2289/J-BR/2005
Eingelangt am 02.02.2005
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Dringliche Anfrage
gem. § 61 Abs. 3 GO-BR
der
Bundesräte Kaltenbacher, Binna, Prutsch
und
GenossInnen
an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend
die Versäumnisse der Bundesregierung beim Red Bull-Projekt Spielberg
„Ring-Parabel
Von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bis
gestern keine Silbe, ähnlich schweigsam Hubert Gorbach, Infrastrukturminister
der Republik, bloß ein paar dürre Worte von Wirtschaftsminister Martin
Bartenstein, immerhin ein Steirer in Wien.
Auch nach dem Scheitern des steirischen
Zentralprojekts in Spielberg bleibt die Bundesregierung konsequent bei ihrer
Haltung: Das 700-Millionen-Euro-Projekt und sein Scheitern werden mit einer
aufreizenden Gleichgültigkeit quittiert.
Gab es bisher schon kaum offiziellen
Rückenwind für das Zukunftsprojekt, gilt offenbar auch jetzt das Motto: Sollen
die Steirer doch selber schauen, wie sie mit dem Trümmerhaufen auf dem ehedem
nationalen Ringgelände fertig werden.
So was hat Tradition: Das
Semmering-Tunnelprojekt ist fest in der Geiselhaft der niederösterreichischen
Blockierer - das genannte Regierungstrio stört die Grabesruhe auch über diesem
Projekt nicht.
Was die "Ring"-Parabel noch
zeigt: War Josef Krainer noch ein Landeshauptmann, dessen Wort in Wien und der
Bundes-ÖVP etwas wog, endet der innerparteiliche Einfluss von Waltraud Klasnic
an den Landesgrenzen.
Sicher ist es auch für sie schmerzhaft,
von Parteifreunden so im Stich gelassen zu werden.
Schlimmer noch, dass eine ganze Region
damit im Regen steht.“
So
kommentierte der Redakteur Martin Link in der Kleinen Zeitung vom 21.1.2005 das
Wirken der Bundesregierung in der Causa Spielberg.
Bei
diesem Investitionsvorhaben geht es um 10.000 Arbeitsplätze in der Bauphase des
Projektes, auf Dauer würden 2.000 Arbeitsplätze geschaffen, führte
Bundeskanzler Dr. Schüssel in der APA am 7.12.2004 nach Bekanntwerden des
negativen Bescheides des Umweltsenates zum Projekt Red Bull Motorsport- und
Freizeitzentrum samt Bildungseinrichtungen rund um den A1-Ring aus.
Und dies
in einer Region, die von der Arbeitslosigkeit voll betroffen ist. Im Gegensatz
zur Gesamt-Steiermark stieg die Arbeitslosenquote in der Region Knittelfeld
nämlich um 0,7 Prozentpunkte auf 7,8 % (Gesamt-Steiermark 6,7 %).
Im
Steirischen Landtag wurde am 26.1.2005 in einer Sondersitzung die politische
Verantwortung auf Landesebene hinsichtlich des Scheiterns dieses Investitionsprojektes
debattiert. Von groben Versäumnissen in der Vorbereitung bei der Abwicklung
dieses Vorhabens war dabei eine der Argumentationslinien. Die Rede war aber
auch von mangelnder Unterstützung bei der Projektabwicklung durch die
Bundesregierung. Es stellt sich daher für den Bundesrat die Frage, welche
politische Verantwortung auf Bundesebene hinsichtlich dieses Projektes gegeben
war bzw. ist und welche Anstrengungen die zuständigen Mitglieder der
Bundesregierung unternommen oder auch unterlassen haben, ein für diese Region
existenzielles Vorhaben umzusetzen.
Dazu sind
einige Fakten festzuhalten:
Der
Bundeskanzler selbst bekannte sich zur Verantwortung auch des Bundes gegenüber
dem Projekt und kündigte unmittelbar nach Bekanntwerden des negativen Bescheides
des Umweltsenates die Einrichtung einer Task Force an, an welcher neben
Vertretern der Steirischen Landesregierung der Bundeskanzler selbst,
Vizekanzler Gorbach, der Umweltminister DI Pröll und der Wirtschaftsminister
Dr. Bartenstein angehören. Es ist daher von Interesse für die BürgerInnen der
betroffenen Region, welche Erfolge diese höchstrangig besetzte Task Force
erzielen konnte.
Für das
Projekt selbst konnte die Task Force offensichtlich keinen Erfolg erzielen,
denn am 19. Jänner 2005 gab der Red Bull-Konzern das endgültige „Aus“
für sein Investitionsvorhaben bekannt.
Was
jedoch auf Bundesebene – auch von Beamten des Wirtschaftsministeriums – in
diesem Zusammenhang über die Vorbereitung des Projektes durch die steirischen
Behörden ausgesagt wurde, ist erschütternd: „Die Vorleistungen hätten
minimalsten rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügt; der Behörde sei
offenbar unklar, nach welchen Vorschriften Genehmigungen zu erteilen sind.“
Dabei erhebt sich die Frage, warum der Bund nicht schon vorher auf diese Fehler
aufmerksam machen konnte, da es doch logisch erscheint, dass bei einer
Finanzierungszusage von 45 Millionen Euro auch die Projektdurchführung von der
die Zusage gebenden Stelle kontrolliert und überprüft werden muss.
Zu den
Förderungen des Bundes betreffend das genannte Investitionsprojekt führte der
Wirtschaftsminister in der Kleinen Zeitung vom 16.12.2004 wörtlich aus: „Es war
uns immer bekannt, dass Red Bull rund 200 Millionen Euro einbringt. 400
Millionen kommen von anderen, der Löwenanteil von VW, aber auch von KTM und
anderen. Auch von EADS war die Rede. Unter dieser Voraussetzung haben Land und
Bund 90 Millionen Förderung zugesagt.“
Schon
einen Tag später dementierte der Standard: „Diese Unternehmen haben sich aber,
wie Standard-Recherchen ergaben, distanziert. Laut VW-Zentrale existieren
keinerlei konkreten Verträge, auch KTM und Magna dementierten, je Mitglied
eines Red Bull-Konsortiums gewesen zu sein.“
Auch hier
dürfte ein Versagen der Bundesvertreter vorliegen. Denn es erscheint schon
verwunderlich, wenn bei Förderungszusagen in der Höhe von 45 Millionen Euro dem
Wirtschaftsminister offensichtlich nicht einmal bekannt ist, wer die übrige
Finanzierung des Projektes zugesagt hat bzw. wer überhaupt Projektwerber ist.
Am 22.1.2005
versprach der Wirtschaftsminister die Umwidmung der 45 Millionen Euro des
Bundes: „Ich stehe dazu, dass diese Reservierung der Mittel für die
Obersteiermark aufrecht bleibt.“ Es ist daher für den Bundesrat und die
betroffene Region wichtig, welche Projekte nunmehr vom Bund gefördert und
welche Impulse diese für die Arbeitsmarktsituation der in dieser Hinsicht
benachteiligten Region gesetzt werden.
Schon
eine Woche später wurde die Sache noch undurchsichtiger:
Am 30. Jänner
2005 gab Landeshauptmann Klasnic im Rahmen der Auftaktveranstaltung der ÖVP zum
Gemeinderats-Wahlkampf bekannt, dass es ein ganzes Paket an Zukunftsmaßnahmen
in der Region im Ausmaß von 300 Millionen Euro gäbe und rief als Zeugen dafür
Wirtschaftsminister Bartenstein auf das Podium.
Damit die
300 Millionen Euro-Zusage nicht als „Wahlkampfblase“ platzen möge, wird daher
im Rahmen dieser Dringlichen Anfrage der betroffene Wirtschaftsminister unter
Wahrheitspflicht dem Bundesrat mitteilen, wer diese 300 Millionen Euro-Zusage
getätigt hat, welchen Teil dabei der Bund aufgrund welcher Beschlüsse
übernommen hat und welche Projekte mit dieser nunmehr auf 300 Millionen Euro
gewachsenen Garantie finanziert werden.
Die unterzeichneten Bundesräte richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit nachstehende
Anfrage:
1.
Wer war auf Ebene der Bundesregierung für
die Betreuung des Projektes Spielberg zuständig?
2.
Wer waren die Ansprechpartner bei den
Projektwerbern?
3.
Am 16.12.2004 haben Sie ausgeführt, dass
Red Bull rund 200 Millionen Euro einbringe, 400 Millionen sollen von anderen
kommen, der Löwenanteil von VW aber auch von KTM und anderen. Ebenso war von
EADS die Rede. Diesen Aussagen wurde im Standard vom 17.12.2004 widersprochen.
Welche Finanzierungszusagen und von wem lagen dem Bund zu dem Zeitpunkt vor,
als der Bund seine Finanzierungszusage fasste?
4.
Wann wurde die Unterstützung dieses
Projektes durch eine Mitfinanzierung von 45 Millionen Euro durch den Bund
beschlossen?
5.
Wer hat an dieser Festlegung
teilgenommen, gibt es dafür einen Regierungsbeschluss?
Wenn ja, in welchem Ministerrat wurde dies beschlossen und wie lautet der
Beschluss im Wortlaut?
Wenn nein, wer hat diese Finanzierungsgarantie gegenüber dem Projektwerber
abgegeben?
6.
Welche(r) Vertreter des Bundes hat
(haben) mit dem Land Steiermark über die Co-Finanzierung (zusätzliche Förderung
des Projektes durch das Land Steiermark mit 45 Millionen Euro) verhandelt?
7.
Wann konnte die diesbezügliche Einigung
erzielt werden?
Wie lautet der diesbezügliche Finanzierungsvertrag?
8.
Welche Projektunterlagen waren dem Bund
zum Zeitpunkt der Finanzierungszusage bekannt?
9.
Wurden steirische Regierungsmitglieder
und/oder hochrangige steirische Landesbeamte über die Unzulänglichkeiten der
Projektunterlagen informiert?
10.
Am 22.1.2005 haben Sie eine Umwidmung
dieser Finanzierungsmittel des Bundes in der Höhe von 45 Millionen Euro
zugesagt.
Liegt diesbezüglich ein Beschluss der Bundesregierung vor?
Wenn ja, wann wurde dieser gefasst und wie lautet er?
Wenn nein, von wem wurde diese Verfügung getroffen und wie lautet diese?
11.
Welche Projekte sollen mit diesen
umgewidmeten 45 Millionen Euro durch den Bund gefördert werden?
Welche Arbeitsmarktimpulse werden für die betroffene Region dadurch ausgelöst?
12.
Am 30.1.2005 hat Landeshauptmann Klasnic
nunmehr bekannt gegeben, dass ein ganzes Paket an Zukunftsmaßnahmen im Ausmaß
von 300 Millionen Euro geschnürt wurde und Sie dazu als Zeuge aufgerufen.
Wie lautet diese Finanzierungszusage in der Höhe von 300 Millionen Euro?
Welche Anteile an der Finanzierungszusage garantiert der Bund?
Gibt es dafür einen Regierungsbeschluss?
Wenn ja, wann wurde dieser gefasst und wie lautet er?
Wenn nein, von wem wurde diese Verfügung getroffen und wie lautet diese?
13.
Welche konkreten Projekte sollen mit
diesen 300 Millionen Euro gefördert werden?
14.
In welchem Stadium befinden sich diese
Projekte?
15.
Wer sind die Projektwerber?
16.
Wie viele Arbeitsplätze werden dadurch
für welchen Zeitraum geschaffen?
17.
Nach Bekanntwerden des negativen
Bescheides des Umweltsenates hat Bundeskanzler Dr. Schüssel mit
Vizekanzler Gorbach, Umweltminister DI Pröll und Ihnen sowie Vertretern der
Steirischen Landesregierung eine Task Force gegründet, um das Projekt Spielberg
zu retten.
Wann und wie oft tagte diese Task Force?
18.
Wer nahm jeweils an den Sitzungen der
Task Forces von Seiten des Bundes und von Seiten der Steiermark teil?
19.
War ein Vertreter des Projektwerbers in
die Task Force einbezogen?
Wenn ja, welcher?
Wenn nein, warum nicht?
20. Welche Beschlüsse bzw. Vorschläge wurden erarbeitet?
21.
In welcher Form wurde diese dem
Projektwerber mitgeteilt?
22. Welche Reaktionen erfolgten von diesem gegenüber der Task Force?
Unter einem wird gem. § 61 Abs. 3 GO-BR verlangt, diese Anfrage vor Eingang in die Tagesordnung dringlich zu behandeln.