2182/J-BR/2004
Eingelangt am 16.04.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte
(Jürgen Weiss, Christoph Hagen und Ilse
Giesinger)
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Haftung bei Nuklearunfällen
Der Vorarlberger Landtag hat mit Entschließung vom 28.
Jänner 2004 die Vorarlberger Landes-
regierung einstimmig aufgefordert, bei der Bundesregierung dafür einzutreten,
dass sie
1.
alles unternimmt, um die Haftung bezüglich möglicher
Auswirkungen nuklearer Schäden in die
EU-Richtlinie
für Umwelthaftung aufzunehmen,
2.
umgehend eine Verordnung erfasst, die Stromimporte aus
Drittländern mit unsicheren AKWs
verbietet."
Der dieser
Entschließung zu Grunde liegende Antrag war wie folgt begründet:
„Der Vorarlberger Landtag hat sich in der Vergangenheit
immer gegen die sogenannte friedliche
Nutzung
der Kernenergie ausgesprochen. In der EU liegt seit 23. Jänner 2002 ein
Vorschlag für
eine
Richtlinie zur Umwelthaftung vor, deren Ziel es ist, einen Rahmen zur
Vermeidung und
Behebung
von Umweltschäden zu schaffen. Dabei soll richtigerweise das Verursacherprinzip
zum
Tragen
kommen. Wer durch seine Tätigkeit Umweltschäden verursacht, hat für Vorsorge-
oder
Sanierungsmaßnahmen
zu haften. Die Richtlinie umfasst Schäden an Boden, Wasser und
biologischer
Vielfalt Der Ministerrat hat am 18. September 2003 einen Gemeinsamen Standpunkt
beschlossen
und dem Europäischen Parlament übermittelt. Nun ist dieses in 2. Lesung am Zug.
So richtig dieses Verursacherprinzip im Grunde ist, so
sind bedauerlicherweise nukleare Schäden
davon
ausgenommen. Artikel 3, Abs. 4 der Richtlinie besagt, dass diese „weder für
nukleare
Risiken
und Umweltschäden noch für die unmittelbare Gefahr solcher Schäden, die durch
die
Ausübung von Tätigkeiten verursacht werden, die unter den
Vertrag zur Gründung der
Europäischen Atomgemeinschaft fallen" gilt. Dies wäre ein Freibrief für
die Atomwirtschaft;
sämtliche Risiken würden von der öffentlichen Hand abgedeckt, womit auch ein
nicht zu
verantwortender
Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Energieträgern geschaffen würde. Nur
wenn
für alle Risiken durch die Betreiber von Atomanlagen finanzielle Vorsorge
getroffen werden
muss,
werden die tatsächlichen Kosten der Kernenergie transparent und deren Unwirtschaftlichkeit
aufgedeckt.
Da die möglichen Kosten für Nuklearunfälle die Möglichkeiten der Betreiber bei
weitem
übersteigen, wäre Atomstrom dann kaum mehr bezahlbar. Damit wäre die Grundlage
für
den Ausstieg aus der Kernenergie geschaffen.
Auch wenn dem Vorarlberger Landtag in dieser Frage keine
unmittelbare Kompetenz zukommt, so
berührt
eine solche Entscheidung der EU massiv unsere Lebensgrundlagen. Es ist somit
mehr als
legitim,
wenn sich der Landtag im Sinne der Bevölkerung äußert und alle Möglichkeiten
nutzt, die
Interessen der Landesbevölkerung in dieser wichtigen Angelegenheit zu
vertreten.
Inzwischen wurde auch bekannt, dass der
Verfassungsgerichtshof die Befugnis der E-Control,
Stromimporte aus Ländern, die auf einer so genannten „schwarzen" Liste stehen,
zu verbieten,
aufgehoben hat. Die entsprechende Verordnung wurde somit außer Kraft gesetzt
und
Atomstromimporte aus Ländern dieser „schwarzen" Liste damit wieder
ermöglicht. Aufgrund
dieses
Urteils hat lediglich die Bundesregierung die Kompetenz, eine derartige
Verordnung zu
erlassen."
Daher richten die unterzeichneten Bundesräte an den
Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft folgende
Anfrage:
In welcher Weise werden Sie der Entschließung des Vorarlberger Landtags Rechnung tragen?