2227/J-BR/2004
Eingelangt am 20.07.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Bundesräte Prof. Konecny, Gruber, Mag. Susanne Neuwirth
und GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend
unverständliche Vorgangsweise des Innenministers im Rechtsstreit zwischen dem
Bund und Salzburg um Kosten für die Bergung von Fliegerbomben aus dem 2.
Weltkrieg
Am 13. Juli 2004 wurde bekannt, dass der Bundesminister für Inneres,
Ernst Strasser, den
außergerichtlichen Vergleich zwischen dem Bund und der Stadt Salzburg um Kosten
für die
Bergung von
Fliegerbomben aus dem 2. Weltkrieg, der sogar von der Finanzprokuratur
genehmigt wurde, kurz vor
Fristablauf aufkündigte. Die Stadt Salzburg muss daher weiterhin
nach rund einem Jahr Verzögerung den
strittigen Rechtsweg einschlagen.
Dies, obwohl die Stadt Salzburg in vorbildlicher Art und Weise alle
Verdachtspunkte auf
Basis von
Luftaufnahmen US-amerikanischer Aufklärungsflieger untersucht hat, um die
Gesundheit und
das Leben der Bevölkerung zu schützen.
„Der Standard" vom 13.07.2004 führt auf Seite: 8 aus:
Musterprozess um Blindgänger
Innenministerium will Bergekosten
doch nicht zahlen
Salzburg/Wien/Graz
- Der außergerichtliche Vergleich zwischen dem Bund und der Stadt
Salzburg um Kosten für die Bergung von Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg
ist
geplatzt. Innenminister Ernst Strasser (VP) hat sich im
letzten Moment nun doch für einen
Musterprozess
entschieden. Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SP) ist verärgert:
"Der
Innenminister steht nicht zu seinem
Wort", meinte Schaden am Montag.
Wie
der Standard berichtete, hatte die Finanzprokuratur ursprünglich eingewilligt,
rund
400.000 Euro für die Bergung von drei Blindgängern in der Stadt Salzburg zu
zahlen, später
jedoch widerrufen und zunächst eine außergerichtliche
Einigung über die Kostenaufteilung
angestrebt. Vergangenen Freitag kündigte der
Rechtsvertreter des Bundes jedoch
überraschend an, es auf einen Prozess ankommen zu lassen.
Die
Stadt Salzburg hat in den vergangenen Jahren konsequent alle Verdachtspunkte
untersucht.
Basis hiefür waren Luftaufnahmen US-amerikanischer Aufklärungsflieger, die
nach Aufhebung der amerikanischen
Archivsperre zugänglich geworden sind. 31 Orte
wurden im Stadtgebiet untersucht, dabei insgesamt 122 konkrete Verdachtspunkte
ausgewiesen.
Strasser
befürchtet, dass auch alle anderen künftigen Sondierungen, Bergungen und
Abtransporte von explosiven Altlasten auf das Konto des Innenressorts gehen
könnte. Nach
Schätzungen dürften österreichweit noch
15.000 Blindgänger unter der Erde liegen. Vor
allem
die Städte Wien, Wiener Neustadt, Linz, Salzburg und Graz sind an dem Ausgang
des
Prozesses in Salzburg interessiert.
Wie
gefährlich die alten Fliegerbomben sind, zeigte die Detonation vor einem Jahr
bei der
Spedition Schenker im Salzburger Bahnhofsbereich, bei der zwei Männer des
Entminungsdienstes ums Leben kamen. Ein dritter Beamter, Franz S. (50), wurde
schwer
verletzt, als die 250-Kilo-Bombe hochging. Er ist immer noch in ärztlicher
Behandlung. Der
Mann
hatte unter anderem schwere Augen- und Ohrenverletzungen erlitten. Im
Durchschnitt
verzeichnet der Entminungsdienst drei
Einsätze pro Tag. Einer davon am Montag in Graz
entpuppte sich als harmlos: Die
Metallteile, die bei Gleisarbeiten beim Grazer Bahnhof
gefunden wurden, waren die Reste einer längst detonierten Granate. (APA, cms, simo)
Die
unterzeichneten Bundesräte finden das Verhalten des Bundesministers für Inneres
für
völlig unverständlich und richten daher an
diesen nachstehende
Anfrage:
1.
Wie ist die aktuelle Einschätzung des Ressorts hinsichtlich der
Zuständigkeit bei der
Auffindung und Entschärfung von Fliegerbomben aus dem 2. Weltkrieg?
2.
Was hat das Ressort unternommen, um die Gesundheit und das Leben der
österreichischen
Bevölkerung im Zusammenhang mit der Gefährdung durch
Fliegerbomben aus dem 2. Weltkrieg zu schützen?
3.
Welche Kosten sind dafür ausgewiesen nach Jahren angefallen?
4.
Wer ist der im Artikel des Standard angeführte Rechtsvertreter des
Bundes, der
überraschend
angekündigt habe, es doch auf einen Prozess mit der Stadt Salzburg
ankommen zu
lassen?
5.
Warum haben Sie für dieses Verfahren einen Rechtsvertreter beauftragt
und nicht die
dienste der Finanzprokuratur in Anspruch genommen?
6.
Welches Honorar erhielt dieser Rechtsvertreter für diesen Prozess gegen
die Stadt
Salzburg bisher und welche
zusätzlichen Honoraransprüche werden dadurch entstehen,
dass der Vergleich nicht abgeschlossen und
der Prozess weitergeführt wird?
7.
Wie lautet die Stellungnahme der Finanzprokuratur zum außergerichtlichen
Vergleich
im Wortlaut?
8. Welche
Weisungen bzw. Anordnungen haben Sie dem Rechtsvertreter gegeben?
Insbesondere: Haben Sie oder Vertreter Ihres
Ressorts diesen angewiesen, den
Vergleich nicht abzuschließen und den strittigen Rechtsweg zu gehen?
Wann erfolgte diese Anordnung?
Warum wurde die
Frist maximal ausgeschöpft, um das Verfahren in die Länge zu
ziehen?
9. Wenn eine solche Weisung bzw. Anordnung nicht
erfolgte:
Ist es üblich, dass Ihr Ressort sämtliche Grundsatzentscheidungen in
einem
bedeutsamen Prozess mit der Stadt
Salzburg dem Rechtsvertreter allein überlässt?