1233/J-BR/96
ANFRAGE
der Bundesräte Dr. Tremmel, Dr. Kapral
an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst
betreffend Versand von AIDS-verseuchten Harn- und Blutproben
Am 24. Juli 1996 trat auf dem Flughafen Schwechat der schon lange
zu befürchtende Ernstfall ein: Ein mit AIDS-infizierten Harn-
und Blutproben aus dem Wiener AKH gefällter Behälter
explodierte im Gebäude einer Speditionsfirma und verletzte
einen Angestellten durch die herumfliegenden Glassplitter schwer.
Der Bedauernswerte wurde wegen Infektionsverdachts ins AKH eingeliefert.
Die Blut- und Harnproben waren zu Forschungszwecken aus den USA
nach Wien geschickt worden und sollten nun wieder zurücktransportiert
werden, wobei anscheinend ein Verpackungsfehler begangen wurde,
der zur Explosion führte. Laut Zeitungsberichten löste
der Vorfall eine interne Panik aus.
Eine diesbezügliche Anfrage freiheitlicher Bundesräte
beantwortete die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz
mit dem Hinweis auf Artikel 21 des Weltpostvertrages von Rio de
Janeiro, für dessen Vollziehung in Österreich sie ebensowenig
zuständig sei wie für den Transport dieser universitären
Forschungszwecken dienender, AIDS-verseuchten Proben.
Nicht zuletzt infolge dieser verworrenen Kompetenzlage ist es
offenbar möglich, unter dem Deckmantel der "Forschungsfreiheit"
hoch infektiöses Material unzureichend verpackt quer durch
die ganze Welt und retour zu transportieren.
Wegen der damit verbundenen Gefahr für Arbeitnehmer und Bevölkerung
richten die unterzeichneten Bundesräte an den Bundesminister
für Wissenschaft, Verkehr und Kunst
die nachstehende
ANFRAGE
1. Zu welchem Zweck werden die AIDS-infizierten Blut- und Harnproben
aus den USA ins AKH und wieder transportiert?
2. Um welche konkreten Projekte der universitären Forschung,
die anscheinend ohne AIDS-Blutproben aus den USA nicht auskommen
können, handelt es sich hier?
3. In welcher Art und welchem Umfang werden diese Forschungsprojekte
im einzelnen von Ihrem Ressort gefördert?
4. Welche Umstände, Fehler, Verstöße oder Unterlassungen
haben zu dem dramatischen Zwischenfall auf dem Flughafen Schwechat
am 24.7. 1996 geführt?
5. Welche Rechtsvorschriften gelten für den Transport AIDS-verseuchter
Blut- und Harnproben in Österreich, im Binnenmarkt und international
a) nach Transportmittel (z.B.: Auto, Bahn, Flugzeug usw.)
b) nach Transporteur (z.B.: Privatperson, Post, Frächter
usw.) ?
6. Haben Sie geprüft, gegen welche diesbezüglichen Rechtsvorschriften
die Betreiber des Forschungsprojektes bzw. mit dem Transport beauftragten
Firmen oder Personen verstoßen haben?
7. War diese Explosion am Flughafen Schwechat die erste Panne
beim Versand von AIDS-verseuchten Material oder gab es schon diesbezügliche
Zwischenfälle und Pannen?
8. Welche Konsequenzen haben Sie als für Wissenschaft und
Verkehr zuständiges Regierungsmitglied aus diesem Vorfall
gezogen, um die Sicherheit von Arbeitnehmern und Bevölkerung
gegenüber AIDS-verseuchtem Probematerial zu gewährleisten?