2147/J-BR/2004

Eingelangt am 10.02.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte (Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse
Giesinger)

an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Haftung bei Nuklearunfällen

Der Vorarlberger Landtag hat mit Entschließung vom 28. Jänner 2004 die Vorarlberger Landes-
regierung einstimmig aufgefordert, bei der Bundesregierung dafür einzutreten, dass sie

1.              alles unternimmt, um die Haftung bezüglich möglicher Auswirkungen nuklearer Schäden in die
EU-Richtlinie für Umwelthaftung aufzunehmen,

2.      umgehend eine Verordnung erlässt, die Stromimporte aus Drittländern mit unsicheren AKWs
verbietet."

Der dieser Entschließung zu Grunde Hegende Antrag war wie folgt begründet:

„Der Vorarlberger Landtag hat sich in der Vergangenheit immer gegen die sogenannte friedliche
Nutzung der Kernenergie ausgesprochen. In der EU liegt seit 23. Jänner 2002 ein Vorschlag für
eine Richtlinie zur Umwelthaftung vor, deren Ziel es ist, einen Rahmen zur Vermeidung und
Behebung von Umweltschäden zu schaffen. Dabei soll richtigerweise das Verursacherprinzip zum
Tragen kommen. Wer durch seine Tätigkeit Umweltschäden verursacht, hat für Vorsorge- oder
Sanierungsmaßnahmen zu haften. Die Richtlinie umfasst Schäden an Boden, Wasser und
biologischer Vielfalt. Der Ministerrat hat am 18. September 2003 einen Gemeinsamen Standpunkt
beschlossen und dem Europäischen Parlament übermittelt. Nun ist dieses in 2. Lesung am Zug.

 

  So richtig dieses Verursacherprinzip im Grunde ist, so sind bedauerlicherweise nukleare Schäden
 
davon ausgenommen. Artikel 3, Abs. 4 der Richtlinie besagt, dass diese „weder für nukleare
  Risiken und Umweltschäden noch für die unmittelbare Gefahr solcher Schäden, die durch die


Ausübung von Tätigkeiten verursacht werden, die unter den Vertrag zur Gründung der
Europäischen Atomgemeinschaft fallen" gilt. Dies wäre ein Freibrief für die Atomwirtschaft;
sämtliche Risiken würden von der öffentlichen Hand abgedeckt, womit auch ein nicht zu
verantwortender Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Energieträgern geschaffen würde. Nur
wenn für alle Risiken durch die Betreiber von Atomanlagen finanzielle Vorsorge getroffen werden
muss, werden die tatsächlichen Kosten der Kernenergie transparent und deren Unwirtschaftlichkeit
aufgedeckt. Da die möglichen Kosten für Nuklearunfälle die Möglichkeiten der Betreiber bei
weitem übersteigen, wäre Atomstrom dann kaum mehr bezahlbar. Damit wäre die Grundlage für
den Ausstieg aus der Kernenergie geschaffen.

Auch wenn dem Vorarlberger Landtag in dieser Frage keine unmittelbare Kompetenz zukommt, so
berührt eine solche Entscheidung der EU massiv unsere Lebensgrundlagen. Es ist somit mehr als
legitim, wenn sich der Landtag im Sinne der Bevölkerung äußert und alle Möglichkeiten nutzt, die
Interessen der Landesbevölkerung in dieser wichtigen Angelegenheit zu vertreten.

Inzwischen wurde auch bekannt, dass der Verfassungsgerichtshof die Befugnis der E-Control,
Stromimporte aus Ländern, die auf einer so genannten „schwarzen" Liste stehen, zu verbieten,
aufgehoben hat. Die entsprechende Verordnung wurde somit außer Kraft gesetzt und
Atomstromimporte aus Ländern dieser „schwarzen" Liste damit wieder ermöglicht. Aufgrund
dieses Urteils hat lediglich die Bundesregierung die Kompetenz, eine derartige Verordnung zu
erlassen."

Daher richten die unterzeichneten Bundesräte an die Frau Bundesministerin für auswärtige
Angelegenheiten folgende

Anfrage:

In welcher Weise werden Sie der Entschließung des Vorarlberger Landtags Rechnung tragen?