2131/J-BR/2003

Eingelangt am 27.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte (Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse
Giesinger)

an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Verankerung des Tourismus im Aufgabenkatalog der EU

Der Vorarlberger Landtag sich mit einer am 12. November 2003 gefassten Entschließung dafür
ausgesprochen, dass der Tourismus weiterhin im Aufgabenkatalog der Europäischen Union als
Unterstützungs-, Koordinierungs- und Ergänzungsmaßnahme verankert bleibt. Dabei soll in die
entsprechenden Tourismuskompetenzen der Länder und des Bundes nicht eingegriffen werden.

Der dieser Entschließung zu Grunde liegende Antrag war wie folgt begründet: In den Kompetenz-
bestimmungen des künftigen EU-Rechtes, das durch die im EU-Konvent vorgeschlagene EU-
Verfassung bestimmt sein wird, ist eine Verankerung des Tourismus nicht mehr vorgesehen. Aus
heutiger Sicht wird der Tourismus in Zukunft nicht mehr, und zwar auch nicht als koordinierende
bzw. unterstützende Kompetenz, aufscheinen. Dadurch droht, dass der Tourismus, als einer der
wichtigsten europäischen Wirtschaftszweige, formal keine Möglichkeit hätte, auf EU-Ebene präsent
zu sein.

Im bislang gültigen EG-Vertrag Art. 3-1 (u) wird der Bedeutung des Tourismus ausdrücklich
Rechnung getragen. Dort heißt es, dass „die Aktivitäten der Union Maßnahmen in den Bereichen
Energie, Zivilschutz, Tourismus, ... beinhalten." Aus Sicht der Tourismuswirtschaft wäre für das
künftige Lobbying in Brüssel eine Beibehaltung der heutigen Situation jedenfalls sehr vorteilhaft,
weil manche Probleme des Tourismus auf EU-Ebene leichter gelöst werden könnten. Die der-
zeitigen Tourismus-Kompetenzen in Österreich auf Landes- und Bundesebene blieben dabei unan-
getastet.

Konkret ist es z.B. notwendig, zu Gesetzesvorlagen aus dem Bereich des Verbraucherschutzes
auch die Interessen des Tourismus zur Geltung zu bringen. Es war dies z.B. notwendig bei der
Pauschalreise-Richtlinie, der Fernverkaufs-Richtlinie, der Timesharing-Richtlinie, Arbeitszeit-
Richtlinie usw. Einige Gesetzesvorhaben, die für den Tourismus problematisch geworden waren,

konnten durch die bürokratische Mindestpräsenz in Form der EU-Tourismusabteilung auch
abgewehrt werden, so z.B. die Feuerschutz-Richtlinie für Hotels, die Überbuchungs-Richtlinie für
Hotels oder überzogene Preisauszeichnungspläne auf Speisekarten. In all diesen Fragen war die
Koordination durch und Kooperation mit der Tourismusabteilung in der Kommission notwendig.

Der Tourismus ist eine wichtige Branche der europäischen Wirtschaft, verantwortlich für mehr als
5% des B
ruttoinlandsproduktes der EU und stellt somit ein fundamentales Element des internen
Marktes und als solches der europäischen Integration dar. Als international vernetzte Wirtschafts-
branche mit enormer regionalpolitischer und arbeitsmarktpolitischer Bedeutung muss der Touris-
mus und damit in Zusammenhang die Freizeitwirtschaft im Kompetenzkatalog der Europäischen
Union zumindest in der derzeitigen Form erhalten bleiben.

Wenn es tatsächlich dazu kommen sollte, dass der Tourismus künftig nicht mehr in der EU ver-
treten sein sollte, wäre dies auch eine klare Schwächung für den österreichischen Tourismus. Es
wäre in Zukunft wesentlich schwieriger, die Meinung der österreichischen Tourismuswi
rtschaft bei
drohenden Belastungsmaßnahmen auf EU-Ebene in die politische Waagschale zu werfen."

Daher richten die unterzeichneten Bundesräte an die Frau Bundesministerin für auswärtige
Angelegenheiten folgende

Anfrage:

1.   Wurde der vom Vorarlberger Landtag ausgedrückte Wunsch auch von anderen Stellen an Sie
herangetragen?

2.   Aus welchen Gründen ist bei der Festlegung der österreichischen Grundsatzposition für die
Regierungskonferenz 2003 davon abgesehen worden, eine solche Forderung aufzunehmen?

3.   Wie beurteilen Sie die Durchsetzbarkeit des Anliegens und welche Möglichkeiten sehen Sie,
sich dafür einzusetzen?