Europäische Finanzaufsichtssystem ESFS, die  Europäische Investitionsbank EIB und die Verteidigungsagentur - seien auch nicht der Prüfkompetenz des Rechnungshofs unterworfen. Der EU-Finanzrahmen ist nach Ansicht von Herics viel zu starr, um etwa bei unerwarteten Ereignissen flexibler eingesetzt werden zu können.

 

Grundsätzlich wird der EU-Rechnungshof seine Strategie des Prüfungsansatzes ändern, berichtete Herics, man wolle einen klaren Fokus auf eine sinnvolle Verwendung der EU-Mittel sowie auf Leistungsaspekte legen und nicht allein die Rechtsaspekte der Prüfung zugrunde legen. Auch strebe man eine intensivere Kooperation mit dem Rat der EU und eine engere Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten an, sagte er.

 

 

Was die Ergebnisse für Österreich betrifft, so gab es gegenüber 2015 kaum Änderungen. In Österreich sind noch immer 40,4% der Transaktionen mit Fehlern behaftet – der EU-Durchschnitt beträgt 43,6%. Es handle sich dabei jedoch um eher kleinere Fehler, bekräftigte Herics.

 

Bei den finanziellen Berichtigungen schneidet Österreich im europäischen Vergleich noch immer gut ab, die heimische Tendenz ist aber negativ. So musste Österreich im Vorjahr 0,54% korrigieren (EU-Durchschnitt 2,74%), 2012 lag man aber noch unter 0,1%. Ein großes Problem bereitet immer noch die Berechnung der Almflächen, wobei man um Vereinfachungen bemüht sei und man auch gewisse Toleranzen eingebaut hat, betonte Herics gegenüber den Bundesräten Martin Preineder (ÖVP/N), Eduard Köck (ÖVP/N) und Ingrid Winkler (SPÖ/N). Preineder hatte an die europäischen Institutionen appelliert, hier mit Augenmaß vorzugehen, zumal die Berechnung der Almflächen außerordentlich schwierig sei. Herics informierte den EU-Ausschuss darüber, dass seit Frühjahr 2016 ein Konformitätsabschlussverfahren der Kommission gegenüber Österreich laufe, bei dem es darum gehe, ob hierzulande entsprechende Systeme vorliegen, um das EU-Recht einhalten zu können. Dieses Verfahren diene jedoch nicht dazu, Betrug festzustellen, hielt er gegenüber Stefan Schennach (SPÖ/W) fest. Sollten dabei jedoch Unregelmäßigkeiten ans Tageslicht kommen, könne auch eine Pauschale als eine finanzielle Berichtigung verhängt werden.

 

 

Kritisch äußerte sich Herics auch gegenüber der Arbeit von OLAF, dem EU-Betrugsbekämpfungsamt. Er zeigte sich aber froh darüber, dass es nun ab 2020 eine europäische Staatsanwaltschaft geben wird. Der Rechnungshof habe jedoch auch eine Prüfung von OLAF eingeleitet.

 

 

Thema in der Diskussion war auch die laufenden Wirtschaftlichkeitsprüfungen von Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken in Europa, wobei der Europäische Rechnungshof grobe Mängel bei der Verkehrsplanung innerhalb der EU und Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Infrastrukturvorhaben feststellte. Für die Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken sind bis 2020 EU-Mittel von rund 23,4 Mrd. € vorgesehen. Beim Brenner Basistunnel stellte Herics eine unzureichende Kooperation zwischen Österreich, Deutschland und Italien fest, die Verkehrsprognosen seien miteinander nicht abgestimmt. Es gebe keine Untersuchung des künftigen Personenverkehrs und die Interoperabilitätsprobleme mit Italien seien nicht gelöst. Hier gehe es um viel Geld, das nicht wirksam eingesetzt werde, sagte er. Die Anschlussstrecken in den beiden benachbarten Ländern ließen noch auf sich warten, während Österreich baue, stellte Herics gegenüber Edgar Mayer (ÖVP/V), Stefan Schennach (SPÖ/W), Michael Lindner (SPÖ/O), Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) und Christoph Längle (FPÖ/V) fest. Das Problem sei, dass Österreich eine Angebotsplanung betreibt und Deutschland abwartet, weil das Land eine Nachfrageplanung vornimmt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vertragsverletzungsverfahren – Steuerbefreiung von Hausbrand

 

 

Darf die Herstellung kleiner Mengen von hausgemachtem Alkohol (Hausbrand) steuerfrei sein oder nicht – darüber sind sich EU-Kommission und Österreich uneinig. Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass mit der hierzulande geltenden Steuerbefreiung EU-Recht verletzt wird, konkret die Richtlinie zu harmonisierten Verbrauchsteuern (92/83/EWG in Verbindung mit 92/84/EWG). Laut § 70 des österreichischen Alkoholsteuergesetzes ist Hausbrand, der im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in einem Jahr abfindungsweise für den privaten Gebrauch der LandwirtInnen und deren Angehörigen für den Hausbedarf hergestellt wird, bis zu einer Höchstmenge von 51 Liter von der Steuer befreit. Aus diesem Grund wurde im Vorjahr von der Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, im Februar 2017 folgte ein Mahnschreiben.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrats konnte sich der Interpretation der EU-Kommission nicht anschließen und unterstützte ausdrücklich die Position der Bundesregierung – konkret die BundesrätInnen Edgar Mayer (ÖVP/V), Stefan Schennach (SPÖ/W), Christoph Längle (FPÖ/V) und Heidelinder Reiter (Grüne/S). Man wolle aber zunächst die Prüfung der österreichischen Argumentation durch die EU-Kommission abwarten, so Mayer. Da laut Finanzministerium derzeit Vorarbeiten laufen, die EU-Alkoholsteuer-Richtlinie zu ändern, werde sich der EU-Ausschuss zum gegebenen Zeitpunkt sehr genau mit einem etwaigen Entwurf befassen. Auch aus dem Finanzressort hieß es, in diesem Fall werde man darauf achten, dass die Probleme im Rahmen der EU-Gesetzgebung bereinigt werden.

 

Die Bundesregierung erinnert in ihrer Stellungnahme daran, dass sich Rat und Kommission im Zuge der Richtlinienbeschlussfassung im Jahr 1992 in einem Vermerk explizit für die Beibehaltung der Steuerbefreiung ausgesprochen haben. Auch das Europäische Parlament habe eine entsprechende Hausbrandregelung gefordert. Der Vermerk sei auch nicht im Rahmen der vorbereitenden Arbeiten erfolgt, sondern vier Tage nach Beschlussfassung. Österreich erachtet diesen daher als eine authentische und damit rechtserhebliche Interpretation.

 

Außerdem stehe die Steuerbefreiung angesichts der geringen fiskalischen und wirtschaftlichen Bedeutung nicht im Widerspruch zum Ziel der Richtlinien, ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, einen freien Warenverkehr zu ermöglichen und Verzerrungen der Wettbewerbsbedingungen zu vermeiden. Zudem, so die heimische Auffassung, sei es im Lichte des primärrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes kaum einsehbar, weshalb für Schnaps im Unterschied zu Bier und Wein keine Steuerbefreiung bei kleinsten Mengen für den Privatverbrauch möglich sein sollte – die EU-Alkoholsteuer-Richtlinie erlaubt nämlich eine derartige Steuerbefreiung für Wein und Bier explizit. Die Regierung weist zudem darauf hin, dass die österreichische Hausbrandordnung auf das 19. Jahrhundert zurückgeht und bereits 180 Jahre alt ist.

 

Die Vertreter des Finanzministeriums und des Bundeskanzleramts erinnerten jedoch daran, dass ein derartiges Vertragsverletzungsverfahren für Ungarn negativ ausgegangen ist, es gebe aber Unterschiede zu den Regelungen in Österreich.