2365/J-BR/2005
Eingelangt am
13.10.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Bundesräte Gumplmaier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt,
den bevorstehenden österreichischen EU-Ratsvorsitz und die Verlängerung der
Übergangsfristen auf dem Arbeitsmarkt
Im Rahmen der Vollendung des Binnenmarktes hat die
Europäische Kommission Anfang
2004 einen
Richtlinienvorschlag über Dienstleistungen im Binnenmarkt vorgelegt.
Rund 70% des BIP soll davon betroffen sein.
Ein
Kernelement der Dienstleistungsrichtlinie stellt das Herkunftslandprinzip dar.
Unternehmen sind dadurch grundsätzlich nur
mehr an die Anforderungen des Herkunftslandes
gebunden. Dies gilt auch für das Arbeitsrecht, sofern nicht die
Entsende-Richtlinie
anzuwenden ist. Die Entsende-Richtlinie sieht allerdings nur Regelungen in
einigen
Kernarbeitsbereichen vor. Nicht erfasst und damit nach Inkrafttreten der
Dienstleistungs-
Richtlinie vom Herkunftslandprinzip erfasst sind folgende Bereiche:
- im Arbeitsvertragsrecht:
unzulässige Vertragsklauseln, Schadenersatz, Versetzung
- Arbeitszeitregelungen,
die nicht Höchstarbeitszeiten und Mindestruhe betreffen, also etwa
die Anordnung von Überstunden,
Bestimmungen über die Lage der Arbeitszeit
- die Entgeltfortzahlung bei
Krankheit
- der Kündigungsschutz und das
Entlassungsrecht
- das Arbeitsverfassungsrecht, also
etwa die Möglichkeit einen Betriebsrat zu wählen.
Konkret bedeutet dies, dass nach Inkrafttreten der
Dienstleistungsrichtlinie es möglich wird,
dass in den oben
aufgezählten Arbeitsrechts-Bereichen nicht-österreichisches Recht in
Österreich zur Anwendung kommt.
Die unterzeichneten Bundesräte richten daher an den
Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit nachstehende
Anfrage:
1.
AK und ÖGB haben von Anbeginn verlangt, dass Österreich
die Zurücknahme der
Dienstleistungsrichtlinie
fordern soll. Inwieweit sind die Sozialpartner in die
Positionierung Österreichs eingebunden?
2.
Aufgrund
welcher Zahlen und Fakten fordert das offizielle Österreich die
Beschlussfassung der Richtlinie? Sollten
keine Österreich-spezifischen Zahlen vorliegen,
warum hat sich das offizielle Österreich in seiner Positionierung
festgelegt ?
3.
In
welcher Rolle sehen Sie sich im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes: Als neutraler
Vermittler zwischen den unterschiedlichen
Positionen der Mitgliedstaaten oder als jener
der bestimmte Agenden möglichst rasch beschlossen sehen will - wie
beispielsweise die
Dienstleistungsrichtlinie?
4.
Die
Entscheidung der Verlängerung der Übergangsfristen auf dem Arbeitsmarkt steht
ebenfalls bevor. Diese Entscheidung obliegt
allein der österreichischen Bundesregierung.
Die dramatische Lage am Arbeitsmarkt mit ständig steigenden Arbeitslosenzahlen
fordert
rasches Handeln in der Arbeitsmarktpolitik. Die Senkung der Saisoniers-Quoten
bestätigt,
dass dies von der Bundesregierung ebenso gesehen wird. Bundeskanzler
Schüssel hat
bereits öffentlich die Verlängerung der Übergangsfristen angekündigt.
Gibt es Studien über die bisherigen Auswirkungen der EU-Erweiterung auf Österreich?
Wie läuft der Entscheidungsprozess über die Verlängerung der Übergangsfristen?
Wie sind die österreichischen Sozialpartner in diesen Entscheidungsprozess eingebunden?
5. Wann wird der entsprechende Brief der
österreichischen Bundesregierung nach Brüssel
ergehen, in dem die Verlängerung der Übergangsfristen bekannt gegeben
wird?