2186/J-BR/2004
Eingelangt am 10.05.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der
Bundesräte Prof. Konecny
und GenossInnen
an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Folterungen im Irak
Die
Berichte über Folterungen und Missbrauch von Gefangenen im Irak erschüttern zur
Zeit
die ganze Welt. Zuletzt wurde aus den Medien bekannt, dass der britischen
Regierung schon
im Februar ein Bericht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz vorgelegen
sein soll,
der sich mit Ausschreitungen amerikanischer
und britischer Truppen im Irak befasste. Laut
FAZ vom 10. 5. 2004 hat ein Sprecher der britischen Regierung nun diese
Mitteilung des
Roten Kreuzes bestätigt. Amnesty International erklärte sogar, das britische
Verteidigungsministerium bereits im Mai 2003 über die
Missbrauchsvorwürfe informiert zu
haben (APA 35, 10.5.2004).
Wie den Medien zu entnehmen ist, hat die Schweiz scharf
gegen die Misshandlungen
irakischer Gefangener durch Armeeangehörige der Besatzungsmächte protestiert.
Die
Botschafter der USA
und Großbritanniens wurden in das Schweizer Außenministerium zitiert.
Die Schweizer Außenministerin hielt zu den
bekannt gewordenen Misshandlungen und
Erniedrigungen von irakischen Kriegsgefangenen fest, dass dieses Verhalten für
die Schweiz
vollkommen inakzeptabel sei. „Gerade wegen ihrer Rolle als Leader in der
heutigen Welt"
komme den USA eine besondere Verantwortung für die Einhaltung der Regeln des
humanitären Völkerrechts zu (APA 41, 10.5.2004).
Österreich hat auf die erschütternden Vorfalle deutlich
zurückhaltender reagiert.
Außenministerin
Ferrero-Waldner brachte in einer Aussendung lediglich ihre „Erschütterung
und Besorgnis" (OTS 173 sowie APA 390,
5.5.2004) über die bekannt gewordenen
Misshandlungen von Häftlingen zum Ausdruck.
Die kritische Reaktion der Schweiz und seiner
Außenministerin wurde von einigen
internationalen
Zeitungen explizit gewürdigt. Im „Handelsblatt" etwa hieß es dazu: „Die
Schweizer Außenministerin Micheline
Calmy-Rey verdient hohen Respekt: Mit der
Einbestellung der Botschafter der USA und Großbritanniens demonstriert die
Berner
Außenministerin
auf dem internationalen Parkett Zivilcourage. Ohne diplomatische
Zurückhaltung liest sie den beiden
Regierungen die Leviten: Abscheu und Wut würden die
Misshandlungen irakischer Gefangener durch amerikanische und britische Soldaten
bei den
Eidgenossen ernten. Unmissverständlich prangert sie die Verletzung der
Genfer
Konventionen an, denen sich ihr Land als
Hinterlegungsstaat verpflichtet fühle. Nur die
Schweiz? Derart Klartext war aus anderen Hauptstädten demokratischer
Länder bislang kaum
zu hören. Dort können die Berichte über die
Folterungen und Demütigungen in Abu Ghraib
doch nicht weniger Zorn auslösen. In Berlin und anderswo kann dem Interesse an
einem
möglichst intakten Verhältnis zu Briten und Amerikanern doch kein höherer
Stellenwert
eingeräumt werden als der Wahrung des humanitären Völkerrechts. Die Prioritäten
müssen
richtig gesetzt werden. In welcher Form auch immer" (APA 103, 10.5.
2004).
Die
unterzeichneten Bundesräte richten daher an die Bundesministerin für auswärtige
Angelegenheiten nachstehende
Anfrage:
1.
Haben Sie in den letzten Monaten und Wochen von Amnesty
International, dem
Internationalen
Komitee des Roten Kreuzes oder anderen Organisationen Hinweise
auf Misshandlungen von Häftlingen im Irak erhalten?
2.
Wenn ja, welche Schritte haben Sie unternommen?
3.
Sind
im Rahmen der EU Hinweise auf Misshandlungen von Häftlingen im Irak in
irgendeiner Form (auch informell) zur
Sprache gekommen?
4.
Wenn ja, welche Schritte haben Sie unternommen?
5.
Haben
Sie vor, diese Frage bei der Sitzung des Rats Allgemeine Angelegenheiten am
17. und 18. Mai 2004 zur Sprache zu bringen?
6.
Wenn
ja, welche Vorgangsweise der EU (diplomatische Maßnahmen etc.) werden Sie
vorschlagen?
7.
Haben
Sie seit dem Bekanntwerden der Misshandlungen auf Ebene der bilateralen
Beziehungen zwischen Österreich und den USA
bzw. zwischen Österreich und
Großbritannien Schritte gesetzt?
8.
Wenn
nein, warum nicht? War diese Vorgangsweise mit dem Bundeskanzler
abgesprochen?
9.
Wenn ja, welche?
10.
Haben
Sie vor, die Botschafter der USA und Großbritanniens dem Beispiel der
Schweiz folgend in das Außenamt zu zitieren?
11.
Wenn
nein, warum nicht?
12.
Weshalb
fiel die Reaktion Österreichs verglichen mit jener der Schweiz relativ milde
aus?