1381/J-BR BR
 
DRINGLICHE ANFRAGE
der Bundesräte DDr. Königshofer
und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend die Umsetzung der Maßnahmen zur Verhinderung des Postenschachers
Die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bundesanteile der CA an die Bank
Austria und noch mehr der tragische Tod des Kontrollbank - Vorstandsdirektors Dr. Gerhard
Praschak haben offengelegt, wie sehr die herrschenden Proporzparteien SPÖ und ÖVP den
großen Bereich der staatsnahen Wirtschaft dominieren und als ihr Eigentum betrachten. Der
Nachlaß Praschaks legte die Realverfassung Österreichs, die von Proporz und Postenschacher
gekennzeichnet ist, auf dramatische Weise offen.
Die Absicherung der Proporzherrschaft erfordert natürlich, daß die Handlanger der Mächtigen
entsprechend belohnt werden müssen. Damit ist der Weg in die Republik der Sekretäre frei. In
einem hemmungslosen Postenschacher wird der Dienst im Vorzimmer der Macht mit
lukrativen Positionen in allen jenen Bereichen belohnt, die unter Einfluß der Proporzparteien
stehen.
Durch den Nachlaß des OeKB - Vorstandsdirektors Gerhard Praschak aufgeschreckt, der ein
besonders übles Beispiel eines Postenschachers zugunsten des abgehalfterten Ministers
Rudolf Scholten beleuchtet, versuchte Bundeskanzler Viktor Klima mit einem
"sensationellen" 5 - Punkte - Programm die Flucht nach vorne anzutreten. (Beim früheren
Bundeskanzler Bruno Kreisky waren es noch 10 Punkte.) Dieses Scheinprogramm gegen den
Postenschacher enthält Punkte wie die verpflichtende Ausschreibung von Führungsfunktionen
in staatsnahen Unternehmen, die ohnedies bereits gesetzlich geregelt sind, und andere, wie die
Forderung nach Festlegung marktgerechter Bezüge, die eigentlich in jedem anderen als einem
realsozialistischen System selbstverständlich sein sollten.
 
Als Folge dessen wurde vorn Parlament ein Bundesgesetz über Transparenz bei der
Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich (Stellenbesetzungsgesetz) gegen Ende
des Vorjahres beschlossen, das seit 1. März 1998 in Kraft ist. Bis dahin hatte das
Bundesgesetz über die öffentliche Ausschreibung von Funktionen in Kapitalgesellschaften, an
denen Bund, Länder und Gemeinden beteiligt sind, gegolten, dessen ähnliche Bestimmungen
keinesfalls in der Lage waren den Postenschacher zu verhindern, wie die Realität gezeigt hat.
Geradezu als Verhöhnung wurde aber im Laufe des Jahres 1997, nach dem tragischen Tod
von Gerhard Praschak, auf allen Ebenen (Bund, Länder und Gemeinden) sowohl in der
öffentlichen Verwaltung, als auch in öffentlichen Unternehmen weiterhin nach
parteipolitischen Präferenzen besetzt bzw. versucht zu besetzen. Als Erinnerung seien
auszugsweise die letzten Fälle ins Gedächtnis gerufen:
• September 1997: der ehemalige Klima Sekretär, Marc Hall, wird unter erheblichen
Problemen zum Vorstandsmitglied in der OMV bestellt;
• Oktober 1997: BM a. D. Dr. Helga Konrad soll neben ihrer Tätigkeit als
Nationalratsabgeordnete noch einen wohldotierten Sondervertrag des Landes Steiermark
für Vorhaben im Forschungs- und Kulturbereich erhalten;
• Oktober 1997: der Justizsprecher der SPÖ im Nationalrat, Dr. Willi Fuhrmann, wird als
Richter am Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg vom Ministerrat nominiert;
Daß seit dem Verkauf der CA - Bundesanteile an die Bank Austria der parteipolitische Einfluß
vor allem auch auf die Banken nicht nur nicht zurückgedrängt, sondern nun sogar besonders
offenkundig geworden ist, ist aus der Besetzung der Vorstandsposten in der CA, der PSK, der
OeNB sowie der OeKB ersichtlich. Anstatt auf ein vor allem in der Privatwirtschaft übliches
Ausschreibungsverfahren zurückzugreifen, erfolgte die Besetzung der Vorstandsposten aus
rein parteipolitischen Motiven. Dabei wurde ein beispielloses Postenkarussell in Gang gesetzt,
bei dem die ungenierte Einflußnahme von Spitzenpolitikern (Bundeskanzler Mag. Klima und
 
Ex - Bundeskanzler Dr. Vranitzky) und die Patenrolle des Bank - Austria Generaldirektors
Gerhard Randa besonders negativ auffiel.
Als Beispiele in dem sich drehenden Politkarusell im Bankenbereich seien neben der
Bestellung von Rudolf Scholten zum OeKB - Vorstand, der Anlaß für Praschaks Tod, der
Wechsel des ehemaligen PSK - Gouvemeurs Erich Hampel zur CA als Generaldirektor und mit
dem ehemaligen Vranitzky - Sekretär Max Kothbauer und Karl Stoss ein großkoalitionäres
Duo an die Spitze der PSK erwähnt.
Bestätigt wurde diese infame Vorgangsweise durch die mit dem tragischen Freitod des OeKB
Vorstandes Dr. Praschak in Zusammenhang stehenden Umstände. In der von Dr. Praschak
hinterlassenen Darstellung wird ein derart abstoßendes Sittenbild der Verfilzung von
Spitzenpolitikem und Spitzenmanagem der SPÖ beschrieben, das selbst wohlmeinende
Beobachter des Parteienproporzes erschrecken läßt.
Anstatt den Verkauf der Bundesanteile an der CA zum Anlaß zu nehmen, eine weitgehende
Neuorientierung der Kreditwirtschaft und insbesondere eine Verringerung des
parteipolitischen Einflusses auf strategische und personelle Entscheidungen der Banken
festzulegen, wurde der Einflußbereich von SPÖ und ÖVP auf die Kreditwirtschaft
einzementiert. Die von den Koalitionsparteien vereinbarte Aufteilung der Kreditwirtschaft in
einen SPÖ dominierten (Bank Austria, CA, BAWAG) sowie einen im Einflußbereich der
ÖVP stehenden Bereich (ERSTE, Raiffeisen) wird auch durch die weiteren Ereignisse, wie
z.B. den Verkauf der Giro Credit an die ERSTE österreichische Spar - Casse sowie die
Diskussion um den Verkauf der PSK bestätigt.
Die durch den Nachlaß von Gerhard Praschak hervorgekommenen Versuche, den Wettbewerb
im Bankenbereich zu beschränken sowie die zu Gunsten der Eigentümerbanken der OeKB
unternommenen Anstrengungen, Gewinne steuerschonend zu verschieben, sind weitere
Aspekte der Verfilzung der Funktionäre.
 
In diesem Zusammenhang bekommt der Diebstahl der Originalunterlagen des
Praschakvermächtnisses vom 12. Februar dieses Jahres eine dramatische Bedeutung. Neben
seinem politischen Abschiedsbrief wurden noch sein Terminkalender und sein privates
Notizbuch gestohlen. Diese Unterlagen wurden im Zusammenhang mit dem mysteriösen
Todesfall niemals von den Sicherheitsbehörden gesichtet. Wer immer auch der Dieb sein mag,
er hat damit einen bestimmten Zweck verfolgt.
So zeigen diese Unterlagen auch auf, wie sich heimische Banken und einige Unternehmen im
Wege der Kontrollbank und auf Kosten der Steuerzahler bereichern:
Der Bund bevollmächtigt die im Eigentum der großen heimischen Geldinstitute stehende
OeKB namens der Republik Österreich, Haftungen für Exportforderungen zu übernehmen
(Garantievolumen: ca. 330 Mrd. Schilling). Pro Jahr profitieren ca. 1.800 Exporteure mit nicht
einmal 10% des heimischen Exportvolurnens von diesem Garantiesystem. Weiters verdienen
insbesondere die staatsnahen Banken an der staatsgarantierten Exportförderung: Einmal durch
die Erlöse der OeKB vor allem aus den Haftungsprovisionen (Betriebsergebnis 1996: 623
Mio. Schilling) und ein zweites Mal an der sogenannten Hausbankenspanne für den
gebundenen Finanzkredit (ca. 600 Mio. Schilling/Jahr).
Auf der anderen Seite gehen Forderungsausfälle zu Lasten des Budgets. Denn wenn ein
Schuldner als Zahler ausfällt, dann muß der Bund als Zahler einspringen, womit sich dann
Österreich seine Exporte de facto selber bezahlt hat. Finanzexperten sind der Auffassung, daß
bereits jetzt mindestens 100 Mrd. Schilling uneinbringlich sind, die in naher Zukunft das
Bundesbudget belasten werden. Daß der Steuerzahler zahlt und die staatsnahen Banken und
Unternehmen kassieren, gehört wegen der zu Gunsten des Kreditapparates gelösten
Interessenskollission zwischen Bund und Banken genauso zum System wie das Amen zum
Gebet. So lange die Kommerzbanken im Wege der Ausübung ihrer Herrschaftsrechte die
Organe der OeKB besetzen, können sie sich ihnen genehmer Handlanger bedienen, die das
Risiko der Banken auf den Bund und damit auf den Steuerzahler überwälzen.
 
Von Interesse ist dabei auch, daß bei solchen Projekten immer wieder die Namen von
(ehemaligen) SPÖ - Politikem als Miteigentümer bzw. Vermittler auftauchen und zwar immer
in Verbindung mit Personen aus dem Osten, die im dringenden Tatverdacht stehen, der
organisierten Kriminalität anzugehören und in Österreich ihren schmutzigen Geschäften
nachzugehen bzw. Schwarzgeld durch Unternehmen in Österreich "reinzuwaschen".
Inwieweit bei solchen von der OeKB besicherten Geschäften, die nunmehr uneinbringlich
sind, ebenfalls Geldwäsche über Transfers stattgefunden hat, wird noch zu untersuchen sein.
Durch die Versäumnisse der Staatspolizei im Zusammenhang mit dem Verschwinden der
Praschakunterlagen wird dies aber sicherlich erschwert werden.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Bundesräte an den Herrn Bundeskanzler,
als das für die Koordinierung der Regierungspolitik zuständige Regierungsmitglied,
nachstehende
DRINGLICHE ANFRAGE
1. Fallen die in der Einleitung beschriebenen Fälle der Nachbesetzungen von Vorstandsposten
im Bankenbereich in den inhaltlichen Geltungsbereich des Stellenbesetzungsgesetzes?
2. Wenn nein: welche nicht und warum nicht?
3. Wenn ja: wurde der Inkrafttretenszeitpunkt von den Koalitionsparteien so gewählt, daß
diese Besetzungen aus deren Sicht "rechtzeitig" davor stattfinden konnten?
4. Weshalb wurde bis heute kein dritter Vorstandsdirektor bei der OeKB bestellt?
5. Wenn kein weiterer geplant ist: warum wurde damals Dr. Schotten als dritter Vorstand
bestellt?
 
6. Wer trägt für diese Entscheidung die Verantwortung?
7. Wer sind die Eigentümer der OeKB (nach Prozentanteilen)?
8. Was waren die Gründe für die Berufung von Marc Hall und einer weiteren Person in den
Vorstand der OMV?
9. Wie erfolgt die Ausschreibung und Auswahl der obersten Direktoren bei der
österreichischen Post und Telekom?
10.Nach welchen Gesichtspunkten erfolgt die Bestellung der neuen Mitglieder des ÖBB -
Vorstandes und Aufsichtsrates?
11.Gibt es mittlerweile Vertragsschablonen im Sinne des § 6 Stellenbesetzungsgesetz?
12.Wenn ja: wer hat diese erstellt?
13.Wenn nein. warum nicht?
14.Gibt es Richtlinien für die Nominierung von Verfassungsrichtern bzw. Richtern der
europäischen Gerichtshöfe durch die Bundesregierung?
15.Wenn nein: warum nicht?
Wenn ja, warum stellen diese nicht auf objektive Kriterien ab?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des § 61 der GO - BR dringlich
vor Eingang in die Tagesordnung zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur Begründung zu geben.