2370/J-BR/2005

Eingelangt am 15.11.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betreffend der vom Minister befürworteten Dienstleistungsrichtlinie.

Die Kommission der Europäischen Union hat zur Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes
eine Dienstleistungsrichtlinie vorgelegt. Laut des vorliegenden Entwurfes, der trotz heftiger
Kritik von mehreren Seiten in unveränderter Form in den Gremien des Europäischen
Parlaments zur Diskussion und Abstimmung ansteht, sollen arbeitsrechtsrelevante
Übereinkommen von anderen Staaten auch in Österreich Anwendung finden können.
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel hat Ende Oktober einen Neuentwurf dieser Richtlinie
seitens der Kommission gefordert.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen folgende

ANFRAGE

1.             Welche Teile der Dienstleistungsrichtlinie sollten Ihrer Meinung nach verändert
werden?

2.             Wie wird das ,Herkunftsland’ genau definiert?

3.             Welche Teile des ,Herkunftslandprinzips’ stehen für Sie außer Streit und müssen Ihrer
Meinung nach unbedingt umgesetzt werden?

4.             Wird das ,Herkunftslandprinzip’ im Europäischen Binnenmarkt umfassend
verwirklicht, kommen in Österreich rechtliche Rahmenbedingungen mit niedrigeren
Standards zum Tragen. Das heißt, Unternehmungen aus Ländern mit diesen
niedrigeren Standards sind gegenüber dem Wirtschaftsstandort Österreich
konkurrenzfähiger.

a. Welche Maßnahmen werden Sie treffen, um die österreichischen Kleinst-,
Klein- und Mittelbetriebe im Europäischen Wettbewerb konkurrenzfähig zu
halten?


b. Viele Kleinst- und Kleinbetrieben sind gleichzeitig auch KundInnen bzw.
VerbraucherInnen, wenn sie Dienstleistungen ausländischer Anbieter in
Anspruch nehmen. Welche Maßnahmen werden Sie treffen, um die
bestehenden KonsumentInnenschutzbestimmungen in Österreich weiterhin zu
garantieren?

5.            Mit der Umsetzung des ,Herkunftslandprinzips’ geraten in Österreich 25 verschiedene
Rechtsordnungen zur Anwendung. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die
Kleinst-, Klein- und Mittelbetriebe mit der Anwendung dieser vielen Rechtssysteme
vertraut zu machen?

6.            Als Basis für die Ausarbeitung der Richtlinie diente eine Umfrage bei
Großunternehmen. In welchen Bereichen finden die Interessen der Kleinst-, Klein-
und Mittelbetriebe in der vorliegenden Form der Dienstleistungsrichtlinie ihren
Niederschlag?

7.            Einige Mindeststandards sind von den Regeln des Herkunftslandprinzips
ausgenommen: Mindestlohn, Mindesturlaub, Mindestmutterschutz, Mindestruhezeit.

a.      Welche österreichische/n Behörde/n soll/en die Einhaltung dieser
Mindeststandards kontrollieren?

b.      Welche Strafen sind für die Nichteinhaltung dieser Standards vorgesehen?

8.            Mit welchen Staaten streben Sie den Abschluss eines
Verwaltungsvollstreckungsübereinkommens an?

9.            Wie garantieren Sie die langfristige Sicherung von Infrastruktur und Daseinsvorsorge,
wenn die Richtlinie für sämtliche wirtschaftliche Dienstleistungen gilt?

10.     Zur Kontrolle der Dienstleistungen und der DienstleistungserbringerInnen ist in der
Richtlinie vorgesehen, dass der Mitgliedstaat, in dessen Territorium die
DienstleistungserbringerInnen niedergelassen sind, die Überwachung und Kontrolle
auch in anderen Mitgliedstaaten sicherstellen muss. Welche Änderungen in der
gegenseitigen Amtshilfe sind vorgesehen, um die Kontrollmechanismen auf
derzeitigem Niveau halten zu können?

11.     Eine Forderung zum Abbau bürokratischer Hürden ist die Einrichtung von One-Stop-
Shops für Unternehmungen, die Ihrerseits als ,gut’ und ,sinnvoll’ bezeichnet wurden.
Welche Maßnahmen zur Umsetzung dieser Idee haben Sie bereits getroffen, werden
Sie treffen und in welchem Zeitrahmen werden diese Einrichtungen verwirklicht?


12. Welche Vorkehrungen werden von Ihnen getroffen, dass gemeinschaftliche
Umweltstandards (=Minimalstandards) nicht zu Maximalstandards werden und eine
Negativspirale nach unten (Umweltdumping) entsteht?