2226/J-BR/2004
Eingelangt am 20.07.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Bundesräte Prof. Konečny
und GenossInnen
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend Benennung einer Einrichtung des Bundesheeres nach
Oberstleutnant Robert Bernardis
Am Tag der
Einbringung dieser Anfrage jährt sich der mutige Versuch von militärischen und
zivilen Widerstandskämpfern, die Herrschaft
der Nationalsozialisten durch einen Putsch zu
beenden, zum 60. Mal.
Der 20. Juli 1944, dessen blutiges Scheitern die Fortdauer der
Naziherrschaft für ein weiteres
Dreivierteljahr sicherte und damit
Millionen Menschen den Tod brachte, ist auch deshalb
bemerkenswert, weil er zu einem guten Teil
von Menschen getragen war, die selbst durch eine
gewisse Zeit hindurch von Nazi-Parolen angezogen waren oder zumindest
Denkweisen verhaftet
waren, aus denen auch die Ideologie des Nationalsozialismus gespeist wurde. Das
vermindert die
Bedeutung ihres Handelns in keiner
Weise, ganz im Gegenteil. Es ist in besonderem Maße
anzuerkennen, wenn Menschen die Unmenschlichkeit eines Herrschaftssystems zu
erkennen in der
Lage sind, dessen Geisteswelt sie zunächst sympathisierend gegenüber gestanden
waren.
Die militärischen Teilnehmer am 20. Juli 1944 hatten zudem einen für sie
schwerwiegenden Schritt
zu tun - sie
mussten jenen Fahneneid brechen, den sie geschworen hatten. Sie taten dies -
nicht
ohne persönliche Probleme - weil sie ihre Verpflichtung gegenüber ihrer Heimat
höher stellten als
die gegenüber
einer als verbrecherisch erkannten Staatsführung.
Die Männer des 20. Juli 1944 verblieben zudem zumeist innerhalb der
Grenzen großdeutschen
Denkens, die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Österreichs war für diese
Gruppe kein
politisches
Ziel, auch wenn manche österreichische Teilnehmer auf eine spätere
Verwirklichung
dieser Zielsetzung hofften.
Es ist zutiefst bedauerlich, dass das österreichische Bundesheer in
seiner Traditionspflege zwar an
viele heute für heute wenig sinnhafte Traditionen der östereichisch-ungarischen
Armee anknüpft,
sich aber in keiner Weise zum militärischen Widerstand im 3. Reich bekennt.
In den wenigen Fällen, wo Widerstandskämpfer - etwa durch
Kasernen-Benennungen - geehrt
wurden, handelt
es sich um Personen, die in der letzten Phase des 2. Weltkrieges die sinnlose
Verlängerung des Krieges in Österreich zu verhindern trachteten. Diese mutigen
Haltungen
verdienen
selbstverständlich jede nur denkbare Ehrung, die Handlungen jener, die Hitler
zu stürzen
versuchten oder als Soldaten bewusst und gezielt den Intentionen des
Nazi-Regimes entgegen
wirkten - wie
etwa Feldwebel Schmid - nicht weniger.
Anders als die deutsche Bundeswehr, die in ihrer Traditionspflege
gezielt und bewusst an die
Traditionen
des militärischen Widerstandes anknüpft, wurde dies im österreichischen
Bundesheer
unterlassen.
Es ist geradezu paradox, dass in Deutschland, nicht in Österreich, eine Kaserne
nach
dem Wiener Schmid benannt ist, der hunderten Juden das Leben rettete und dafür
hingerichtet
wurde.
Der Meinung vieler Zeithistoriker, dass dafür die Verachtung des
„Eidbruches" ausschlaggebend
war, die die
erste Generation leitender Bundesheer-Offiziere - viele von ihnen ehemalige
Mitglieder
des NS-Soldatenringes - empfand, ist wenig entgegen zu setzen.
60 Jahre nach dem 20. Juli 1944 ist es an der Zeit, hier zu einer
grundlegenden Haltungsänderung
zu gelangen. Beispielhaft dafür könnte eine Ehrung von Oberstleutnant Robert
Bernardis sein, der
am 8. August 1944 wegen seiner Teilnahme am 20. Juli hingerichtet wurde. Ob es
sich um die
Namensgebung einer Kaserne oder etwa die Benennung des Innenhofs der Rossauer
Kaserne
handelt, ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Eine solche Ehrung, die auch
eine späte
Genugtuung für
die noch lebende Witwe von Robert Bernardis wäre, müsste freilich auch der
längst
überfällige
Beginn einer Umorientierung der Traditionspflege des Bundesheeres sein.
Aus den angeführten Gründen richten die unterzeichneten Bundesräte an
den Bundesminister für
Landesverteidigung
die nachstehenden
Anfragen:
1. Sind Sie - im Gegensatz zu Ihren Amtsvorgängern - bereit, für eine
Ehrung für Robert Bernardis
in Form einer Benennung einer Einrichtung des Bundesheeres zu sorgen ?
2.(Wenn ja:) Sehen Sie eine Möglichkeit, die dafür notwendigen Schritte
so rasch zu setzen, dass
diese
Benennung am 60. Todestag von Robert Bernardis vorgenommen werden kann ?
3.
Sind sie bereit, den militärischen Widerstand gegen das Nazi-Regime in
angemessener Weise in
die
Traditionspflege des Bundesheeres einzubeziehen ?
4.
Wenn ja: In welcher Weise beabsichtigen Sie das zu tun ?