Parlament Österreich

 

 

 

IV-117 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 7.  Februar 2018

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 7. Februar 2018

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Tagesordnung

 

 

 

 

1.    COM(2017) 637 final

Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

(160378/EU XXV.GP)

 

 

2.    COM(2017) 772 final

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU über ein Katastrophenschutzverfahren der Union          

(2371/EU XXVI.GP)

 

Hingewiesen wird auf eine Stellungnahme des Vorarlberger Landtags vom 17. Januar 2018 sowie des Oberösterreichischen Landtags vom 18. Januar 2018.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Beginn des EU-Ausschusses des Bundesrats berichtete Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (ÖVP/V) über die letzte Sitzung der COSAC:

 

 

·         Präsentiert wurden dabei die Schwerpunkte der bulgarischen Ratspräsidentschaft.

 

·         Diskutiert wurde zudem mit EU-Kommissar Frans Timmermans über die Zukunft Europas. Dazu wurde eine Task Force  eingerichtet, in der Österreich durch Abgeordneten Reinhard Lopatka vertreten ist. Die Task Force soll ihren Bericht Mitte Juni fertigstellen.

Dabei sei eine Diskussion entbrannt, weil das Europäische Parlament (EP) nicht dabei ist, was unter anderem von Österreich und Deutschland als ein falscher Weg kritisiert wurde, zumal es bei der Zukunft der EU auch um demokratische Elemente geht. Wie Stefan Schennach (SPÖ/W) berichtete, passierte das dadurch, dass in der Troika derzeit nur kleine Staaten vertreten sind und daher große Länder eine Aufstockung auf sechs Mitgliedstaaten durchgesetzt haben. Im Zuge dessen fiel das EP raus.

Edgar Mayer betonte, dass die Task Force unter anderem Strategien zur Entwicklung von Stabilität und Sicherheit ausarbeiten soll.

Weiters sollen auch die zu kurzen Fristen für die Mitwirkung der nationalen Parlamente bei der EU-Gesetzgebung sowie die immer wieder kritisierten delegierten Rechtsakte Thema sein.

 

 

 

 

 

Der Ausschussvorsitzende berichtete ferner über Dokumente, die seit dem letzten Ausschuss eingelangt sind:

 

Stellungnahmen der Länder

 

·         Stellungnahme des Oberösterreichischen Landtags sowie der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtags unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens zum Weißbuch zur Zukunft Europas

 

·         Stellungnahme des Vorarlberger sowie des Oberösterreichischen Landtags zum Katastrophenschutzverfahren der Union.

 

·         Gemeinsame Länderstellungnahme zu Teilen des Pakets zur Verwirklichung emissionsarmer Mobilität.

 

 

Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte

 

·         Teile des Legislativpakets der Kommission für saubere Mobilität

 

·         Legislativpaket Steuergerechtigkeit.

 

 

 

 

 

 

 

 

Den Ausschussmitgliedern standen folgende Expertinnen und Experten zur Verfügung:

 

·         Sektionschef Dr. Georg Kathrein  (BM für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz)

 

·         Mag.a Dr.in Veronika Tiefenthaler, LL.M (BM für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz)

 

·         Mag.a Mirjana Jakopec (BM für Inneres)

 

·         Mag.a Elisabeth Puchner (BM für Inneres)

 

·         Mag.a Karin Zettelmann (BM für Inneres)

 

·         Dr. Roman Seeliger (Wirtschaftskammer Österreich)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Warenhandel - Gewährleistungsrecht

 

 

Der Vorschlag der EU-Kommission, den Anwendungsbereich des ursprünglichen Richtlinienentwurfs zur Harmonisierung des Online-Handels auf den klassischen Warenhandel, also auf alle Kaufverträge, unabhängig von der Art des Vertriebs, auszudehnen, stößt im Bundesrat auf massive Kritik – jedenfalls seitens der ÖVP und der FPÖ. Die im EU-Ausschuss der Länderkammer mit den Stimmen der beiden Parteien angenommene Mitteilung an die EU-Institutionen in Brüssel fasst die Bedenken zusammen. Für die ursprünglich geplante Subsidiaritätsrüge ist die Frist knapp abgelaufen.

 

Den gegenständlichen Entwurf der EU-Kommission erachten die ÖVP-FPÖ-BundesrätInnen darin als unverhältnismäßig, er stehe mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht im Einklang. Das europaweit geltende Gewährleistungsrecht biete eine Mindestharmonisierung und habe sich bewährt, so der Tenor.

 

Als gravierendes Problem wird angesichts der unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten in erster Linie die geplante Vollharmonisierung gesehen, die vor allem die Klein- und Mittelbetriebe unter Druck bringen könnte, wie dies auch Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (ÖVP/V) kritisch hervorhob. Befürchtet wird eine weitere Konzentration des Handels, da die Großunternehmen im Gegensatz zu den kleineren Betrieben Möglichkeiten des Ausgleichs haben, und in Folge auch negative Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Preise. Was den Konsumentenschutz betrifft, so gibt es unterschiedliche Einschätzungen: Einerseits, meint man, könnte es zu einem sachlich nicht gerechtfertigten Hinaufschrauben der Verbraucherschutzstandards kommen, andererseits wird davor gewarnt, dass eine völlige Angleichung zu einer Absenkung geltender Standards führen könnte, weil es den einzelnen Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie nicht erlaubt wäre, Abweichungen von den Regeln - auch nicht zugunsten der KonsumentInnen - vorzunehmen. Damit würde die EU auch in die Rechtsinstitute des allgemeinen Zivilrechts eingreifen, heißt es in der Mitteilung.

 

Die SPÖ hält eine Vollharmonisierung ebenfalls für nicht gangbar, lehnt aber eine Minderung des Konsumentenschutzes kategorisch ab. Die Befürchtungen der Wirtschaftskammer hält sie für überzogen. Demgegenüber betonten ÖVP, FPÖ, aber auch das Justizministerium, dass man selbstverständlich keinerlei Verschlechterung des Konsumentenschutzes zustimmen würde. Seitens der Wirtschaftskammer hieß es, es gehe um die Beibehaltung des derzeitigen Konsumentenschutzniveaus.

 

Große Bedenken wurden auch vom zuständigen Sektionschef des Justizministeriums geäußert. Die Verhandlungen würden sich sehr schwierig gestalten, berichtete er und geht davon aus, dass dieses Thema die österreichische Ratspräsidentschaft im Herbst beschäftigen werde.

 

 

Mit der genannten "Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels" beabsichtigt die EU im Wesentlichen, ein neues Gewährleistungsregime für den Warenkauf einzuführen. Konkret ist eine Beweislastumkehr von zwei Jahren vorgesehen. Das bedeutet, sollten Schäden innerhalb von 24 Monaten auftreten, geht man davon aus, dass diese bereits beim Kauf vorhanden waren. Diese Frist war bisher mit 6 Monaten bemessen. Die Händler hätten nach dem EU-Vorschlag auch keine Chance, eine Reparatur anzubieten, da die KonsumentInnen von Anfang an alle Rechte haben sollen: Das Recht der Wandlung, das heißt Ware zurück und Geld zurück, soll es nämlich auch bei geringfügigen Mängeln geben, außerdem das Recht zur Zurückbehaltung des Kaufpreises bei Vorliegen von Mängeln.

 

Diese Punkte werden vor allem seitens des Justizministeriums, aber auch von der Wirtschaftskammer kritisiert. Deren Experte wies darauf hin, dass es trotz Benützung eines Produkts von knapp 24 Monaten nicht einmal möglich wäre, ein Benützungsentgelt zu verlangen, was seiner Ansicht nach auf eine Enteignung der Unternehmen hinausläuft. Er sieht darin vor allem verfassungsrechtliche Probleme. Angesichts der Tatsache, dass auch keine Ausnahmen für Gebrauchtwaren vorgesehen sind, und es oft um Produktionsmängel gehe, die der Händler nicht verursacht habe, werde die Ausgewogenheit zwischen Unternehmen und KonsumentInnen empfindlich gestört. Damit steige auch die Missbrauchsanfälligkeit, sagte er.

 

 

 

Die weit verbreitete Skepsis war in der Diskussion offensichtlich, wenn auch differenziert. So zeigte Stefan Schennach (SPÖ/W) Verständnis für den Versuch, in diesem Bereich so weit wie möglich eine Harmonisierung zu realisieren, eine Vollharmonisierung hält er aber für den falschen Weg. In diesem Zusammenhang begrüßte er auch das Verbot von Geoblocking. Wie seine Fraktionskollegin Ingrid Winkler (SPÖ/N) warnte er aber eindringlich davor, das Niveau des Konsumentenschutzes zu senken. Winkler sieht auch die Dramatik nicht, wie sie von der Wirtschaftskammer geschildert wird, und meinte, man dürfe nicht davon ausgehen, dass KonsumentInnen Rechte missbrauchen. Gedanken macht sie sich über etwaige Prozesskosten. Schennach betonte seinerseits ebenfalls die Schwierigkeiten, in dieser komplexen Materie einen Kompromiss zu finden, könnte sich aber vorstellen, die Beweislastumkehr mit einem Jahr zu bemessen. Dem kann der Vertreter der Wirtschaft nur dann etwas abgewinnen, wenn den Händlern eine zweite Chance, nämlich die Reparaturmöglichkeit, gegeben wird.

 

Zu hohe Prozesskosten, die von kleinen Händlern nicht getragen werden können, bereiten auch Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) Sorgen. Er warnte zudem vor einer weiteren Konzentration im Handel und kritisierte allgemein, dass durch die geplante Richtlinie nur die Händler, nicht aber die Erzeuger betroffen wären. In die gleiche Kerbe schlug Eduard Köck (ÖVP/N), der seinerseits unterstrich, kleine Händler würden mit großen nicht mitkommen, die Produkte würden zudem teurer werden.

 

Die Frage werde auch sein, auf welche Lebensdauer die einzelnen Produkte angelegt sind, warf Bernhard Rösch (FPÖ/W) in die Debatte ein und meinte, wie andere vor ihm, man werde sich wohl in der Mitte treffen müssen. Laut Monika Mühlwerth (FPÖ/W) ist die Vollharmonisierung zum Scheitern verurteilt, weil die Gesetzgebung der Wirtschaft ohnehin hinterherlaufe. So würden Online-Händler zum Beispiel bereits überlegen, für Retoursendungen Kosten einzubehalten.

 

 

Der Bundesrat hat den ursprünglichen Richtlinienentwurf, der sich nur auf den Online-Handel bezogen hat, schon im März 2016 diskutiert (siehe Meldung der Parlamentskorrespondenz Nr.217/2016  und 304/2016) und auch dazu eine kritische Mitteilung nach Brüssel geschickt. Man gab damals bereits zu bedenken, dass die Verhandlungen zur Verbraucherrechte-Richtlinie deutlich gemacht haben, dass die Vorschriften über die Gewährleistung aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten und Institutionen nicht sinnvoll vollharmonisiert werden können. In diesem Sinne haben die Bundesrätinnen und Bundesräte damals davor gewarnt, den Richtlinienentwurf auch auf den klassischen stationären Einzelhandel auszudehnen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Katastrophenschutz

 

 

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Überschwemmungen und Waldbrände in Europa, etwa wie jene in Portugal im letzten Jahr, Wirbelstürmen in der Karibik und den humanitären Folgen der Flüchtlingskrise soll der EU-Katastrophenschutz ausgebaut werden. Bereits im Jänner stießen die Pläne der Kommission bei einem Besuch von EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement Christos Stylianides auf Skepsis im Parlament. Untermauert wurden diese fraktionsübergreifenden Bedenken im EU-Ausschuss des Bundesrats mit einer einstimmig beschlossenen kritischen Mitteilung nach Brüssel. Darin hebt die Länderkammer den funktionierenden österreichischen Katastrophenschutz in den Städten und Gemeinden auf Basis der Freiwilligkeit hervor. Dieser sei nur schwer mit den neuen EU-Katastrophenschutzplänen zu vereinen, so der Konses. Von einem grundsätzlichen Bekenntnis zu einem solidarischen europäischen Katastrophenschutz werde damit aber nicht abgerückt.

 

Der Vorschlag der Kommission sieht vor, das bisherige auf freiwilliger Basis gestützte EU-Katastrophenschutz-Hilfspool durch ein zentral von der EU-Kommission gesteuertes neues System "rescEU" zu ergänzen. Das geplante Programm "rescEU" soll demnach Katastrophenschutzressourcen wie Löschflugzeuge, Sonderwasserpumpen oder Feldlazarette beinhalten und von der Kommission in Spezialfällen eingesetzt werden können, wenn die nationalen Kapazitäten in den Mitgliedsländern nicht mehr ausreichen.

 

Laut Kommission soll es sich um keinen Ersatz für Katastrophenschutzressourcen in den Mitgliedsländern handeln. Ein Punkt, der insbesondere im Bundesrat auf Befürchtungen stößt. Edgar Mayer (ÖVP/V) warnte etwa vor möglichen Eingriffen auf nationale Kompetenzen. "In das nationale Katastrophenschutzmanagement einzugreifen, wäre ein Schaden für die gesamte Republik", meinte ebenfalls von der ÖVP Roman Janacek. Die neuen EU-Katastrophenschutzpläne mit europäischen bzw. bezahlten Einsatztruppen wären aus seiner Sicht sowie nach Meinung von Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) ein falsches Signal für die vielen freiwilligen HelferInnen in Österreich. Dass das österreichische Freiwilligensystem dadurch ins Wanken kommen könnte, befürchtet SPÖ-Bundesrat Michael Lindner wiederum nicht. Es gebe viele Möglichkeiten wie zusätzliche Urlaubstage, um freiwilligen HelferInnen einen weiteren Ansporn zu geben, so Lindner.

 

Subsidiaritätsprobleme ortet ebenfalls das Innenministerium, insbesondere wird "rescEU" aber als unvereinbar mit dem österreichischen Freiwilligen-System eingestuft. 

 

Die Europäische Kommission sieht allerdings nicht zuletzt die Mitgliedsländer in der Pflicht. Deren Beiträge für den EU-Katastrophenschutz seien "aufgrund ihres freiwilligen Charakters vielfach als unzureichend" zu bewerten, heißt es im Kommissionsvorschlag. So sei bei den verheerenden Waldbränden 2016 und 2017 nur auf 10 der 17 eingelangten Hilfeersuchen reagiert worden, und auch dann häufig mit zeitlicher Verzögerung. Portugal hat laut Angaben des Innenministeriums im vorigen Jahr über den bestehenden EU-Katastrophenschutzmechanismus um Hilfe ersucht, war allerdings aufgrund von weiteren Waldbränden in anderen europäischen Ländern mit Engpässen bei Canadair-Löschflugzeugen konfrontiert, wie Christoph Längle von den Freiheitlichen seitens des Innenministeriums in Erfahrung brachte. Österreich verfügt über keines dieser Löschflugzeuge.

 

Österreich werde auch weiterhin TrinkwasserexpertInnen und Hundestaffeln in die Welt schicken, übersehen werde bei diesem Vorschlag allerdings, dass es EU-Mitgliedsstaaten gebe, in denen der  Katastrophenschutz in den Gemeinden und Städten vor Ort stufenweise, hervorragend und auf freiwilliger Basis aufgebaut sei, so die Kritik Stefan Schennachs (SPÖ/W). Zudem würde es keinen Sinn machen, wenn Einsätze von den um Hilfe suchenden Ländern finanziert werden müssten.

 

Heidelinde Reiter von den Grünen unterstrich, dass es angesichts der steigenden Klimakatastrophen, bei denen die Kapazitäten in den einzelnen Mitgliedsländern überschritten werden, sowie trotz aller Bedenken Ziel bleiben müsse, die solidarische Zusammenarbeit im EU-Katastrophenschutz auf bessere Beine zu stellen.

 

Die Kosten werden im Kommissionsvorschlag mit 280 Mio. € beziffert, wobei der geringere Teil aus Umschichtungen im EU-Budget kommen, der Rest durch die Inanspruchnahme des EU-Flexibilitätsinstruments aufgebracht werden soll. Das würde laut Innenministerium steigende Beiträge für EU-Nettozahler bedeuten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Mitteilung wurde mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ angenommen:

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

 

 

An die Europäische Kommission, den Rat und das Europäische Parlament der Bundesräte Edgar Mayer und Monika Mühlwerth

betreffend

 

COM (2017) 637 final Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44 des Europäischen Parlaments und des Rates

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 07. Februar 2018

 

 

Der Präsident des Bundesrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß § 13b Abs. 9 GO-BR an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat zu übermitteln.

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission, den Rat der EU und das Europäische Parlament

gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

 

Mit der von der Europäischen Kommission schon Ende 2015 vorgeschlagenen Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren sollte im Wesentlichen ein neues, vollharmonisiertes Gewährleistungsregime für den Warenkauf im Fernabsatz eingeführt werden. Mit dem nunmehr vorliegenden geänderten Vorschlag über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels (COM (2017) 637 final) vom 31.10.2017 wird der Vorschlag auf alle Kaufverträge – die auch Verträge über herzustellende Waren umfassen – unabhängig von der Art des Vertriebes ausgedehnt. Die derzeit geltende Richtlinie 1999/44 über den Verbrauchsgüterkauf soll aufgehoben werden.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat den gegenständlichen Vorschlag insbesondere auch unter dem Blickwinkel der einerseits Unternehmerinnen und Unternehmer wie Verbraucherinnen und Verbraucher andererseits betreffenden Aspekte geprüft und kommt zum Schluss, dass der gegenständliche Entwurf unverhältnismäßig ist und mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht im Einklang steht.

 

Das Gewährleistungsrecht ist im UnternehmerInnen-VerbraucherInnen-Bereich durch die Verbrauchsgüterkauf-RL 1999/44 bereits europaweit - und zwar unabhängig von der Form des Vertriebs - mindestharmonisiert vereinheitlicht.

 

Einerseits ist zu befürchten, dass es im Rahmen der Vollharmonisierung zu einem sachlich nicht berechtigten Hinaufschrauben des Verbraucherschutzstandards kommt, so etwa – wie im Vorschlag bereits vorgesehen - zu einer längeren Vermutungsfrist für das Vorliegen eines Mangels bei Übergabe (zwei Jahre statt sechs Monaten) oder zu einem Recht auf Wandlung des Vertrags auch bei geringfügigen Mängeln. 

 

Verbrauchervertreterinnen- und Vertreter warnen wiederum vor der „Sperrwirkung“ einer vollharmonisierten Rechtslage, sodass geltendes Verbraucherschutzniveau abgesenkt werden könnte. Zudem haben schon die Verhandlungen zur Verbraucherrechte-RL gezeigt, dass die Vorschriften über die Gewährleistung aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten und Institutionen nicht sinnvoll vollharmonisiert werden konnten. Selbst im sachlich begrenzten Bereich des RL-Vorschlages über digitale Inhalte konnte im Rat keine Vollharmonisierung erreicht werden, sondern wird in dessen Allgemeiner Ausrichtung die Länge der Haftungsdauer nur mindestharmonisiert und auch die Regelung der Verjährung den Mitgliedstaaten überlassen.

 

Der Bundesrat hat aber zudem folgende Erwägungen getroffen:

 

Die Sperrwirkung einer Vollharmonisierung bezieht sich nicht nur darauf, dass die ganz spezifischen Gewährleistungsregelungen vollständig einer allfälligen neuen Richtlinie zu entsprechen hätten und keinerlei Abweichungen, auch nicht zugunsten der Verbraucher, zulässig wären, sondern würde darüber hinaus in einschneidender Form in weitere ganz zentrale Kernbereiche des nationalen Zivilrechts hineinwirken, diese ändern, jedenfalls die Rechtsunsicherheit massiv erhöhen.

 

Die Mangelhaftigkeit einer Sache kann z.B. ein Verbraucher nach dem nationalen österreichischen Recht je nach den Umständen des Falles nicht nur im Wege des eigentlichen Gewährleistungsrechts, sondern auch im Wege des Schadenersatzrechts geltend machen. Schließlich können Mängel auch im Wege der Irrtumsanfechtung releviert werden. Mit einer vollharmonisierten EU-Regelung der gewährleistungsrechtlichen Mängelhaftung würde daher auch in diese Rechtsinstitute des allgemeinen Zivilrechts eingegriffen werden.

 

Die Europäische Kommission begründet ihren ursprünglich nur für Fernabsatzverträge vorgesehenen und - im Hinblick auf die mit einem solchen Ansatz verbundene Rechtszersplitterung - nun ausgedehnten Vorschlag mit der Notwendigkeit, durch eine Vollharmonisierung des Gewährleistungsrechts den grenzüberschreitenden elektronischen Handel anzukurbeln. Wie schon zum ursprünglichen führt die Kommission auch zum nunmehr geänderten Vorschlag aus, dass Unternehmen durch die neuen vollharmonisierten Gewährleistungsbestimmungen „Waren an Verbraucher in allen Mitgliedstaaten auf der Grundlage der gleichen Vertragsbedingungen verkaufen können“. Im den Vorschlag begleitenden Arbeitsdokument der Kommission wird ausgeführt, dass den Unternehmen, die grenzüberschreitend verkaufen wollen, pro Mitgliedstaat Kosten in Höhe von ca. 9000 Euro entstehen, um ihre AGB an das jeweilige nationale Vertrags- bzw. Verbraucherschutzrecht anzupassen. Es wird in weiterer Folge damit argumentiert, dass sich im grenzüberschreitenden E-Commerce tätige Unternehmen diese Kosten der AGB-Anpassung künftig sparen könnten, was insgesamt – so jedenfalls die Berechnungen der Kommission -10,8 Milliarden Euro an Kosteneinsparung bedeuten würde.

 

Diese Ausführungen, die das Potential der Anreizfunktion der vollharmonisierten Gewährleistungsregelungen zur Ankurbelung des grenzüberschreitenden E-Commerce offenbar untermauern sollen, sind allerdings nicht nachvollziehbar. Es ist zwar richtig, dass z.B. Online-Händler, die grenzüberschreitend verkaufen wollen, Verträge/AGB dahingehend überprüfen (lassen) müssen, ob diese mit dem Recht des Wohnsitzes des Verbrauchers vereinbar sind. Das bedeutet Aufwand und Kosten für die Unternehmen. Dass sich Unternehmen diese Kosten bei Schaffung vollharmonisierter Gewährleistungsbestimmungen in Zukunft sparen könnten, ist aber schon vom Ansatz her nicht schlüssig. Die Anpassungsnotwendigkeit von AGB an das jeweilige nationale Recht ist nicht durch die Unterschiede in den nationalen Gewährleistungsregimen bedingt, sondern durch sonstige zwingende Verbraucherschutzregelungen. Die Kommission übersieht nämlich, dass in AGB ja schon derzeit nichts vorgesehen werden kann, was von den zwingenden gesetzlichen Regelungen abweicht. Schon die geltende Verbrauchsgüterkaufs-RL (Art 7 (1)) schließt dies europaweit aus. Wenn aber schon derzeit nichts in den AGB zur Gewährleistung geregelt werden kann, dann können Unternehmen auch durch vollharmonisierte Gewährleistungsbestimmungen keine Kosteneinsparungen im Hinblick auch die AGB-Anpassungen im Vergleich zum Ist-Zustand lukrieren. Die Berechnungen der Kommission zu den Kosteneinsparungen sind daher mehr als fragwürdig.

 

Die Notwendigkeit, Verträge an nationales Recht anzupassen und die diesbezüglichen Kosten bleiben aufgrund der sonstigen zwingenden Verbraucherschutzregelungen (z.B. Recht gegen missbräuchliche Klauseln) vielmehr weiterhin bestehen. Zudem gilt es besonders zu bedenken, dass jene Unternehmen, insbesondere KMU, die rein national tätig sind und auch künftig nicht grenzüberschreitend tätig sein werden, keine auch wie immer gearteten Vorteile, sondern nur weitere Belastungen durch verschärfte Gewährleistungsregelungen zu gewärtigen hätten.

 

Der Bundesrat anerkennt, dass die Kommission Handlungsbedarf dahingehend sieht, den grenzüberschreitenden E-Commerce im Interesse von Verbrauchern und Unternehmern zu erleichtern, ist aber der Auffassung, dass der gegenständliche Vorschlag, der einen tiefgreifenden Einschnitt in die Kernbereiche des nationalen Zivilrechts darstellt, dafür kein geeignetes Mittel darstellt, unverhältnismäßig und daher mit dem Subsidiaritätsprinzip unvereinbar ist. Eine sinnvolle, die Interessen beider Vertragspartner angemessen berücksichtigende Neuregelung der Gewährleistung ist auf EU-Ebene nicht erreichbar.

 

Angesichts der bereits abgelaufenen Frist für Subsidiaritätsrügen formuliert der Bundesrat die Bedenken im Rahmen einer Mitteilung, angesichts der von Kommissionspräsident Juncker eingesetzten Task-Force zur Subsidiarität erscheint eine Verlängerung der 8-Wochen-Frist für Subsidiaritätsrügen aus Sicht des Bundesrates sinnvoll.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Mitteilung wurde einstimmig angenommen:

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

 

der Bundesräte Edgar Mayer, Monika Mühlwerth und Stefan Schennach

betreffend

 

COM (2017) 772 Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Beschlusses Nr. 1313/2013 EU über ein Katastrophenschutzverfahren der Union (005364/EU XXVI.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 07. Februar 2018

 

 

Der Präsident des Bundesrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß §13b Abs. 9 GO-BR an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat zu übermitteln.

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission, den Rat der EU und das Europäische Parlament

gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

 

 

Die Europäische Kommission hat am 23. November 2017 einen Vorschlag zur Änderung des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU über ein Katastrophenschutzverfahren der Union vorgelegt. Die Union bzw. einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind mit einer zunehmenden Zahl an Katastrophen konfrontiert: tragische Todesfälle und viele andere Unglücksfälle belasten die Umwelt, die Wirtschaft und zerstören die Existenzgrundlage von vielen Bürgerinnen und Bürgern. Vor allem die Flüchtlings- und Migrationskrise hat allen deutlich vor Augen geführt, dass eine europaweite Zusammenarbeit in Krisensituation sinnvoll und notwendig ist. Gerade im grenzüberschreitenden Bereich ist eine gute Koordinierung der Aktivitäten sehr sinnvoll und wichtig. Der Bundesrat hebt explizit die zahlreichen Freiwilligenorganisationen in den Ländern und Gemeinden hervor, die zu jeder Stunde und mit enormem Einsatz Leib und Leben der Bewohnerinnen und Bewohner unseres Landes schützen oder sogar retten. Gerade in Österreich ist das System der freiwilligen Vereine sehr groß und in den Städten und Gemeinden wird hervorragende Arbeit geleistet. Verbesserungen müssen darum mit entsprechender Umsicht getätigt werden.

 

Artikel 196 AEUV: „Die Union fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, um die Systeme zur Verhütung von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen und zum Schutz vor solchen Katastrophen wirksamer zu gestalten.“ Dabei wird in diesem Artikel vor allem auch auf die nationale, regionale und kommunale Ebene hingewiesen. Gerade bei der Schaffung eines Europäischen Katastrophenschutzpools legt die Kommission fest, wie viele Schlüsselkapazitäten benötigt werden und überwacht die Fortschritte und analysiert die verbleibenden Lücken. Aus Subsidiaritätssicht ist es zielführender, wenn die Bedürfnisse vor Ort analysiert werden bzw. die Kommission hier nicht allein, sondern gemeinsam mit den Mitgliedstaaten agieren kann. Zudem kann die Europäische Union nur das koordinieren, was in den Mitgliedstaaten vorliegt und kann die personellen und sachlichen Mittel nicht der Verfügungsgewalt der Mitgliedstaaten entziehen. Weiters wären mit der Neuregelung jene Mitgliedsstaaten finanziell benachteiligt, die keine Kapazitäten einmelden können, da für Hilfsmaßnahmen außerhalb des genannten Pools keine Finanzierungsmittel mehr vorgesehen sind. Eine verpflichtende Einmeldung von Kapazitäten wird vom Bundesrat aufgrund des österreichischen Freiwilligensystems abgelehnt.

 

In Art.6 des Rechtsaktes ist die Übermittlung der gesamten Risikobewertung an die Europäische Kommission vorgesehen, nach geltendem Recht müssen lediglich die wichtigsten Elemente übermittelt werden. Nachdem die nationalen Risikoanalysen länderspezifisch mittels unterschiedlicher Methoden erstellt werden, bringt die geplante Gesamt-Übermittlung keine sichtbaren Vorteile.

 

Die Europäische Union ist, wie erwähnt, primärrechtlich auf die Unterstützung, Koordinierung und Ergänzung der mitgliedsstaatlichen Katastrophenschutzmaßnahmen beschränkt. Trotz der eindeutigen Rechtslage sieht der vorliegende Beschlussvorschlag des Weiteren vor, mittels einer „Reserve rescEU“ eigene europäische Katastrophenschutzaktivitäten zu schaffen. Damit würde die Kommission berechtigt werden, bestimmte Notfallkapazitäten zu erwerben, zu mieten oder zu leasen. Gleichzeitig würde sie dazu befugt, die genannten Kapazitäten mittels delegierter Rechtsakte – d.h. ohne echte Mitwirkung der Mitgliedsstaaten – zu erweitern. Diese damit geschaffene europäische Parallelstruktur ist einerseits mit Art. 196 AEUV unvereinbar, andererseits birgt sie die Gefahr einer Kommerzialisierung der Katastrophenhilfe durch das Anbieten von Leistungen und Ressourcen durch private Unternehmen.

 

Sowohl der europäische Katastrophenschutzpool, als auch „rescEU“ sind nachteilig für Mitgliedsstaaten, in denen die nationalen Mechanismen auf – wie in den österreichischen Städten und Gemeinden hervorragend strukturierten und ausgestatteten - Freiwilligendiensten basieren.