2109/J-BR/2003
Eingelangt am 24.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Dringliche Anfrage
gem. § 61 Abs. 3 GO - BR
der Bundesräte Prof. Konecny
und GenossInnen
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend Veröffentlichungen des Rechnungshof-Rohberichtes - rechtliche und politische
Konsequenzen
Während der Debatte über die Dringliche Anfrage der
Sozialdemokratischen Bundesräte an den
Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Offenlegung des
gegenständlichen
Rechnungshof-Rohberichtes gegenüber den Mitgliedern des Bundesrates, bei dessen
Beantwortung
sich der Bundesminister für Landesverteidigung weigerte, den Bundesräten den
Rechnungshof-
Rohbericht bzw. Teile davon zur Verfügung zu stellen, wurde bekannt, dass auf
der Homepage von
www.airpower.at die angebliche Kurzfassung des Rechnungshof-Rohberichtes
samt einer
tabellarischen
Übersicht veröffentlicht wurde.
Im Rahmen der Beantwortung hat der Bundesminister für
Landesverteidigung bekannt gegeben,
dass am 16. Juli 2003 das Exemplar des Rechnungshof-Rohberichtes im
Bundesministerium für
Landesverteidigung einlangte. Er selbst habe am 17. Juli 2003 diesen Bericht
studiert. Weiters hat
der Bundesminister für Landesverteidigung vor dem Bundesrat bekannt gegeben,
dass nur ein
Exemplar im Landesverteidigungsministerium existiere - es wurden also keine
Kopien davon
hergestellt -
und dieses Exemplar unter Verschluss sei. Zu diesem Exemplar habe - und so
Platter
wörtlich -
nur er und der zuständige Beamte (Einzahl !) Zugang.
Umso mehr verwundert es die anfragestellenden Bundesräte, dass trotz
dieser höchsten
Sicherheitsmaßnahmen an einen dem Bundesheer nahestehenden Homepage-Betreiber
scheinbar
ein Exemplar übermittelt wurde. Es handelt sich dabei um einen Skandal im
höchsten Ausmaß,
wenn der Bundesminister für Landesverteidigung nicht in der Lage ist, solche
sensibelsten
Dokumente vor
einer Weitergabe und Veröffentlichung zu schützen.
Aus der Weitergabe resultieren strafrechtliche und
disziplinarrechtliche Konsequenzen. Die
Sozialdemokratische Parlamentsfraktion hat daher umgehend und noch vor Aufruf
dieser
Dringlichen Anfrage eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft
übermittelt. Aus dem
von Bundesminister Platter vor dem Bundesrat bekannt
gegebenen Tatsachen kann sich diese
Sachverhaltsdarstellung nur gegen den Bundesminister selbst und/oder unbekannte
Täter richten,
wobei diese nach Angaben Platters im Bundesministerium für
Landesverteidigung zu suchen sind.
Weiters wurden durch die Veröffentlichung dieser
Kurzfassung Tatsachen bekannt, die die
Aussagen Platters, Khols, Scheibners und Lopatkas, dass durch den
Rechnungshof-Rohbericht
nunmehr klar ist, dass es keinerlei Verfehlungen beim Ankauf der Kampfflugzeuge
gegeben hat,
korrigiert und in das richtige Licht gerückt, da in der Kurzfassung eine Reihe
von Verfehlungen
dargestellt sind:
So wird nunmehr
bekannt, dass der im Ministerrat am 2. Juli 2002 angeführte Kaufpreis nicht
jener
war, der für die Ermittlung des Bestbieters herangezogen wurde. Die
österreichische Öffentlichkeit
wurde also hinsichtlich des Kaufpreises von der Bundesregierung am 2. Juli 2002
getäuscht.
Das Kampfflugzeug Eurofighter war der einzige angebotene
Flugzeugtyp, der keiner Flugerprobung
durch österreichische Bundesheerpiloten unterzogen wurde, obwohl dies als
Musskriterium bei der
Ausschreibung definiert wurde.
Bei der neuerlichen
Angebotsprüfung wurde festgestellt, dass von Lockheed Martin und SAAB
kein Nachweis über das rechtzeitige Beibringen von Listen für Ersatzmaterial
vorgelegt werden
konnte. Dies führte rechtswidrigerweise zu keinem Ausscheiden dieser
Angebote.
Das BMLV wurde gerügt, da die errechneten
Lebenszykluskosten nicht die Betriebskosten
darstellten, weil in dieser nicht alle Kostenelemente enthalten waren.
Weiters wurde das BMLV gerügt, da die angewandte
Kosten-Nutzen-Vergleichskonfiguration
methodische Mängel aufgewiesen hat.
Weiters wurde
gerügt, da die Aufteilung der möglichen Nutzwertpunkte in Soll- und
Musskriterien
nicht schlüssig nachvollziehbar war.
Ein besonders schwerwiegender
Vorwurf wurde dem BMLV vom Rechnungshof gemacht, da die
für die Ermittlung des Bestbieters
herangezogene Zahlungsvariante (18 Halbjahresraten über 9
Jahre) erst nach Angebotseröffnung festgelegt wurde und diese schließlich
ausschlaggebend für die
Typenentscheidung war.
Weiters rügte der Rechnungshof, dass im Endbericht der
Bewertungskommission die Preise für
Simulatoren, Munition sowie die Höhe der anfallenden Steuern, Abgaben und Zölle
fehlten.
In einer Tabelle stellt der Rechnungshof die Kaufpreise wie folgt dar:
|
Eurofighter |
Gripen |
Barpreis |
2.009 |
1.829 |
10 Halbjahresraten |
2.083 |
1.951 |
18 Halbjahresraten |
2.306 |
2.231 |
Aus dieser Tabelle ergibt sich, dass selbst bei einem
Bewertungskriterium 18 Halbjahresraten der
Gripen
billiger war. Offensichtlich wurde erst durch die Einführung zusätzlicher
Kriterien - wie
etwa einem späteren Zahlungsbeginn - ein Zustand erreicht, in dem der
Eurofighter zum Bestbieter
wurde. Die
Tabelle entspricht jedoch nicht den bisher bekannten Tatsachen über den
Preisvergleich
zwischen den
beiden Angeboten.
Es kann daher in keiner Weise von den in der Öffentlichkeit gemachten
Äußerungen, der
Rechnungshof-Rohbericht beweise, dass alles in Ordnung sei, weiter ausgegangen
werden. Der
Rechnungshof rügt eine Reihe von Vorgängen und gibt sogar bekannt, dass eine
versuchte
Einflussnahme nicht ausgeschlossen werden könne.
Die Kurzfassung laut www.airpower.at lautet wie folgt:
Die unterzeichneten Bundesräte stellen daher an den
Bundesminister für Landesverteidigung
folgende
Anfrage:
1. Sind die der Dringlichen Anfrage enthaltenen 3 Seiten Kurzfassung samt tabellarischer
Übersicht, die auf der Homepage www.airpower.at
veröffentlicht wurden, ident mit jenem
Rechnungshof-Rohbericht, der am 16. Juli 2003 im Bundesministerium für
Landesverteidigung einlangte und den Sie am 17. Juli 2003 übermittelt bekommen
haben?
Wenn nein, wodurch unterscheiden sich diese Fassungen?
2. Welche
Maßnahmen haben Sie seit Bekanntwerden dieser Veröffentlichung gesetzt, um alle
strafrechtlich und disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalte umgehend
aufzuklären?
3. Haben Sie
bereits eine Sachverhaltsdarstellung in dieser Angelegenheit an die
Staatsanwaltschaft übermittelt?
4. Welche internen
Veranlassungen haben Sie seit Bekanntwerden der Veröffentlichung
getroffen?
5. Wurde insbesondere das Abwehramt mit Untersuchungen beauftragt?
6. Welche Personen
hatten nach Ihrem Wissensstand die Möglichkeit, seit 16. Juli 2003 Kopien
dieses Rohberichtes herzustellen?
7. Bestehen
zwischen dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem Internet-
Magazin www.airpower.at seit dessen Gründung Beziehungen in
finanzieller,
organisatorischer oder
personeller
Hinsicht?
8. Wenn ja, wie sind diese Beziehungen gestaltet?
9. Gibt es aktive Angehörige
(und/oder Milizangehörige) des Österreichischen Bundesheeres,
die in www.airpower.at Artikel geschrieben haben?
10. Wenn ja, gibt es auch solche Personen, die Artikel über
Luftraumüberwachungsflugzeuge
oder Kampfflugzeuge geschrieben haben?
11. Wenn ja, welche Personen haben welche Artikel verfasst?
12. Bestehen zwischen der Österreichischen
Offiziersgesellschaft und dem Internet-Magazin
www.airpower.at seit dessen Gründung Beziehungen in
finanzieller,
organisatorischer
oder
personeller
Hinsicht?
13. Haben Sie Hinweise, wie diese Kurzfassung zu dem
genannten Internet-Magazin gekommen
ist?
Wenn ja, wie
sehen die bisher bekannten Sachverhalte aus?
14. Ist es richtig, dass der im Ministerrat am 2.
Juli 2002 angeführte Kaufpreis nicht jener war,
der für die Ermittlung des Bestbieters herangezogen wurde?
15. Wenn ja, warum wurde diese Vorgangsweise gewählt
und die österreichische Öffentlichkeit
dadurch
getäuscht?
16. Warum wurde keine Flugerprobung durch österreichische Bundesheerpiloten für den
Flugzeugtyp Eurofighter durchgeführt, obwohl dies bei den anderen Typen
getan wurde und
die Herstellerfirma auch ausdrücklich eine solche angeboten hat?
17. Als welches Kriterium wurde im
Beschaffungsvorgang die Flugerprobung durch
österreichische
Piloten definiert?
18. Warum wurden nicht alle Kostenelemente in die Lebenszykluskosten eingerechnet?
19. Welche wurden nicht eingerechnet und wie hoch sind diese Kosten?
20. Wie stehen Sie zum Vorwurf gegenüber dem BMLV,
dass die angewandte
Kosten-Nutzen-
Vergleichskonfiguration methodische
Mängel aufgewiesen hat?
21. Welche Mängel sind dies?
22. Wie stehen Sie zum Vorwurf, dass die Aufteilung
der möglichen Nutzwertpunkte in Soll- und
Musskriterien
nicht schlüssig nachvollziehbar waren?
23. Warum wurde erst nach Angebotseröffnung eine weitere Zahlungsvariante definiert?
24. Warum wurden 9 Jahre gewählt?
25. Wer hat diesen Vorschlag für die 9 Jahres-Variante gemacht?
26. Ist es richtig, dass nur nach der 9
Jahres-Variante der Eurofighter Bestbieter wurde, obwohl
auch in dieser Variante (laut Tabelle des Rechnungshofes) der Gripen
preisgünstiger war?
27. Welches Kriterium war ausschlaggebend dafür,
dass der Eurofighter bei einem 9jährigen
Zahlungszeitraum letztlich als Bestbieter aufscheinen konnte?
28. Ist es zulässig und üblich, erst nach
Angebotseröffnung neue Entscheidungskriterien zu
definieren?
29. Treten durch eine solche Handlungsweise nicht
Verzerrungen bei der Bewertung auf und wird
die Objektivität des Vergabeverfahrens dadurch nicht gefährdet?
30. Warum fehlten im Endbericht der
Bewertungskommission die Preise für Simulatoren,
Munition sowie die Höhe der anfallenden Steuern, Abgaben und Zölle?
31. Welche Einflussnahmen hat es - wie vom Rechnungshof festgestellt - gegeben?
32. Wer hat auf wen Einfluss genommen?
33. Wurden dabei auch Vorteile in finanzieller oder anderer Hinsicht angeboten?
34. Wenn ja, wem gegenüber und welche Vorteile?
35. Sind Sie nun bereit, den Inhalt der fehlenden Teile des Rechnungshof-Rohberichtes den
Bundesräten bekanntzugeben oder vertrösten Sie diese auf die nächste
Veröffentlichung auf
www.airpower.at
36. Wie lauten daher die fehlenden Teile des
Rechnungshof-Rohberichtes (eine Verteilung würde
eine Verlesung erübrigen)?
Unter einem wird gem. § 61 Abs. 3 GO - BR verlangt, diese Anfrage vor
Eingang in die
Tagesordnung dringlich zu behandeln