2299/J-BR/2005

Eingelangt am 17.03.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Dringliche Anfrage

gem. § 61 Abs. 3 GO-BR

 

 

der Bundesräte Prof. Konecny

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Verdringlichung der Anfrage 2709/J – XXII. GP des Abg. DI Uwe Scheuch betreffend Telefonüberwachung durch das Büro für interne Angelegenheiten

 

 

Im Rahmen des Vergabeverfahrens für den Neubau eines Fußball-Stadions in Klagenfurt für die EM 2008 kam es zu verantwortungslosen Auftritten von Spitzenrepräsentanten der Regierungsparteien. U.a. kam es auch zu schwerwiegenden Vorwürfen des rechtswidrigen Eingriffes in die Privatsphäre hochrangiger Persönlichkeiten (bis hin zum Kärntner Landeshauptmann) durch nicht genehmigte Abhöraktionen. Für den Weiterbestand der Koalition zwischen ÖVP und FPÖ machte die FPÖ zur Bedingung, dass eine von ihr eingebrachte Anfrage umgehend von der Innenministerin zu beantworten sei.

Diese wurde reichlich verspätet am 2. März 2005 eingebracht und bisher von der Innenministerin noch nicht beantwortet. Da – sollten die Sachverhaltsdarstellungen des Landeshauptmannes von Kärnten der Wahrheit entsprechen – es sich dabei um einen der massivsten denkbaren Skandale in einer demokratischen Republik handelt, ist eine rasche Beantwortung und Klärung dieser Vorwürfe auf das Dringendste geboten.

Die unterzeichneten Bundesräte erlauben sich daher, die Anfrage von Abg. DI Uwe Scheuch an die Bundesministerin für Inneres (2709/J – XXII. GP) dringlich zu behandeln. DI Uwe Scheuch begründete seine Anfrage wie folgt:

 

„In der Sektion IV im Bundesministerium für Inneres ist das Büro für interne Angelegenheiten (BIA), Abteilung IV/6, gegründet von Bundesminister Dr. Strasser, eingerichtet. Nach Angaben des BMI seien die Mitarbeiter dieses Büros für interne Angelegenheiten weisungsfrei gestellt und es bestehe daher keine interne Meldepflicht über zu bearbeitende Fälle. In Wahrheit gilt aber weiterhin die „Ministerverantwortlichkeit" nach Artikel 20 B-VG in Verbindung mit dem Bundesministeriengesetz. Eine der unterstützenden Dienststellen ist die Sondereinheit für Observation (SEO). Diese prüft, ob der Einsatz von Abhörtechniken "verhältnismäßig" im Sinne des Gesetzes und technisch machbar ist und übermittelt gegebenenfalls dem zuständigen Gericht einen Antrag auf Überwachung. Das Gericht entscheidet dann, nach Beurteilung der Lage, allenfalls über einen Auftrag zur Überwachung.

 

Wie den Medien zu entnehmen ist, verfüge laut Innenministerium das BIA „aus einer Telefonüberwachung" Informationen, „dass der Direktor des Konzerthauses Klagenfurt, Franz  Widrich (er vertritt Kärnten in der Vergabekommission), gesagt habe, erhabe der Zeitung die Unterlagen [Anm.: über die Ausschreibung für den Stadionbau in Klagenfurt] zugespielt - auf Wunsch von Landeshauptmann Jörg Haider" (OÖN, 9. Februar 2005). Es liege dabei nach Angaben des Leiters des BIA der „Verdacht der Parteienfinanzierung, Amtsmissbrauch und Verstöße gegen das Vergaberecht" (OÖN, 10. Februar 2005) vor. „Es handle sich um Erhebungen in disziplinären Angelegenheiten, ausgelöst durch einen Anzeige Winklers. Dabei hat es zumindest eine Telefonüberwachung gegeben. Alles im gesetzlichen Rahmen und auf richterliche Anordnung", so Martin Kreutner, Chef des Büros für Interne Angelegenheiten (BIA).
(Kleine Zeitung, 12. Februar 2005).

 

Landeshauptmann Dr. Jörg Haider seinerseits wurde persönlich von zwei Beamten des Bundesministeriums für Inneres davon informiert, dass er und weitere 30 Kärntner Persönlichkeiten abgehört würden.

 

Wie aus der APA zu entnehmen ist, hat Sektionschef Dr. Werner Pürstl für das Justizministerium aber dezidiert ausgeschlossen, dass ein FPÖ-Politiker aufgrund eines richterlichen Beschlusses abgehört wurde. Auch die erwähnten freiheitlichen Gendarmeriebeamten Adolf Stark und Adolf Winkler seien nicht per Gerichtsbeschluss abgehört worden. Über illegale Abhörungen wisse man nichts.“

 

Die unterzeichneten Bundesräte stellen daher aus den oben erklärten Umständen an die Bundesministerin für Inneres folgende

Anfrage:

1 .a.) Wie viele Ermittlungsverfahren hat das Büro für interne Angelegenheiten seit seiner Einrichtung durchgeführt?

1 .b.) Wer beauftragt das BIA mit Ermittlungen?

1 .c.) Zu wie vielen gerichtlichen Anzeigen haben diese Ermittlungen geführt?

1 .d.) Wie viele dieser Anzeigen haben zu gerichtlichen Strafverfahren geführt?

1 .e.)Wie viele Anzeigen wurden von der Staatsanwaltschaft ohne Einleitung eines Strafverfahrens zurückgelegt?

1 .f.) Wie viele Anzeigen haben zu strafrechtlichen Verurteilungen geführt?

2.)    Auf welche Art und Weise und durch wen erfolgt eine Kontrolle der Tätigkeit des BIA?

3.)   Wie ist die angebliche Weisungsfreistellung der Beamten des BIA in Hinblick auf Artikel 20 B-VG geregelt?

4.)   Hat es Telefonüberwachungen der Personen Adolf Stark, Gendarmeriebeamter und Bürgermeister der Gemeinde Maria Wörth (FPÖ), und Adolf Winkler, Leiter der Verkehrsabteilung in Krumpendorf, gegeben und wenn ja, wann, aus welchem Grund und auf Basis welcher rechtlichen Grundlage?

5.)   Wie erklären Sie sich den Widerspruch, dass Martin Kreutner, Leiter des BIA, in einer Stellungnahme gegenüber der „Kleinen Zeitung" vom 12. Februar 2005 erklärt, es habe „zumindest eine Telefonüberwachung" gegeben, aber „alles im gesetzlichen Rahmen und auf richterliche Anordnung", der Sektionschef des Justizministeriums, Dr. Werner Pürstl, aber ausschließt, dass die freiheitlichen Gendarmeriebeamten Adolf Stark und Adolf Winkler aufgrund eines Gerichtsbeschlusses abgehört worden sind?

6.)  Wie viele Telefonüberwachungen hat es in Kärnten seit Einrichtung des BIA gegeben und welche Personen waren als Verdächtige oder Dritte betroffen?

7.)   Warum und auf wessen Auftrag hin informierte der Leiter des BIA, Martin Kreutner, die Medien über ein laufendes Ermittlungsverfahren? (zB: OÖ Nachrichten, 9. Februar 2005, 10.Februar 2005)

OÖ Nachrichten, 10. Februar 2005:

„In einem Aktenvermerk zur Anzeige heißt es, dass das Innenministerium aus einer Telefonüberwachung wisse, dass der Direktor des Konzerthauses Klagenfurt, Franz Widrich, erklärt habe, er habe die vertraulichen Unterlagen der Zeitung zugespielt - auf Wunsch Haiders.

Eine Klage gegen die OÖN wird als Verteidigung aber etwas wenig sein, denn Mittwoch bestätigte das Innenministerium den OÖN-Bericht ganz offiziell. Der Leiter des Büros für interne Angelegenheiten (BIA), Martin Kreutner, sagte, dabei gehe es um Verdacht der Parteienfinanzierung, Amtsmissbrauch und Verstöße gegen das Vergaberecht."

8.)   Gegen wen und auf welcher Grundlage basierend wird wegen des Verdachts der Parteienfinanzierung, obwohl es diesen Tatbestand nicht gibt, ermittelt?

9.)   Gegen wen und auf welcher Grundlage basierend wird wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs ermittelt?

10.) Gegen wen und auf welcher Grundlage basierend wird wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Vergaberecht ermittelt?

11.) Gibt es im Innenministerium einen Aktenvermerk mit dem Inhalt, dass der Direktor des Konzerthauses Klagenfurt, Franz Widrich (er vertritt Kärnten in der Vergabekommission), gesagt habe, er habe einer Kärntner Wochenzeitung die Angebotsunterlagen zugespielt - auf Wunsch von Landeshauptmann Jörg Haider?

12.) Wie lautet der genaue Inhalt des Telefonprotokolls, aus dem hervorgeht, dass Franz Widrich im Zusammenhang mit einer Landesaktion zu einem autofreien Tag alle Anrainer-Bürgermeister entlang des Wörthersees angerufen habe, darunter auch den Gendarmen Adolf Stark, und Widrich dabei Stark gegenüber verraten hat, dass er geheime Bieterdetails an eine Kärntner Wochenzeitung geliefert hätte? ("Der Standard" vom 15. Februar 2005)

13.) Wie erklären Sie sich den Umstand, dass „Der Standard" als Quelle seiner Informationen das Bundesministerium für Inneres nennt, aus dem „Details aus dem abgehörten Telefonprotokoll Widrichs mit Stark durchgesickert" seien und wer ist dafür verantwortlich?

14.) Wußte das Kabinett der Frau Bundesministerin von diesen Medienäußerungen?

15.) Von wem werden offensichtlich erfolgte Weitergaben von Aktenteilen und Informationen „unter der Hand" einer internen Überprüfung unterzogen?

16.) Wie beurteilen Sie die Weitergabe von vertraulichen Ermittlungsergebnissen - noch dazu - in einem äußerst sensiblen Bereich, wie es Telefonüberwachungen darstellen und welche Konsequenzen wird dies nach sich ziehen?

17.) Wie ist der aktuelle Stand im eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen Adolf Winkler und Adolf Stark?

18.) In wie weit beeinträchtigen die anonymen Anzeigen gegen die Personen Stark und Winkler den Erfolg bei der Bewerbung für Posten im Exekutivbereich?

19.) „Für eine Anzeige ist es notwendig, bestimmte, eine Tat glaubwürdig bezeichnende Umstände ins Treffen zu führen." Es gibt Grund zum Zweifel, dass dieser Grundsatz beim BIA sorgfältig angewendet wird, wie dies aus dem Artikel der Zeitung „Die Presse" vom 4. Mai 2004 ersichtlich ist, in dem unter anderem steht, dass im Jahre 2003 1084 Meldungen (Beschwerden, Anschuldigungen) bei der BIA eingingen und nur in vier Fällen rechtskräftige Verurteilungen, neun Diversionen und sechs Freisprüche folgten. Wie erklären Sie sich daher das immense Missverhältnis zwischen Anzeigen des BIA und letztendlichen Verurteilungen?

 

 

Unter einem wird gem. § 61 Abs. 3 GO - BR verlangt, diese Anfrage vor Eingang in die
Tagesordnung dringlich zu behandeln