2394/J-BR/2006

Eingelangt am 10.03.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte (Jürgen Weiss, Edgar Mayer und
Ing. Reinhold Einwallner)

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Erhaltung der deutschen Postleitzahlen für die Gemeinde Mittelberg

Der Vorarlberger Landtag hat mit einer am 1. Februar 2006 einstimmig gefassten Entschließung
die Landesregierung ersucht, beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
und bei der Österreichischen Post AG weiterhin mit Nachdruck dafür einzutreten, dass für die
Gemeinde Mittelberg die deutschen Postleitzahlen erhalten bleiben und dass die Österreichische
Post AG für Sendungen von der Gemeinde Mittelberg in die Bundesrepublik Deutschland die vor
dem 1. November 2005 geltenden Tarife anwendet und weiters die österreichische Bundes-
regierung aufzufordern, eine Vereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland anzustreben, die
diesen seit über 50 Jahren gegebenen Zustand staatsvertraglich absichert.

Der dieser Entschließung zugrunde liegende Antrag war wie folgt begründet:

„In einer Mitteilung der Österreichischen Post AG vom 20. Oktober 2005 wurde den Bürgern der
Gemeinde Mittelberg mitgeteilt, dass die deutschen Postleitzahlen ab 1. Jänner 2006 entfallen
werden und dass die Sendungen von der Gemeinde Mittelberg nach Deutschland ab 1. November
2005 zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Post AG befördert werden.
Das bedeutet, dass die bis dahin geltenden Tarife, nämlich der deutsche Inlandstarif, durch die
österreichischen Auslandstarife ersetzt werden.

Durch die Interventionen der Gemeinde Mittelberg, des Landes Vorarlberg und des Landrats-
amtes Oberallgäu wurde der Entfall der deutschen Postleitzahlen auf den 1. Jänner 2007 ver-
schoben. Die neue Tarifgestaltung wurde jedoch nicht zurückgenommen.

Die Gemeinde Mittelberg (15 km lang, 97 km2 groß, mit rund 5000 Einwohner) ist eine Tal-
schaft, die keine Straßenverbindung nach Österreich besitzt. Ein direkter Zugang nach Österreich
ist nur über Pässe zu Fuß oder per Helikopter möglich. Dadurch entstand seit frühester Zeit eine
intensive Zusammenarbeit mit der deutschen Nachbarschaft, insbesondere mit der Markt-
gemeinde Oberstdorf (ca. 12 km entfernt) und der Region Allgäu. Um ein Wirtschaftsleben für
die Walser Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen, wurde 1891 (für damals ca. 1000 Ein-
wohner) ein Zollanschlussvertrag mit Deutschland geschlossen. Damit wurde der deutsche
Wirtschaftsraum, der für das Kleinwalsertal der einzig zugängliche ist, erschlossen.

Im Kleinwalsertal war bis zur Einführung des Euro die Deutsche Mark das übliche Zahlungs-
mittel. Um trotz der abgeschnittenen Lage auch im Handel und Handwerk mit dem Mitbewerber,
dem Allgäu, konkurrenzfähig sein zu können, wurde der österreichische Normal-Umsatzsteuer-


satz Im Laufe der Jahre mehrmals an den jeweiligen Steuersatz der Bundesrepublik Deutschland
angepasst und beträgt derzeit 16%.

Mit dem Beitritt zur EU sind zwar die Zollschranken gefallen, der Wirtschaftsraum und die
geografischen Bedingungen haben sich aber nicht geändert. Die Vernetzung mit dem Allgäu ist
in allen Lebensbereichen sehr intensiv, wie Schulbildung in weiterführenden höheren Schulen,
fachärztliche Versorgung, tierärztliche Versorgung und weiteres formelles und informelles
Zusammenarbeiten.

Das Kleinwalsertal bzw. die Gemeinde Mittelberg ist eine der führenden Tourismusgemeinden in
Österreich. Die Gäste kommen zu ca. 85% aus der Bundesrepublik Deutschland. Die Belieferung
der Betriebe erfolgt fast ausschließlich aus Deutschland. Eine ständige Versorgung aus Vorarl-
berg ist wegen des langen Transportweges (aus Bregenz mindestens 80 km) über den 1420 Meter
hohen Riedbergpass für Vorarlberger Unternehmer unwirtschaftlich. Auch der einzige Industrie-
betrieb, wie auch die Handels- und Handwerksbetriebe sind auf ihre bestehenden, langjährigen
Geschäftsbeziehungen mit dem Allgäu angewiesen.

Die deutschen Postleitzahlen sind bei der Warenbeschaffung das entscheidende Kriterium für die
Vertriebswege. So ist bei Warenlieferungen, Serviceleistungen und der Betreuung vieler Firmen
und Dienstleistungsunternehmen die Postleitzahl unmittelbar mit dem Betreuungsgebiet ver-
knüpft. Das gesamte Leitsystem für Speditionen und Zustelldienste baut auf der Postleitzahl auf.
Die Gemeinde Mittelberg wird von österreichischen Paketdiensten gar nicht bedient.

Die Nachteile, die dem Kleinwalsertal durch den Entfall der deutschen Postleitzahlen entstehen
würden, sind enorm und in der letztendlichen Folge noch nicht absehbar."

Daher richten die unterzeichneten Bundesräte an den Herrn Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie folgende

Anfrage:

1.                 Was haben Sie in der Zwischenzeit unternommen, um diesem Anliegen Rechnung zu tragen?

2.                 Welche Möglichkeiten sehen Sie, eine der Landtagsentschließung entsprechende Lösung
herbeizuführen?