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IV-130 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 10. April 2019

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 10. April 2019

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Tagesordnung

 

 

1.    COM(2018) 472 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Fonds für die innere Sicherheit

(26187/EU XXVI.GP)

 

2.    COM(2019) 8 final

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat - Auf dem Weg zu einer effizienteren und demokratischeren Beschlussfassung in der EU-Steuerpolitik

(50415/EU XXVI.GP)

 

3.    COM(2018) 636 final/2

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 im Hinblick auf ein Überprüfungsverfahren für im Zusammenhang mit Wahlen zum Europäischen Parlament begangene Verstöße gegen Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten/Ein Beitrag der Europäischen Kommission zum Treffen der EU-Führungsspitzen in Salzburg am 19./20. September 2018

(35235/EU XXVI.GP)

 

4.    COM(2018) 637 final

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen/Freie und faire Europawahlen gewährleisten/Ein Beitrag der Europäischen Kommission zum Treffen der Führungsspitzen in Salzburg am 19./20. September 2018

(36729/EU XXVI.GP)

 

 

 

 

 

 

Am Beginn der Sitzung berichtete Ausschussvorsitzender Christian Buchmann über jüngst eingelangte Dokumente:

 

Vorschlag der Kommission für einen Gesetzgebungsakt:

 

 

·         Vorschlag zur Änderung der Satzung der EIB und damit zusammenhängend ein Antrag auf Einleitung des Verfahrens nach Artikel 308

 

Schreiben der Kommission

 

 

·         Antwortschreiben der Kommission auf Mitteilung des Bundesrates betreffend die Durchsetzung der Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt, zur Festlegung eines Notifizierungsverfahrens für dienstleistungsbezogene Genehmigungsregelungen und Anforderungen sowie zur Änderung der Richtlinie und Verordnung über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems

 

 

Eingangs erinnerte  Ausschussvorsitzender Buchmann überdies  an die von 7. bis 8. April 2019 in Wien stattgefundene Konferenz der ParlamentspräsidentInnen der EU-Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments. Diese Konferenz richtet jährlich jeweils das Land, das in der zweiten Hälfte des Vorjahres die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, in der ersten Hälfte des Folgejahres aus. So sei nun unter dem Vorsitz des Nationalrats- sowie des Bundesratspräsidenten auch die letzte Veranstaltung der parlamentarischen Dimension des österreichischen Ratsvorsitzes 2018 zu Ende gegangen, erläuterte Buchmann.  Auf der Agenda habe zum einen das Thema „die EU und ihre Nachbarn“ gestanden, zumal auch mehrere EU-Nachbarländer inklusive der Westbalkanstaaten an der Konferenz teilnahmen. Zum anderen diente die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen nationalen Parlamenten und europäischen Institutionen als Debattenschwerpunkt, wobei man besonderen Fokus auf die Europawahlen 2019 gerichtet habe. Das Prinzip der Subsidiarität erhielt dabei laut Buchmann gebührend Aufmerksamkeit, was sich auch in den Schlussfolgerungen der Konferenz wiederspiegle.

 

Weiters berichtete der Ausschussobmann von seiner Teilnahme an der interparlamentarischen Konferenz über die Zukunft der Europäischen Union in Bukarest, die das aktuelle Ratsvorsitzland Rumänien ausgerichtet hatte. Hauptzweck der Tagung war die Vorbereitung des EU-Gipfels in Sibiu.

 

Hinsichtlich außenpolitischer Themen generell merkte Buchmann an, bei Gesprächen mit Außenministerin Karin Kneissl sei seine Einladung an die Ministerin, an einer EU-Ausschusssitzung teilzunehmen, auf offene Ohren gestoßen.

 

 

Den Ausschussmitgliedern standen folgende ExpertInnen zur Verfügung:

 

 

·         Herr Dr. Gerhard Holley (BKA)

·         Herr Dr. Matthias Traimer (BKA)

·         Frau Birgit Hebenstreit, MSc (BMF)

·         Frau Mag.a Beate Wolf  (BMI)

·         Herr Mag. Gernot Mair (BMI)

·         Herr Mag. Robert Stein (BMI)

·         Herr Mag. Georg Wenda (BMI)

·         Herr Mag. Thomas Stölzl (BMEIA)

·         Herr Mag. Valentin Wedl (AK)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Sicherheitspolitik

 

Grundsätzlich positiv bewertete der EU-Ausschuss des Bundesrats die Pläne zur verstärkten Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten in der Sicherheitspolitik. Debattenthema der Ausschusssitzung war die Neuausrichtung des europäischen Fonds für Innere Sicherheit (ISF) beziehungsweise der vom Ausschuss besprochene Kommissionsvorschlag dazu. Das Innenministerium (BMI) begrüßt zwar die Anstrengungen für ein besseres Zusammenspiel der Nationalstaaten im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus, ortet beim Vorhaben allerdings noch zu wenig Planungssicherheit, etwa hinsichtlich der Deckung nationalstaatlicher Ausgaben. So würden für die Fondsperiode zugesicherte Fördermittel nur teilweise freigegeben.

 

Zwischen 2021 und 2027 soll der Fonds über 2,5 Mrd. € verfügen, empfiehlt die EU-Kommission den Mitgliedsländern in Hinblick auf den noch zu beschließenden nächsten mehrjährigen Finanzrahmen. Im letzten EU-Budget standen für gemeinsame Aktionen gegen Sicherheitsbedrohungen 1 Mrd. € bereit.

 

Übergeordnetes Ziel des Fonds ist laut Kommissionsentwurf eine engere grenzübergreifende Zusammenarbeit zur Prävention, Aufdeckung und Untersuchung internationaler Kriminalität. Dieser Ansatz gehe völlig mit dem Subsidiaritätsprinzip konform, so ein BMI-Vertreter im Ausschuss, da eine effektive Bekämpfung organisierten Verbrechens nur europaweit sinnvoll sei. Um entsprechende Straftaten inklusive Cyberkriminalität und Terrorismus besser verhindern zu können, soll der Informationsaustausch zwischen Behörden, Zivilgesellschaft und privaten Partnern gefördert werden. Mittels besserer Interoperabilität der verschiedenen EU-Informationssysteme im Bereich Sicherheit will man beispielsweise Grenzmanagement und Migrationssteuerung wirksamer verknüpfen, um gemeinsame operative Maßnahmen zu erleichtern. Der Experte des Innenressorts brachte dazu als Beispiel die Fahndung von straffällig gewordenen AsylwerberInnen aus einem anderen EU-Land, für die Fahndungs- und Asyldatenbanken korrespondieren müssten. Weiters beabsichtigt die EU, einheitliche Schulungsmaßnahmen der Behörden und die Anschaffung der erforderlichen technischen Ausrüstung durch die Nationalstaaten zu unterstützen. Das Maßnahmenpaket umfasst überdies die Erfassung und Verarbeitung von Fluggastdatensätzen im Einklang mit bestehendem EU-Recht.

 

Den EU-Agenturen für Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol), für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (CEPOL) und der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) gesteht die Kommission mehr Bedeutung als bisher im Sicherheitsbereich zu. Eine zielgerichtete Abstimmung mit diesen Agenturen sei nicht zuletzt entscheidend für einen effizienten Mitteleinsatz, wie Ausschussobmann Christian Buchmann (ÖVP/St) unterstrich. Verstärkte Kooperation strebt Brüssel auch mit Drittstaaten an, wenn es um den Kampf gegen Terror und schwere organisierte Kriminalität geht, sowie bei Maßnahmen gegen Radikalisierung, Korruption, Menschenhandel und Schlepperkriminalität.

 

Eine flexiblere Verwaltung des künftigen Fonds für innere Sicherheit im Vergleich zum aktuellen Programmplanungszeitraum will die EU-Kommission mit ihrem Legislativentwurf sicherstellen. Für die langfristige Finanzierung nationaler Sicherheitsprogramme will Brüssel insgesamt 1,5 Mrd.€ beisteuern, wobei sich die Mittelverteilung aus dem jeweiligen Bruttoinlandsprodukt, der Bevölkerungsgroße und der Größe eines Landes ergibt. Als Anfangsfinanzierung erhielte jedes EU-Land einen Fixbetrag von 5 Mio.€ aus diesem Topf. Die übrigen Fondsgelder – 1 Mrd. € - würden für Soforthilfen der EU-Länder nach thematischen Gesichtspunkten verwaltet werden. Für EU-Sicherheitsagenturen außerhalb des ISF verspricht Brüssel 1,13 Mrd.€.

 

Konkret würden die EU-Strafverfolgungsbehörde Europol, die Europäische Polizeiakademie CEPOL und die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht EBDD davon profitieren, erfuhr Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ/T) von einer Sachverständigen des Innenministeriums. Zur Nachfrage von Steiners Parteikollegin Monika Mühlwerth (FPÖ/W), wie die Zusammenarbeit der Agenturen im Sicherheitsbereich bislang funktioniere, meinte die BMI-Expertin, hier gebe es fraglos Verbesserungsbedarf. Derzeit verfügten die Einrichtungen nicht über ausreichend Kapazitäten, um einen regelmäßigen Austausch zu pflegen. Als Stelle mit dem größten Überblick sei wiederum die Europäische Kommission die am besten geeignete Instanz, die Koordinierung mit den Agenturen zu übernehmen.

 

Die Finanzierung und Mittelverteilung im Rahmen des künftigen Fonds für innere Sicherheit ist laut Innenministerium ein noch offener Punkt, nicht nur wegen des noch ausstehenden Beschlusses über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU. Bei bestimmten Arten von Betriebskostenunterstützung sage die Kommission zwar eine 100%-ige Förderwürdigkeit zu, erklärte der BMI-Experte am Beispiel der Wartungskosten für Datenbanken. Kritikpunkte am neuen Finanzierungsmodell sind allerdings prozentuelle Beschränkungen für bestimmte Ausgabenarten wie Ausrüstungsgegenstände und die eingeschränkte Planbarkeit von Ausgaben, erläuterte eine andere Vertreterin des Innenressorts gegenüber Bundesrat Hubert Koller (SPÖ/St). Knackpunkt stellten die im Entwurf festgeschriebenen Halbzeitüberpüfungen dar, wonach erst nach Verbrauch eines bestimmten Mittelvolumens neue Gelder verfügbar wären.

 

In einer partiellen Einigung auf Ratsarbeitsgruppenebene habe man immerhin für etwas Erleichterung in diesem Bereich gesorgt, merkte die Expertin mit dem Hinweis an, aufgrund der sich laufend ändernden Sicherheitsbedrohungen bedürfe es ausreichender Flexibilität bei der Mittelvergabe. Offener Verhandlungspunkt sei neben dem Budget des Fonds noch die Zusammenarbeit mit Drittstaaten, vor allem im Bereich Migration.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Steuerpolitik

 

Die EU-Steuerpolitik soll reformiert werden, um den Binnenmarkt besser für den internationalen Wettbewerb zu rüsten. Mit diesem Argument begründet die Europäische Kommission ihren Plan, von einstimmigen Beschlüssen bei unionsweiten Steuervorhaben abzugehen. Vielmehr sollten die Mitgliedstaaten Entscheidungen in bestimmten Bereichen der gemeinschaftlichen Steuerpolitik mit qualifizierter Mehrheit fällen, schreibt die Europäische Kommission in einer Mitteilung . Der EU-Ausschuss des Bundesrats, der dieses Kommissionsschreiben mit ExpertInnen aus Finanzministerium (BMF) und Arbeiterkammer diskutierte, ist geteilter Meinung zum Reformplan. Ausschussobmann Christian Buchmann erinnerte in diesem Zusammenhang an die Passerelle-Klausel im EU-Vertrag von Lissabon, die bei einem Übergang zur Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit die Zustimmung aller Parlamente der Mitgliedstaaten erforderlich macht. Der Bundesrat spiele hier somit eine entscheidende Rolle.

 

ÖVP und FPÖ stehen einer völligen Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in Steuerfragen ablehnend gegenüber. Für Christoph Längle (FPÖ/V) würde mit einem grundsätzlichen Umschwenken auf Mehrheitsbeschlüsse die nationalstaatliche Souveränität untergraben, wie er sagte. Gerade bei steuerrechtlichen Themen seien längere Diskussionsprozesse äußerst notwendig, sprach sich auch Christian Buchmann (ÖVP/St) gegen die vollständige Aufgabe der Einstimmigkeit in diesem Bereich aus. In Teilaspekten könnten schneller zu verwirklichende Mehrheitsbeschlüsse zwar durchaus Sinn machen, jedoch sei die rechtliche Machbarkeit dieser Herangehensweise fraglich. Von der Wirtschaftskammer Österreich wurde dem Ausschuss ein Schreiben übermittelt, das ebenfalls für die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips eintritt.

SPÖ und Arbeiterkammer beziehen dagegen in Hinblick auf die Einführung des Mehrstimmigkeitsprinzips bei der EU-Steuerpolitik eine positive Position. Immerhin entgingen dem Fiskus EU-weit jährlich 825 Mrd.€ durch Steuerbetrug, zeigte ein AK-Vertreter im Ausschuss auf. Als konkretes Beispiel des stockenden Fortschritts im EU-Steuerrecht aufgrund des besonderen Gesetzgebungsverfahrens mit Einstimmigkeitserfordernis nannte der Experte die langjährigen Debatten über eine unionsweit einheitliche Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer. Allerdings sei für einen generellen Übergang zu Beschlüssen mit qualifizierter Mehrheit wiederum zunächst ein einhelliger Beschluss im Rat erforderlich, gab Hubert Koller (SPÖ/St) zu bedenken.

Österreichs Haltung im Rat beschrieb auf Nachfrage von Sonja Zwazl (ÖVP/N) die BMF-Expertin als grundsätzlich offen, jedoch zurückhaltend. Befürchtet wird ein Souveränitätsverlust der Nationalstaaten in einem sehr sensiblen Gebiet, weswegen mehrere Mitgliedstaaten ihre Ablehnung bereits gezeigt hätten. Rechtlich zu prüfen sei nun, ob in gewissen Teilbereichen vom Einstimmigkeitsprinzip abgegangen werden kann, etwa bei der engeren Verwaltungszusammenarbeit zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Da mit dem Vertrag von Lissabon die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit auf mehrere Politikfelder ausgedehnt worden sei, gebe es ausreichend Evaluierungsgrundlagen zur Abschätzung, welche Konsequenzen bei einer Abkehr von der Einstimmigkeit zu erwarten sind. Unabhängig von der Abstimmungsform hänge eine erfolgreiche Steuerbetrugsbekämpfung letztlich vom politischen Willen der EU-Kommission ab, sieht Monika Mühlwerth (FPÖ/W) in diesem Feld zu viel Zurückhaltung.

Die Umstellung der Beschlussfassung in der EU-Steuerpolitik soll in mehreren Schritten erfolgen, skizziert die Europäische Kommission in einem Zeitplan bis 2025. Zunächst würde man bei Maßnahmen für Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterstützung gegen Steuerbetrug und –hinterziehung zu einer Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit übergehen. Danach sollte auch bei steuerpolitischen Maßnahmen, die anderen Politikfeldern dienen, diese mehrheitliche Beschlussform von 55% der Mitgliedstaaten zum Tragen kommen. Als Beispiele dafür nennt Brüssel den Kampf gegen den Klimawandel und die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit.

Des Weiteren will Brüssel mit dem laut Kommission in den EU-Verträgen vorgesehenen Rückgriff auf die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit die Modernisierung harmonisierter EU-Vorschriften, etwa im Bereich des Mehrwertsteuer- oder Verbraucherrechts, beschleunigen. Erhofft wird durch die raschere Beschlussfassung, dass die EU-Mitgliedstaaten besser auf technologische Entwicklungen und Marktveränderungen reagieren können. Die Mehrheit als vereinfachten Beschlussmodus sieht die Kommission schließlich auch bei großen Steuerprojekten als notwendig an, um eine faire und wettbewerbsfähige Besteuerung in der Europäischen Union zu garantieren. Genannt wird in der Mitteilung dazu eine Steuersystem für die digitale Wirtschaft und die gemeinsame konsolidierte Körperschaftsbemessungsgrundlage.

Neben einer größeren Dynamik der europäischen Steuergesetzgebung in einer immer mobileren grenzüberschreitenden Wirtschaftswelt erhofft sich die Kommission vom Mehrheitsprinzip auch qualitativ bessere Beschlüsse. Im Ringen um Einstimmigkeit bei einer Entscheidung würde oft nur der kleinste gemeinsame Nenner als Kompromiss gefunden. Teilweise machten Länder auch ihre Zustimmung bei Steuerfragen von Zugeständnissen in anderen Bereichen abhängig, zeigt der Kommissionentwurf auf. Letztendlich würden mehrstimmig gefasste Beschlüsse auch das Vorgehen gegen unlauteren Steuerwettbewerb unter den Mitgliedstaaten erleichtern.

Hinsichtlich der Einbindung des Europäischen Parlaments (EP), das derzeit bei Steuervorhaben lediglich ein Anhörungsrecht hat, kann Brüssel sich aus demokratiepolitischen Gründen vorstellen, auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren überzugehen, also dem EP das Mitentscheidungsrecht zu gewähren. Das österreichische Finanzministerium betont generell, der Nutzen einer Reform der Beschlussverfahren habe jedenfalls mögliche Nachteile wie den Verlust der nationalen Souveränität aufzuwiegen. 

 

 

 

 

Datenschutz bei EU-Wahl

 

Einer missbräuchlichen Nutzung der Online-Daten von UnionsbürgerInnen im Vorfeld der EU-Wahl will die Europäische Kommission mit einer neuen Verordnung den Riegel vorschieben. Sowohl das Europäische Parlament als auch die Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union haben das Vorhaben bereits gebilligt. Verhindert werden soll dadurch der Missbrauch personenbezogener Daten durch die europäischen Parteien beziehungsweise die unrechtmäßige Wahlbeeinflussung mittels Falschinformationen. Zur Anwendung kommen sollen die neuen Vorschriften bereits bei der Wahl zum Europaparlament im Mai diesen Jahres. Der  EU-Ausschuss des Bundesrats begrüßte heute bei seiner Diskussion den diesbezüglichen Entwurf der EU-Kommission, der die Grundlage für die schon seit Ende März im Kraft befindliche Verordnung bildete. Dadurch können in Hinkunft die Einhaltung der Datenschutzvorschriften von einer unabhängigen Behörde überwacht und Verstöße finanziell sanktioniert werden.

 

Ebenfalls im Zusammenhang mit der EU-Wahl steht eine im Ausschuss behandelte Mitteilung der EU-Kommission gegen politisch motivierte Desinformation im Internet. Zur Gewährleistung freier und fairer Wahlen zum Europaparlament in Zeiten von Cyberangriffen und Fake News skizziert Brüssel darin eine Reihe von Schutzmaßnahmen, beispielsweise national eingerichtete "Wahlnetze", die bei Bedarf mit Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten können, und generell mehr Online-Transparenz.

 

Die Kommission reagiert mit diesem Maßnahmenpaket unter anderem auf die Debatte rund um den Fall "Facebook-Cambridge Analytica" im Jahr 2018, bei dem es um die mutmaßlich unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten von Anwendern geht. Dieses Ereignis hat ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von Datenschutzverletzungen auf den Verlauf von Wahlen aufgeworfen. Da die bestehenden Vorschriften keine wirksame Abschreckung und Ahndung von Verstößen, die sich auf die demokratische Debatte und freie Wahlen auswirken, ermöglicht hätten, schlug die Kommission die Änderung der Verordnung über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und Stiftungen aus dem Jahr 2014 vor. Als europäische Parteien gelten unter EU-Recht eingetragene politische Bündnisse, deren Mitglieder in zumindest einem Viertel der Mitgliedstaaten vertreten sind, zum Beispiel EVP (Europäische Volkspartei), SPE (Sozialdemokratische Partei Europas), ALDE (Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa) und MENL (Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheit). Ihre Aktivitäten auf europäischer Ebene inklusive der Kampagnen für die Wahl zum EU-Parlament werden mit EU-Mitteln unterstützt.

Das Thema werde generell in Brüssel sehr ernst genommen, bestätigten die in den Ausschuss geladenen Auskunftspersonen. Politisch motivierte Massendesinformationskampagnen im Internet, die auch durch Drittländer gesteuert werden können und eindeutig das Ziel haben, Wahlen die Glaubwürdigkeit und Legitimation zu nehmen, würden als wachsende Bedrohungen für die Demokratien erkannt. Die BürgerInnen sollten erkennen können, wer sich im Internet mit politischer Werbung oder politischen Botschaften an sie wendet und wer diese Werbeanzeigen finanziert. Das zusammen mit der Mitteilung vorgelegte Paket zur Stärkung der demokratischen Resilienz enthalte ausgewogene, umfassende und gezielte Maßnahmen zur Unterstützung der Durchführung der Wahl zum Europäischen Parlament 2019. Alle beteiligten Akteure müssen zusammenarbeiten, um böswillige Eingriffe ins Wahlsystem zu unterbinden, ist der Mitteilung zu entnehmen.

Da in die Umsetzung der Materie insgesamt sechs Ressorts eingebunden sind, standen den BundesrätInnen mehrere Auskunftspersonen zur Verfügung. Der Experte des Bundeskanzleramts wies zunächst auf die seit 2014 bestehende Verordnung über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und Stiftungen hin, der nun weitere Schritte folgen. Im Sinne eines effektiveren Datenschutzes können nun von der dafür zuständigen Behörde Verstöße geahndet werden, die auf eine bewusste Einflussnahme des Ergebnisses von Wahlen abzielen. Das Überprüfungsverfahren sehe im Konkreten vor, dass die nationalen Aufsichtsbehörden aktiv werden und  entsprechende Meldungen nach Brüssel schicken. In der Folge werde die Angelegenheit dem Ausschuss unabhängiger Persönlichkeiten vorgelegt. Die Behörde könne dann erforderlichenfalls wirksame und verhältnismäßige Sanktionen verhängen.

Damit wurde ein weiterer wichtiger Puzzlestein beschlossen, der im Zusammenhang mit dem breiten Aktionsplan der EU gegen Desinformation gesehen werden müsse. Darunter falle etwa auch die Einrichtung eines "rapid alert"-Systems, informierte der Experte. Seit dem Jahr 2015 gebe es auch eine Taskforce, die Desinformationskampagnen beobachtet. Besonders gefordert sei seiner Meinung nach auch die europäische Medienpolitik, die den Fortbestand von freien und unabhängigen Medien absichern müsse.

Von Seiten des Innenministeriums berichtete ein Experte über die Aktivitäten des Ressorts, das als Bindeglied zum "European elections network" fungiert. Es fanden bereits mehrere Treffen auf europäischer Ebene statt. Anfang April wurde ein EU-weites Planspiel ("table-top-exercise") durchgeführt, in dem verschiedene Szenarien erprobt wurden, um für Cyber-Angriffe gut gerüstet zu sein. Österreich war dabei mit insgesamt fünf ExpertInnen vertreten. Die Ergebnisse waren sehr erfolgversprechend, urteilte der BMI-Vertreter, Österreich sei gut aufgestellt. Dazu beigetragen haben auch die umfassenden Informationsmaßnahmen und Schulungen, die sich an alle betroffenen Stellen – von den Bürgermeistern bis hin zu den Amtsleitern – richteten.

Im Laufe der Debatte hob Bundesrätin Martina Ess (ÖVP/V) erfreut hervor, dass unter der österreichischen Ratspräsidentschaft wesentliche Fortschritte in dieser Frage erzielt wurden. Auch ihr Fraktionskollege Martin Preineder (ÖVP/N) begrüßte den neuen Sanktionsmechanismus, weil dadurch die Wahlen noch sicherer werden.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ/W) sprach die Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung in Bezug auf die Arbeit von politischen Parteien an, die in der Praxis oft schwer umsetzbar sei. Eine Evaluierung der Maßnahme nach einer bestimmten Zeit wäre aus ihrer Sicht daher sehr sinnvoll.

Auf eine Frage von Bundesrat Hubert Koller (SPÖ/St) führte der BMI-Experte aus, dass all jene britischen StaatsbürgerInnen in Österreich, die zum Zeitpunkt der Europawahlen im Wahlregister aufscheinen, wahlberechtigt sind. Der Zeitpunkt des Brexit habe auf diesen Umstand keinen Einfluss, wie auch vom Justizministerium bestätigt wurde. Insgesamt handle es sich dabei um etwa 1.000 Personen.