2275/J-BR/2004

Eingelangt am 25.11.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte (Jürgen Weiss, Edgar Mayer und
Ing. Reinhold Einwallner)

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend Maßnahmen gegen Folsäuremangel in der Schwangerschaft

Der Vorarlberger Landtag hat am 17. November 2004 mit einer einstimmig gefassten Entschließung
gefordert,

      das Schwangerenvorsorgeprogramm (Mutter-Kind-Pass) um den Aspekt der Folsäure ent-
sprechend dem Vorschlag des Vorarlberger Arbeitskreises für Sozialmedizin zur Neugestaltung
des Mutter-Kind-Passes zu erweitern,

      bundesweit entsprechende, insbesondere bewusstseinsbildende Maßnahmen zu setzen,

      bundesweit und im Rahmen der Europäischen Union die Anreicherung von Nahrungsmitteln
(z.B. Brot) mit Folsäure zu prüfen.

Der diesem Beschluss zu Grunde liegende Antrag des Sozialpolitischen Ausschusses war wie folgt
begründet:

„Der Mangel an Folsäure (gehört zur Gruppe der B-Vitamine) in der Schwangerschaft kann
folgenschwere Auswirkungen auf die Entwicklung und die späteren Lebensbedingungen von
Kindern haben. Internationale wissenschaftliche Studien belegen, dass Folsäuremangel zu „spina
bifida", besser bekannt als „offenes Rückenmark", führen kann; jener gefürchteten Fehlbildung,
bei der die Wirbelsäule eines Neugeborenen nicht vollständig geschlossen ist und das Rückenmark
frei liegt. Trotz aller Bemühungen von Ärzten und Therapeuten haben solche Kinder ihr ganzes
Leben unter anderem unter Lähmungen der Beine zu leiden. Weltweit sind jedes Jahr etwa 300.000
bis 400.000 Kinder betroffen, in Österreich sind es 70 bis 80. In Vorarlberg wurden in den vergan-
genen zwölf Monaten vier Kinder mit „offenem Rückenmark" geboren. Eine breit angelegte
amerikanische Studie aus dem Jahr 1992 belegt, dass die tägliche Einnahme von 0,4 mg Folsäure
  einen direkten Einfluss auf die Häufigkeit der Fehlbildung hat. Während von 4000 Frauen, die am
 
Beginn der Schwangerschaft Folsäure zu sich genommen hatten, kein einziges Kind an „spina
 
bifida" litt, waren es in der Kontrollgruppe, der nur ein Placebo verabreicht wurde, sieben betroffene


Kinder. Nachfolgende Studien bestätigten dieses Ergebnis. Die Einnahme von Folsäure führt
nachweislich zu einer „spina bifida"-Reduktion von zumindest 60 bis zu 75 Prozent. Verschiedene
Staaten haben aufgrund dieser eindeutigen Untersuchungsergebnisse unterschiedliche Maßnahmen
gesetzt, um die Fälle der unter „spina bifida" leidenden Menschen zu minimieren. Die besondere
Schwierigkeit ist, dass die Wirkung der Folsäure in der Bevölkerung viel zu wenig bekannt ist. Egal,
ob es sich nun um eine geplante oder ungeplante Schwangerschaft handelt, meist suchen die Frauen
erst dann einen Arzt auf, wenn es zu spät ist. Die Folsäurespeicher sollten nämlich bereits im Früh-
stadium der Schwangerschaft gefüllt sein. Eine Untersuchung in der Uni-Klinik in Innsbruck hat
ergeben, dass nur ein erschreckend kleiner Teil der schwangeren Frauen zum richtigen Zeitpunkt
mit der Einnahme von Folsäure begonnen haben.

Nach kanadischen Studien haben Mütter von Kindern mit „spina bifida" einen niedrigen sozio-
ökonomischen Status, sind sehr jung und übergewichtig und essen wenig Gemüse, viel Kartoffeln
sowie Dosenfleisch und viel Süßigkeiten. Folsäure ist in verschiedenen Gemüse- und Obstsorten
enthalten, hat aber den Nachteil, dass es wasserlöslich und nicht hitzebeständig ist. Von Gynäko-
logen empfohlen wird daher die Substitution mit einer Dosis von 4-5 mg/Tag für Frauen, die schon
ein Kind mit „spina bifida" haben und 0,4 mg/Tag für Frauen, die keine belastete Vorgeschichte
haben und schwanger werden wollen. Der Vorschlag des Vorarlberger Arbeitskreises für Vor-
sorge- und Sozialmedizin (aks) zur Neugestaltung des Mutter-Kind-Passes sieht etwa eine prä-
konzeptionelle Beratung vor, in der ausdrücklich die konsequente Folsäure-Sublimentierung zur
Verhinderung von „spina bifida"-Fehlbildungen gefordert wird."

Daher richten die unterzeichneten Bundesräte an die Frau Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen folgende

Anfrage :

In welcher Weise werden Sie dem Anliegen des Vorarlberger Landtags Rechnung tragen?